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Nr. 7. 17. Jahrgang.

1. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt. Mittwo, 10. Jannar 1900.

Reichstag .

123. Sigung vom 9. Januar 1900, 2 Uhr. Am Bundesratstisch: v. Thielmann.

Gestorben ist der Abg. v. Fischer( natl.) Das Haus ehrt sein Fischern betrieben wird, will man von einer Erhöhung des Bolls Andenken in der üblichen Weise.

Präsident Graf Ballestrem:

Ich eröffne die erste Sigung des deutschen Reichstages im 20. Jahrhundert.( Heiterkeit und Widerspruch) und gestatte mir an der Jahres- und Jahrhundertwende den geehrten Herren Kollegen meine aufrichtigen Glück und Segenswünsche darzubringen.( Bravo !) Erster Punkt der Tagesordnung ist die zweite Beratung des Ent­

wurfs einer Reichs- Schuldenordnung.

ansehnliche Erhöhung. Eine Erhöhung des Heringszolls paßt schlecht Material unterstüßt worden ist.( Heiterkeit links.) Die Suche nach zu der sonst von den Herren( rechts) vertretenen Mittelstandspolitit. dem Vater scheint auch in diesem Falle verboten zu sein. Die Er stärkt mir die großen Aktiengesellschaften und schädigt den kleinen Erhöhung des Heringszolls ist mißlich und unpopulär. Zwar heißt Heringsfischer. An der Ostsee , wo der Heringsfang von kleinen es in dem Liede: Ein Hering liebt eine Anster. Aber die Kreise, die Austern essen, find wesentlich verschieden von denen, die Heringe auch gar nichts wissen. Der Hering ist in unseren östlichen Bro- verzehren.( Heiterkeit.) Wegen des Eiweißgehalts ist der Hering vinzen ein notwendiges Nahrungsmittel. Viel passender wie eine von großer Bedeutung, namentlich für die Kreise der Bevölkerung, die Erhöhung wäre eine Ermäßigung des Heringszone. Ich bitte Sie, nicht in der Lage sind, gutes Fleisch und Kaviar zu verzehren. Der Herr die Petition durch Uebergang zur Tagesordnung zu erledigen. Regierungskommissar hat am Schlusse seiner Ausführungen angedeutet, Geh. Rath Hauk: daß die Regierung Erwägungen anstellen wollte über eine Erhöhung Die Hochfeefischerei hat einen erfreulichen Aufschwung genommen. so sollten sie darauf hinauslaufen, den jezigen Zoll herabzusetzen des Zolls auf Heringe. Wenn überhaupt Erwägungen notwendig sind, an der Ostsee spielt der Salzhering keine Rolle, dagegen eine um oder ganz aufzuheben.( Beifall links.) Der Versuch, die Heringe § 1 bestimmt: Die Bereitstellung außerordentlicher Geldmittel, gesellschaft befindet sich in guter Lage, es ist aber die einzige. Die als Vorspann für die Kriegsflotte zu benutzen( Heiterkeit links), kann welche zur Beſtreitung einmaliger Ausgaben für Zwede der Reichs- daß fie Unterstügungen brauchen, eine hat sich trotzdem nicht halten abgewiesen und zur Tagesordnung übergegangen werden. anderen sind mit ihr nicht zu vergleichen. Ihnen geht es so schlecht, wohl nicht ernst genommen werden. Jedenfalls muß die Petition verwaltung vorgesehen sind, erfolgt auf Grund einer besonderen können und mußte liquidieren. Von großen Aktionären ist keine gefeßlichen Ermächtigung des Reichskanzlers. Abg. v. Kardorff( Np.): Abg. Richter( Fri. Vp.) beantragt, das Wort besonderen zu ihnen schwer genug geworden, das wenige Geld dafür aufzubringen. nicht unterschrieben und auch kein anderes Mitglied unserer Partei. Nede, gar viele Aktionäre besigen nur eine einzige Aftie. Es ist Ich habe den Antrag auf Erhöhung des Heringszolles seiner Zeit streichen, da es sonst den Anschein haben könnte, als ob die Er- Die Hochseefischer sollen ihrem Berufe erhalten bleiben. Die Marine Ebenso entschieden bestreite ich, daß der Bund der Landwirte und die mächtigung jedesmal gesondert erteilt werden müsse. Unterstaatssekretär Aschenborn hat gegen diese Streichung hat daran auch nur ein Intereſſe, denn sie kann dann auf bessere fonservative Partei für die Erhöhung des Heringszolles find.( Wider nichts einzuwenden. Das Haus beschließt dem Antrag Richter Rekrutierung rechnen. Die Frage der Erhöhung des Bolles wird spruch links.) Einzelne Mitglieder des Bundes mögen sich ja für die nichts einzuwenden. Das Haus beschließt dem Antrag Richter von der Regierung nach wie vor als eine offene behandelt. In Erhöhung ausgesprochen haben, aber der Bund der Landwirte hat gemäß. § 2 giebt dem Reichskanzler die Befugnis, zu bestimmen, zu dieser Beziehung hat sich in den letzten Jahren gar nichts geändert sich als solcher überhaupt nicht mit der Frage beschäftigt. Ich war welcher Zeit, durch welche Stelle und in welchen Beträgen Schuld­von jeher ein Gegner des Heringszolles und werde es bleiben. Heute verschreibungen der verzinslichen Anleihe ausgegeben werden sollen. werde ich für einfache Tagesordnung stimmen. Das Gleiche gilt von der Bestimmung des Einsaßes, der Kün­digungsbedingungen und des Kurses, zu welchem die Ausgabe er­folgen soll.

