ES kam Bewegung in den Haufen, und bald liefen sie mitKochgerafften Röcken fort und ließen Spitzen Spitzen fein...Frau Pofekin ging weiter in die Stadt hinein. Die breite Ge»schäftsstrahe war voll von Bauern, die darauf warteten, daß dieLäden geöffnet würden, damit sie ihre Einkäufe besorgen könnten.Kaftanbekleidete, bartlose Tataren riefen in einem halsbrecherischenRussisch gefleckte Früchte für billiges Geld aus. Sie trugen denganzen Laden auf dem Kopfe. Die Stratzenverkäufer boten Messer,Schlösser und Uhrketten aus echtem, gelbem Messing feil. Krüppelkrochen auf allen Vieren in den Rinnsteinen oder gingen auf denHänden, wenn ihnen der Unterkörper fehlte. Die„Goldene Garde",Bettler aller Rangklassen, forderten mit heiseren Schnapsstimmenund dem Schwung der Landstraße in den Gliedern Almosen.Die Schmarotzer der Menge, Gewerbetreibende aus dem Keller-hals und dem Hinterhof, bissen sich fest, wo etwas zu holen war.Ehemalige Schreiber, degradierte Polizisten und Gendarmen botensich als Rechtskonsulenten oder Verfasser von Gerichtsanträgen an.fFortsetzung folgt.)(Nachdruck verdoten.jDer f lug der fifche.Von C. Schenkling(Berlin).Alle älteren Schriftsteller, die sich mit Naturwissenschaften be-faßten, wie alle Reisenden der neueren und neuesten Zeit, die dasMittelmeer durchkreuzten, wissen von Fischen zu erzählen, die sichplötzlich aus ihrem Element erheben, hundert und mehr Meter überdem Wasserspiegel dahinschießen und danu in der Flut wieder der-schwinden. ES sind Dactylopterus-Arten, Flughähne, die sich zufolgeihrer wie ein Fallschirm wirkender Brustflossen eine Zeitlangschwebend zu halten vermögen. Dieselbe Kunst ist noch eineranderen Gattung von Fischen eigen, den Exocoetus« Arten,Hochflugfischen, Bewohnern der tropischen und subtropischenMeere, die ihrer Aehnlichkeit halber von den Seeleuten»fliegende Heringe" genannt werden. Auch für sie kann» als Hauptcharakteristik angeführt werden: außerordentliche Ent-Wickelung der Flossen, insbesondere der zugespitzten Brust-flössen, deren Länge etwa% und deren Breite ungefähr>/, der Ge-amtlänge des Körpers ausmacht, und die sich auf einem sehr starken,unter dicken Muskeln ruhenden Knochenring freier als bei anderenFischen bewegen.Ohne Rücksicht auf Luft- und Wasierströmung schießen die Fischepfeilschnell aus der Flut hervor, und zwar immer unter einemkleinen Neigungswinkel. In parabelähnlichem Fluge legten sie ineiner Höhe von einem bis zu vier Metern eine Strecke von 200 bis300 Meter zurück. Sobald sie sich über den Wasserspiegel erheben,spreizen sie die flügelartigen Brustflosien zum Fluge, wobei innächster Nähe ein deutliches, raschelndes Flattern hörbar ist. Nacheinzelnen Beobachtern find die fliegenden Fische sogar imstande,während des Fluges die Richtung der Bahn zu ändern, Kurven zubeschreiben und ihren Kurs den Bewegungen des Wasserspiegels,also den Wellenbergen und Wellentälern anzupassen. Seitlich ein-wirkenden Winden vermögen die Fische gegen da? Ende derFlugbahn nicht mehr zu widerstehen, werden vielmehr durch dieseauS der eingeschlagenen Richtung verdrängt und zuletzt von derWindströmung getrieben, auch senkt sich das hintere Körperende allmählich nach unten, so daß die Längsachse des Körpers mit derFluglinie einen immer größer werdenden Winkel bildet.Die Frage, ob die Flugbewegung aktiv oder Passiv ist, mitanderen Worten, ob die Brustflossen während der Dauer des Flugesausgespannt in der Ruhe verharren, also einem Fallschirm gleichen.oder ob die fliegenden Fische gleich anderen Fliegern Flügelschlägedamit