•' ffttc mußten TflcFfeh. Der Anblick GreZksers war auchzu komisch. In seinem Anzug waren so verschiedenartig aus-sehende Flecke eingesetzt, daß der ursprüngliche Grundstosfkaum noch sestzustellen war.Plötzlich verstummten alle und lauschten. Vom Flurhatten sie undeutlich einen lauten Ruf gehört.Gleich darauf kam der Gefreite und rief:„Geh maleiner hinaus mit dem Esiblechl Gehen Sie" deutete er aufMietzschke.„Stellen Sie sich draußen neben den anderenhin. Sie werden dann schon sehen, wo es hingeht." Eiligstführte Mietzschke den Befehl aus.„Und Ihr anderen langt Euch Eure Flinten aus denSpinden und wartet. Sobald draußen im Flur„Essenholen" gerufen wird, stellt Ihr Euch draußen mit denFlinten in der Hand in zwei Reihen auf."Volter war unendlich weh zumute. Mit Widerwillenbetrachtete er feine Umgebung. Hier sollst du also zweiJahre verbringen! Dieser Gedanke quälte ihn und kam ihmnicht aus dem Kopf. Ein ungewisses Angstgefühl schnürteihm fast die Kehle zu. Wie er mit seinen beiden Eßschüsselnunter dem Arme auf dem Flur in der langen Reihe derMannschaften stand, empfand er so recht das drückende Be-wußtsein, der Masse anzugehören, wo es keinen Unterschiedgab. Wie die Masche eines großen Netzes fühlte er sich, dasjede Bewegung im kleinen spürt, die das gesamte Netz imganzen erfährt.(Fortsetzung folgt.)k)ansDer siebzigste Geburtstag, den Meister Thoma heute begeht,gibt der bürgerlichen Presse Gelegenheit, in überschwenglichen Jubel-anikeln einen Künstler zu feiern, von dem sie, als er in der Blüteseiner Jahre und seines Schassens stand, kaum Notiz genommenbat, und den sie, als er sich nicht totschweigen ließ, auf alle mög-liche Weise in den Augen der Spießer zu diskreditieren und zu der-unglimpfen suchte. Die bürgerliche Presse hat dem vortrefflichenThoma beide Male Unrecht getan. Sowohl damals, als sie ihn alsden„Begründer der sozialdemokratischen Malerei" verhöhnte, wieauch jetzt, da sie ihn als überragendes Genie, als Führer und Leit-stern der deutschen Kunst preist. Vor zwanzig Jahren, also zu einerZeit, wo theatralischer Bombast und gespreizte Unnatur die deutscheLandschafts- und Genremalerei beherrschten, wurde der damalige„Einsiedler von Frankfurt" plötzlich entdeckt. Die natürliche, un-gekünstelte Einfall und schlichte poetische Innigkeit seiner Zeichnungenund Gemälde wirkten wohltuend auf die überreizten und übersättigtenNerven. Mit vollen Backen pries man den braven und tüchtigen Meisterals ein malerisches Phänomen und stellte ihn geschwind den Größten alsebenbürtig zur Seite. Die löbliche Abficht, früheres Unrecht gut zumachen, mag dabei mitgewirkt haben: jedenfalls schoß man jetzt nachder einen Seite ebenso weit über's. Ziel hinaus, wie vordem nachder anderen. Und dabei ist es geblieben. Die Wertschätzung, dieThoma gegenwärtig beim Gros der deutschen Kritiker und in denKreisen des kunstinteressierten Publikums genießt, kann einer un-befangenen Prüfung nicht standhalten. Er ist ein Mann von eigen-artigem, ganz persönlichem Naturempfinden. der künstlerisch aufseinen eigenen Beinen steht und mit seinen eigenen gesunden Augenin die Welt blickt. Nichts Erborgtes und nichts Gekünsteltes haftetihm an. Er verachtet die Schminke und die Pose, zeigt sich, wie er*) Zum 70. Geburtstage Thomas find eine Reihe Kunstbüchererschienen. Von früheren Darbietungen ist an die von der FreienLeHrervereinigung für Kunstpflege, Berlin, herausgegebenen Kunst-gaben zu erinnern, die zwei Thoma-Hefte enthalten.