sondern aus Kalkstein gefertigt, und zwar war«S der Dichter D-Hümmel, dem gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts zuerst die Herstellung von Steinmurmeln gelang. Kinderspielzeuge beruhen vielfach auf denselben Gesetzen wie die Bewegung des Weltalls überhaupt. So ist das Kreisel- treiben, eins der altwürdigsten Kinderspiele, auf der An- Wendung der Zentrifugalkraft begründet, durch die auch die Planeten in ihrer Bahn erhalten werden. Der Kreisel oder Topf, wie er im Mittelhochdeutschen heitzt, wurde ursprünglich aus Holz, bald auch aus Blech hergestellt. Der hölzerne Kreisel hatte und hat noch heute stets die Gestalt eines Kegels, in den meist Kreise eingekerbt find. Bei den aus Blech gefertigten Kreiseln wechselte die Form. Es gab neben den kegelförmigen solche, die aus zwei Reifen mit je einer Mittelachse gebildet wurden oder der Kreisel bestand aus einer Blechkugel, die auf einem Stäbchen be- festigt sich vorzüglich von der Peitsche des spielenden Kindes in rotierender Bewegung erhalten liest. Diese letzte Kreiselform zeigt ein Stich von Daniel Chodowiecki  , der sich im Nürnberger Germanischen Museum befindet. Ein anderes, auf der Zentrifugalkraft beruhendes Spiel ist das Reifschlagen. Ein, meistens hölzerner, Reifen wird vom mitlaufenden Spieler ins Rollen gebracht. Wie beim Radfahren besteht die Kunst besonders darin, den Reifen in langsamer und doch sicherer Bewegung zu erhalten, geschickt umzulenken usw. Eine andere, weniger geheimnisvolle, elementare Kraft, die sich die Kleinen früh nutzbar zu machen lernten, ist der Win d. Im Frühjahr und im Herbst entfaltet er seine ungestümste Tätig- keit, und deshalb bringen die Kinder seit Jahrhunderten in diesen beiden Jahreszeiten allerlei Flugwerkzeuge zum Vorschein, die der Wind in Bewegung setzen soll. Die einfache papierene Wind- mühle, mit mit einer Nadel auf einem Stäbchen befestigt wird, blieb von jeher den allcrjüngsten Jahrgängen der Kleinen re- serviert, während die älteren sich mit der etwas schwierigeren Auf- gäbe beschäftigten, den Papierdrachen steigen zu lassen. Der Drachen, ein entfernter Verwandter des Zeppelin ll, vergnügte schon die Jugend des siebzehnten Jahrhunderts, wie ein Kupfer- stich von Konrad Meyer   aus jener Zeit hübsch veranschaulicht. Wahrscheinlich geht sein Gebrauch noch weiter zurück, wenn uns auch ältere Belege dafür fehlen. Sein Name war von seiner Ge» st a l t hergeleitet, die nicht so einfach wie die heute übliche einem aus Papier gefertigten Fabelwesen mit langem, gefiedertem Schwanz glich. Dieses papierene Luftschiff war auf ein Holz- gerippe geklebt, und konnte so hoch in die Lüfte reisen, wie der an seinem Schwanz befestigte Faden erlaubte. Wunderhübsch ist die Lust der kleinen Aeronauten in dem Herbstlied vom Drachen ausgedrückt: Gemäht find die Felder, der Stoppelwind weht, Hoch oben in Lüften mein Drachen nun steht! Die Rippen von Holze, der Leib von Papier, Zwei Ohren, ein Schwänzlein find all seine Zier! Und ich denk': So drauf liegen im sonnigen Strahl.,, Ach, wer das doch könnte, nur ein einziges Mal!" Im Reigen sorgloser Kinderfreuden hat das Ballspiel seit den Zeiten der Griechen und Römer einen bevorzugten Platz ein- genommen. Den Gummiball, dessen Erfindung erst neueren Da- tums ist, ersetzte früher ein mit Werg, Häcksel oder Stroh gefüllter und mit groben Leinen überzogener Ball. Mit dem Ballspiel ist gesunde Bewegung verknüpft, und durch seine mannigfaltige Vari- ationsfähigkeit fein Buch aus dem Jahre 1827 enthält 46 ver- fchiedene Regeln für Ballspiele!) gestaltete es sich stets zu einem sehr kurzweiligen Zeitvertreib. Die