270 Satte die Frau im Chanibregarnie ihr reicht gegeben?'Hatte damals Frau Selinaer ihr geglaubt? Nein, niemand i Und wenn-!ie die da packte und behandelte, wie sie's verdiente?! Nein, nein mutlos senkte sich ihr Kopf.-- Recht würde sie auch nicht bekommen. Einen Augenblick noch stand sie zögernd, finster sinnend. dann schlüpfte sie wieder hinaus, so geräuschlos wie sie ge- kommen. Von nun an gingen Herrin und Dienerin umeinander herum wie zwei tückische Hunde, die sich, niit eingekniffenem Schwanz, umschleichen, anscheinend friedlich, Wischeinend Harm- los und doch immer einer vor dem anderen aus der Hut. Berta veränderte sich von Tag zu Tag mehr. Nichts von der früheren Anmut war mehr in ihren Bewegungen. Sie schlorrt.- daher, als sei ihr alles zu viel, jegliches Tun zu mühsam. Ihr Blick war matt, oft ganz verglast. Ihr, die sonst hundertmal Lärm geschlagen und ihre Zunge flink ge- rührt hätte, bei all dem, was ihr nicht patzte, versagte jetzt das Wort. Das Schweigen um sie her, mächtig das ewige Einerlei der Tage beherrrschcnd, drückte auch ihr den Mund zu. Tie Lautlosigkeit kam aus den Ecken aus sie zugekrochen, legte ihr die schweren Tatzen auf die Schultern und drückte sie nieder. Eine grenzenlose Hoffnungslosigkeit hatte sich ihrer bemächtigt. Es konnte ja nie besser werden I Auch nie anders: ob in dieser Stelle oder jener, immer die gleiche, freichen- arme Aussichtslosigkeit! Immer tiefer, tiefer sank, wie ein unentrinnbares Netz. tfnc Lethargie übex. sie, aus der es kein Aufraffen gab. Selbst im Schlaf holte sie sich keine Frische. Da träumte Sie von Fräulein Haberkorn: die war stärker als sie. Die >eugte sich über das Bett mit ihrcin dürren Hals, ihre dünnen Lippen waren in eisigem Schiveigen geschlossen; sie streckte die Hand im schwarzen Glacehandschuh aus und legte sie ihr auf die Brust. Die Hand drückte wie ein Alp. Weg, wegl Die Schlafende stöhnte, rang nach Luft und stietz mit Händen und Fützen . Sie bäumte sich, sie wehrte sich, sie raing um ihr Leben weg, tvegl Die schwarze Hand drückte noch immer da Berta packte zu und erwachte zugleich von dem langgezogenen Schrei, den sie ansstietz sFortsetzung folgt.) (NaKdruck B«loten.) Der f)ader zweier JVIirgoroder c] Größen. Von Nilolaus Gogol. Mos erhielt ein anderes Aussehen. Wenn Nachbars Hund auf de» Hof lief, wurde er mit Stöcken verjagt; die Kinder, die über den Zarin kletterten, kehrten heulend wieder um, die Herndchen in die Höhe haltend und mit den Spuren erhaltener Rutenstreiche; selbst das alte Weib beging, als Iwan Jwanowitsch sich über etwas be- fragen wollte, eine solche Unanständigkeit, daß Iwan Jwanotvitsch rn seiner Eigenschaft als musterhaft zartfühlender Mann ausspuckte «nd nur die Worte sprach:Welch garstiges Weib, es ist schlimmer als der Herr!" Endlich stellte der vcrhatztc Nachbar als Gipfelpunkt der Bc- lcidigung gerade an dem Platze, wo man über den Zaun zu klettern pflegte, einen Gänsestall auf, um gleichsam absichtlich die zugefügte Kränkung zu wiederholen. Dieser für Iwan Jwanowitsch so wider- wärt ige Stall wurde mit satanischer Geschwindigkeit an einem Tage orbaut. Das regte dem Iwan Jwanowitsch die Galle auf und weckte in ihm den Durst nach Rache. Er zeigte übrigens keine Spur irgend einer Erbitterung, obgleich der Bau auch einen Teil seines Grundes und Bodens eingenommen