NnterhaltungsSlalt des Horwärts Nr. 142. Sonnabend, den 24. Juli. 1909 lvachdrua vervstea.» 181 Die Infelbauern. Roman von AngustStrindberg. Deutsch von Emil Schering  . ' Als Frau Flod   an die Landungsbrücke hinunterkam, um die aus der Stadt Heimkehrenden zu empfangen, war Carls- son so freundlich und bescheiden, daß die Alte sofort merkte, es war etwas dazwischen gekommen. Nach dem Abendbrot ließ sie ihn in die Stube eintreten, damit er das Geld aufzähle. Er mußte sich setzen und be- richten. Aber das ging träge: der Knecht schien keine Lust zu haben, etwas mitzuteilen: doch die Alte ließ nicht locker, bis er mit seinem Reisebericht herausrückte. ..Nun, Carlsson," forschte sie.er ist doch auch bei Pro- fessors gewesen, nicht wahr?" Ja. natürlich war ich dort," antwortete Carlsson, der augenscheinlich von der Erinnerung unangenehm berührt wurde. Nun, wie geht's ihnen?" Sie lassen alle auf dem Hof grüßen: sie waren so freundlich, mich zum Frühstück einzuladen. Es war sehr fein in der Wohnung, und wir haben auch was Gutes gekriegt." Was hat er denn Gutes gekriegt?" O, wir haben Hummer   mit Schwammpignons gegessen und dazu Porter getrunken." Da hat er wohl auch die Mädchen gesehen, Carlsson?" Ja gewiß," antwortete Carlsson freimütig. Und die sind sich gleich geblieben, nicht wahr?" Das waren sie nun allerdings nicht: das würde aber die Alte zu sehr gefreut haben: darum antwortete Carlsson nicht darauf. Ja, sie waren sehr nett! Wir sind abends in Berns Salon gewesen, um uns die Musik anzuhören: da habe ich sie mit Sherry   und belegten Brötchen traktiert. Es war. wie gesagt, sehr nett." In Wirklichkeit war es aber durchaus nicht nett gewesen: die Sache war nämlich ganz anders verlaufen. Carlsson war in der Küche von Lina empfangen worden, denn Ida war ausgegangen: an der Ecke des Küchentisches hatte er dann eine halbe Flasche Bier getrunken. Dabei war die Frau des Professors in die Küche gekommen und hatte zu Lina gesagt, sie solle einen Hummer holen, da abends Besuch komme: dann war sie wieder gegangen. Als Carlsson mit Lina wieder allein war. wurde die etwas verlegen: schließlich kriegte Carlsson aus ihr heraus, daß Ida seinen Brief empfangen und ihn eines Abends, als ihr Bräutigam dagewesen, laut vorgelesen habe: das war in der Kammer geschehen, wo der Bräutigam Porter trank und Lina Champignons reinigte. Und sie hatten sich halb tot gelacht. Zweimal habe der Bräutigam den Brief gelesen, laut wie ein Pastor. Am meisten hatten sie sich über den -alten Carlsson" und seineletzten Stunden" amüsiert. Als sie zu der Stelle vonVersuchungen und Irrwegen" kamen, hatte de» Bräutigam er war Bierfahrer vorgeschlagen, nach Berns Salon in die Versuchung zu gehen. Und sie waren dorthin gegangen und wurden von dem Bräutigam mit Sherry   und belegten Brötchen traktiert. Ob nun Linas Erzählung Carlssons Sinn erregt und sein Gedächtnis erschiittert hatte; oder ob er sich so lebhaft in die Kleider des Bierfahrers gewünscht, daß er sich in dessen angenehme Lage als Wirt versetzt, sich mit dem Hummer essenden Gast verwechselt, den Porter des Bräutigams ge- trunken und Linas Champignons gegessen hatte genug, er stellte der Alten die Sache so dar, daß er die Wirkung er- zielte, die er beabsichtigte; und das war die Hauptsache. Nachdem er so weit gekommen war, fühlte er sich ruhig genug, um zum Angriff überzugehen. Die Burschen waren auf See, Rundgvist hatte sich niedergelegt, und die Mädchen waren für diesen Tag fertig geworden. Was ist das für ein Geschwätz, das hier im Kirchspiel umläuft; das ich überall hören muß?" begann er. «Was schwatzt man jetzt wieder?" fragte Frau Flod  . Ach, es ist das alte Geschwätz: wir dachten daran, uns zu verheiraten." Ja. das ist