geschickte Handhabung der Bälle erfordert Kraft und Gewandtheit, und dadurch hat sich ihr Gebrauch auch bei der erwachsenen Jugend sehr belieht gemacht. Wir erinnern nur an das Ballspiel mit Schlägern, das unter dem englischen Namen Lawn tennis   heute bei uns vom breiten Lebens- weg einer höheren Tochter so untrennbar geworden ist wie das Klavierspielen. Das Tennis, dessen Urbild ein nach klassischem Muster in Italien   gespieltes Handballspiel war, ist das Produkt einer jahrhundertelangen Entwicklung. In noch stärkerem Mahe wie bei uns, hat es sich bei der sportliebenden Jugend Englands Bürgerrecht erworben, von der es mit ebenso viel Eifer betrieben wird wie das Fuhballspicl.. Im Frankreich   des� achtzehnten Jahr- Hunderts gehörte das Ballspiel, besonders mit Federhällen und Schlägern, zum Zeitvertreib der vornehmen Welt. Um auch bei ungünstiger Witterung dem anmutigen Spiel obliegen zu können, wurden Häuser gebaut, deren Räume dem Zwecke des Ballspiels entsprechend angeordnet waren, und dieB a l l h ä u s e r" ge- nannt wurden. England hat heute mehr als dreistig solcher Bauten. Geschichtliche Bedeutung erwarb sich dasBallbaus" von Versailles  beim Beginn der grasten Revolution! Als am 20. Juni 1789 könig  - liche Wachen den Zugang zu dem gewöhnlichen Tagungslokal der Nationalversammlung versperrten, führte Bailly die Versammlung in das Ballhaus, das einzige Gebäude, dessen Räume die erforder- liche Grösse hatten, denn Versammlungslokale in unserem modernen Sinne gab es damals in Paris   noch nicht. Im Ballhaus wurde von der Versammlung der hcrühmte Schwur geleistet, der den An- fang zur Einführung der Verfassung in Frankreich   bildete. Wie allerhand Spiclgeräte entstanden, die sich dem Wdltcn der Elemente, der Art der Witterung anpahten, so verfiel man auch darauf, die Ungunst feuchten oder sumpfigen Bodens durch ein einfaches Holzgerät, die Stelze, zu überwinden. Die Stelzen, mannshohe Stangen mit einem fest oder verstellbar ange» brachten Fußtritt, wurden zuerst von den Einwohnern der Mar» scheu und der im westlichen Frankreich   gelegenenLandes" ge» nannten öden Sandstrecken konstruiert, um trockenen Fußes ihr Heimatland durchwandern zu können. In der Haidegegend von Arcachon   im Departement der Gironde   bedienen sich noch jetzt Schäfer und Schäferinnen der Stelzen, um ihre Herden zu über- schauen und zusammenzuhalten. Früher war das Stelzenlaufen als sportliche Uebung so beliebt, daß während des Karnevals in Namur   Wettläufe auf Stelzen veranstaltet wurden. Die Jugend nahm die künstliche Gangart als lustige Abwechselung in ihre Spiele auf, auch in Gegenden, wo das Terrain keine Schwierigkeiten bietet, wie z. B. in den Städten. Neben der turnerischen Bravour, die das Wettlaufen mit zwei, das Wrtthüpfen mit einer Stelze erfordert, hat die kindliche Freude, gross zu erscheinen, den Stelzen wohl ihre Beliebtheit verschafft. Für einen Knirps, der sich bei Vaters Anblick mit bangen Zweifeln fragt, ob er je so gross werden wird, ist es ein beseligendes Gefühl, durch solch eine künstliche Er» höhung plötzlich dem ersehnten Ziel wie mit einem Zauberschlag nahegerückt zu sein. Wenn wir alles Material zu überschauen versuchen, das die Wissenschaft über Kinderspiele vergangener Zeiten zu Tage ge- fördert hat, fällt uns immer wieder auf, wie wenig sich der Cha- rakter der Spielgeräte nicht nur durch Jahrhunderte, sondern durch Jahrtausende gewandelt hat. Unsere Kinderklappern, die die ersten Sinneswahrnehmungen des Säuglings weckten, wurden, ähnlich konstruiert, in prähistorischen Gräbern gefunden, und zwar waren es aus Ton geformte Aepfel