Gelbst nW föifsenS Kozu. trat er von nenem tn die Felle, sah von neuem zwei Schatten an Stelle der Augen, schritt hinaus, horchte auf das Einschnappen der Tür und lächelte. Also Du meinst ins Lazarett?" fragte der Arzt den Feldscher.Man wird es dem Direktor sagen müssen." Am Ausgang stand eine lange Reihe Gefangener, die zur Untersuchung gekommen waren. Der Arzt wußte, daß viele von ihnen gekommen waren, nur um das AttestKrank  " zu erhalten, um einen Tag das Bett von der Wand schrauben und schlafen zu können. Das wußte er und verweigerte das Attest nie.,-. Die Reihe stand und wartete. Einige hatten sich entkleidet, die Kittel und die Hemden ausgezogen. Der Arzt setzte sich, schlug das Krankenbuch auf, erhob sich And klappte es wieder zu. Zieht Euch anl" sagte er, zum Ausgang gehend.Ich wuß fort, ich komme bald wieder. Die Riegel des Gefängnistores kreischten, die Schlüssel knarrten, der Feldscher   rief die Namen auf und dem Arzt war es, als bebe seine Stimme 5.'' Lieber Doktor.-., So früh? Ich bin eben erst aufge- standen. Bis zwei Uhr habe ich entwickelt.-.." Der das sprach, war der Direktor des Gefängnisses, ein kleiner Mann, dick und glattrasiert, ein emsiger Amateur- iphotograph. Er stand mitten im Zimmer und streckte dem Arzt die Hände entgegen. Trinken Sie mit mir Kaffee! Wieso so früh? Guten Tag!" Der Arzt setzte sich, wollte sprechen, begann aber statt dessen die Nase zu reiben. Das schien unnütz und lächerlich, seine Brillengläser blitzten und man konnte knapp die Augen unterscheiden Ich bin der Meinung-.- wir müssen.-." begann der Arzt.Müssen ihn ins Lazarett... keine Pflege und ein» geschlossen! Verstehen Sie? Eingeschlossen!" Ich verstehe nicht. Von wem sprechen Sie?" Sie wissen doch,,- Nummer 201. Ich kann ihn unmöglich herstellen..- Der Arzt lachte auf. Er lachte nur mit den Lippen und den Brauen. Ich bin ein Ignorant..., Was bin ich für ein Arzt?! Hier ist größte Umsicht nötig.«,. Er muß in eine Klinik oder ins Lazarett!" Hm... daß ich Sie nicht verstehen kann! Wer mutz in die Klinik? Ah, so.-. der na, was ist er da,." Der Arzt lachte wiederum und wiegte den Kopf. Das weiß ich nicht. Das geht mich nichts an. Für mich ist er ein Kranker. Meine Sache ist, ihn wieder herzu- stellen." Wiederherstellen? Nun ja." Wiederherstellen-?" Der Hauptmann wischte sich die Lippen und lächelte sanft:Wie ein Student. Ein junger Student..,." Er legte die Hand auf die des Arztes. lächelte wieder und sah ihm in die Augen. Ein Hofrat   und dabei ein Student! Sie müßten selbst wiederhergestellt werden, wirklich,, Er lachte fröh- sich aus. Was lachen Sie denn?" schrie der Doktor plötzlich und errötete.Habe ich eine Dummheit gesagt? Ich sage, wir brauchen einen Chirurgen. Wir sollen uns um die Ge- sangenen kümmern... Und wenn-- Lieber Doktor, regen Sie sich nicht auf. Gewiß sollen wir das. Und ich lache ja nicht über Sie, sondern einfach... Kommen Sie mit ins Arbeitszimmer, da wird es sich finden." Sie traten in das andere Zimmer, dessen Wände ganz mit Photographien behängt waren. Dort fegte der Bursche die Diele. Der Hauptmaim kramte auf dem Tisch, öffnete die Schubfächer, schloß sie wieder und wurde finster. Wo ist es hingekommen?" murmelte er.Andrei, hast Du daS Schriftstück nicht gesehen?" Ich weiß nicht... In Sachen des?*_ Ja, natürlich." Ich habe es Ihnen gegeben.''> Dann hätte ich es doch." Sie waren im Laboratorium, als Man es brachte.