ausführen, ist vielfach erörtert und umstritten worden. AlleAutoren stimmen darin überein, daß die Flugfische blitzschnell ausdem Wasier herauskommen und daß sie diese große Geschwindigkeitbereits im Wasser durch kräftige Wrickbewegungc» des Schwanzeserreichen. Beim Erheben über den Wasserspiegel werden die bisdahin dem Körper dicht anliegenden Brust- und Bauchflossen ge-spreizt und der Flug beginnt.Alexander v. Humboldt, der übrigens als erster auf die an-sehnliche Größe der Schwimmblase dieser Fische aufmerksam machte,versichert, daß man trotz der ausnehmend raschen Bewegung währenddes Fluges deutlich wahrnehmen könne, wie die Fische ihre Brust-flosien abwechselnd ausbreiten und einziehen. Auch der Kapitände Fröminville spricht die Ueberzeugung aus, daß die Fische beider Länge ihrer Flugbahnen aktiv fliegen mußten undkeineswegs so große Strecken zurückzulegen vermöchten, fallssie ihre Flosien lediglich als Fallschirme gebrauchen könnten. Dementgegen sagt Bennett, daß die Hochflugfische nur beim Erhebenunter wahrnehmbaren Rascheln Brust- und Bauchflossen ausbreitenund daß während des FlugeS nur eine zitternde Bewegung nichtaber ein Ausbreiten und Zusammenziehen der Flosien wahrnehm«bar sei. Nach diesem Forscher ist die Bewegung der Fische außer-halb deS WasierS kein Fliegen, sondern ein Springen. Diebereits erwähnte Aenderung der Fluglinie wird nach ihmdadurch ermöglicht, daß die Fische schnell einander folgende kleineSprünge von etiva Meterlänge ausführen und nach demjedesmaligen Einfallen die Richtung entsprechend ändern.Dieser Anschauung widerspricht namentlich in ihrem letzten TeileAgassiz, nach dem die veränderte Flugrichtung wie die Höhe desFluges nicht durch Schlagen mit den Brustflossen, sondern infolgeBeeinflussung der gesamten Oberfläche des Körpers durch Muskelnbewirkt wird. Das Beschreiben von Kurver. in der Flugbahn werdeden Hochflngfischen ermöglicht durch den eigenartigen Bau de»Schwanzflosse, insbesondere durch die Ungleichheit ihrer Lappen.Durch die größere Länge des unteren Lappens werden die Wrick»bewcgungen, die den Fischkörper über die Oberfläche des Wassersund durch die Luft schleudern, erleichtert und die Ausdehnung derBrnstflossen demgegenüber während des Dahineilens in demdünneren Mittel nur zur Stütze. Möbius endlich hält nicht wiedie meisten Autoren die Bewegung der Flugflosien für aktiveMuskeltätigkeit, sondern erklärt sie passiver Natur und durch denentgegenwirkenden, relativen Wind veranlaßt; seine Annahme suchter durch Hinweis auf das ungünstige Gewichtsverhältnis der Brust»muLkeln zum Gelvicht des Gcsamtkörpcrs zu begründen.Man weiß, wie ökonomisch die Natur im Bau deS Vogels vor«gegangen ist. um ihm die„Poesie der Bewegung", wie Pettigrewso schon sagt, zu verleihen, wie sie gespart hat am Rumpfe undhauptsächlich am Kopfe und wie sie namentlich die Brust»Muskulatur ausbildete, damit ein den Flug ermöglichendesgünstiges Verhältnis zustande kam. Während dieses Hier1: 6,22 beträgt, ist es bei den fliegenden Fischen 1: 32,4.Selbst der beste Flieger unter den Vögeln würde sichdurch Flügelschläge nicht zu erheben vermögen, wenn er wie dieFlugfische belastet iväre, also das Fünffache seines Körpergewichtstragen müßte. Könnten die in Rede stehenden Fische wirklich diereißend schnellen Flügelschläge ausführen, so müßten sie in der Reiheder Flugtiere auf einer ziemlich hohen Stufe stehen. Ferner istdurch Mareys Beobachtungen bekannt, daß sich beim Vogel die Zahlder' Flügelschläge mit der Fluggeschwindigkeit ausfallend ver-ringert. Der Grund