und Birnen, in deren hohlen Körpern eine Kugel rasselte. Auch tönerne Puppen und Tiergestalten, be- sonders Pferdchen, find bei Ausgrabungen zutage gefördert worden. Wie man dem kleinen Mädchen die Puppe gab, so gab man dem Knaben das Pferdchen. Als eine Vorühung in Kraft und List wurde das Soldatenspielen der männlichen Jugend seit Lykurgs, des spar- tanischen Gesetzgebers, Zeiten von den Erwachsenen bereitwillig unterstützt. Armbrüste. Lanzen, Schilde, Harnische aus Holz bil- deten die Ausrüstung. Zur größeren strategischen Betätigung gab es hölzerne, tönerne und bleierne Soldaten zu Fuß und zu Pferd. Die Aebtissin Herrard von Landsberg, die im zwölften Jahrhun- dert lebte, hat uns Darstellungen solcher Spielsoldaten im Harnisch  , zu Fuß und zu Pferd überliefert. In Nürnberg  , der bedeutendsten Stätte der Spielzeugfabrikation, wurden im Jahre 18S9 unter dem Strassenpflaster Reiter, Pferdchen, Puppen. Wickelkinder und Pup» pengeschirr aus weißem Ton gefunden, Spielzeug, das aus dem vierzehnten Jahrhundert stammt und in solcher Ausführung von Nürnberg   in die ganze Welt versandt wurde. Die Kinder ärmerer Leute, denen das kostbare Nürnberger  Spielzeug eine angestaunte, aber nicht erreichbare Herrlichkeit war, nahmen ihren Erfindungsgeist zur Hilfe, den Mangel auszugleichen, und gerade das einfache, selbstverfertigte Spielzeug fesselte und befeuerte die Phantasie der Kleinen. So erzählt der Schweizer  Gelehrte Thomas Platter  (14991582), der sich vom Ziegcnhirten zum berühmten Arzt und Universitätslehrer emporarbeitete, in seiner Selbstbiographie, wie er und seine Hirtin beim Gaishütcn Mättlin" gebaut und sie bewässert hätten,wie Kind thunt". Und so sehr fesselte das Spiel der beiden ganze Aufmerksamkeit, daß sie garnicht bemerkten, wie sich ihre Ziegen in den Bergen zerstreuten. Das Bauen im Sande war den Kindern immer eine Lust, für die sie lieber empfindliche Strafe ertrugen, als daß sie sie auf- gaben. Vom Basler   Ratsherrn Andreas Ryff  (geb. 1559) ist uns in der Beziehung eine naive Beichte erhalten. Er berichtet aus seinem sechsten Lebensjahr:Dann wo ich ein Häufchen Sand oder Grund auf den Gassen gewußt, dabei hat man mich funden, daß ich diese Löcher gegraben und mit Steinen hohe Türen, Häuser und Mauern gebauen Hab; bin mit Kalk und Lehm gern umgegangen. Ob gleich- wohl dick und oft ich darum geschlagen worden, hat es mir doch nicht erleiden Wüllen, welches mir doch noch auf diesen Tag ge- liebet." Auch manches selbstgeschnitzte Rindenschifflein wurde auf einer Pfütze, die das Weltmeer vorstellte, flottgemacht, und auf solchem stolzen Fahrzeug segelten die Knaben in ihrer lebhaften Phantasie weit hinaus in unbekannte Fernen. Was der Erfindungsgeist der Kinder in vergangenen Zeiten Hübsches und Sinnreiches hervorgebracht hat, läßt sich nicht auf so beschränktem Raum erschöpfend erzählen, wie er hier zur Ver- fügung steht. Zum Schluß sei noch eines Spieles gedacht, dessen Ursprung, wie Delitzsch   nachgewiesen hat, im alten Babylon   zu suchen ist. Es heißt bei unsHimmel und Hölle" und enthält die altbabhlonische Zwölfteilung. Zu seiner Ausübung ist nur ein Stückchen Scherben erforderlich und etwas Kreide, mit der die Zahlen und Figuren auf die Steinquadern gemalt werden. Dies Spiel wird, seiner städtischen Abstammung getreu, nur von Stadtkindern gespielt. _ Else Kind. Hus äflfyptifcbcii Papyri. Einen Einblick in das Privatleben im alten Alexandrien zur Zeit des Kaisers Augustus gewähren etwa hundert Urkunden, die in die PapYrus-Sammlung der Berliner   königlichen Museen aus den Grabungen in Abusir   el mäläq gelangt find. Aus dem