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Was sie will? Wenn man mit einem kleinen Kind bei fo einem Wetter zur Vermittlerin kommt, so natürlich nicht, um ,, Guten Tag" zu sagen. Weiß Gott - keine große Kunst: zu erraten, was sie will.

Das in Lumpen und ein dickes Tuch gehüllte Kind fing an zu schreien und unterbrach ihre Antwort. Es schrie, nach feiner Gewohnheit, aus vollem Hals, ohne zu ahnen, wo es sei, suchte mit geschlossenen Augen die mütterliche Brust und Strampelte ungeduldig mit Beinchen und Aermchen. Da aber Ita bei ihrer Ankunft ihm die Brust fortgenommen hatte, so fand es sie nicht so rasch, wie es wollte, und fing noch durch­dringender zu schreien an, so daß der Mutter vor Scham die Tränen in die Augen traten. Rose rückte bereits unzwei­deutig auf ihrem Plaz hin und her.

Er ist bei mir ein bißchen verwöhnt," suchte ta mit schuldbewußtem Lächeln ihren Buben zu rechtfertigen. " Früher," hier stockte sie einen Augenblick, hat mein Mann in einer Zündholzfabrik gearbeitet, und ich habe den Haushalt besorgt. Aber der Fabrikant hat bankrott gemacht, und mein Mann blieb ohne Arbeit. Ich aber war nach der Niederkunft zwei Monate frank und lag zu Bett, da haben wir, d. h. ich, das Kind verwöhnt. Sein erstes Kind liebt man ja wie sein eigenes Leben," entschuldigte sie sich wieder. Ich werde es gleich beruhigen."

Geschicht machte sie das Kleid auf und legte das Kind an die Brust. Wie durch einen Zauberwink verstummte sofort der Bube. Ita aber sagte einfach:

" Da sehen Sie's. So macht er's immer. Er hätte wohl am liebsten in der Milch drin geschlafen, so gern hat er fie." Sie lächelte gutmütig, strich über das Händchen des Kleinen, das auf ihrer Brust lag, knüpfte ihren Schal auf und suchte mit den Augen einen freien Blak, um sich zu setzen. Das un­gemein sympathische Gesicht und die ruhige Geschäftigkeit der noch ganz jungen Frau gefielen Rose auf den ersten Blick. Sie räumte ihr einen Blaz neben sich ein und besah flüchtig das Kind.

st es Dein erstes?" fragte sie. Wie heißt Du?" Sta."

ta? Gut, das klingt nicht besonders jüdisch. Jetzt find jüdische Namen nicht mehr mode, und das könnte Dir schaden. Sogar ich selbst nenne mich Rose, obwohl ich alt bin und es nicht brauchte eigentlich heiße ich Reisi. Unseren Damen gefallen die jüdischen Namen nicht mehr. Na, lassen wir's. Willst Du hier in der Stadt dienen, oder auch aus­wärts, wenn sich was bietet?"

Ich habe... einen Mann."

Ich möchte lieber hier.. Habt Ihr Hochzeit gehabt?" ta errötete und anwortete nichts. " Hm... hm...," sagte Rose langsam, also so wie's Gott nicht geheißen hat?"

Sta sentte den Kopf und starrte beharrlich nach der Ecke, als ob es dort etwas Interessantes zu sehen gäbe.

Du sagst, es ist das Erste? Besser, es wäre das zweite Kind. Wie steht's mit der Milch?"

,, Die Milch ist gut! Seht nur den Jungen an. So eine gute Milch hab' ich, weiß selbst nicht woher. Ich esse ja fast gar nichts, und das Kind.... da seht." ( Fortsetzung folgt.))