(Verlagvon Jos. Scholz in Mainz. Preis jedes Heftes 1 M.) Das eineHest gibt 16 gutreproduzierte Blätter auS Thomas gesamten SchaffentGcmälde, Lithographien, Zeichnungen), das andere, das wir be-sonders empfehlen, enthält 15 der besten Landschaftsbilder. Imgleichen Verlage kam als Festgabe„Hans Thoma und seineWeggenossen" heraus(Preis 2 M.), 80 Bilder nach denWerken Thomas(von ihm aber nur zwei) und ver-wandter Künstler, zu denen der Herausgeber W. Kotzdeu. a. Böcklin, Leibi, Steinhausen, Lugo und Haider rechnet.Mit einer prächtigen Thoma- Mappe in Folioformat stellte-sichder Kunstwart ein.(Verlag G. D. Callwey in München, Preis10 M.) In der Mappe sind in meisterhafter, höchst sorgfältigerWiedergabe sechs farbige und mehr als zwanzig einfarbige Bilder(auf Karton) vereinigt. Die schönen großen Bilder eignen sich auchals Wandschmuck. Avenarius würdigt in einem besonders reichhaltigillustrierten Texte den Menschen und Maler Thoma.— Thomaselbst hat seine Lebenserinnerungen, die auch Betrachtungen, Reden,Artikel daneben enthalten, unter dem Titel„Im Herb st desLebens", im Verlag der»Süddeutschen Monatshefte'(München)gesammelt. Die Red.ist, und gibt nur, was ihm gehört. Er ist ein grundehrlicher,prächtiger Kerl, ein selbständig Schaffender auf bescheidenem undbeschränktem Gebiete, aber durchaus kein Wegbahner zu neuenkünstlerischen Zielen, weder ein Umstürzler noch ein allumfassendesGenie.Als Bauerssohn wurde Hans Thoma zu Bernau im badischenSchwarzwald geboren. Nachdem er die Volksschule besucht hatte,gab man ihn in Basel erst zu einem Lithographen, dann zu einemStubenmaler in die Lehre. Nach dem Tode seines Vaterskehrte der Siebzehnjährige in die Heimat zurück, um derMutter in der Landwirtschaft behilflich zu sein. Nebenbei besuchte erdie neu gegründete Zcichenschule in Bernau, wo der Lehrer auf seinTalent ausinerksam wurde. Er überredete Frau Thoma, ihren Sohn zueinem Uhrenichildmaler nach Furtwangen zu geben. Aber das Lehr-geld war auf die Dauer nicht zu erschwingen, und so mußte Hanswieder zurück ins Elteruhaus, wo er in der Wirtschast tätig warund nebenbei als Maler von Landschaften und Porträts einen kleinenNebenverdienst hatte. Einige an die Karlsruher Kunstakademie ein-gesandte Probearbeiten gefielen dem dortigen Direktor Schirmer sogut, daß dieser ihm— es war im Jahre 1859— beim badischenGroßherzog ein Stipendium zum Besuch der Schule verschaffte. Dadie landeS väterliche Unterstützung aber recht kärglich bemessen war,so konnte Thoma meistens nur einen Teil des Lehrjahres in Karls-ruhe zubringen und mußte die andere Zeit in Bernau fitzen, wo erauf eigene Faust malerische Studien trieb. Diesem Umstand mages mit zu verdanken sein, daß der jmrge Kunstbeflissene vom aka-demischen Drill verhältnismäßig wenig beeinflußt wurde und sichseine individuelle Eigenart erhalten konnte. Nach dem Todeseines Gönners Schirmer begab sich Thoma nach Düffel-darf, wo er vom Verkauf seiner Arbeiten notdürftiglebte und durch große Sparsamkeit schließlich noch soviel erübrigte, um im Mai 1868 eine Reise nach Paris unternehmenzu können. Die paar Wochen, die er am Seinestrand zubrachte,gaben seinem bisher noch wenig zielbewußten Streben Halt undRichtung. In den Werken der großen modernen französischen Maler,namentlich Courbets und Manets, lernte er eine Kunst kennen, dieallen akademischen Anschauungen widersprach, und ihm ging die