drückt werden, das die betreffenden Konstrukteure zu der wichtigstenFrage jedes Lenkballons einnehmen, nämlich der Erhaltung seineräußeren Form. Denn es ist klar, daß jedes Luftfahrzeug seineLenkbarkeit einbüßt, sobald es— ganz allgemein ausgedrückt—nicht mehr die Form hat, auf die seine Steuerflächen berechnetfind. Zum Zwecke dieser Erhaltung der Form werden nun imwesentlichen drei Systeme angewandt. Graf Zeppelin ist amradikalsten vorgegangen, indem er ein starres Gerüst aus Alu-minium baute und in diesem seinen Ballon oder vielmehr seine17 einzelnen kleinen Ballons unterbrachte. Aus diesen Ballonskann natürlich noch so viel Gas entweichen, das starre Gerüst wirdin seiner Form hierdurch niemals beeinflußt werden.Hiermit ist der Vorzug, den die Zeppelinsche Konstruktion vorallen anderen hat, bezeichnet. Ihre Nachteile liegen im wesent-lichen in den außerordentlichen Dimensionen begründet, die einsolches Luftschiff aufweisen muß, um noch auftriebsfähig zu sein.So war z. B. der verunglückte„Zeppelin IV" 136 Meter lang, hatteeinen Durchmesser von 13 Metern und bedurfte zu seiner Füllung15 066 Kubikmeter Wasscrstoffgas. Er wurde durch zwei getrennteMotore von je 116 Pferdekräften getrieben.Das völlige Gegenbild des Zeppclin-Schiffes ist die ganz un-starre Konstruktion des Majors v. Parseval. Bei diesem sind imInteresse schnellen und leichten Transportes alle starren Teilevöllig vermieden. Der Ballonkörper ist aus Seidenstoff; seineForm wird erhalten durch zwei im Innern angebrachte„Ballonets",das sind Luftjäcke, die mit Hilfe eines Ventilators aufgepumptwerden können und dann den durch etwaigen Gasverlust ent-standencn Mangel an llebcrdruck ausgleicht.Zwischen diwcn beiden Konstruktionen steht das sogenannte„halbstarre" System, dem— unbeschadet mancher Verschiedenheiten— die meisten modernen Lenlballons angehören. Hier be-findet sich in der Regel zwischen dem aus Stoff gefertigten Ballon-körper und der Gondel irgendeine Versteifung— zum Beispielin Form eines langen Kiels—, die ein Einknicken des Ballonsverhindert.Alle diese drei Typen sind entsprechend der Fugend desleichten Benzinmoiores, erst neueren Datums; ihre Konstruktionensind noch lange nicht ausgebaut und es wäre deshalb äußerst vor-eilig, wenn man heute schon ein Urteil über ihre praktische Ver-wendbarkcit abgeben wollte. Um so mehr, als sie alle drei zweifel-los erst die Anfangsstadien späterer Luftfahrzeuge darstellen.Von viel einschneidenderer Bedeutung ist die Frage, ob diesemit ExplosionSgas gefüllten Fahrzeuge, die„leichter als die Luft"sind, überhaupt eine Zukunft haben, oder ob diese vielmehr jenengehört, die ohne irgend ein Gas arbeiten und daher„schwerer alsdie Luft" sind. Sie bewerkstelligen ihren Auftrieb lediglich aufmaschinelle Weise, indem sie Flächen verschiedener Art schnell durchdie Luft bewegen. Es gibt hiervon schon heute eine fast unüber-schbare Menge der verschiedensten Konstruktionen, die man umso weniger einzeln mit Namen aufzuzählen braucht, als bishernur eine einzige Form praktische Erfolge gezeitigt hat. nämlich der„Drachenflieger".Alle sogenannten„Flugmaschinen", die bisher wirklich be-glaubigte Flüge ausgeführt haben(Wright, Farman, Telagrangeusw.), beruhen auf dem im Jahre 1879 von Wilhelm Krcß(Wien)erfundenen Prinzip des Drachenfliegers, dessen Grundlage darinbesteht, daß eine oder mehrere Flächen mit Hilfe einer odermehrerer„Luftschrauben" so schnell durch die Luft bewegt werden,daß die bekannte Drachenwirkung eintritt. Um die Wirkung deswichtigsten Teiles des Drachenfliegers, nämlich der