700

Die Seideninduftrie in Japan  .

Kleines feuilleton.

Astronomisches.

Zu den wichtigsten Zweigen der japanischen Industrie gehört Bekanntlich die Seidenraupenzucht und die Gewinnung und Ver­Die Zahl der Sterne. Obgleich durch das alte Volks. arbeitung der Seide selbst. Wie der Globus  ", einem in diesem lied Weißt du, wieviel Sternlein stehen an dem blauen Himmels.

Jahre vom Londoner Auswärtigen Amt veröffentlichten Konfular bericht über die japanische Rohseidenindustrie folgend, ausführt, selt?" doch wohl die Unmöglichkeit angedeutet wird, diese Frage begann der Export von Rohfeide aus Japan   mit dem Jahre 1859, jemals zu beantworten, haben es sich die Menschen nicht verdrießen d. h. bald nach dem erzwungenen Aufgeben der Abschließungspolitit. lassen, auch am Firmament immer wieder Zählungen zu beran­In jener Zeit verwüsteten Krankheiten die europäischen   Buchtaustalten, ſtalten. Allerdings behält das Volkslied insofern recht, als man so daß Japan  , das von ihnen verschont geblieben war, eine nicht daran denken kann, jeden einzelnen Stern zu zählen, wie es große Masse von Kartons mit Seidenraupeneiern nach dem Aus- in einem gutverwalteten Staat mit den Millionen von Einwohnern Lande, namentlich nach Frankreich   und Italien  , verkaufen konnte: bei einer Volkszählung geschieht. Vielmehr kann die Aufgabe nur 30 000 Kartons im Jahre 1863, 2500 000 Stüd im Jahre 1865. annähernd derart gelöst werden, daß man gewisse Felder am Nachdem man in Europa   der Krankheiten Herr geworden war, hörte Himmelsgewölbe auszählt und dann mit Multiplikationen arbeitet. dieser Export auf, und es blieb nur die Rohseide übrig, die aber Solche Versuche sind aber mehrfach unternommen worden. Man infolge von Mängeln in der Spinnereitechuit eine geringe Qualität darf sich aber nicht darüber wundern, daß die Ergebnisse recht ver­besaß. Der japanischen Regierung gelang es indessen, auch durch schieden ausgefallen sind. Die beiden neuesten Zählungen sind ein­mal von der Sternwarte in Groningen   von Professor Kapteyn und Einführung der europäischen   Methoden, diesem Uebelstande allmählich andererseits von der Harvard  - Sternwarte durch Professor Bidering Als Seidenproduzent steht Japan   heute an zweiter Stelle( hinter beranſtaltet worden. Die erste tam bis zur Sterngröße 14% auf China  ). Während 1876 seine Produktion erst 1359 780 Kilogramm Sterne. Die zweite gibt sehr abweichende Ziffern, hat allerdings 38 Millionen und bis zur Sterngröße 15% auf 98 Millionen betrug, wovon 870 720 Kilogramm ausgeführt wurden, belief sie sich 1906 auf 8 213 700 kilogramm, und davon gingen 6230 160 ilo- auch nicht so viel Sterne in Betracht gezogen. Nach der Harvard­gramm ins Ausland. Allein die Seide stellt dem Werte nach den Zählung würden nämlich bis zur Größe von 10% nicht ganz bierten Teil der gesamten japanischen Warenausfuhr dar. Die Ver- 7 Millionen und bis zur Größe von 13½ etwas mehr als 14% Mil­besserung der Spinnereien hat den Marktwert der Seide gehoben, lionen Sterne vorhanden sein. Der große Unterschied zwischen den und ebenso hat sich die Produktion der Kokons vermehrt infolge der Zählungsergebnissen deutet auf die erhebliche Unsicherheit hin, je­Ausbreitung der Seidenkultur über neue Teile des Landes und doch hat es den Anschein, als ob die Harvard  - Sternwarte besser einer dreimaligen Ernte im Jahre: im Frühling, Sommer und gezählt hat, denn nach der Feststellung von Burns im Observatory stimmen die Untersuchungen in Greenwich   damit besser überein, als Herbst. mit den Schäßungen des holländischen Astronomen. Medizinisches.

abzuhelfen.

