«Man immer Geduld. Also ich sagte Dir schon mal, daß ich zu dem Garnison  -Domsängerchor abkommandiert war. Meiner guten Tenorstimme wegen konnte die Kompagnie auch dann nicht meine Ablösung bewirken, als mir die Geschichte mit dem Kapitulanten-Geireiten Greul passiert war, durch die ich auf vier- zehn Tage in die Dunkelzelle kam. Mittwoch und Sonnabend übten wir in der Domkaserne, und das waren allemal gute Tage für mich. Ich war der Bibliothekar des königlichen Musikdirektors, der unsere Uebungen leitete. Vor Beginn der Gesangstunden mußte ich jedesmal das Meldebuch von der Kommandantur holen und dann auch die großen Notenmappen herbeischaffen, die im Dom in einem Schrank hinter der Orgel aufbewahrt wurden. Den Schlüssel zu diesem Schrank hatte ich in Verwahrung. Nach der Uebung mutzte ich die Noten wieder einordnen und die Mappen zurück nach dem Dom bringen. Du mutzt nun nicht denken, daß ich mit diesem Extradienst große Mühe hatte. Ich war meist sehr rasch damit fertig. Aber laut Kommandanturbefehl war ich für den ganzen Nachmittag frei. Man dachte nämlich wunder, was die Notengeschichte für Arbeit machte. Das war nun ganz schön, und ich nutzte diese Freiheit aus so gut es ging. Mittwochs besuchte > ich zuerst regelmäßig die Leihbibliothek und holte mir irgendein Buch. Damit ging ich in den Friedrich-Wilhelms-Garten. setzte mich auf eine abseits stehende Bank, wo kein Offizier hinkam, und las meine Geschichte so lange, bis mich der herannahende Zapfenstreich in die Kaserne trieb." Ich hätte die Zeit besser ausgenützt." Mag seinl Jeder nach seinem Geschmack. Ich war aber von jeher ein Bücherwurm und hatte im ersten Dienstjahr nichts schmerzlicher vermitzt als freie Zeit zum Lesen. Also eines Tages fällt mir beim Nachschlagen des Kataloges jenes alte Buch von der Trenckschen Lebensgeschichte in die Augen, das ich vor langer Zeit schon einmal gelesen hatte; doch war mir sein Inhalt fast ganz aus dem Gedächtnis entschwunden. Sofort verlangte ich es und bekam es auch. Die abenteuerliche Lust, den Stätten längst ver- gangener, fast vergessener historischer Ereignisse nachzuspüren, überkam mich bei der Lektüre aufs neue. Am nächsten Sonnabend erhielt ich ausnahmsweise den Befehl, nach Schluß meines Singe- dienstes noch zum Schießen nach dem Biederitzer Busch zu kommen, möge es so spät sein als es wolle, tlm nicht erst noch einmal nach der Kaserne zu müssen, nahm ich die gesamte Schietz- ausrüstung, Gewehr, Helm und Patronentaschen, gleich mittags mit mir zur Domkaserne. Als unsere Gesangübung beendet war, wanderte ich mit den Noten hinüber zu dem mächtigen. Gotteshause und betrat die in nachmittäglicher Stille daliegenden weiten Hallen vom nördlichen Turm aus. Mein Weg führte ein Stück durch das Schiff der Kirche, bis zu einer kleinen Tür im inneren Portalgemäuer, hinter? der die Treppe aufwärts zu dem Gemache führte, in dem ich die Noten zu bergen hatte. Dieses Gemach hatte Anschluß an die Haupttreppe des Turmes, die zu keiner Höhe hinaufführte. Hatte ich zuerst die Absicht gehabt, wieder nach meiner Bank im Pari zu gehen und dort den Nachmittag zu verbringen, so kam mir beim Anblick der gewaltigen breiten Turmtrcppe der Gedanke, einmal dort hinauf zu steigen. Zeit hatte ich ja noch genügend, und tso besann ich mich weiter nicht. AlS ich oben auf dem Umgange unter der kurzen Helmspitze hinaustrat, war ich förmlich geblendet von der Fülle von Licht, Himmelsblau und Erdengrün ringsum. Bis zu den blau-- dunstigen