ß bcrschwand die Wand sofo:! dem Blick in Finsternis, und wir jenen über einem grundlosen Abgrunde zu schweben. So gelangten wir bis unter die Schneewächte zwischen die Eis säulen und-nadeln, die, in der Nähe gesehen, eine Säulenreihe bildeten, dicht wie die Bäume eines Waldes; auf ihr lastete die schwere Schneewölbung, deren Festigkeit zweifelhaft war. Der Ein- druck, den das Ganze im Nebel machte, war außerordentlich seltsam und unvergeßlich. In dieser unsicheren Stellung mutzten wir, an- geklammert an die jäh abstürzende Wand, die Eispfeiler umgehen, um von unten an die Stelle zu gelangen, wo die Wächte sich an die Wand schloß, und dort einen Durchgang zu suchen. Wir fanden einen solchen in einem Einschnitt der Kluft, der einen engen, senk- rechten Kanal von ein bis zwei Meter Höhe bildete. Der wackere Ollier, auf einer breiten Stufe stehend, mußte Pctigax als Leiter dienen. Dieser stieg ihm mit seinen schweren, genagelten Berg- schuhen auf die Schultern, dann auf den Kopf und grub die Axt tief in den Schnee oberhalb der Wächte, um sich zum Kamme hinauf- zuziehen. Für die übrigen war es ein Kinderspiel, ihm zu folgen. Der Kamm war bezwungen. Noch wenige Minuten Wegs, und ich setzte den Fuß auf den höchsten Gipfel des Ruwenzori . Aus der Finsternis waren wir in den vom strahlendsten Lichte erfüllten freien Raum getreten. Zu unseren Füßen wogte ein Nebelmeer: eine unermeßliche Fläche leichter, zarter Wirbel von weitzlich-aschgrauer Farbe bewegte sich, vom Winde getrieben, nach Nordwesten. Aus der endlosen beweglichen, einförmigen Ebene ragten nur zwei feste Punkte, zwei blendendweiße, in der Sonne t,wn Myriaden Schneekristallen glitzernde Pyramiden, die äußersten Spitzen der beiden höchsten Gipfel. Der Herzog nannte diese beiden höchsten Gipfel Margherita und Alexandra. Die Berechnung auf Grund der Beobachtungen ergab für die Margheritaspitze eine Höhe von 5125 Meter und für die Alexandraspitze 5155 Meter. Die kühnen Alpinisten blieben nicht ganz eine halbe Stunde auf dem Gipfel, denn, fährt der Reisebericht fort, es war keine Hoffnung vorhanden, daß die Nebel sich an diesem Tage zerteilen würden, und nachdem die Barometer- und Thermometerablesungen vorgenommen waren und sich auch die erste Siegesbcgeisterung gelegt hatte, begann sich der kalte, schnei- dende Wind fühlbar zu machen. Ein fast beklemmendes Gefühl der Einsamkeit überkam uns, die wir uns auf dem engen, schneeigen Gipfel zusammendrängten, ohne etwas von der Erde zu erblicken. Eisfelder. Abgründe und Gipfel. Täler, Ebenen. Seen und Wälder, alles war den Blicken durch einen undurchdringlichen Nebelschleier entzogen, eine dünne Scheidewand, die das glühende äquatoriale Nfrika von dem ewigen Schnee des Hochgebirges trennte. Als wir die Felswand wieder hinabgeklettcrt waren, nahmen tvir unser Gepäck auf und kehrten auf die Alexandraspitze zurück. Um Wi Uhr nachmittags trafen wir wieder bei unserm einsamen Zelte ein. Wenige Stunden später wurden wir alle von einer schmerzhaften Schneeblindheit befallen. An jenem Tage waren wir immer dem blendenden Schimmer des Nebels ausgesetzt gewesen. hatten uns aber nicht der schwarzen Brillen bedienen können, durch die man gar nichts sieht. Wir blieben die ganze Nacht und de» ganzen folgnden Tag im Zelte und machten Tceumschläge auf die geschwollenen, tränenden Augen.... ffleims fcuillcton* Ans dem Tierleben. Ueber den Wanderflug unsererKraniche, Störche und Reiher. Zu der Ordnung Sumpf- oder Stelzvögel, im all« gemeinen Sinne von Allvater Linnä gebraucht, gehören Kraniche, Störche und Reiher, die von der heutigen Wissenschast als