nichts Neues: das haben wir so oft gehört. Aber es ist doch ganz unglaublich, daß die Leute be« haupten, was nicht wahr ist! Das ist nur ganz unbegreiflich," sagte der listige Carlsson.' Ja, was sollte er. der junge, hübsche Kerl, auch mit einem alten Weib, wie ich bin, anfangen?" O, was das Alter betrifft, damit hat's keine Gefahr. Darf ich für mein Teil sprechen: sollte ich einmal denken, mich zu verheiraten, so wäre es nicht mit einer Dirne, die nichts kann und nichts weiß: denn seht. Tante, die Lust ist eins und sich verheiraten ein anderes! Denn die Lust, die weltliche Lust, vergeht wie ein Rauch, und die Treue ist wie Kautabak, wenn ein anderer kommt, der Zigarren spendiert; Seht, so bin ich, Tante: mit der ich mich verheirate, der halte ich auch Treue; und so bin ich immer gewesen, und wer etwas anderes sagt, der lügt." Die Alte spitzte die Ohren und merkte die Anspielung. Aber Ida? Ist es nicht Ernst zwischen ihr und ihm?" untersuchte sie.* «Ida, ja, die ist ja an und für sich ganz gut; ich brauchte nur den Finger nach ihr auszustrecken, dann hätte ich siel Aber, Tante, sie hat nicht die rechte Gesinnung; sie ist Welt». lich und eitel, und ich glaube, sie wandelt sogar aus unrechten Wegen. Uebrigens muß ich sagen, ich fange an alt zu werden, und habe keine Lust zum Schäkern mehr. Ja, gerade heraus gesagt: sollte ich ans Heiraten denken, so würde ich eine ältere, verständige Person nehmen, eine, welche die rechte Ge« sinnung hat. Ich weiß nicht recht, wie ich mich ausdrücken soll, aber Ihr versteht mich doch wohl, Tante, denn Ihr habt ja die rechte Gesinnung; ja, die habt Ihr." Die Alte hatte sich am Tisch niedergelassen, um Carlssons Winkelzüge besser verstehen zu können, damit sie nicht die Gelegenheit versäume, ihr Amen zu sagen, wenn er mit seinem Ja herausrückte. Aber sag er mal, Carlsson." begann sie ein neues Garn« ende,hat er denn nicht an die Witwe von Ovassa gedacht, die allein steht und nichts Besieres verlangt, als sich wieder zu verheiraten?" Ach nein, die kenne ich wohl, aber die hat nicht die rechte Gesinnung: wer mich haben will, der mutz die rechte Gesinnung haben! Geld und äußeres Getue und feine Kleider, das macht auf mich keinen Eindruck, denn so bin ich nicht! Und wer mich wirklich kennt, der kann nichts anderes sagen." Der Stoff schien nun vom allen Seiten benagt zu fein; einer mußte das letzte Wort sagen, solange es noch mög-. lich war. Nun, an lven hat er denn gedacht, Carlsson?" fragte sich die Frau einen kühnen Schritt vor. Gedacht? Gedacht! Man denkt dies und das; ich habe überhaupt noch nichts gedacht. Der etwas denkt, der spreche; ich schweige! Man soll nachher nicht sagen können, ich habe jemanden verlockt: von der Gesinnung bin ich nicht." Die Alte wußte jetzt nicht recht, wo sie zu Hause war: und sie mußte sich noch einmal vortasten. Ja, aber lieber Carlsson, wenn er Ida in Gedanken hat, dann kann er doch nicht in vollem Ernst an eine andere denken." Ida, nein, die Füchsin will ich nicht geschenkt haben! Nein, etwas Besseres muß es sein; Kleider am Körper muß sie wenigstens besitzen: und hat sie noch etwas mehr, so schadet es auch nichts: doch sehe ich nicht darauf, denn so bin ich, das ist meine Gesinnung." Jetzt war man so viele Male hin- und hergefahren, daß man in die Gefahr kam, sitzen zu bleiben, wenn die Alte sich nicht noch einen Ruck gab. Nun, Carlsson, was würde er sagen, wenn wir beide uns zusammen täten?"<- Carlsson wehrte mit beiden Händen ab, als wolle er sofort vom ersten Augenblick an jeden Verdacht einer solchen Niedrigkeit verjagen. Aber das kann doch gar nicht in Frage kommen!" be« teuerte er.Daran wollen wir nicht einmal denken, ge.« schweige denn davon sprechen. Was würden die Leute