hatte; aber das Herz schlug ihm so heftig, datz es ihm ungemein viel Mühe kostete, wenigstens äußerlich die Ruhe zu bewahren. So verbrachte er den Tag. Tie Nacht brach herein.... O, wenn ich ein Maler wäre, ich würde all den wunderbaren Reiz dieser Nacht darstellen I Ich würde darstellen, wie ganz Mirgorod in Schlaf versunken; wie die zahllosen Sterne unbeweglich auf dasselbe herab- blicken; wie das nahe und das ferne Bellen der Hunde die fast sichtbare Stille unterbricht, wie trotz alledem der verliebte Küster rnit ritterlichem Mut über einen Zaun klettert; wie die weißen Mauern der Häuser von den Mondstrahlcn beleuchtet größer er- scheinen, die sie beschattenden Bäume dunkler, der Schatten der kbäume gesättigter, die Blumen und Aräser wohlriechender und die Heimchen, die unermüdlichen Ritter der Rächt,, in allen Ecken und Enden vereint ihre schwirrenden Lieder zirpen. Ich würde dar- stellen, wie in einem dieser niedrigen Lehmhäuschen die sich auf ihrem einsamen Lager herumwälzende, schwarzäugige Städterin mit dem von Jugcndlust bebenden Busen von dem Schnurrbart und den Sporen eines Hufaren träumt, während der Mondschein auf ihren Wangen lacht. Ich würde darstellen, wie auf der weißen Landstraße der schwarze Schatten einer Fledermaus rasch vorbei- streicht und diese auf einem weißen Rauchfange sich niederläßt...« Aber kaum würde es mir gelingen, Iwan Jwanowitsch darzustellen« wie er mit einer Säge in der Hand heranschleicht. Wie mannig- fache Gefühle waren auf seinem Antlitz abgezeichnet! Leise, ganz jeise stahl er sich hervor und kroch unter den Gänsestall. Den Hunden des Jlvan Nikiforowirsch Ivar noch nichts vom Streite bekannt und sie gestatteten ihm daher als altem Freunde, sich dem Stalle zu nähern, der auf vier Eichenpfählcn sich wiegte. An den nächsten Pfahl herankricchend, setzte er die Säg? an und begann zu sägen. Das durch das Sägen verursachte Geräusch ließ ihn innehalten. Er blickte sich um. aber der Gedanke an die erlittene Schmach gab ihm den Mut wieder. Der erste Pfahl war durchsägt. Iwan Iwan?- witsch ging zum zweiten über. Seine Augen brannten und vor lauter Angst konnte er nichts sehen. Plötzlich schrie Iwan Jwano- witsch auf. Es zeigte sich ihm ein toter Mann; er faßte sich aber bald, denn er sah jetzt deutlich, daß es nur eine Gans war, die ihm ihren Hals entgegenstreckte. Iwan Jwanowitsch spuckte ärgerlich aus und fuhr mit seiner Arbeit fort. Der zweite Pfahl war unter- /ägt, der Bau schwankte. Das Herz begann Iwan Jwanowitsch so schrecklich zu klopfen, als er den dritten ansägte, daß er einige Male die Arbeit unterbrechen mußte. Mehr als die Hälfte des Pfeilers war schon durchsagt, als mit einem Male der breite Bau stark zu wanken begann.... Iwan Jwcrnotoitsch hatte kaum Zeit zurückzuspringen und der Gänsestall stürzte dröhnend zusammen. Er ergriff die Säge, lies in schrecklichem Entsetzen ins Haus und warf sich aufS Bett, ohne auch nur den Mut zu haben, durchs Fenster zu blicken, um die Folgen seiner furchtbaren Tat zu sehen. ES schien ihm, als sei der ganze Hof des Jlvan Nikiforowitsch ver» sammelt: das alte Weib, Iwan Nikiforowitsch, der Junge im end- losen Rocke, alle mit Keulen bewaffnet und angeführt von Agafia Fedossejewna, um sein HauS zu stürmen, zu verwüsten und zu zer, stören. Den folgenden Tag brachte Iwan Jwanowitsch im Fieber zu. Es kam ihm immer vor, als werde der verhaßte Nachbar, um sich zu rächen, ihm wenigstens das Haus anzünden. Er befahl daher Gapka, jeden Augenblick nachzusehen, ob man nicht irgendwo trockenes Stroh untergelegt habe. Endlich entschloß er sich, um Iwan Niki- sorowitsch zuvorzukommen, die Fische vor dem Netze zu sangen und gegen ihn eine Klage beim Mirgoroder Bezirksgericht einzureichen. Worin diese bestand, wird man aus dem nachfolgenden Kapitel «sehen. 