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Institut der Königl. Universität der Reichshauptstadt Berlin fich befindet, so wird man verstehen, welcher Anstrengungen der deut schen Zahnärzte es bedurfte, wenn sie nicht in ihren Leistungen immer wieder zurückbleiben wollten. Eine große Zahl der besten deutschen Zahnärzte ging nach Amerika , eignete sich dort alles nötige können an und machte dann nach ihrer Rüdtehr die neuen Methoden weiteren Schüler- und Freundeskreisen bekannt; die ältere Generation der zahnärztlichen Universitätslehrer, die viel­fach die modernen Errungenschaften der mächtig aufstrebenden zahnärztlichen Wissenschaft und Braris nicht mehr. sich aneignen fonnte, machte jüngeren geschulten Kräften Plak. Allmählich be quemten sich auch die Regierungen, angeregt durch die umfassenden Statistiken über Zahnverderbnis, die geradezu erschreckende Ergeb­niffe hatten, dazu, etwas mehr für die Zahnheilkunde zu tun; neue Institute entstanden, in Schule und Armee wurde vielfach zahnärzt­liche Fürsorge eingeführt, und wenn das alles bisher auch noch in engen Grenzen geschieht, so ist doch der Wille, bessernd einzugreifen, nicht zu verkennen.

Nun wollte die deutsche Zahnärzteschaft einmal den Beweis führen, daß sie auf der Höhe steht und den Vergleich mit anderen Rändern nicht mehr zu scheuen braucht. Darum lud sie auf dem internationalen Rongreß in St. Louis 1904 die gesamte Zahnärztes schaft für den nächsten internationalen Kongreß nach Berlin ein.

Und schon jetzt steht es fest, daß der Kongreß einen bollen Erfolg für die deutschen Zahnärzte bedeutet. Zunächst in äußer­licher Hinsicht, denn die Pfeiligung des Auslandes ist über Er. warten groß; selbst aus den entlegensten Ländern( Cuba , Japan , Queensland usw.) sind offizielle Delegierte gekommen; außer ordentlich groß ist auch die Zahl der angemeldeten Vorträge, die zirka 360 beträgt und sich auf 12 Sektionen verteilt. Das dem Laien so flein erscheinende Gebiet der Zahnheilkunde ist in Wirts lichkeit so umfangreich, daß der einzelne nicht mehr imstande ift, alle Gebiete der Zahnheilkunde in gleicher Weise zu beherrschen; die Spezialisierung hat auch hier Blak gegriffen. Schon die Titel der 12 Settionen werden auch dem Laien einen Begriff hier von geben. Die erfte Gruppe umfaßt die Anatomie und Physio. Togie( d. h. den normalen Bau und das Leben) der Zähne, Kiefer usw., die zweite die Pathologie und Bakteriologie, d. h. die Lehre von den Erkrankungen und den Krankheitserregern; die dritte die Chirurgie des Mundes und der Kiefer ; die vierte die Kiefer- und Zahnregulierung, d. h. die Methoden und Apparate, die die un regelmäßige Stellung der Zähne resp. Kiefer in eine normale ver. wandeln. Die fünfte Abteilung umfaßt das große Gebiet der kon servierenden Behandlung der Zähne, das Füllen oder Plombieren, wie es nach schlechtem alten Brauch noch genannt wird; die sechste den künstlichen Zahnersatz durch Platten und durch Kronen und Brüden. Die siebente Gruppe führt die Ueberschrift: Photographie in der Zahnheilkunde als Forschungs- und Lehrmittel( Mikro­skopische, Makroskopische Photographie, Stereoskopie, Röntgenphoto graphie und Farbenphotographie). Die achte Gruppe umfaßt das gesamte zahnärztliche Unterrichtswesen; die Hygiene des Mundes und der Zähne ist in der neunten Gruppe vertreten. Die zehnte und elfte Gruppe sind Geschichte der Zahnheilkunde und gerichtliche Bahnheilkunde; die zwölfte Abteilung endlich ist Literatur der Zahnheilkunde und Zeitschriftenwesen.