Luftschraubezu verstehen, ist es nur nötig, das Wesen einer gewöhnlichen Holz-oder Metallschraube sinngemäß auf das sehr viel leichtere Mediumder Luft zu übertragen. Man muß sich zunächst klar darübersein, daß daS Gewinde einer Schraube aus einer fortgesetzten„schiefen Ebene" besteht, die also bei der Luftschraube entspreche�»nachgebildet werden muß. Ist bei der Metallschraube noch ein„Vorschneiden" des Gewindes nötig, so entfällt dies schon zumBeispiel bei weichem Holze. Wird das Material noch leichter, soerwächst sogar die Sorge, der Schraube vor � allem genügende„Nahrung" zu verschaffen. Im höchsten Maße ist dieses natürlichder Fall bei dem leichtesten Medium, mit dem wir arbeiten können,nämlich der Luft. So muß denn die Luftschraube so gestaltet sein,daß sie mit großer Kraft und Schnelligkeit in Drehung versetzt durchihre schief gestellten Flächen genügend„Nahrung" in der Luftfindet. Werden diese Erfordernisse erfüllt, so schraubt sie sich nunin der Tat vorwärts und bewegt hierdurch die Drachenflächen desApparates mit solcher Kraft gegen die Luft, daß diese den Flächenals Stützpunkt dient und sie in der Höhe erhält.Die Grundbedingung solcher Fortbewegung besteht natürlichdarin, daß der Nutzeffekt der Schraube größer ist als das Eigen-gewicht der antreibenden Maschine. Ist das Verhältnis umgekehrt,so wird die Schraube zwar arbeiten, aber sie wird nicht genügendKraft entwickeln, um die Maschine in die Höhe zu heben. Hierausergibt sich also die Notwendigkeit, die Antriebsmaschine so leicht anEigengewicht, wie es die Betriebssicherheit irgendwie zuläßt, her-zustellen. Roch viele Jahre, nachdem Kreß bereits lange durchkleine Modelle die Richtigkeit seiner Projekte praktisch bewiesenhatte, war man nicht in der Lage, Maschinen herzustellen, dieweniger als etwa 16 Kilogramm pro Pferdekraft wogen. An diesemGewicht mußten notwendigerweise all« Versuche scheitern. Erst inden letzten zwei bis drei Jahren ist hier ein entschiedener Fort-schritt zu verzeichnen. Es gelang zuerst den Brüdern Wrigt, danndem französischen Konstrukteur Levasseur und später auch ver-schiedenen deutschen Ingenieuren, Motore herzustellen, die nur noch.wenige Kilogramm pro Pferdekraft wogen, und jetzt ist man schonso weit, daß man über zuverlässige Maschinen verfügt, deren Ge-wicht nur noch VA bis 2 Kilogramm pro Pferdekraft beträgt. Da-mit ist der Kreßsche Drachenflieger aus der Theorie in die Praxisübergeführt und wir besitzen nun auch in der Aviatik die ersten„Experimentierformen". Unter solchen Umständen könnte es beroberflächlicher Betrachtung als eine Voreiligkeit erscheinen, jetztschon eine Ausstellung in größerem Rahmen zu veranstalten. Siehtman aber näher zu, so verschwinden diese Bedenken und es sprechewim Gegenteil viele Gründe dafür, diese Generalschau gerade jetztabzuhalten. Ja, sie wird vielleicht nie wieder so nötig und uner-läßlich �ein wie gerade im gegenwärtigen Augenblick, in dem diebeiden-vchwestergebiete fast sprunghaft in ein ganz neues Stadiumihrer EntWickelung getreten sind und Tausende von Ingenieuren.Konstrukteuren, Projektanten und Erfindern ihre Kräfte in deirDienst einer Aufgabe gestellt haben, die nicht nur vom idealenStandpunkte aus als Sache der ins Unendliche strebenden Kultur-Menschheit gemessen werden darf, sondern auch betrachtet werdenmuß als eine neue Erwerbsquelle für viele fleißige Hände.Aber gerade durch diese, fast unvermittelt eingetretene Tätigekeit so vieler, von ganz verschiedenen Voraussetzungen ausgehendenund örtlich weit getrennten Individualitäten, denen es überdiesan