len schönen, seidenweichen Pelz hineindachte: sich vorstellte, wie er auf einen Schlitten übers Eis schoß, eine Kappe aus Seehundsfell auf dem Kopf: wie die Nachbarn den Weih- nachtsgast am Strande mit Feuern und Büchsenschüssen emp- singen: wie er in der warmen Stube den Pelz auszog, um dann im schwarzen Tuchrock dazustehen: wie der Pastor ihn mit du begrüßte und er ganz oben an der Schmalseite des Tisches sitzen durste, während die Knechte an der Tür standen oder sich aufs Fensterbrett geschwungen hatten. (Fortsetzung folgt.) (Nachdru« verroten.), Unter der Mtternacktsfonne. i. Für jeden, der JxZbmt überzeugt ist, daß die ökonomischen Momente im Leben eines Volkes von ausschlaggebender Bedeutung für seine EntWickelung und seinen Charakter sind, ist das nördliche Norwegen ein klassisches Beispiel für diese Anschauungen. Hier, Wo das wirtschaftliche Leben lokalisiert und seit Jahrhunderten fast gleich blieb, ist auch das kulturelle Leben seit Jahrhunderten lckalisiert und im innersten Wesen fast gleich geblieben. Die soziale Schichtung der Bevölkerung ist aber ohne Zwischenstufen ganz nach ihrer Erwerbsart durchgeführt. > Die Hauptgruppe bilden die Fischer. Man staunt in Nor- wegen darüber, daß diese sozialistisch gesinnt sind, daß fast das ganze Gebiet sozialistisch gestimmt hat und daß sich unter den sozialistischen Abgeordneten auch ein Lappe befindet. In Kristiania hat man dafür stets die Erklärung, daß dies dem persönlichen Ein- flüsse Dr. Erichscns zu danken ist, der als Priester das Vertrauen und das Ohr der sehr religiösen Fischer besitzt. In Trondhejm sagte mir ein sehr intelligenter und sonst klar urteilender Mann, daß die sozialistische Gepnnung der Fischer eigentlich nur ein Aus- druck ihrer ungünstigen Lage sei, ein Protest gegen den Händler, dessen Schuldner er ist und der gewöhnlich Anhänger der radikalen Linken und politisch einflußreich ist. In Tromsö und Narvik aber— wo die Fischer zum größten Teil Lappen sind— hat man dafür die Erklärung, daß die Lappen minder intelligent, also �leichtgläubig und daher der Agitation leicht zugänglich sind. In Finnmarken wird wieder der persönliche Einfluß Egede-Nisscns und der Frau Wessel als Ursache angegeben. Prüft man aber die Verhältnisse näher, so sieht man, daß der Einfluß der genannten Personen wohl besteht, aber nur, weil sie Sozialisten sind. Der Fischer des Nordlandes*) ist prädestiniert für den Sozialismus und dessen Wirtschaftsidcale. Das ist leicht zu beweisen. Der Hauptfischfang— Hering und Dorsch— wird in der folgenden Weise betrieben: Man geht gemeinsam auf den Fischfang aus, arbeitet gemeinsam und verteilt die ge- meinsame Beute zu gleichen Teilen. Für individuelle Arbeitsleistung ist kein Raum da. Nur solidarische Arbeit kann bestehen. Man schließt sich freiwillig in Gruppen zusammen, wählt freiwillig einen Führer und arbeitet. Weiter nichts braucht der Fischer zu seiner Arbeit als Boot und Netz. Beides kann er, wenn es sein mutz, sich selbst anfertigen. Das Meer ist ihm— mit Ausnahme von zwei Seemeilen fest- gesetzten Küstenterritoriums— überall frei zugänglich, das ganze große Meer mit feiner reichen Beute. Ist das nicht die fast freie Verfügung über die Produktionsmittel, das Genutzrecht auf die Naturprodukte und das Recht auf Arbeit? Wer hier leben will, muß arbeiten. Nur einer nicht, der Händler, der Fischhändler. Man bringt ihm die Ware ins Haus und er bezahlt, ohne persön- liche Arbeitsleistung. Der ganze Apparat des modernen Wirt- schaftslebens, Banken, Technik, geistige Arbeitsleistung, fällt bei «hm aus. Zwischen dem Fischer und dem Konsumenten steht nur