der Bethen war hte tnmge Verständigung zweier vernünftigerMenschen. Vertraulich verkehrten sie miteinander, als obes gar nicht anders sein könnte. Man konnte glauben, esseien Freunde auf Handschlag. Eben weil ihre gegenseitigenBeziehungen mehr einer aufrichtigen Freundschaft glichen,fühlten beide, daß ihr Bund für die Dauer sein würde. Inzwei Jahren regen geistigen Verkehrs wurden sie ganz eins.Eine tiefbegründete, gegenseitige Achtung hob die Reinheitihres Wollens.Wie ein widerlicher Landregen nach langem hellenSonnenschein erschien ihnen die Aushebung Volters zumMilitär. Einem spaltenden Keil ähnlich, wollte sich diePflicht gegen den Staat zwischen sie drängen, doch die Auf-richtigkeit ihrer Gesinnung, die Erfahrungen der vergangenenZeit, ließen sie der Zukunft furchtlos entgegen sehen.Die Zeit bis zur Abreise Volters in seine Garnisonverging schnell in Vorbereitung für deit Militärdienst. JedeMinute war den beiden Menschen heilig, die sie noch bei-sammen sein konnten. Es war rührend, in welch liebevollerWeise Grete ihren Trennungsschmerz ihm gegenüber als leichterträglich hinzustellen suchte. Sie hatte so felsenfestes Ver-trauen auf seine Energie und Anpassungsfähigkeit, daß sieseiner Dienstzeit nicht zu ängstlich entgegensah.Der Tag des Scheidens war da.Seinen kleinen Soldatenkoffer in der Hand erwarteteVolter mit seiner Braut auf dem Bahnhofe die Abfahrt desZuges. Sie hatten sich nichts mehr zu sagen. Schweigendsaßen sie im Wartesaal nebeneinander. Die Bahnhofsräumefüllten sich mit Rekruten, die wohlgemut lärmend auf denMoment warteten, wo der Zug sie aufnahm. Finster sah sichVolter die zusammengewürfelte Gesellschaft an, mit der eralso zwei Jahre fürlieb nehmen sollte. In den Augen feinerBraut, die wohl Volters Gedanken auf seinem Gesicht las,glänzten zwei große Tränen.Das Zeichen zur Abfahrt schreckte beide auf.Volter konnte, aus dem Coupäfenster blickend, beimDavonrollen des Zuges noch lange die ihm so vertrauteGestalt sehen, wie sie langsam seinen Augen entschwand.Was wurde auf der Fahrt von seinen Reisegefährtenfür Allotria getrieben! Gesungen und geschrien, daß manfein eignes Wort kaum verstand.Jeder hatte ein kleines Köfferchen oder Kistchen bei sich,das vollgepackt war mit Wäsche, Eßwaren und notwendigenKleinigkeiten. Gefüllte Schnapsflaschen machten die Runde.Alles war in ausgelassenster Stimmung.Einzelne vom Bier und Branntwein schon heiser ge-wordene Stimmen fingen an zu singen, und die meistenanderen wurden durch den Strudel mitgerissen und stimmtenmit ein.„Siegreich woll'n wir Frankreich schlagen,Sterben wie ein tapfrer He— e— 4b!Siegreich———"Sobald der Zug irgendwo hielt, wurden die Mützen undHüte zum Fenster hinausgeschwenkt und jeder angerufen undbegrüßt, als bedeute das Ganze eine feuchtfröhliche Sonn-tagsfahrt.(Fortsetzung folgt.)lNachdruck verboten.)31 Der Hrzt.')Von N. F a l e j e w. Deutsch von Werner Peter Larsen.(Schluß.)Der Feldscher stürzte instinktiv dem Arzt nach, der in derRichtung des Klopfens davon lief. Die Füße versanken imSchnee, der Wind heulte.„Sieh! Da ist er!"Ein Lächeln glitt um des Arztes Lippen. Er bliebstehen und streckte die Hand aus.„Siehst Du! Zu zweien... Siehst Du nicht denStiernacken? Die Laterne schaukelt und sie klopfen...,klopfen-.Vor ihnen schwankte ein gelber Fleck auf dem Schnee.Zwei Menschen eilten ab und zu. ein Gerüst dunkelte, mansah zwei eingerammte Balken— alles, was darüber war, aberperschwamm im Dunkel des Himmels.