Stein gewesen wäre; und bald gewöhnten sich alle an Kiissak, nannten ihn.ihren" Hund und lachten über seine Menschenscheu und grundlose Furcht. Mit jeden, Tage verkleinerte Kussak die Ent- fernung, die ihn von den Menschen trennte; er studierte aufmerksam ihre Gesichter und prägte sich ihre Gewohnheiten ein: eine halbe Stunde vor dem Mittagessen stand er schon im Gebüsch und blinzelte vergnügt in Erwartung des Mahles, das ihm die Köchin bringen würde. Und dieselbe Gymnasiastin Lelia führte ihn schließlich, die erste Kränkung vergesiend, in den lustigen Kreis der Erholung und Erheiterung suchenden Menschen. .Kussakchen, komm her zu mir I" lockte sie ihn..Na. lieber... na, guter... komm I Willst Zucker? Soll ich Dir Zucker geben? Willst? Na, komm doch Herl" Aber Kussak kam nicht: er hatte Angst. Borsichtig, in die Hände klatschend und so freundlich sprechend, wie eS einem Mädchen mit hübschem Geficht und hübscher Stimme nur möglich ist, näherte sich Lelia den, Hund, obgleich sie heftige Angst empfand: wenn er nun plötzlich beißt? Ich Hab' Dich lieb, Kusiakchen, ich Hab' Dich sehr lieb. Du hast ein hübsches Näschen und so ausdrucksvolle Aeuglein. Traust mir nicht, Kussakchen?" Lelias Augenbrauen hoben sich, und sie hatte in diesem Moment selbst so ein hübsches Näschen und so ausdrucksvolle Aeuglein, daß die Sonne nichts Besseres tun konnte, als ihr ganzes, junges, naiv« reizendes Gesichtchen zu küssen. Und Kussakchen legte sich zum zweitenmal in seinem Leben auf den Rücken und schloß die Augen, ohne genau zu wissen: wird man ihn stoßen oder liebkosen? Aber man liebkoste ihn. Eine kleine, warme Hnnd berührte zaghaft seinen zottigen Kops, dann lief sie, wie von einer unsichtbaren Gewalt getrieben, kühn über den ganzen, wolligen Körper, zupfend, streichelnd, kitzelnd. .Mamal Kinderl Schnell! Seht mal: Kusiakchen läßt sich streicheln!" rief Lelia. Als die Kinder lärmend, laut lachend, hastig wie Tropfen aus- einandergelaufencn Quecksilbers herankamen, erstarrte Kussak vor Furcht und banger Erwartung. Er wußte: wenn ihm jetzt jemand einen Stoß gibt, wird er nicht mehr die Kraft haben, sich mit seinen spitzen Zähnen auf diesen Menschen zu Wersen sein unversöhn- licher Groll war gelähmt. Und als alle um die Wette ihn zu streicheln begannen, zitterte er noch lange bei jeder Berührung der kleinen Hände, und die ungewohnten Liebkosungen taten ihm weh, gerade wie Schläge. (Schluß folgt.) Unter der Mtternacktslonne. in. Wie der Fischer ökonomisch ein Doppelwesen ist, so ist es auch der Bauer. Seine Bedeutung aber verschwindet im Nord- lande gegenüber dem Fischer. Er ist nur in den AemternNord- land" und.Tromsö" zahlreicher, und auch hier ist der Ackerbau so gering, daß er eigentlich fast nur für den Hausgebrauch oder für eine lokal begrenzte Gegend in Betracht kommt. Was der Bauer über den Hausgebrauch erntet, verkaust er dem Händler, bei dem er wieder alle Einkäufe besorgt. So ist es eigentlich ein Tauschverkehr mit dem Landhändler als Marktregulierungs- instrument. Ich bin dem nordnorwegischen Bauern nur im Tröndedaler Gebiete(um Tromsö  ) begegnet, und diese Bauern haben den Ruf, sehr selbstbewußt zu sein. Sie wirlen auch so. Ihr Auftreten ist aber nicht protzenhaft, sondern nur selbstbewußt, denn sie haben. was sie brauchen und noch etwas darüber. Ihre Saat ist nicht den Wechselfällen ausgesetzt, mit denen der Bauer in Mittel- europa   rechnen muß. Gewitter im Sommer gehören in diesem Länderstriche zu