dafür liegt darin, daß der Luftwiderstandmit der Fluggeschwindigkeit znnimnit und daß dieser größereWiderstand den Flügelschlag unmöglich macht. Wenn nun(nachden Beobachtungen von Seitz und dem bereits erwähntenBennett) die vermeintlichen Flügelschläge deS Flugfischesauch nur zn Anfang der Flugbewcguug ansgesührt werden, wie esbeim auffliegenden Bogel der Fall ist, so stehen sich doch bei beidenFlugtiercn diese Bewegungen entgegen, indem sich der Bogel durchFlügelschläge erst eine gewisse Fluggeschwindigkeit erwirbt und späterunterhält, während die fliegenden Fische den Flug mit der größtenGeschwindigkeit(16—20 Meter) fonsetzen, die sie ihrem Körper imWasser durch den Wrickapparat verliehen haben. Schließlich seinoch erwähnt, daß die Anatomie der Flugmuskcln der Fischeergeben hat, daß ihre Wirkung auf den Flügel wohl einehebende, aber keine vorwärts treibende wie bei den Vögelnsein kann. So zeigen die gesamten physiologischen und flug-mechanischen Verhältnisse, daß die fliegenden Fische außerstande sind,aktive Ruderbcwcgimgen auszuführen, die man ihnen bisher zu»schreiben zu müssen glaubte.Was nun den Flug selbst anbelangt, so vergleicht ihn Kittlitzmit dem des Goldannuers und Finken während der rauhen Herbst-Witterung, wenn sie auf Stoppelfeldern einfallen, um hier die letztenKörnlein zu suchen, und Humboldt sagt, daß man die Bewegungeines fliegenden Fisches mit der eines flachen über eine Wasser»fläche hinweggeworfenen Steines, der aufschlagend und wieder ab»prallend meterhoch über dem Wasser hinwegstreicht, ganz richtig ver-glichen hat. Agassiz sieht darin indessen mehr; er sagt:„Diefliegenden Fische sind in der Tat und Wahrheit lebende Federbälleund imstande, durch Drehen der Flossen ihre Flugrichtung zu ver»ändern." Und wenn wir oben erwähnten, daß sich die Flugliniedes Fisches der bewegten Meeresoberfläche anschiniegt, so mag daranerinnert werden, daß sich auch Möwen und andere Secvögel denHebungen und Senkungen des Meeresspiegels anpassen, ohne dazueines Flügelschlages zu bedürfen, was sich einfach durch die überdem Wasser lagernde und durch dieses bewegte Luftschicht er»klären läßt.Wenn wir unS nun zum Schlüsse noch fragen: Was bewegt dieseFische, sich aus ihrem eigentlichen Elemente zn entfernen? so habenwir darauf mancherlei Antworten.„Die Hochflngfische", sagt Hum»boldt,„bringen einen großen Teil ihres Lebens in der Luft zu;aber ihr elendes Leben wird ihnen dadurch nicht leichter gemacht.Verlassen sie das Meer, um den gefräßige» Goldmakrelenzu entgehen, so begegnen sie in der Luft Fregattvögeln, Albatrossenund anderen Seefliegern, die sie im Fluge erschnappen." Und Kittlitzmeint:„Der Flug dieser Fische scheint das letzte Mittel zu sein, dassie anwenden, um ihren Verfolgern, die man beständig nach ihnenspringen sieht, zu entgehen. So groß ihre Zahl, so heftig ist auchihre Verfolgung durch Raubfische." Bennett widerspricht diesem.indem er ausführt, daß die Hochflieger nicht als Unglückliche(dieunmittelbar, nachdem sie sich erhoben haben, von denunzählbaren Schwärmen der Tölpel, Trofikvögel, Fregattenund anderer gefiederten Feinde angefallen werden, währenddie wenigen, die glücklich entkonnucn und ihr heimischesElement wiederfinden, Delphinen, Tunfischen, Bonitcn und anderenRaubfischen zum Opfer fallen) angesehen werden dürsten, sonderndaß sie selbst Jagd machten und darum als Angreifer und nicht alsOpfer betrachtet werden müßten, wennschon eS vorkommen könnte.daß namentlich an der Küste die ungezählten Scharen der Flugfischevon Raubfischen verfolgt werden.