Abg. Richter( frf. Vp.) beantragt, diesen Paragraphen an die Kom­mission zurückzuverweisen, um dort über verschiedene Beschränkungen desselben zu beraten. Dieser Antrag wird gegen die Stimmen der Konservativen und Nationalliberalen augenomnien. Die§§ 3-15 werden mit unwesentlichen redaktionellen Aende­rungen angenommen.

§16( Ersatz für abhanden gekommene Schuldscheine) enthält eine Bestimmung, wonach bei Abhandenkonimen oder Vernichtung eines Schuldscheines der im§ 804 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches bestimmte Anspruch ausgeschlossen ist, ohne daß es der Ausschließung in dem Scheine bedarf.

bleiben.

Abg. Dasbach( C.)

Abg. Wurm( Soc.):

Abg. von Levehow( kons.):

erklärt, für den Antrag Ridert stimmen zu wollen, da der Zoll von den ärmeren Klassen getragen werden müßte. Wenn eine neue Industrie nicht sogleich sehr rentabel ist, braucht man den Staat Auch ich habe seiner Zeit den Antrag auf Erhöhung des den Hering erhöht werden. Der Detaillist wird das Doppelte und meiner Partei, die es gethan haben, haben es nur aus dem noch nicht in Aktion treten zu lassen. Der Zoll soll um 3/10 Pf. für Heringszolls nicht unterschrieben. Und diejenigen Mitglieder Dreifache aufschlagen. Wir haben alle Veranlassung, jede Boll- Wunsche heraus gethan, daß die Frage überhaupt hier ein­Centrum und links.) erhöhung für notwendige Lebensmittel abzulehnen.( Bravo im mal erörtert wird. Für die Heringsfischerei ist ja inzwischen allerlei geschehen. Der Preis der Heringe ist wesentlich gea stiegen, und da werden wir jetzt nicht für eine Maßregel sein, die Es ist charakteristisch, daß dieselben Herren, die vor drei Jahren die Preissteigerung noch vermehrt. Wenn der Roggen um 50 Proz. auf Seringe auf 10 m. verlangte, heute es nicht mehr wagen, den zolles fein. Eine Erhöhung des Heringszolles ist mindestens nicht den Antrag Langen unterzeichnet haben, der die Erhöhung der Zölle gestiegen wäre, würde ich auch nicht für eine Erhöhung des Roggen­vorliegenden Antrag zu verteidigen und ebenso, daß der Herr an der Zeit. Sollte der Preis der Heringe wieder erheblich sinken, Regierungsvertreter heute ganz anders gesprochen hat, als in so fönnte man ja in erneute Erwägungen eintreten. In der von der der Kommission.( hört, hört! bei den Socialdemokraten). Der Petitionskommission beantragten Heberweisung als Material liegt Abg. Möller- Sagan( frs. Vp.) beantragt, diese Bestimmung gegen jede Erhöhung der Zölle ausgesprochen( hört! hört! bei den Zolls. Ich werde heute für den Antrag auf Uebergang zur Tages­Vertreter des Reichsschazzamts hat sich int Jahre 1897 ausdrücklich übrigens ja durchaus noch nicht der Wunsch auf Erhöhung des zu streichen. Es sei nicht angängig, gleich nach Jukrafttreten des Socialdemokraten.) Er sagte, so lange die inländische Fischerei nicht ordnung stimmen. Der Angriff des Herrn Wurm hat mich ver­Bürgerlichen Gesetzbuchs eine wichtige Bestimmung desselben auf im stande ist, den inländischen Bedarf auch nur annähernd zu decken, wundert. Offenbar hat er sich geärgert, weil wir einmal so stimmen zuheben. Die Erjazzpflicht des Reichs müsse in diesem Falle bestehen wird immer eine Belastung der Konsumenten durch eine Preis- wie er.