Heute hat sich die Seidenraupenzucht so ziemlich über ganz Japan   ausgedehnt. Im Norden reicht sie bis nach Jesso. Aller­dings ist hier das Klima nicht so günstig, weil es das Wachstum Gin Volksmittel gegen Nasenbluten. In ber= bes Maulbeerbaumes verzögert und die Frühjahrsernte immer zweifelhaft macht. Die große Insel Nippon   ist der Hauptsiz der schiedenen Gegenden dienen talte Umschläge auf den Naden als Bucht. Im Süden ist es wieder anders. Das Land Voltsmittel gegen Nasenbluten, ohne daß bisher seitens der medizi eignet sich dort hervorragend für die Reiskultur, und wo nischen Wissenschaft ein häufiger Gebrauch von diesem Verfahren, diese größere Vorteile verspricht als die Seidenraupenzucht, die Blutung zu stillen, gemacht worden wäre. Professor Juras aus beschäftigt man sich mit der letzteren nicht. Die Aus- Lemberg lenit nun in der Münchener Medizinischen Wochenschrift dehnung der Bucht geht übrigens nur Langfem bor   fich, die Aufmerksamkeit auf dies einfache Hausmittel und beschreibt weil die Bäume viel Zeit brauchen, bis sie die genügende einen Fall Hartnädigen Nasenblutens, in dem es eigentlich ganz Menge von Blättern liefern, und weil auch die nötige Erfahrung in allein wirksame Hilfe zu bringen vermochte. Die Patient war ein der Behandlung der Raupen sich nicht so ohne weiteres einstellt. sechzigjähriger Mann mit Merkmalen einer Neigung zum Schlag­Den Maulbeerbaum pflanzt man in der Ebene, an den Fluß- fluß, der plötzlich, ohne vorher an Blutungen oder Wallungen nach ufern und auf den Hügeln. Seine Anpflanzungen bedeckten 1896 dem Stopfe gelitten zu haben, von unstillbarem Nasenbluten be­eine Fläche von 288 950 Hektar, 1906 eine solche von 364 740 Hektar. fallen wurde, so daß er sich veranlaßt sah, ärztliche Hilfe in An­Die bedeutendsten befinden sich in den Präfetturen Nagano  ( die ein spruch zu nehmen. Es gelang anfänglich durch Einlegen von Eisen­Sechstel der gesamten Ernte ergibt), Fufuschina, Gumba, Saitama  , chloridwatte Silfe zu schaffen, die jedoch nicht anhielt. Wohl aber Yamagata   und Yamanaschi. Am besten paßt sich der weiße Maulbeer erwies sich das von einem einfachen Bediensteten empfohlene Auf­baum( Morus alba) tem selima an, er wird deshalb auch am meisten legen eines in Giswasser getränkten Handtuchs auf den Naden als angepflanzt; der schwarze Maulbeerbaum( Morus nigra) hat viel wirksam. Der herbeigerufene Arzt nahm anfänglich davon keine geringere Verbreitung. Man zählt 500 bis 600 Arten des weißen Notiz und versuchte eine Reihe stillender Mittel, die jedoch nur Maulbeerbaumes in den verschiedenen Gegenden. Eine andere aus vorübergehenden Erfolg hatten, während die Kälteeinwirkung auf China   eingeführte Varietät ist sehr gesucht, weil ihre Blätter lange den Nacken sich bei den durch acht Lage stets wiederkehrenden An­ihre Feuchtigkeit behalten, was nicht ihren unmittelbaren Verbrauch fällen als das weitaus sicherste Mittel erwies. Es unterliegt nach dem Pflücken erforderlich macht. Die Tageslöhne für die Land- feinem Zweifel, daß die Kälteanwendung im Genid die Nasen­arbeiter schwankten von 1894 bis 1906 awischen 32 und 60 f. für schleimhaut zu beeinflussen bermag, indem sie eine Zusammen­die Männer und zwischen 20 und 52 Pf. für die Frauen. Die Frühziehung der Blutgefäße hervorruft. In Galizien   ist diese Be­jahrsernte an Kofons ist stets die ergebnisreichste; sie betrug 1906 handlungsart im Volt in einer ganz besonderen Form gebräuchlich. 63 Proz. der Jahresernte. 14 Proz. entfielen auf die Sommer- und Man legt dort dem von Nasenbluten Befallenen einen Bund kalter 23 Broz. auf die Herbsternte. Schlüssel auf den Nacken, was stets den gewünschten Erfolg haben soll. Aus dem Tierleben.