4. Kapitel. <Was sich vor dem Mirgoroder Bezirksrichter zutrug.) Dieses Mirgorod ist eine höchst wunderbare Stadl! Was hat t: nicht für Gebäude I Sie find teils mit Stroh, ja teils sogar mit chindeln gedeckt. Straßen rechts, Straßen links; überall prächtige Zäune; an ihnen windet sich Hopfen, auf ihnen hängen Töpfe, und hinter ihnen zeigt die Sonnenblume ihr nach dem Ebenbilde dieses Lichtkörpers geformtes Haupt, hinter ihnen rötet sich der Mohn, winden sich umfangreiche Kürbisse.... Eine wahre Wonne I Jeder Zaun ist imrner mit Gegenständen begleitet, die ihn noch malerischer gestalten, sei eS mit einem Weiberrock, sei es mit einem Hemd oder einem Paar Beinkleidern. In Mirgorod gibtS keine Diebe, keine Bösewiclitcr und darum hängt jeder was ihm beliebt auf den Zaun. Wenn ihr euch dem Marktplatze nähert, werdet ihr gewiß stehen bleiben, um euch an den, Anblicke zu weiden. Da befindet sich nämlich eine Pfütze, eine wunderbare Pfütze! Die einzige, die ihr je irgendwo zu sehen Gelegenheit habt. Sie nimmt fast den ganzen Platz ein. Eine präckstige Pfütze I Häuser und Häuschen, die man aus der Ferne für Heuschober halten kann, schließen sie ringsum ein und bewundern ihre Reize. Ich bin der Ansicht, daß es kein schöneres Haus gibt, als das Mirgoroder Bezirksacrtcht. ES kümmert mich nicht, ob es aus Eichen- oder Birkenholz ist, aber meine geehrten Herren, eS hat acht Fenster! Acht Fenster in der Reihe, geradeaus auf den Platz und auf die Wasiersläche, von der ich schon gesprochen und die der Polizeimeister einen See newitl Dieses Haus allein ziert die Granitfarbe, die gesamten sonstigen Häuser in Mirgorod find ge- weißt. Das Dach ist ganz von Schindeln und wäre sogar rot an- gestrichen worden, wenn man nicht das zu diesem Zwecke vor- bereitete, mit Knoblauch gewürzte Kanzleiöl, da eS wie absichtlich gerade Fasten war. verzehrt hätte, und so blieb das Dach unangc- strichen. Die Treppe geht auf den Marktplatz, und auf dieser Treppe tummeln sich oft Hühner und sonstiges Getier, weil auf der Treppe immer Graupen oder sonst etwas Eßbares verstreut ist. was übrige nG nicht absichtlich geschieht, sondern einzig und allein infolg« der Un- Vorsichtigkeit der Bittsteller. Das Haus ist in zwei Hälften geteilt, in der einen ist das Gericht, in der anderen Hälfte das Arrestlokal. Das Gericht besteht auS zwei reinlichen, gewcißten Zimmern; das vordere, für die Bittsteller bestimmt, ist leer, das zweite enthälk einen mit Tintenflecken geschmückten Tisch, auf dem sich ein Spiegel befindet, vier Eichcnstühle mit hohen Rückenlehnen und an den Wänden eisenbeschlagene Kisten, in denen alle mögliche Schikane in dicken Aktenbündeln aufbewahrt wird. Auf einer dieser Kisten stand gerade damals ein gewichster Stiefel. Das Gericht wurde schon am Morgen geöffnet. Der Richter, ein ziemlich wohlbeleibter Herr« wenn auch etwas dünner als Iwan