( Heiterkeit und Beifall rechts.) Geheimrat Struckmann bestreitet, daß eine Bestimmung des da es sich dabei um steigerung wahrscheinlich sein. Dies wäre um so unangenehmer, Abg. Brömel( frs. Vg.): Bürgerlichen Gefegbuchs aufgehoben werde. Der Antrag würde eine demselben Sinne ganz arme Volksklassen handelt. In Gegenüber diesen Ableugnungsversuchen verweise ich auf eine hat sich der Herr Vertreter des Reichs Versammlung, die der konservative Abgeordnete v. Langen ant außerordentlich schwierige und kostspielige Kontrolle bedingen. Auch Schazamts noch 1899 ausgesprochen. die preußische Staats- Schuldenverwaltung erkenne eine Erjagpflicht amis des Innern, das die Handelsverträge vorbereitet, jahr sprach sich dort für einen Kampfzoll auf gesalzene Heringe von Der Vertreter des Reichs: 31. Januar 1897 in Altona abgehalten hat.( Hört! hört! links.) in diesem Falle nicht an. Abg. Strombeck( C.): Der Hinweis auf das fiskalische Preußen dagegen nur die günſtigen Seiten einer Zollerhöhung. Es ist doch 10 M. aus( hört! hört! links) und für einen Zoll auf frische Heringe unmöglich, den Heringen eine Zwangsroute vorzuschreiben( Heiter­fann uns nicht überzeugen; jedenfalls muß die Gerechtigkeit höher feit, so daß sie an unsere Stüfte in so genügender Anzahl konumen, und Sprotten. Herr v. Langen ist gewiß darüber orientiert, ob sich Unterstaatssekretär v. Aschenborn wendet sich gleichfalls gegen auf der See, die ihm gehört, und so wie wir uns bedenken würden, nahmen engagiert hatten, und er hat von dieser Altonaer Ver­wie wir sie brauchen können. Jedes Land hat eine bestimmte Zone die konservative Partei und der Bund der Landwirte für diese Maß­die Streichung der Bestimmung. Abg. Dr. Lieber( C.) beantragt, auch diesen Paragraphen an die Bone herholten, so bedanken sich die Schotten und Norweger dafür, wird für ihre Stellung zur Frage des Heringszolls.( Lebh. hört! wenn die Schotten und Norweger den Hering aus unserer sammlung eine Resolution annehmen lassen, worin der kon­servativen Partei und dem Bund der Landwirte gedankt Kommission zurückzuveriveisen. Dieser Antrag wird angenommen. Der Rest des Gesetzes Seringe gerade dort so massenhaft vor, wo wir nicht beikommen hört! links.) Wer solchen Dank anregt, der sollte die Sache nicht Konkurrieren könnten wir höchstens mit den Holländern. ablehnen, wenn sie unangenehm wird.( Heiterkeit links.) Heute will Wenn wir aber jetzt, um diese niederzukonkurrieren, den Zoll er feit.) Gegen die Darstellung des Regierungskommissars, daß die es feiner gewesen sein, der die Erhöhung befürwortet hat.( Heiter­höhen, so würde dadurch nicht etwa der holländische Fischer um seine holländische Stapital würde sofort mit seinen ganzen Einrichtungen, Flotte zu vermehren, so die Geestemünder Hochsee- und Herings­Gristenz gebracht werden. Nein, das Kapital ist sehr beweglich. Das Lage der Hochsee- Fischereien prefär fei, lege ich Verwahrung ein. Ein großer Teil dieser Gesellschaften ist damit beschäftigt, ihre ( Schr richtig! bei den Socialdemokraten) und wir würden nur eine feinem geschulten Berjonal, sich auf deutschen Boden niederlassenfischerei- Gesellschaft. tapitalisten erreichen.( Sehr richtig! bei den Socialdemokraten.) Niederkonkurrierung der kleinen deutschen Fischerei durch Groß­Die beiden vom Abg. Brömel angegebenen Gesellschaften haben mit Heringen nichts zu thun, sondern nur mit anderen Fischen. Die Also sehen wir auch hier wieder, daß von jeder Zollerhöhung Geestemünder Gesellschaft muß mit anderem Maße gemessen werden. das Großkapital den größten Nußen hat. Der Herr Regierungs­kommissar erzählte uns ja auch, daß die Aktiengesellschaften, deren Sie arbeitet mit eigens konstruierten Dampfern und großem Kapital. Aktien in den Händen der fleinen geute sind, nicht profperieren, Meine Bemerkungen bezogen sich auf die Gesellschaften, die nicht mit während die Großkapitalisten 15-16 Proz. Dividende geben. Auch großem Stapital arbeiten. das ist nur ein Beweis für die Uebermacht des Großkapitals.