der Kaufniann, der Zwischenhändler, der den größten Profit ein- heimst. Bedarf es da wirklich großer Agitation, um dem Fischer klar zu machen: der Zwischenhändler ist unnütz, er benachteiligt Euch und den Konsumenten? Muß sich nicht dem beschränktesten Fischer die Gewißheit aufdrängen, daß sich gleich dem Fischfange auch der F i sch v e r tr i e b so organisieren ließe, daß der Arbeits- wert den Arbeitenden zufällt. Der Fischer trägt auch alloin das wirtschaftliche Risiko, trägt es unter Einsetzung des Lebens, der Kaufmann aber hat seine gesicherten und regelmäßigen Absatz- gebiete und— im Fischhandel— nie Verlust, sondern stets Ge- winn. Das sieht der Fischer, das weiß er— kann es da wunder- nehmen, daß er den Kaufmann als sozialen Schmarotzer entfernt wissen will und sich dem Sozialismus anschließt? Dazu kommt noch, daß der kapitalistische Betrieb jetzt auch in die Fischerei einzieht und Wirkungen zeitigt, deren Bedeutung man verstehen kann, wenn man den Fischfang näher betrachtet. Ganz auf kapitalistische Basis gestellt ist der Wal - fang, und obwohl der Wal ein Säugetier ist, ist er für den Fischer von der größten Bedeutung. Er ist der einzig sichere An- *) Wenn hier und an anderen Stellen vom„Nordlande " gesprochen wird, so ist damit das ganze nördliche Norwegen gemeint, also das Amt„Nordland " und die Aemser Tromsö und Finnmarken. Haltspunkt für die Orte, tvo die großen Heringszüge, die tief im Meere hinschwimmen, sich befinden. Seine Lieblings- und Haupt» nahrung sind die Heringe und Dorsche. Ihre Schwärme verfolgt er und treibt sie in die Fjorde, und da er, um Atem zu schöpfen, in Zwischenräumen von 1— 2 Minuten an die Oberfläche kommen muß und dabei zugleich einen oft bis SC Meter hohen Wasserstrahl ausstößt, verkündet seine Anwesenheit auch die Anwesenheit der unter dem Wasser gehenden Fischzüge. Mitte Juli oder anfangs August tauchen im Küstengebiete zahlreiche Wale auf, die den Hering, der aus dem Ozean zum Laichen in die Fjorde geht, folgen. Der Wal ist daher für den Fischer ein gerne gesehenes Tier und ein wichtiger, fast unentbehrlicher Faktor für das Ge- lingen ihrer Arbeit.(Außer dem Wale sind auch die in dichten Schwärmen dem Heringszuge folgenden Möwen, deren Beute die einzeln an die Oberfläche des Wassers kommenden Fische sind, dem Fischer ein Merkzeichen, doch sind sie nicht so zuverlässig und so leicht zu verfolgen wie der Wal .) Daher treten auch die Fischer für die Schonung des Wales ein, und diese Frage gab den ersten Anlaß zu dem Zusammenstoße mit dem Großkapital, daS in den Besitzern der Waljägerboote repräsentiert ist. Diesen ist selbstverständlich an der reichsten Ausbeute gelegen, die Fischer befürchten aber die Ausrottung der Wale; denn es ist Tatsache, daß sie sich nur äußerst spärlich vermehren. Man glaubt, daß ein e!wa ICC Jahre lebender weiblicher Wal nur 3— 5 Junge zur Welt bringt. Da haben es die Fischer durchgesetzt, daß der Wal- fang im Küstengebiet von ö Seemeilen durch das Gesetz vom Jahre 1904 verboten wurde. Nun ist dafür nur daS freie Meer offen; die Hauptfangorte jedoch sind Spitzbergen und Grönland . Neben den norwegischen und dänischen sind es hauptsächlich englische Unternehmer, die die Walfangboote ausrüsten. Die eng» lischen Boote haben fast durchweg Schotten als Besatzung. Die Walfangboote sind speziell gebaute Dampfer, die sehr leicht lenkbar sind, denn der verwundete Wal ist ein sehr gefährlicher Gegner. So friedlich er unverwundet ist— niemals verfolgt er oder greift er Schiffe an—, so gefährlich ist er, wenn er im Schmerze um sich schlägt. Streift da die Schwanzflosse das Schiff, so