MZMlt ha?, als«wch zum Nahrurtgsfcmz. Bei höheren Tieren, speziell beim Menschen, finden sich Flimmerzellen auf gewissen Schleimhäuten namentlich der Atmungs- und Geschlechtsorgane. Die Flimmerbewegnng Pflanzt sich wellenförmig von einer Zelle zur anderen immer in derselben Richtung fort und ist nicht un- passend mit der Bewegung eines Kornfeldes verglichen worden, dessen Halme vom Winde nacheinander nach derselben Seite ge- beugt werden. Die flimmernden Zellen der Schleimhäute der Luft- röhre und ihrer Verzweigungen, die bis tief in die Lungen hinein- führen, der sogenannten Bronchien, dienen dem Zweck, Fremd- iörper, wie Staub und Nutz, ferner Schleim aus der Lunge durch die Luftröhre und den Nasenrachenraum nach aussen zu befördern. Deshalb bewegen sich die Flimmerhaare des gesamten Atmungs- kanals in dieser Richtung, also von innen nach aussen. Auch der Eileiter der weiblichen Individuen, der die Verbindung zwischen Eierstock und Gebärmutter herstellt, ist mit Flimmerhaaren bedeckt, welche in der Richtung nach der Gebärmutter zu, also nach aussen bewegt werden. Hier dwnt die Flimmerbcwcgung dazu, das Weib- liche Ei, nachdem es sich aus dem Eierstock gelöst hat, durch den Ei- leiter hindurch bis zur Gebärmutter zu treiben. An einer Stelle der letzteren setzt es sich fest, um sich entweder, falls es befruchtet worden ist, zum Embryo zu entwickeln, oder sich im anderen Falle allmählich wieder zurückzubilden. Man sieht also, dass die Flim- merbewegung auch im Organismus der höheren Tiere eine recht bedeutende. Rolle spielt. Es ist das Verdienst des vor kurzem ver- storbenen Berliner Physiologen Wilhelm E n g e l m a n n, die Flimmerbcwegung genauer studiert zu haben. Von ihm rührt auch die sogenannte Flimmermühle her, eine Vorrichtung, mit der sich die Kraft des Flimmerschlagcs messen lässt. Engelmann hat auch die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Flimmerbcwegung gemessen und zu mindestens 0>S mm in der Sekunde oder 3 cm in der Mi- nute berechnet. Es ist dies eine recht bemerkenswerte Geschwindig- Zeit, wenn man bedenkt, dass es sich um winzige, nur mit schärfster Vergrösserung sichtbare Härchen handelt, deren Hin- und Her- schlagen die Flimmerbcwegung darstellt. Auch die Kraft der Flimmerbewegung ist eine verhältnismässig grosse. Im übrigen unterliegt sie denselben Gesetzen wie die anderen Lebenserschci- nungen der Zellen; durch übermässige Hitze oder Kälte, durch starke Chemikalien kommt sie zum Verschwinden, stirbt ab. Auch hieraus sieht man, dass die Natur recht mannigfache Wege befolgt, um zu «hren Zielen zu gelangen. Eine immerhin nicht ganz gewöhnliche Art der Bewegung, die sich aber von den niedersten Lebewesen an, den Einzellern, bis herauf zu den höchstorganisierten Tieren findet, stellt die Flimmerbctvegung dar. W. Geologisches. Eine neue Vulkanart. Die Vulkane der Erde sind durchaus nicht sämtlich gleichartig. Lassen sich schon bei ihnen nach dem Aufbau und der Tätigkeit bezw. den von innen aus dem Schoß des Erdinnern ans Tageslicht beförderten Körpern der- Lchiedene Gruppen unterscheiden, so kommt dazu wieder noch eine gewisse Mannigfaltigkeit der erloschenen oder schon seit langer Zeit abgestorbenen Vulkane. Um sich richtig vorzustellen, welch grosse Verschiedenheiten in solchen Vulkauruinen herrschen, braucht man nur auf deutschem Boden sich ein wenig umzusehen und etwa die noch nicht so sehr weit voneinander entlegenen Gebiete deS Kogelsberges einerseits und des Siebengebirges und dann vor allem der Eifel mit dem berühmten Laacher See andererseits zu vergleichen. Am Vogelsberg nur noch eine mächtige Glocke von alter Lava, in der Eifel wohl erhaltene Kraterc, an deren Rändern sich noch die Aschen und Bomben