als die Fiskalität stehen.( Bravo !)

wird debattelos angenommen.

Nach debatteloser Erledigung einiger Rechnungssachen folgen Wahlprüfungen.

anstandet.

erflärt.

Die Wahl des Abg. Schulze- Arnsberg( natl.) wird be Die Wahl des Abg. Christen Kassel( Rp.) wird für gültig Desgleichen die Wahlen der Abgg. Dr. Bödel( Ant.), Bauli( Rp.), Förster Sachsen( f.), v. Staudy( f.), Möller­Duisburg( natl.).

Dagegen wird die Wahl des Abg. Sieg( natl.)( 3. Marien­werder) beanstandet und nach Vorschlag der Wahlprüfungs- Stommiſſion Beweiserhebungen beschlossen. Es folgen Berichte der

Petitionskommiffion.

daß wir zu ihnen hinüber kommen. Nun kommen aber die

können.

Auch der Bund der Landwirte ist für diese Erhöhung des Zolles Verschiedene Petitionen betreffend Bereitstellung von Mitteln eingetreten, um sich im Besitz der gefährdeten Mandate in Pommern aus dem Reichs- Invalidenfonds zur Gewährung von Bei- 3 erhalten.( Widerspruch rechts.)" Nun so ein Fischer versteht ja hilfen an hilfsbedürftige Kriegsteilnehmer werden nicht viel von der Zollerhöhung, aber wenn man ihm sagt, daß sie gemäß dem Antrage der Kommission für erledigt erklärt. für ihn vorteilhaft sei, dann wird er es wohl glauben.

Die Petition betr. die Erhöhung des Zolles auf gesalzene Heringe beantragt die Petitionskommission dem Reichskanzler als Heringe beantragt die Petitionstommission dem Reichstanzler als

Material zu überweisen.

Abg. Dr. Hermes( frs. Vp.) beantragt, über diese Petition zur Tagesordnung überzugehen. Der Redner führt zur Begründung des Antrages aus: Der Zoll auf Heringe wäre eine durchaus verfehrte Maßregel, die mur die armen Konsumenten der Heringe belasten würde. Deutschland kann den Konsum an Salzheringen auch nicht entfernt decken. Er beläuft sich auf 1/2 Millionen Tonnen, wovon die deutsche Hochsee­fischerei nur 6 Proz. liefert.

Abg. Dr. Pachnicke( frs. Vg.):

Die Stellung der Regierung zu diesen Petitionen hat sich gegen früher verändert. Die Regierung steht nach den Erklärungen ihres Kommissars jetzt auf dem Standpunkt, die Angaben der Fischerei gesellschaft für zutreffend zu halten. Die Bedenken der Konjum belastung, die früher vorlagen, sind wesentlich abgeschwächt, während nach Ansicht der Regierung durch eine Erhöhung des Zolls die Lage der betreffenden Gesellschaften sich erheblich günstiger gestalten würde. Man sieht also, wohin gesteuert wird, und gerade diese Thatsache veranlaßt uns, dem Reichstag vorzuschlagen, durch llebergang zur Tagesordnung eine möglichst deutliche Antwort auf diese Forderungen zu geben.

Die Erhöhung des Zolls würde eben nur ein paar großen Attiengesellschaften zu gute fommen.( Sehr richtig! links.) Der Leid­tragende wird der Heringsesser sein und der Gewinner nicht der Heringsfischer. Der Reichstag hat also allen Anlaß, die Betenten nicht zu ermutigen. Ich bitte Sie, unseren Antrag auf Uebergang zur Tagesordnung anzunehmen.