-

Die Spinnereien verteilen sich vornehmlich auf die Präfekturen Nagano( die den vierten Teil der japanischen Rohseide erzeugt), Gumba, Aichi  , Saitama  , Yamanashi   und Fukushima also auf Wandernde Fledermäufe. Die Wanderungen der Tiere die Gebiete, die auch die größten Maulbeerbaumpflanzungen be- beruhen auf verschiedenen Ursachen. Viele Fische, wie der Lachs, fizen. Die mechanischen Spinnereien gewannen 1906 5 240 250 Kilo- die Meerforelle, der Maifisch, die Maränen, der Stint wandern aus gramm Robicide, die in Nagano   allein ein Drittel davon. Die dem Salzwasser in das Süßwasser, um dort zu laichen, während Löhne der Fabrikarbeiter schwankten von 1894 bis 1906 zwischen der Aal zu demselben Zwede die See aufsucht. Manche Groß­28 und 52 Bf. pro Tag bei zehn- bis elfstündiger Arbeitszeit. fäugetiere, wie der Wapiti, mehrere afrikanische Antilopen und

Die Nohjeide wird von japanischen Kommissionären, die sich zu früher auch der Bison, wandern regelmäßig, weil sie beim Verweilen der Yokohama   Sanshi Bohelisho forporiert haben, aufgekauft und in derselben Gegend an Futtermangel zugrunde gehen würden. an die Exporteure in Yokohama   weiter verkauft. Yokohama   ist der plötzlicher Nahrungsmangel oder sehr früher Schneefall veranlaßt in einzige Seidenerporthafen. 1906/07 wurden 68 962 Ballen aus- unregelmäßigen Zwischenräumen nordische Vögel, wie den Seiden­geführt, davon 48469 nach den Vereinigten Staaten   von schwanz und Tannenhäher, südliche Gegenden aufzusuchen. Ganz Amerika   und 20 493 nach Europa  . Es wurden 1906, vie regelmäßig wandern, weil sie im Winter nicht genug Nahrung zu erwähnt, 6 230 160 Kilogramm ausgeführt, davon allein Hause finden, zahlreiche Bogelarten und kehren im Frühling wieder 4 407 060 Silogramm nach den Vereinigten Staaten  . Jm weiten zurück. Weniger bekannt ist es, daß auch einige Fledermäuſe Abstand folgten Frankreich   mit 1260 780 und Italien   mit 514 860 Kilogramm; in noch größerem Abstand Kanada   mit 44 280 regelmäßig wandern; so hat man mehrfach am hellen Tage im Frühherbste eine unserer größten Fledermäufe, die frühfliegende und England mit 1920 Kilogramm. Rußland   importierte 900 Stilo Fledermaus, ein verbreitetes deutsches Waldtier, in größeren Flügen gramm. Deutschland   kam für die Einfuhr japanischer Rohjeide so füdwärts ziehen sehen, und eine Zwergfledermaus, die sogenannte gut wie gar nicht in Betracht. Nach einem Bericht des österreichisch nordische. Dieses Tierchen, das in Skandinavien  , Nordrußland und ungarischen Konsulats in Yokohama   importierte Deutschland   1906 Sibirien   lebt, rüdt erst im August in die nördlichsten Teile seines feine japanische   Rohfeide, 1907 solche im Werte von 56 188 Yen, Verbreitungsgebietes ein, wahrscheinlich, weil ihm die hellen Juni 1908 wieder nur für 5778 Ven. Dagegen gingen vom Gesamtegport und Julinächte in den höheren Breiten nicht zusagen. Im Herbste bon 1908 im Werte von über 108 Millionen Yen nach derselben kehrt es wieder zurüd und durchmißt dabei eine Strecke von zehn Quelle für 81,5 Millioner Yen allein nach den Vereinigten Staaten  . Breitengraden. Außer dem Renntier ist kein landbewohnendes Säugetier bekannt, das so weite Wanderungen unternimmt.

Berantwortl. Redakteur: Emil Unger, Berlin.- Drud u. Verlag: Vorwärts Buchdruderei u.Berlagsanstalt Paul Singer& Co..Berlin   SW.