„Das..., das ist er>..."') Am t0./23. Sepien, bei b. I. gelangte da? Kreisschwnrgerichtzu Kiew in Sacken des Angeklagten Horn, der durch Zustibrungvon Gift den Tod der zum Tode verurteilten VolksschullchrerinPrissjashnjukowa herbeweführt harte, nach knapp ininuten-langer Beratung zu einem eüunu�grn Freispruch. Der llebers.«11.Der Arzt stöhnte auf und wandte sich jäh untWieder schritten sie auf das Gefängnis zu. Die Türwurde aufgetan und wieder verriegelt. Der diensttuendeAufseher begleitete sie mit einem unwilligen Blick denKorridor entlang.Vor der Zelle stand die Wache. Sie versperrte denEingang.._„Es ist untersagt," wehrte sie ehrerbietig ab.„Es istuntersagt, jemanden einzulassenl"„Was? Mich auch?!"Der Arzt stöhnte auf. Dann aber begann er zu schimpfen.Er schimpfte laut und grob, seine Worte hallten zornigdurch die Gänge.Man schloß lange an der Tür: als man sie endlich öffnete,schwiegen alle beklommen.In der Zelle lauerte jemand. Man sah ihn nicht, aberer war dar. schaute aus den Ecken— als Dunkel, aus demFenster— als schwarzes Auge, vom Bett— als grauesKissen. Er machte das Herz erbeben, benahm den Atem,erstickte die Stimme.Alle schwiegen. Als jedoch von dem schmutzigen Kissenein leiser Seufzer drang, sahen sie sich an.„Nimm den Verband ab!" flüsterte der Arzt.„Wozu denn?"Der Feldscher sah ihn dreist an.„Er hat doch nicht mehr lange,, S'„Den Verband ab!"Die Stimme durchschnitt scharf die Luft. Der Feldscherfaßte unschlüssig die Decke.„Wozu? Wozu denn noch?"Er blickte gequält zu dem Arzt hinüber, als erwarte er,dieser werde den Befehl widerrufen. Der Arzt aber standruhig da und wartete.„Nimm ihn ab!" flüsterte er.„Nun, so nimm ihn dochab... Auf was wartest Du?! So.... so-. so...Ganz ab soll er.... daß die Wunden freiliegen..„Er stöhnt! Es schmerzt ihn..."„Ganz gleich... Ich muß sie sehen. Ich bin Arzt, ichkann nicht zulassen-.. Noch mehr ab-.. Ich habe diePflicht! So... so..."Die Binde hing herab. Man sah das Fleisch, sah einezerfetzte Hand.„Herr Doktor, ich kann nicht... Wozu ihn noch quälen?Er stöhnt doch so..."„Still! Hilf den Kopf abheben! Ich will auch denHals sehen... Nun—?I"Der Feldscher-nahm zitternd den Kopf des Kranken, hobihn an— und die Folge war ein Stöhnen.„Es schmerzt ihn!"„Halt... hall... So!"Das Stöhnen wuchs, die Zelle war erfüllt von leisemWimmern, in der Ecke kicherte jemand. Der Arzt hielt denKranken an sich gedrückt und entblößte den Hals.„Er ist nicht da!"Der Arzt schrie auf und schleuderte den Verband von sich.„Der Brand ist nicht da! Warum lügst Du?!"Der Feldscher sah schuldbewußt auf das Bett, auf dieFlecken im Gesicht des Kranken.„Nicht da... nicht da..."Er starrte vor sich hin, in seinen Ohren dröhnte einfernes Hämmern, er sah starr die Laterne blinken, den Tanzder Flocken...„Sie bauen, sie hämmern... Und er ist nicht da!"Er stürzte sich auf den Feldscher:„Wo sind die Binden? Die frischen Binden? Hol sieher!"Der Feldscher verschwand, um die Binden zu holen, dieWache trat hinter die Tür. Der Arzt sah sich um, hocktenieder, zog etwas aus der Tasche und begann im Halbdunkeleifrig in den Wunden zu stochern...Das Stöhnen ward lauter. Alles verstummte nebenihm. Es wogte auf und nieder, durch Zellen und Gänge, alswolle es das ganze Haus wecken.Die Wache räusperte sich und zog die Tür zu.Der Arzt hockte noch immer neben dem Kranken undstocherte. Als er sich erhob, waren sein Gesicht und seineHände blutig, selbst über seinen Hals liefen Streifen Blutes.Er aber lächelte. Der Kranke wurde stiller, das Stöhnenverstummte. Und je leiser es klang, um so glücklicher wurdesein Lächeln.