Abg. von Waldow und Reihenstein( f.):

Schluß 6 Uhr.

Geh. Rat Hauß:

Abg. v. Kardorff( Np.) bestreitet nochmals, daß der Bund der Landwirte sich für den Heringsa zoll engagiert habe. Das fällt dem Bunde der Landwirte gar nicht ein. Die Diskussion wird hierauf geschlossen. Die Petition wird dem Antrag Nickert entsprechend durch Auch auf die Vorteile für die Landesverteidigung ist hingewiesen tebergang zur Tagesordnung erledigt.( Gegen den Förderung der Hochseefischerei für die Marine zur Verfügung semiten. worden, weil eine große Anzahl seebefahrener Mannschaften durch die Antrag Ridert stimmen nur einzelne Konservative und die Anti­Marinevorlage nicht leisten, als wenn man um ihretwillen nun auch gestellt würden. Nun, einen schlechteren Dienst fonnte man wohl der Hierauf vertagt sich das Haus. Nächste Sigung Mittwoch 2 Uhr.( Etat des Reichstags noch den Aermsten der Armen den Preis des Herings erhöhen will, und des Reichsamts des Innern, soweit Teile dieses und es ist nicht zu bestreiten, daß der Hering ein Nahrungsmittel Special Etats nicht der Budgetkommission zur Vorberatung über­gerade der Aermiten ist. Die Wohlhabenden benutzen ihr wohl wiesen find.) als Delikatesse, die ärmere Bevölkerung konsumiert ihn aber in Massen. Bei der geringsten Preissteigerung sinkt sofort der Konsum, da diese armen Leute eben genötigt find, mit Pfennigen zu rechnen. Wie empfindlich die armen Volksklassen gegen die kleinste Preiserhöhung auf diesem Gebiete sind, beweist die Statistit. 1896 tostete die Tonne schottischer Heringe 281/2 M., der Konsum betrug 3,6 Kilogramm auf den Kopf der Bevölkerung, 1897 stieg der Preis für die schottischen Heringe auf 38 M., jofort fant der Konsum auf 3,2 Stilogr., stieg aber sofort auf 3,8 Stilogr., als im Jahre 1898 der Preis wieder etwas fant. Die Detailisten verstehen es, jede Gelegenheit sofort zur Preissteigerung zu benutzen, und da nicht um einen halben Pfennig gesteigert werden kann, so erhöhen sie die Preise gleich um einen ganzen Pfennig. Es bedeutet also eine Schädigung großer und armer Voltskreise, wenn der Zoll auf Heringe erhöht wird. Das richtigste wäre eine völlige Beseitigung des Bolles. Jedenfalls stimmen wir für den Antrag Ridert auf Uebergang zur Tagesordnung.( Bravo ! links.) stellt in Abrede, daß die jetzigen Erklärungen der Regierung mit den Witwen- und Waisenversicherung für Fabritarbeiter und die Aus­Direttor im Reichs- Schazamt v. Fischer früheren in Widerspruch ständen.

Abg. Dr. Kruse( nat.)

Parlamentarisches.

Der Seniorenkonvent des Reichstags hat am Dienstag unter dem Vorsiz des Präsidenten über die Geschäftslage des Reichstages beraten und die Verhandlungsgegenstände für die nächste Zeit fest­gestellt. Zunächst soll die zweite Beratung des Etats, soweit derselbe nicht der Budgetkommission zur Vorberatung über­wiesen ist, in Angriff genommen werden.

Am Mittwoch soll der Etat des Reichskanzlers zur Diskussion gelangen, bei welcher Gelegenheit umfassende politische und agrarische Erörterungen erwartet werden.