den Seltenheiten, sie stellen sich nicht einmal in jedem Jahre ein. Die Becker liegen fast durchweg in der Ebene oder an den gut geschützten Ufern der Buchten und sind der Sonne Tag und Nacht ausgesetzt, bedürfen daher nur die halbe Zeit- dauer, um zu reifen wie bei uns zu Lande, wo die kühlen, sonnen- losen Nächte das Wachstum beeinträchtigen. Gefährlich wird hier der Saat nur ein zu kurzer Sommer. In den letzten 20 Jahren war der frühe Frost dreimal zu verzeichnen. Da ist die Ernte geschmälert, aber der Bauer im Küstengebiete hat dann einen Ersatz: er treibt Fischfang, das heißt er dehnt den Um- sang des Fischfanges aus, denn etwas Fischfang muß er auch bei normaler Ernte treiben, um im Haushalt keine Lücke entstehen zu lassen. Das ist die Norm. Es gibt sehr wenig Bauern im Küsten  - gebiete, die auf den Fischfang verzichten können. (Diese ökonomische Situation gibt auch den Schlüssel für den Charakter des norwegischen Bauern: er ist nämlich nicht Nur. Bauer, sondern auch Fischer. Das erklärt ferner, warum zwischen dem Bauer und dem Fischer kein Antagonismus besteht, daß sie dem Charakter und dem politischen Temperament nach eine Einheit bilden, denn sie sind im Wirtschaftsprinzip eine Ein- heit. Die eine Schicht betreibt mehr Fischsang, die andere mehr Landwirtschaft. Aber beides muß von beiden betrieben werden. Deshalb ist auch der nordnorwegische Bauer nicht jener behäbige, schwerfällige Typus wie bei uns zu Lande, sondern auch Hand- aibeiter, Fischer und hat als solcher auch manches von de» Charaktereigenschaften des Nordlandfischers. Das Bürgertum als Klasse bildet einen verschwindend kleinen Teil der Bevölkerung des Nordlandes. In den drei Aemtern Nordland  , Tromsö   und Finnmarken stehen nach der Volkszählung vom Jahre 1900 der Landbevölkerung von 231 219 nur 25 771 Städtebewohner gegenüber, von denen aber ein großer Teil Fischer und Seeleute sowie Arbeiter sind. Da die Mittel» klasse hier erst zu werden beginnt und die Beamten in sehr ge. ringcr Zahl sich vorfinden, so reduziert sich die bürgerliche Klasss auf die Kaufleute und Handwerker. Reich in unserem Sinne dürften im ganzen Nordlande kaum zehn Personen sein, es soll nur einen einzigen Mann hier oben ein Grundbesitzer in Narvik   geben, der Millionär ist. Aber hier hat das Kapital einen viel größeren Wert, weil es trotz der geringen Quantität durch den Handel eine große ökonomische Macht ist Wir finden in der norwegischen Literatur immer den Kaufmann als Re» Präsentanten der lokalen Machtsülle. Uns erscheint das sonderbar, aber wenn man einen Einblick in die Verhältnisse der kleinen Städte erhält, so wird einem sofort klar, wie groß diese Macht» fülle sein muß. Der nordländische Kaufmann treibt nämlich mit allem möglichen Handel. Sein Hauptbestreben ist, den Handel im Orte zu monopolisieren und das ist ihm nur möglich, wenn er durch den Besitz des Bodens die Neuansiedelung von Kaufleuten unmöglich macht. In den letzten 19 Jahren ist auch in den Ge- bieten mit guter Dampferverbindung eine Kleindustrie im raschen Aufblühen, die auch ganz in den Händen der Kaufleute ist. Das ist nur möglich, weil der ganze Boden ihnen gehört. In Scolvaer z. B. ist der ganze städtische Boden Eigentum der drei Familien Berg, Störmer und O. I. Kaarboe. Kein Flecken Grund kann hier erworben werden, weil diese drei Familien den Boden nicht verkaufen, sondern nur zum Hausbau vermieten g>gen die vertragliche Verpflichtung, ohne Einwilligung der Be- sitzer