Er-kenntnis auf, daß die Lehre von den ewigen Schönheitsbegriffen undSchönheitsgesetzen nichts weiter als eine konventionelle Lüge sei,daß vielmehr jeder wahrhaft schöpferische Künstler sein eigene?persönliches Schönheitsideal sich bilden müsse. Die von Manet begründete impressionistische Freilichtmalerei erkannte er in ihrerganzen revolutionierenden Bedeutung. Thoma, nicht Liebermann,ist es gewesen, der schon damals den großen Franzosen für diedeutsche Kunst entdeckt hat. Den tiefsten und nachhaltigsten Eindruckaber machte auf ihn der strenge, schlichte und großzügige RealismusCourbets, deffen monumentale Naturauffasiung und suggestive,technische AuSdnickSmittel er sich anzueignen suchte. Nach Bernau heim-gekehrt, malte er einen Sommer lang in Courbets Manier Bilder großenFormats: Bauersleute, Kinder, Landschaften. Tiere; alles unmittelbarnach der Natur, in flotter und energischer Pinselflihnmg und in dengedämpften dunklen Tönen des französischen Meisters. Die Gemäldewurden in Karlsruhe ausgestellt und brachten ihrem Schöpfer eineneklatanten Mißerfolg. Die Kritik hatte kein Auge für die reinkünstlerischen Qualitäten dieser Arbeiten, sie hielt sich an die un-gewohnten Stoffe und die neuartige Auffassung. Die Leute, die anden süßlichen und kleinlichen Gcnrekitsch der Düffeldorser Schule ge-wöhnt waren, erklärten einen Künstler für albern und bizarr, derBauern und ländliche Proletarier zum Gegenstande ernster,monumentaler Gemälde machen wollte. Damals entstand für Thomadie törichte Bezeichnung„Begründer der sozialdemokratischen Malerei".Man nannte ihn einen Sozialdemokraten, weil er in deir schlichtenLeuten des Volkes nicht kostümierte MaSkenpuppen oder drolligeHanswürste, sondern einfache Menschen sah. Die empörten Mir-glieder des Karlsruher Künstvereins machten eine Eingabean den Vorstand und verlangten, daß dem Künstler daSAusstellen von Bildern ein für allemal verboten werdensollte.„Der Kunstichulprofesior'— erzählt Thoma—„der mir dieSmitteilte, war sehr erregt, sagte auch, daß dieS beim Vorstandnatürlich nicht durchgegangen wäre, ennahnte mich aber, daß ich dochauf die Stimme des Publikums zu achten hätte, und daß ich doch somalen sollte, wie gebildete Menschen es verlangten; bei meinemgroßen Talent müsse mir dies auch nicht schwerfallen." Und Thomaließ sich einschüchtern. Er lenkte ein, suchte seine Arbeiten gefälligerzu machen, änderte, übermalte nnd zerstörte vieles.Mit dem Karlsruher Mißerfolg schließt die erste Enttoicklungs-Periode Thomas. Im Herbst 1870 fiedelte er nach München über,wo er in dem um Leibi sich scharenden Künstlerkreise, zu dem unteranderen Vittor Müller. Steinhausen, Haider und Trübner gehörten.mannigfache Anregungen und volles Verständnis fand. Das großePublikum wollte freilich auch hier nichts von ihm wissen und dieKritik nahm keine Notiz von ihm. Thoma„malte für sich" nndentwickelte ungestört seine Eigenart. Neben dem Zuspruchder Freunde waren es vor allein die alten deutschen MeisterDürer, Cranach, Sckonpauer, Altdorfer, die auf seine Schaffensarteinwirkten. Er fand jetzt seine eigene künstlerische Hand-schrift, der er zeitlebens treu geblieben ist und die auch durch eineReis« nach Italien— im Jahre 1874— nicht modifiziert wurde.Seine Individualität war bereits so gefestigt, daß jene Eindrücke,die so manchem deutschen Künstler das Rückgrat gebrochen haben.ihn nicht mehr überwältigen konnten. Er selber urteilte über das