mit ihm verbundene Ausstellung, die in der Wandelhalle und Was aber dem Kongreß eine besondere Bedeutung gibt, ist die den angrenzenden Sälen Aufstellung gefunden hat. Während die Borträge zum größten Teil nur für den Fachmann Bedeutung haben, ist hier zum ersten Male das ganze Gebiet der Zahnheil funde in übersichtlicher Weise durch eine ebenso reiche wie sorg­fältige Auswahl von Präparaten, Modellen, Instrumenten und Ab­bildungen dargestellt, so daß auch der Laie sich leicht einen Ueber­blick verschaffen kann. Die Ausstellung ist gleichfalls nach den oben aufgezählten Gruppen geordnet und ein 137 Seiten starter Führer erleichtert dem Besucher das Zurechtfinden. In der Wandelhalle und dem Mittelsaal haben die Behörden, Institute und Zahnärzte ausgestellt, in den Nebensälen ist der industrielle Teil der Aus­stellung untergebracht, in dem über 100 Firmen ihre Erzeugnisse ausgestellt haben. Das Hauptintereffe tonzentriert sich natürlich

Der Internationale zabnärztliche auf den wissenschaftlichen Teil der Ausstellung, in dem fast alles

Kongreß.

Jm Reichstagsgebäude findet diese Woche hindurch ein inter­nationaler zahnärztlicher Kongreß statt, zu dem über 2000 Bahn­ärzte versammelt sind. Zum ersten Male findet dieser Kongreß, der nur alle fünf Jahre einmal abgehalten wird, auf deutschen Boden statt. Es war für die deutsche Zahnärzteschaft fein geringes Wagnis, das Ausland zu einer derartigen Veranstaltung großen Stils nach Berlin einzuladen. Denn die Zahnheilkunde gehört in Deutschland , speziell in Preußen, zu den Stieftindern der Unter­richtsbehörden, die nur wenig auf Förderung und Unterstützung der maßgebenden Stellen rechnen dürfen. Die Kulturzwede leiden ja nach dem bekannten Wort nicht, nur Geld darf es nicht kosten! So kam es, daß die deutsche Zahnärzteschaft in ihrer praktisch­wissenschaftlichen Ausbildung hinter den Zahnärzten anderer Länder, speziell Amerikas , zurückbleiben mußte. Vergleicht man die prächtigen, mit allen Hilfsmitteln ausgestatteten Institute der besseren amerikanischen Universitäten mit dem alten baufälligen Cause in der Dorotheenstr iße, in dem noch jezt das Zahnärztliche

bertreten ist, bon uralten, zirka 3000jährigen Gebissen und alter­tümlichen Instrumenten zur Behandlung der Zähne bis zu dem elegantesten modernen Zahnersatz und Instrumentarium, von den riesigen Zahngebilden des Mammutelefanten und der Ungetüme der Tertiärzeit, wie von den Zahn- und Kieferresten des ältesten bisher aufgefundenen Menschen an bis zu dem durch Vererbung, mangelhafte Pflege, allgemeine Krankheit und andere Ursachen oft gänzlich zerfallenen Gebiß des heutigen Menschen, das dann durch zahnärztliche Kunst wieder aufs schönste hergestellt ist. Sehr inter­effieren werden den Laien auch die sogenannten Moulagen, das find Nachbildungen in bemaltem Wachs, die von den aller­verschiedensten Krankheiten der Haut, des Schädels, der Mundhöhle usw. ausgestellt sind; unter diesen nehmen einen großen Raum auch die vielfachen Erscheinungen der Syphilis ein. Freilich ge hören oft starte Nerven zur Betrachtung der scheußlichen Ver heerungen, die von Syphilis , Krebs, Lupus und anderen Krant heiten im Gesicht und Körper des Menschen angerichtet werden, und mancher Laie wird sich voll Skels da abwenden, wo der Arzt und Zahnarzt durch ständige Behandlung derartiger Erkrankungen abgehärtet ist.