fast so vorfinden, wie sie die vulkanische Kraft dort vor jenen ungezählten Jahrtausenden empor- geschleudert hat. Zu den merkwürdigsten vulkanischen Erscheinungen überhaupt gehören die eigentümlichen mit vulkanischem Material erfüllten Röhren, die an einigen Stellen der Erde nachgewiesen worden sind. Ausser in Schottland treten sie in der Schwäbischen Alb auf, wo Professor Branca ihnen ein mustergültiges Studium gewidmet hat. Auch die sonderbaren Gebilde, in denen sich die diamantführende blaue Erde in Südafrika vorfindet, sind dazu ge- rechnet worden. Nach der bisher angenommenen wissenschaftlichen Erklärung sind diese Röhren durch vulkanische Explosion von unten her wie durch einen Sprengschuss glatt durchschlagen worden, eine Annahme, die der Vorstellung freilich noch einige Schwierigkeit bereitet. In der deutschen Wissenschaft haben sie die Bezeichnung Tuffmaarc erhalten, weil sie in kleinerer Form die bekannten Maare, kesselartige Kratereinsenkungcn, der Eifel nachzuahmen Lcheinen, und mit vulkanischem Tuff erfüllt sind. Lochmann will 5n einem vor der Deutschen Geologischen Gesellschaft gehaltenen Vortrag die Bezeichnung Tuffneck einführen. Er beschreibt ausser» dem eine neue Form dieser eigentümlichen Naturgehilde, die er *m Muska-Tal des östlichen Rez-GebirgeS in Ungarn nahe der Siebenbürgischen Grenze entdeckt hat. Dies Gebiet ist wegen (feiner jungvulkanischen Tätigkeit berühmt, und namentlich in der von Lachmann untersuchten Gegend zeigt sich ein prachtvolles Nebeneinander von jungvulkanischcm Gestein und einem gewöhn- lichen Kreidcsandstein, wodurch dieser in sonderbarer Weise infolge der Einwirkung der vulkanischen Hitze verändert und zu grosser Festigkeit umgeschmolzen ist. Hier fand nun Lachmann gleichfalls vulkanische Durchschlagsröhren, die durch eine Unterlage von alten Schiefern bis in die darüber liegende Kreide Hinaufteichen, aber die Oberfläche nicht ganz erreichen. Die vulkanischen Massen sind also gewissermassen in der Erde stecken geblieben. Nach der End- deckung dieser neuen Art unterscheidet Lachmann jetzt vier Typen von Tuffmaaren oder Tuffnecks, nämlich den der Schwäbischen Alb , der von unten bis oben eine glatte Röhre darstellt; den von Schott- land, bei dem die angrenzenden Schichten nach unten gebogen sind; den von Südaftika, wo die Schichten nach oben gebogen und am Ausgang der Röhre trichterförmig ausgesprengt sind; endlich den von Ungarn , wo die Röhre, nach oben etwas erweitert, unter der Oberfläche ihr Ende findet, diese aber doch in der Weise beeinflußt hat, daß über ihr die Schichten durch die vulkanische Kraft etwas aufgewölbt worden ist. Technisches. Elektrische Zugabrufeinrichtung. Die bis jetzt zum Eisenbahnbetrieb als unbedingt zugehörig betrachtete Figur des Pförtners mit der mächtigen Glocke und dem mehr oder minder stark entwickelten Organ, der sein: Einsteigen zum Zug in der Richtung nach—! oft nur zu vergeblich in den Wartesälen geltend machen mußte, dürfte allmählich einem neueren Apparat, der elek- irischen Zugabrufeinrichtung für Wartesäle Platz machen. An Stelle des Menschen ist auch hier die Elektrizität getreten, die sich ohne besondere Anstrengung durch optische und akustische Mittel in dem stärksten Wartesaalbetrieb durchsetzen kann. Die Anzeigevor» richtung, die bereits in mehreren Bahnhöfen wie in Halle, Stettin , Eberswalde u. a. m. in Benutzung ist, besteht aus einer Tafel mit so viel Feldern, als Zugrichtungen und Zuggattungen anzuzeigen sind. Diese Felder erscheinen für gewöhnlich mattweis. Soll ein Zug angekündigt werden, so werden Glühlampen, die sich hinten dem betreffenden Feld befinden, von irgend einer Stelle aus ein- geschaltet, wodurch die transparente Aufschrift