Vertreter dreier Familien betrachtet werden. Diese Arten beanspruchen, ab- gesehen von ihrer Bedeutung im Haushalt der Natur, ihrer Wände- rungen wegen ein hohes Interesse, und wir begehen kein Unrecht, wenn wir sie als die bewundernswertesten aller Vögel bezeichnen. Jahraue, jahrein wandern diese Vögel dieselben Straßen und in überaus großen Eesellichaften, das Ergebnis von gehäuften Kollestiv- erfahruiigen. Ein ungemein großes Wohngebiet haben diese Arten zu ihrer Erhaltung z>lr Verfügung. Im Norden Europas und AstenS sind Kraniche mehr oder weniger ansässig, und diese find eS hauptsächlich, die deutsches Gebiet durchwandern. Die Herbstzüge zeigen die größere Anzahl der Züge und Individuen, und wenn sich diese im Laufe der Zeiten merklich lichteten, so werden dennoch hier Züge gesehen, die aus 255—355 Wanderern bestehen. Etwa drei Stunden vor und nach Mittag ist die HauplzugSzeit, in der die Flüge hinter einander folgen und— gehört tverden, denn sie werden wie mit Fanfaren laut angemeldet. Die Flugform eines Kranichzuges ist ein lateinisches(umgekehrtes) V, bei dem jedoch der eine Schenkel verlängert ist. wobei einer der stärksten Vögel an der Spitze des Fluges sich befindet, der von Zeit zu Zeit von einem anderen Vogel abgelöst wird. Eine rufende Stimme ertönt während des Fluges, wird von einer anderen beantwortet, und so immer in der Folge, gleichsam als Versicherung, daß der Zug in Reihe und Glied verblieben fei. Fährt der Wind zu rauh in den Zug. setzt er sich gleich einem Zirkel eng zusammen, oder er stockt, wenn Winde wehen, die in der Zielrichtung nicht liegen. Stockt der Zug aber, damit weitere, meist kleinere Kranich« züge aufgenommen werden sollen, dann so niedrig und nahe den Augen der Beobachter, daß diese die Augen derKraniche erkennen können. (Einmal von niir in einem Hochwalde 14 Kilometer nördlich von Berlin beobachtet.) Werden dabei die Luftreigen der Kraniche im allgemeinen sowie im einzelnen ausgeführt, so haben wir das schönste Flugbild vor uns, was Vögel darzustellen vermögen. Es sieht dabei auS, als gehorche die Masse einem Obersten, bald ist sie hier, bald dort, oben oder unten; endlich vereinigt und geordnet, geht die Wander» schar ununterbrochen ihrem Endziele zu. Die Hanptzüge der euro - päischen Kraniche gehen nicht über Griechenland ; nur vereinzelt von den vielen Zügen längs der kleinasiatischen Küste nach dem afrika - nischen Süden. Längerer Aufenthalt wird in Griechenland , Italien nicht genommen, vielmehr das Mittelländische Meer rastlos über- quert. Indien und Südchina ist das Ziel der aus Sibirien ab« wandernden Kraniche. Der Umstand, daß man im Gefolge der wandernden Kraniche kleine Vögel, namentlich Lerchen, gefunden hat, gab zu der Fabel Veranlassung, daß dieselben auf dem Rücken ihrer großen Reise- geführten den weiten Weg auf eine bequemere Weise zurücklegten. Dennoch hat man in einem Fluge, den H. Seebohn über die Pyrenäen fliegen sah, einen Kranich, einen Wanderfalken und acht Gabelweihen gesehen.(.Die Vögel Sibiriens ", 1951, S. 417.) Fliegen in unserem Gebiete Kraniche(oder Störche), dort nahe Adler oder Wanderfalken, und kreuzen sie sich im gegebenen Ziele, so werden beide Parteien sich nicht beachlen oder gar fürchten. Kraniche(oder Störche) haben keinen gefiederten Feind zu fürchten. Weiße und noch mehr schwarze Störche sind als Wandervögel gegenüber den Kranichen in großer Minderzahl. Da sie in unserem Gebier häufiger als brütende Kraniche vorhanden sind und als best» geeigneten Sammelplatz zur Abreise besonders die Spreewiesen südlich von Berlin benutzen, was schon vor 125 Jahren