keinen Handel im Hause zu treiben. Dadurch sind der Handel und die beginnende Industrie für die Bodcnbesitzer mono» polisiert. Welche Verhältnisse sich da ausbilden, sollen einige Bei- spiele beweisen, Angaben, die dem auf Grund offizieller Angaben hergestelltenNorwegischen Handelskalender" vom Jahre 1393 entnommen sind. Der ganze Grund und Boden des Gebietes ge» bört L. Berg sönner, Georg Störmer und O. I. Kaarboe. In Soolvaer sind folgende Handels- und Jndustrieunternehmungen in ihren Händen: Dampfschiffsexpedition(O. I. Kaarboe), eine Brandversicherung(O. I. Kaarboe), Nordlands Kraftfuttersabrik (Disponent O. I. Karboe); L. Bergs sönner Kolonialwarenhand- lung, Import von Kohle und Salz, Tonnenfabrik.(Salz und Tonnen sind beim Fischversand sehr lukrativ.) Berg u. Co., Spezialfabrik für Manufaktur, Herrenequipierung, Glashandlung und Möbellager; L. Bergs sönner, Bäckerei; H. Berg, Konserven-, Wurstfabrik und Fleischverkauf(der einzige im Ort); Norwegische Angelfabrik(Disponent John Berg); Norwegische Fischguano- fobrik(Direktionspräsident John Berg); H. Chr. Störmer, Kolonial- waren-, Haushaltungs-, Kohlen-, Salzgeschäft und Bäckerei; Georg Störmer, Kolonial-, Kurzwaren, Glas- und Porzellan. Warenfabrik; Soolvaer Seilspinnerei(L. Bergs sönner) und der Hafenplatz, der 1999 Boote faßt und den Fischern unentbehrlich ist, wird gegen Platzgebühr vermietet von den Eigentümern L. Bergs sönner und H. Chr. Störmer. Das ist die ökonomische Stellung der Kaufleute in einer Stadt von 12 999 Einwohnern, die sämtlich auf dem Boden der Kaufleute wohnen. Noch ärger liegen die Verhältnisse in M e l b o e(Vesteraalen), wo fast der ganze Boden dem Kaufmann Chr. Frederiksen gehört, der nicht nur den ganzen Handel vollkommen monopolisiert hat, sondern noch Besitzer respektive Mitbesitzer von folgenden Unter- nehmungcn ist: 4 Hafenfischereidampfer, eine Oelkleiderfabrik (wasserdichter Stoff), Wollwarenfabrik, Seifen» und Kaffee- surrogatfabrik und eine Meierei. Als drittes Exempel: Stockmarken, der Hauptort im Vesteraalen. Hier sind die Familien With, Brüder Hals und der oben erwähnte Chr. Frcderiksen-Mellw die Besitzer des Grund und Bodens und des Handels. Die einzigen Händler im Orte und die einzigen Bäcker sind: Brüder Hals. In den anderen Unternehmungen teilt er sich mit den beiden anderen Besitzern. Aber daran nicht genug: die einzige Zeitung,-die im Vesteraalen» gebiet erscheint, gehört in Stockmarken eben den Herren Hals, With und Frederiksen, die einzige Zeitung in den Lofoten, die in Snolvaer erscheint, gehört den Herren Berg  , Störmer und Kaarboe(als vierter Interessent kommt hier der Redakteur deSj Blattes in Betracht). Also nicht nur der Grund und Boden, der Handel und die Industrie ist im Besitze der Kaufleute, fondern auch die Presse. Ich glaube, deutlicher als hundert literarische Kommentare zur norwegischen neuen Literatur bezeichnen diese ökonomischen Umstände die Verhältnisse im Norden, die Stellung des Kaufmanns bei Ibsen  . Sie lassen einen auch ver- stehen, warum die Kaufleute trotz der verhältnismäßig kleinen Vermögen eine solche Rolle spielen. Nicht in ihrer Kapitals- stärke, sondern in dem Handelsmonopol liegt ihre Macht, und das erklärt auch ihren ökonomischen Chauvinismus: sie wollen niemand in ihr Revier kommen lassen. Aber das ausländische Großkapital dringt ein und schafft eine neue Großindustrie, namentlich im Bergwerk»» wesen. Die großen Erzlager im Dunderlandsdalen, in dem Ofoten,