ist es unrctt- bar verloren. Deshalb ist es das Bemühen der Walgänger, das Tier sofort so schwer zu verwunden, daß es kraftlos untersinkt. Die Harpunen sind an einem mehrere hundert Meter langen dicken Seidentau— Seide ist das haltbarste und zugleich überaus elastische Material für Taue— befestigt und tragen an den Spitzen, wie Torpedos, Explosivstoffe. Ist nun die Harpune aus der Harpunen- kanone abgefeuert, und trifft sie den Körper des Wals , so explo- diert die Masse an der Spitze, reißt den Körper auf und die Harpune angelt sich fest. Durch Manöver vom Schiffe mittelst des sehr elastischen Seidentaues wird die Harpune tiefer in den Körper gebohrt, also besser verankert, und das Tier wird zugleich schwerer verwundet. Ist es gesunken, so wird es dann vorsichtig an dem haltbaren Scidentau mit Dampfkraft gehoben und mit Ketten an den Außenseiten des Schiffes befestigt. Ist das Tier größer als die Schiffsbordseite, so wird es mit eigenen Schleppern nach dem Hafen gebracht. Oft kommt es aber vor, daß ein plötzlich herein- brechendes Unwetter die Mannschaft zwingt, die Beute und das Tau im Stiche zu lassen., Da die Ausrüstung der Boote sehr teuer ist— das 4CC bis Meter lange Seidcntau allein kostet 12— 20 00C M.—, ist dieser Fang ganz in den Händen der reichen Kaufleute, die die Expedi- tionen ausrüsten, monopolisiert. Die Mannschaft der Boote ist angeworben und erhält ein Achtel des Wertes der erlegten Tiere gemeinsam, sowie jeder Mann 6C bis xOO Kronen monatlich. Ein großer Wal liefert 1SC Tonnen Tran, die Tonne zu 45 M.(40 Kronen). Natürlich liegt es im Interesse der Walfangsunter- nehmer, eine möglichst große Anzahl von Tieren zu erlegen, was wieder den Interessen der Fischer widerspricht. Diese aber glauben bestimmt, daß, wenn der Schutz im Küstengebiet längere Zeit an- halten wird, die Tiere mit ihrem sicheren Instinkte das offene Meer verlassen und das Küstengebiet aufsuchen werden. Taucht im Sommer der Wal im Fjord- und Jnselgebiete auf. so ist die Zeit des Heringsfanges gekommen. Zuerst werden von den Fischern die Wale gesichtet; wo sich diese befinden, ist auch der Heringszug. Dieser flüchtet vor dem Wal mit sicherem Instinkte in die engen Fjorde, wo ihm der Wal nicht mehr folgen kann. Dort ist der Fischzug aber den Netzen der Fischer erreichbar. Da sich der Schwärm immer auf der Flucht vor dem Wale befindet, der ihm kreuz und quer den Weg versperrt, ist es auch ganz un- sicher, wohin er sich wendet. Es ist Zufall, wo er ans Land ge- warfen wird. Geworfen— das ist der rechte Ausdruck. Er strebt geängstigt dem Fjordende zu. Kommt er zur Ebbezeit bei niedrigem Wasserstande, so rennt er sich— er schwimmt in einer Dichte von 3 bis S Meter dahin und verhindert oft das Anker- werfen der Schiffe— im niederen Wasserstande am Grunde fest, die nachkommenden Fische drängen über die festgerannten hinweg dem Lande zu, sind überall zusammengedrängt und führerlos. Ist nun das Nahen de? Heringszuges rechtzeitig signalisiert worden, so wird ihm durch die bis 300 Meter tiefgehenden Netze der Rück- weg versperrt und er durch die Netze vorwärts ans Land gedrängt, an das Land geworfen. Manchmal schlüpft aber, wenn das Netz nicht tief genug geht, der größte Teil der Heringe unter dem Netze ins Meer zurück. Ein vollkommen geglückter Heringszug- fang ergibt 20— 25 000 Fässer Füllung. Auch hier ist die Fang- weise verschieden. Die wohlhabenden Fischer schaffen sich— aus einer Art Produktivgcnossenschaft— gemeinsam ein„Sildvaad"
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26 (14.7.1909) 134
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