fernen Harzhöhcn schweifte der Blick hinüber und der Brockenkegcl präsentierte sich in ruhiger Erhabenheit über dem gesamten Panorama. Ringsum ging ich um die eigentliche Turm- jhitze, und nach allen Seiten eröffneten sich neue wunderbare Fcrnfichten. Als sich mein Blick an den unheheuren Weiten ermüdet hatte, lenkte ich ihn auf das Näherliegende, auf die große Stadt drunten. Bald blau, bald silberglänzend wand sich dort die Elbe heran, ein »vohlgeformter Arm, von drei Armbändern, den drei' Brücken überspannt: eine ganz oben beim Herrenkrug, über die eben ein in der Richtung nach Berlin   fahrender Zug hinüber eilte; dann die Hauptbrücke, vom Johannesberg   zur Zitadelle und weiter zur Friedrichstadt   hinüber führend; endlich die dritte, die unfern vom Dom die Stadt mit demroten Horn" verband, Diesseits der Elbe, demroten Horn" gegenüber, also meinem Standpunkte ziemlich nahe, lag die Sternschanze, das berüchtigte Gefängnis meines Helden, des Freiherrn von der Trenck. lFortsetzung folgt.j Huö dem Erwerbsleben der Slldlee-Inlulaner. Don Dr. I. Wies e. I. Die Kanaken   so lautet die Gesamtbczeichnung für die Poly- nesier sind in ihrem häuslichen Leben höchst bedürfnislos. Wald und Meer liefern ihnen alles, was zum materiellen Wohlergehen er- forderlich ist. Den Ackerbau treibt der Kanake nur in oberflächlichster Weise. Er beschränkt fich ausschließlich auf den Anbau einiger Knollcnkrüchtc wie Süßkartoffeln, Taro") und DamS*). Besuchen wir einmal diese Naturvölker bei ihren Feldarbeiten. Wir müssen zunächst darauf verzichten, regelmäßig eingeteilte Felder zu finden wie in Europa  . An Größe sind die Pflanzungen sehr verschieden und an Gestalt finden wir alle möglichen, nur keine regelmäßigen. In der einen Jahreszeit werden Taro gepflanzt, in der anderen DamS und Pik(wildes Zuckerrohr), das ganze Jahr hindurch aber Bananen und Süßkartosscln. Ist ein G'rasfeld zu einer Pflanzung bestimmt, so begeben sich die Männer mit Messern und Bambusscheiten hin und schlagen das mannshohe Gras nieder. Nach zwei Tagen Sonnenschein ist es trocken wie Heu und wird an- gesteckt, so daß alles Unkraut bis aus den Boden abbrennt. In dieses gereinigte Feld werden ohne weiteres die Bananenableger gepflanzt. Das Gras fängt aber sofort wieder an zu sprossen. Der Boden wird deshalb von den Männern umgegraben oder umgehackt. Das weitere überläßt man den Frauen, die nach und nach mit Grabstöcken die ganze Pflanzung umwühlen und die Graswurzeln entfernen. Sie liegen dabei auf der Erde, wie es bei der Kartoffelernte in Europa   üblich ist. Neben sich haben die Frauen die schwarze Wasserflasche, aus der sie zuweilen ein Schlückchen trinken; in einiger Entfernung liegt das Kind und schläft oder schreit; oder es spielen mehrere Sprößlinge, die nach Herzens- lust schreien und miteinander raufen, bis es der Mutter zuviel wird. Von Zeit zn Zeit müssen die Frauen dann noch jäten, weil das Unkraut, dessen Wurzeln nicht ganz entfernt werden können» wieder neu und üppig emporschießt, viel schneller als alles andere. Zwischen den Bananen pflanzt man Setzlinge der Jngirstaude, hier und da DamS, Süßkartoffeln. Zuckerrohr oder Ingwer. Bei dem Emporschießen der Bananenblätter werden die unnötigen mit einem Stocke, an den» oben ein Messer angebunden ist. abgeschnitten. Hat der Sturmwind einen Teil der Pflanzung arg verwüstet, so richten die Kanaken   die gefallenen Stämme wieder auf und binden sie an Bambusstöcke fest. Den reifenden Früchten drohen