Buffon mit- geteilt hatte, so haben wir Gelegenheit, sie leicht beobachten zu können. Um Mitte August versammeln sich hier die Störche, in etwa vierzehn Tagen sind die Versammlungen urplötzlich aufgelöst. Sie klappern erregt, ebenso erregt durch und durch erscheint jeder einzelne; erheben sie sich, so ist der Abzug in wenigen Augenblicken und bei vollstem Schweigen vollzogen. Der Nordwind ist entscheidend für den Abzug geworden. Der Flug der Störche ist schwimmend, auf weite Strecken hin ohne jeglichen Flügelschlag, ausdauernd, rastlos; für uns ein Rätsel, voller Bewunderung. Nur Ivenige Tage liegen zwischen der Abreise von hier aus und der Einkehr unter de» Palmen des inneren, selbst des südlichen Afrika ?. Ihr Flug gleicht einem Keile, der dann am dichtesten wird, wenn diesem Wind und Regen oder Hagel entgegen« stürmen. Schwarze Störche, deren Bestand bei uns ein recht geringer ist, versammeln sich zum Abzüge auf den höchsten Bäumen, und sollte dennoch im Abzüge eine Schar von zehn Vögeln gesehen werden, freue sich der Beobachter, die schönsten und seltensten Wanderer, die tropischen Juwelen gleichen, auch einmal gesehen zu haben. Man soll die Versuche der Deutschen Ornithologischen Gesell- schast in Berlin , Ring storche als Probereisende vorzubereiten, nicht übel deuten, wenn dabei ein einzelner Storch durch einen Unglück- lichen Zufall oder durch einen schießwütigen Menschen verloren ging, iveil er einen Ring trug. Bedenken lvir, daß die preußischen Ring- storche es waren, es auch ferner vermögen, die Wunder ihres Wander- zuges lösen zu helfen, ferner, daß das heutige Gesetz nicht einmal die Störche schützt. Unserem Volke, selbst den sogenannten barbarischen Völkern, gilt trotzdem der Storch als ein geheiligter Vogel. Die Reiher sind unter den hier genaiunen Arten die häusigsten Brutvögel, deren Wohngebiet nicht weit nördlich von Deutschland , am weitesten nord« und südwestlich reicht, denn es umschließt vier Erdteile. Ihre Wanderungen durch unser Land sind nicht von Be- deutung; sie überwintern bereits in Kroatien , noch mehr in den Balkan « staaten und in Griechenland , wohl die meisten in Unterägypten resp. südlich des Kospischen Meere?. Wer sie an ihren brandenbur�ischen Ständen beobachten will, der besuche die Seen der Duberow(Königs- Wusterhausen ), bei Joachimslhal und Großkreuz, den Lehnitzsee (Oranienburg ) etwa 555 Reiher sind sicherlich festzustellen. Im allgen, einen treffen Kraniche in Brandenburg ein um den 15., Reiher um den 25. März, Störche um den 1. April. Der Abzug im Herbst ist für Störche um den 24. August, für Reiher um den 15, für Kraniche um den 15. Oktober. Störche machen eine Ausnahme von der Regel, nach der uns diejenigen Vögel am frühesten ver- lassen, die an» spätesten bei nn? eintreffen. Nach den Temperatur- Verhältnissen, wie sie annähernd gegeben werden kann, erfolgt die Einwanderung der Kraniche Reiher Störche Maximaltemperatur... 7° 8° 10° Minimaltemperatur... 0° 1° 5° Die Abwanderung der Kraniche Reiher Störche Moximallemperatur... 25° 22° 26° Minimaltemperatur... 14° 16° 18° Dem Aufenthalt nach würde für Brandenburg eine Zeit vs-» 7 Monaten für Kraniche. C'/a Monate für Reiher, 4 Monate für Störche sein. Die Einwanderungen der drei Arten umschließen die Zeit der demnächst zu erwartenden resp. den Beginn der an- fänglich sporadischen Belaubimg unserer Bäume. II. H. Verantwortl. Redakteur: Hans Weber. Berlin ,— Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.VerlagSanstalt Paul Singer örCo..Berlin Z1V.
Ausgabe
26 (7.4.1909) 68
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