den für alle anderen Wissenschaften in Archiven, Bibliothekenund Hochschulen längst geschaffenen Sammelpunkten alles bisherErreichtem mangelt, hierrscht heute vielfach noch eine große Un-klarheit über den Umfang des bisher unstreitig eroberten Gc-bietes, wie auch über die Aufgaben, die zunächst gelöst werdenmüssen, wenn anders nicht die logische Entwickelungskette Willkür-lich durchbrochen werden soll. Hier wird nun die InternationaleLustschiffahrtausstellung einzusetzen haben. Sie wird den Tau»senden, die aus allen Ländern und Weltteilen zusammenströmenwerden, zum ersten Male ein klares und übersichtliches Bild vomgegenwärtigen Stande der Luftschiffahrt geben. Sie wird ge»wissermaßen ihre„Eröffnungsbilanz" darstellen. Darausergibt sich von selbst, daß sie, da sie nicht mit unbestimmbarenPhantasiewerten, die erst in der Zukunft realisiert werden können,rechnen darf, manche Mängel und Lücken aufweisen wird.Die sexuelle Aufklärungder Kinder»Es gibt einen verstiegenen Radikalismus auf diesem Gebiete.Er will, daß die Kinder gründlich über die geschlechtlichen Verhält»nisse der Menschen aufgeklärt werden sollen. Sobald die Kinderzu denken anfangen, soll auch die sexuelle Belehrung in geeigneterForm einsetzen. Das Haus soll den Anfang machen, die Schule solldas Werk weiter führen. Natürlich streng methodisch, nach einemwohlgegliederten Schema, das mit A anfängt und mit Z aufhört.Wenn die Kinder dann aus der Schule entlassen werden, wissensie„alles". Nichts Menschliches ist ihnen mehr fremd. Ueber dieGeschlechtsorgane beider Fakultäten und einiger Zwischenstufenwissen sie genau Bescheid; den Zweck und den Verlauf der Be»gattung haben sie durch das Pflanzenreich und durch alle Tierreichshindurch bis zum Menschen eifrig studiert und in Form des schul-üblichen Memorierstoffes auswendig gelernt; über die Geschlechts»krankheiten aller Stufen wissen sie genau Auskunft zu geben.Ausgerüstet mit der ganzen sexuellen Wissenschaft des Jahrhundertstreten sie in das„Leben". Ihnen kann nichts geschehen! Denngefährliche„Geheimnisse" gibt es für sie nicht mehr.,Ich lehne diese Sorte sexuelle Jugendaufllärung ab. Nichtaus Prüderie. Sie liegt mir fern. Aber ich halte das Ziel solcherAufklärung und auch ihre Mittel für falsch.Das Ziel muß sein, die Kinder zur natürlichen Betrachtungnatürlicher Dinge zu erziehen. Beiläufig halte ich das bei derUnnatur der heutigen Haus- und Schulerziehung für unmöglich.Eine neue freie und schöne Sittlichkeit, zu deren Voraussetzungeneine freie und frische Sinnlichkeit gehört, kann erst in einer Ge»sellschaftsordnung erwachsen, die, nicht wie die heutige, einensumpfigen Boden, sondern feste solide Quadern zur Grundlage hat.Das Ziel darf aber nicht wie bei den radikalen Sexual-Pädagogen von heute darin gesucht werden, schon die Kinder zvkleinen Aerzten für körperliche und seelische Schwankungen desGeschlechtslebens zu erziehen und zur Erreichung dieses Zweckesvor ihnen auch die letzten Hüllen von den intimsten Borgängenzwischen Mann und Weib wegzuziehen. Ich glaube, daß diesesZiel nicht einmal die Erwachsenen lockt, solange diese selbst ausfreiem Antriebe um ihre höchsten Freuden den Mantel der Dunkel»heit und der wortlosen Leidenschaft schlagen. Wenn zwei Er-wachsene solche Stunden noch voreinander wie ein schamvollesMysterium hüten, weil ihnen der sexuelle Vorgang nicht wie beimTiere lediglich ein fleischliches Ergötzen ist, weil auch die feinstenseelischen Akkorde mit hineinklingen, so darf die geschlechtliche Auf»tlärung der Kinder nicht einem weltfremden Doktrinarismus zu»