-. Ich schob es Ihnen durch die Tür, um das Negativ nicht zu verderben.. Richtig! besann sich der HaupsmaM.'Laus und jfc! es her! Nur vorsichtig mit den Platten-. Der Bursche ging. Der Hauptmann lächelte behäbig und seine Stimme klang sanft und heiter: Sogleich, mein Lieber, werden wir es lesen und alles wird gut sein. Dann werden wir nicht mehr streiten." Der Bursche brachte einen Wisch Papier. Ueber die ganze Fläche zog sich ein schmutziger Streifen, die Ecken waren zer-! knüllt und verbogen. Ach." sagte der Hauptmann, als wolle er vor Kummer weinen,es ist also richtig mit dem Entwickler begossen! Daß man mir nie wieder Papiere ins Laboratorium bringt! Weiß der Teufel! Immer zur verkehrten Zeit.., Wer ist hastbar« wenn Sie verloren gchen? Ich? Hinaus!" Er glättete das Papier, seufzte und winkte den Arzt heran« Lesen Sie. aber aufmerksam!" Der Arzt überflog das Papier, seine Hände erzitterten und vor die Augen traten wiederum rote Schatten. Er be- trachtete den Wisch, drehte ihn in den Händen, starrte auf die flüchtigen Unterschriften mit und ohne Schnörkel das zer­knüllte Papier aber war stärker als er. Es nahm ihm die Kraft. Werden wir uns noch streiten?" Der Arzt flüsterte irgend etwas, der Hauptmann winkte ab und im Zimmer ward es still, seltsam still. Also ist morgen das Gericht?" Wie Sie sehen!" Ihn richten? Morgen?'' So ist's befohlen!" Der Hauptmann zuckte die Achfelm Feldgericht..." Wenn nun aber" Der Arzt trat dicht an den Hauptmann heran und sah ihm in die Äugen.... Wenn er nun morgen.,. stirbt? Werden Sie ihn dann auch richten?" Der Hauptmann wandte sich ab. Er sah zur Decke, der- suchte zu lächeln, zog aber nur die Brauen zusammen. Entschuldigen Sie... Ich richte überhaupt nie, manden. Ich führe nur Befehle aus.". (Fortsetzung folgt.) Lyrifchc Bücher, L Wenn man über ein Gebinde neuer lyrischer Bücher, die kritisch durchmustert sein wollen. Hinschaut und auf den Namen Liliencron  stützt, so greift man zu und nimmt den Band heraus, und wenn man mich weiß, daß er schon seit Jahr und Tag auf den Bücher- tischen liegt und daß man ihn auch schon kennt wie den besten Freund, also vermeintlich Blatt um Blatt. Aber es gibt Wege, die man hundertmal gegangen ist und noch viele Male wieder gehen wird, immer wenn Gelegenheit und Möglichkeit fich findet.»Täglich nach der ersten Arbeit mach ich meinen Feldspaziergang" ja, dieser Band Ausgewählte Gedichte von Lilieneron, das ist auch so ein Feld zu täglichem Spazierengehen, wo die wunderlichsten GelegenheitSfreuden vom Wegs aufzulesen sind. Und Freuden find doch waS verteufelt Ernstes. Wir find doch geboren, auf datz wir kosten sollen, waS da? Leben an Schönheit bereit hält. Und ohne die Kraft zur Freude läßt fich nur mit halber Kraft kämpfen, wo das Leben knausert. Ader das ist es gerade: Freude lernt fich bei Liliencron  . er ist ein umgriinter und umblühter Auslug in alles Herrliche, das sich der Wirklichkeit abfehuen, abträmnen und abgewinnen läßt. Sein Dichter wirkt als kernig draufgehender Erzieher, es ist ohne fade Umwege, von zopfiger Aengstlichkeit lebt da nichts, es weckt gesteigertes Lebens» gefühl, weckt die Krnist, den Augenblick frisch zu ergreifen und immer im Genießen stark zu bleiben und zu er- starken. Sein Genießen zeugt kein Ermatten, sondern steigert Willenskraft und Empfänglichkeit für das Lebenswerk. Und wie fein Dichten selber nicht nur auS Erlebtem, sondern auch aus dem Er­sehnen heraus aufquoll, so kann es nun bei denen, die Gedichte recht aufzusaugen verstehen, auch das wichtigste innere Bedürfnis des Lebens großziehen: die Kulwrkust des GenießenwollenS. SBcil'S nun von den Ausgewählten Gedichten Liliencrons eine B o l k S- a u S g a b e gibt, die nur 2 M. kostet(Schuster u. Loeffler, Berlins  , so ist der Weg immerhin für große neue Scharen gangbar geworden, die auf frischem Feldspaziergang einmal recht aufatmen möchten. Daß Liliencron   stch zu dieser Volksausgabe entschloß, das gehört zu seinem Charakterbilde. Auch der deutsche Arbeiter wird's ihm von Jahr zu Jahr mehr danken. Zwiefach begnadet war Liliencron  : DaS schauende Erleben war ihm reich gegeben und dazu die Kunst, das Eflchaute dichterisch so nachzugestalten, daß wir fühlen löunen, wie sein Erlebnis als