erscheint. In der Regel sind kür die verschiedenen Zuggattungen verschiedene Farben gewählt und zwar: für Personenzüge schwarze Schrift auf weissem Grunde, für Eilzüge weisse Schrift auf blauem Grunde und für Schnellzüge weisse Schrift auf rotem Grunde. Die verschiedenen Farbwirkuugen werden dadurch erzielt, daß die Buchstaben in farbige Glasscheiben eingeätzt sind. Die Transparente selbst be- stehen aus dieser Glasscheibe und einer zweiten dahinterliegenden. Zwischen beide ist ein lichtdurchlässiger Stoff gelegt, der das Feld eben so lange matt weiß erscheinen läßt, als die dahinter befind- lichen Glühlampen nicht eingeschaltet sind. Mit der Tafel ist ein elektrisches Läutewerk verbunden, das beim Einschalten einer Lampenreihe betätigt wird und durch sein Läuten die Aufmerksam- keit auf die Anzeigevorrichtung, die gewöhnlich hoch an einer Wand des Wartesaales montiert ist, lenkt. Die Abruferanlage kann ent- weder von ein und demselben Beamten ein- und ausgeschaltet werden, oder aber es findet die Einschaltung z. B. durch den Pförtner statt, während das Auslöschen durch den Bahnsteigbcamten nach der tatsächlich erfolgten Abfahrt des Zuges geschieht. Die Einrichtung bedeutet einerseits eine Entlastung des Bahnpersonals, anderer- seits auch eine Bequemlichkeit für die Reisenden. Fortschritte im Bau von Grossgasmaschinen Die Grossgasmaschinentechnik begann erst im Anfang dieses Jahr- Hunderts wirtschaftlich günstige Leistungen aufzuweisen; ihr Ent- wickelungsgang verfolgt den gleichen Weg wie die Industrie gang- barer kleiner Gasmaschinen, die erst nach zehnjähriger Prüfungszeit Ende der siebziger Jahre industriell verwendbare Maschinen lieferte. Nach den hervorragenden Ergebnissen der Ausnutzung von Hochofengasen durch Grossgasmaschinen geht man indes in beschleunigterem Tempo mit der Einführung von Gross- gasmaschinen voran: Von 60 deutschen Metallwerken bedienen sich nach den letzten Feststellungen bereits 45 der Grossgasmaschinen, um die Abgase der Hochöfen und KokSanlagen auszuimtzen. Eine be- merkenswerte Leistung auf diesem Gebiete ist die kürzlich erfolgte Inbetriebsetzung von vier riesenhaften Grossmaschinen mit einer Leistung� von nicht weniger als je 4000 Brems- Pferdekräften. Veranlassung zur Konstruktion dieser riesenhaften Maschinen ergab sich bei dem Wiederaufbau deS durch Erdbeben zerstörten San Franziska; sie befinden sich in der Krastzentrale des Elektrizitätswerkes zur Lieferung von Strom für die elektrischen Bahnen. Man beabsichtigt die Kraftzentrale bis zu 60 000 Pferdekräften mit Gasmaschinen auszurüsten und zwar auf Grund günstiger Betriebsergebnisse mit der Verwendung von Wassergas aus Rohöl, das in einer besonderen Generatorenanlage hergestellt wird. Die Maschinen sind dauemd mit 16 Proz. überlastbar, für kurze Zeit kann die Belastung auf etwa 6300 Pferdekräfte ge- steigert werden; sie sind mit Drehstromgeneratoren gekuppelt. Man rühmt der Konstruktion nach, dass die Maschinen innerhalb 65 bis 120 Sekunden vom Stillstand auf ihre volle Tourenzahl gebracht werden können. Für Deutschland neu ist die bei diesen Maschinen angewandte Zündung. Zur Erzielung eines grossen Funkens, der gleichzeitig mit der Zündung die Verbrennimgsrückstände am Zünd- Hebel beseitigt, wendet man HochspannungSstrom an und zwar durch Einschaltung einer Lehdcner-Flasche in die Zündleitung. Die Ladung der mit einem Glasverschluss versehenen Flasche erfolgt durch eine Spule, die den Strom aus einem S Volt-Akkumulator entnimmt. IL A. KLrantw. Redakteur: Emil Unger, Grunewald.— Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruckern u.Verl«g»anstaIt Paul Singer ATo,. Berlin
Ausgabe
26 (5.10.1909) 193
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