verschiedene Feinde, Papageien sowohl als fliegende Hunde, die sich die besten aussuchen und auf- fteffen. Deshalb werden die schönsten Trauben zum Schutze mit trockenen Bananenblättern umwickelt. Ist nun eine Traube reif, so schlägt man fie mit einigen Messerhieben ab und zerstört den Stamm, da er ein zweites Mal ja doch nicht mehr trägt. Unterdessen schießen schon wieder neue Sprößlinge aus der Wurzel hervor, die die Eingeborenen zum Teil als Setzlinge für neue Pflanzungen benutzen, zum Teil stehen slassen, um die abge- hauenen Stämme zu ersetzen. Bei den zu dicht wachsenden Stauden entfernt man nach und nach die überflüssigen Schößlinge. Die schönsten und ergiebigsten Ernten werden erzielt, wenn man 3 bis 4 Stämme stehen lätzt und die anderen regelmäßig schräg über den» Boden abhackt. Die Banane hat keine bestimmte Reifezeit, sondern trägt daS ganze Jahr hindurch Früchte, die verschieden sind an Größe. Form, Farbe und Geschmack. AnS den Fasern deS fleischigen Stammes wissen die Eingeborenen sehr geschickt ihre Bind- fäden und Schleuderschnllre zu drehen. Das große Blatt ersetzt Teller und Töpfe, Packpapier und Wasserbehälter, Trichter und Becher, Sonnen- und Regenschirme. Die Naturvölker pflegen die Bananen sowohl roh als auch gekocht zu genießen. Im elfteren Falle graben ste sie nach ihrer völligen Reise in die Erde ein oder hängen sie au einem schattigen Orte auf. bis sie gelb, ganz weich und zuckersüß sind. Im anderen Falle dagegen dürfen die Früchte nicht ausgereift sein, weil sie sonst beim Kochen in Brei zerfallen würden. Da eine Bananenpflanznng den Boden nach einigen Jahren vollständig aussaugt und die Kanaken   eine Düngung nicht vor- nehmen, lassen fie das Feld einige Jahre brach liegen, mit Gras und Unkraut und von selbst aufschießendem Gestrüpp überwuchern und legen an einer anderen Stelle eine neue Pflanzung an. D»e Taro verlangen einen fetteren Grund als die Bananen und gedeihen weder aus sandigem, noch steinigem oder von Bananen ausgesogenem Boden. Als Tarofeld kommt vielmehr nur frischer Waldboden in Betracht. Interessant ist es zu beobachten, wie ihn die Eingeborenen urbar machen. Zuerst wird das untere Buschholz niedergehauen und, wenn es trocken ist. angezündet, so daß auch mittelgroße Bäume verbrennen. Große Waldbäume bringen die Eingeborenen allmählich zum Absterben, indem sie die Rinde kranzförmig losschäleir. Mitten auf dem abgebrannten Holzfelde stecken fie die Tarosetzlinge ohne weitere Vorbereitung in die tiefen Erdlöcher hinein. Der Waldbodcn hat den Vorteil, daß er weniger hart ist und auf ihm nicht das lange, fast unvertilgbare Gras wächst. Nur wenn die Taro schon ihre ersten Blätter entwickelt haben, sammelt mal» die größeren dazlvischen liegenden Holzstücke und schichtet sie zu großen Haufen, die im Laufe deS Jahres als Feuerholz Verwendung finden. Die Taropflanzung liefert nur dann schöne große Früchte, wenn sie von den, üppig wuchernden Unkraut stets gesäubert wird. Für DamS und Süßkartoffeln muß der Boden erst um- gegraben und fertig bearbeitet sein. Als Damssetzlinge dienen kleine Stückchen von der reiferen Knolle mit einigen Augen. Ein halbes Jahr aufbewahrt, trocknen sie fast ganz zusammen. Es werden nun in der Pflanzung Erdhäufchen gemacht und in diese die *) Taro-Wasserbartwurzel aus der Gattung der Arazeen, liefert große, fleischige KnolKn, die unsere Kartoffeln zu vertreten scheinen. Die Damswurzeln sind mchlreiche Wurzelknollen aus der Ordnung der Liliifloren.