Die Etatsberatung wird unterbrochen werden durch die erste Lesung der Gesetzentwürfe betr. die Konsular gerichtsbarkeit und die Patentanwälte. Ebenso sollen noch in dieser Woche die aus der Beratung des Invaliditäts- Versicherungsa Gefeßes noch rückständigen Resolutionen betreffend die

dehnung der reichsgeseglichen Krankenversicherung auf land- und Außerdem beabsichtigt der Präsident die restierenden Paragraphen forstwirtschaftliche Arbeiter und das Gesinde erledigt werden. der Gewerbe- Ordnungs- Novelle in dritter Beratung und die sogenannte Lex Heinze" in zweiter und dritter Lesung baldigst zur Verabschiedung zu bringen. Die Erfüllung dieser Abficht macht der Präsident jedoch von der Beschlußfähigkeit des Hauses abhängig und ersucht die Fraktionen, denen diese Gesetze besonders wichtig erscheinen, für ein beschlußfähiges Haus Sorge zu tragen.

auf der Tribüne schwer verständlich): Als Mediziner fann ich be­stätigen, daß der Hering ein gutes Nahrungsmittel namentlich für die Streise ist, denen fein Geflügel und Wild zur Verfügung steht.( Sehr Die Ausführungen des Herrn Kommissars in der Kommission richtig! links.) Wer das Voltsleben kennt, weiß, daß in vielen Ar­waren nicht so bedeutungslos, wie sie Herr Hermes hingestellt hat. beiterfamilien nicht etwa auf jeden Stopf ein Hering tommt, Wir empfehlen deshalb die Annahme des Kommissionsantrages. Die sondern ein Hering für die ganze Familie ausreichen muß. Betenten haben wohl das Recht, daß ihre Wünsche bei Aufstellung des( Sehr richtig! bei den Socialdemokraten.) Schon mit Rücksicht auf nenen Bolltarifs geprüft werden. Die Bedenken gegen eine die Konsumenten bin ich gegen Erhöhung des Heringszolls. Wenn die Zollerhöhung sind gewiß nicht von der Hand zu weisen, denn der bisherigen Heringsfischerei- Gesellschaften keinen Erfolg gehabt haben, Hering ist ein Voltsnahrungsmitttel. Es fragt sich nur, ob die fo liegt es zum Teil daran, daß sie nicht gut geleitet waren. Eine Bertenerung des einzelnen Herings wirklich so ins Gewicht fallen Emdener Gesellschaft z. B., die jest gut beleitet ist, konnte früher Plenarsizung mitteilte, hat der Reichskanzler erklärt, daß er in der Nachtrag. Wie der Präsident des Reichstages am Ende der kann. Wenn auf Grund der Petition die Neichsregierung zu einer nicht so hohe Dividende verteilen wie jetzt. Wenn kleine Gesell- Plenarsizung Vorlage kommen sollte, so würden wir sie vorurteilslos prüfen! Ich schaften start leiden, so bin ich nicht dafür, daß fie geopfert werden. heutigen Sizung nicht anwesend sein könne. Infolgedessen mußte stehe nicht an zu erklären, daß ich den gegenwärtigen Zeitpunkt nicht aber statt einer Erhöhung des Heringszolls ist es besser, wenn die Etat des Innern an die Stelle des Etats des Reichstanzler­die Disposition des Seniorenkonvents etwas abgeändert und der für geeignet halte, einer Erhöhung des Heringszolls zuzustimmen. Gesellschaften im einzelnen Falle unterstügt werden. Es fann feinem Aber ebenso wie die Konsumenten haben auch die Produzenten das Zweifel unterliegen, daß jede Erhöhung des Seringszolls nicht amts gesetzt werden. Recht, gehört zu werden.( Lachen links, Beifall rechts.) vom Zwischenhandel getragen, sondern von diesem auf die Konsu menten abgewälzt werden würde. Das können wir ihm nicht übel Die Aeußerung des Vorredners, daß er den gegenwärtigen nehmen. Wenn wir Heringshändler wären, würden wir es ebenso Zeitpunkt nicht für geeignet häit, den Heringszoll zu erhöhen, nimmt machen.( Heiterkeit und Beifall lints.) mich Wunder. Hat doch die Fraktion des Vorredners vor zwei

Abg. Rickert( Frf. Vg.):

Abg. Dr. Müller: Sagan( frf. Vp.): Jahren ausdrücklich einen dahingehenden Antrag gestellt. Nach Nach dieser Debatte bin ich nur darüber im Zweifel, von diesem Antrag sollte der Zoll auf 10 M. erhöht werden, eine sehr welcher Seite in der Kommission die Ueberweisung der Petition als

Gerichts- Beitung.

Das Reichsgericht und die Presse. Für die Behandlung von Preßbergehen enthält eine Entscheidung, die heute vom Reichsgerichte gefällt wurde, beachtenswerte Gesichtspunkte. Vom Landgericht Bochum ist am 2. August der Redacteur der Berg­und Hüttenarbeiter Beitung", unser Parteigenosse Otto