Unisroffizierskorps der Kompagnie hatte eine helle Freude daran, außer dem Feldwebel, der vor ein paar Tagen von der sechsten Kompagnie zur elften kommandiert war. Ein alter Soldat, der seit drei Jahren schon seine zwölfsährige Dienst» zeit hinter sich hatte und immer auf eine Militäranwärterstelle wartete. In drei Wochen sollte er abgehen, erst ein paar Wochen auf Urlaub, dann eine Stellung an der Grenze als Zollbeamter antreten. In den letzten Tagen seiner Dienst- zeit nahm er es vor lauter Freude gar nicht mehr genau. Er war in der Kompagnie als Unteroffizier auch nicht direkt nötig. Er drückte sich bloß herum und hatte mal ab und zu Aufsicht beim Exerzieren. Er sollte es in seiner früheren Kompagnie zu sehr mit den Alten gehalten haben und zu gutmütig gewesen sein. Deshalb wurde er versetzt. (Fortsetzung folgt.) (NaAdruck derdoten.) Die Tortur und ihre Hbfcbaffung. 4] Von Niels Möller. Mit dem neuen Empfinden für da? Recht jedes einzelnen Menschen verband fich ein starkes Humanitätsgefühl. Man sah im Nebenmenschen das gleiche Wesen, das man selber war. Wenn aber ein Bruder in Not gerät, fühlt man tiefer, als wenn es sich um einen Mann handelt, den man als Untergeordneten betrachtet. Man hat vielleicht Mitleid mit dem letzteren, durch das Leiden de? ersteren aber fühlt man sich selbst gekränkt. Als der Gleichheits- gedanke erst zum Durchbruch kam, sah man die Kränkungen und Leiden seiner Mitmenschen mit ganz anderen Augen an. Hatte man früher nur Mitleid empfunden, so empfand.man jetzt Zorn; es entstand eine bewußte Erbitterung, weil hier ein menschliches Recht gekränkt wurde. Die humanen Empfindungen fangen an zu wirken und treten agitatorisch auf, während fie sich früher passiv verhalten und die Hände in den Schoß gelegt hatten. Es entstehen neue Zeitströmungen, die von humanem Geist getragen find: Waisenhäuser werden errichtet, man sorgt fiir besseren Unterricht, für eine Reform der Gefängnisse, vor allein aber kämpft man derb und tüchtig gegen das Strafverfahren, in der das amtliche Verbrechen mit Macht und Wohlhabenheit bekleidet ist, während daS Recht des einzelnen Menschen so gut wie gar nicht mehr existiert. Auf diese Weise wird auch mit der Folter auf- geräumt. Die berühinieste» Männer der Zeit greifen die Institution an, so unier anderen Voltaire, am bärtesten aber schlug und am stärksten wirkte der Italiener B e c c a r i a. Cesare Boncsana Beccaria wurde 1732 in eben dem Mailand geboren, in dem Piazza und Mora 100 Jahre früher als Opfer der Folter und eines blinden und dummen Fanatismus gefallen waren. Er wurde in einem Jesuitenkollegium in Parma erzogen, wo er sich im besonderen mit Mathematik beschäftigte. Später warf er sich unter dem Einfluß deS französischen Schriftstellers Montesquieu auf das Studium der Nationalökonomie und gab eine Zeitschrift für Auf- klärung und Unterhaltung heraus. Im Jahre 1763 wurde er in seiner Vaterstadt Professor der Rechtswissenschaft und der Nationalökonomie; der Posten war fiir ihn besonders ein- gerichtet worden. Auch in anderer Weise wurde er von seiner Vater« stadt geehrt. Im Jahre 17g1 wurde er beispielsweise in eine Kom- Mission gewählt, die da? Strafgesetz durchsehen und verbessern sollte. Diese Aufgabe löste er vortrefflich, der Tod riß ihn aber bereits 1733 hinweg. Im besonderen ist er durch ein kleines Buch berühmt geworden, das er 1764 anonym herausgab. Von diesem Buch haben viele Reformen im europäischen Strafgesetz ihren Ursprung genommen. Es erschien im Laufe von 18 Monaten in sechs Auf- lagen, wurde in 22 Sprachen übersetzt und erregte überall die größte Aufmerksamkeit, im besonderen durch seinen kräftigen Angriff auf die Institution der Folter. Es hieß:.Von Verbrechen und Strafen.* Beccaria ist ein echter Repräsentant des 13. Jahrhunderts. Er teilt mit seiner Zeit die Freude an festen Regeln, auch ihren Aber- glauben an die Allmacht des Gesetzes, doch wird man milde urteilen, wenn man sieht, wie der Aberglauben entsteht. Der Willkür gegen- über, die sich unter den Autoritäten breit machte, der selbstherrlichen Subjektivität gegenüber, die die Richter in den Prozessen walten ließen, wird man verstehen, daß Beccaria und seine Genossen sich nach festen Regeln sehnten, die den Herren die Zügel anlegen konnten. Er teilt mit seiner Zeit auch das Vertrauen in die Kraft der Ver- nunft. Er glaubt, daß sie die Verhälmisse revolutionieren und umformen kann und er haßt die G e w o h n h e i t, die sich vor dem historisch Gewordenen beugt, ohne erst zu untersuchen, ob es gut oder böse sei. Er nennt die Gewohnheit den Tyrannen der Seele. Daneben aber leuchtet der humane Geist des Jahrhunderts rein und klar in seinem Buch. ES wird getragen von einer gesunden Vernunft, einem warmen Herzen und einem nicht geringen Sinn für die Eigentümlichkeiten deS Seelenlebens. Er sieht klar, daß man bei einem Verbrechen den Ursprung erforschen muß. nicht aber sich mit der handgreiflichen Tatsache begnügen darf. Die landläufige Moral, sagt er, schreit über die Verbrechen und duldet die Ursachen, au» denen fie entstehen. Die Barbarei der Zeit in Strafsachen wird von ihm auf allen Gebieten angegriffen. Er ist der erste, der gegen die Todesstrafe geschrieben hat, die er einen Krieg der Nation gegen einen ihrer Bürger nennt. Er verlangt bei ver- schiedenen Verbrechen mildere Strafen, so z. B. beim Diebstahl. Er verwirft das Schuldgefängnis, sofern sich die Schuldner nicht deS Betrugs schuldig gemacht haben. Gedanken, die er bereits verfocht, sind noch heute Gegenstand der Diskussion. I» seinem Angriff auf die Folter aber gelang es ihm, zu einem Resultat zu kommen; bevor er starb, war sie schon an den meisten Orlen abgeschafft. Die Zeit war für diesen ForlschMt aber auch reif geworden. BeccariaS Angriff war nicht die Stinime eines Predigers in der Wüste; er iprach nur aus, was alle fortgeschrittenen Geister meinten. Di« Tortur war an einzelnen Stellen auch bereits früher abgeschafft worden, aber erst nach dem Erscheinen seines Buchs kam die Bewegung recht in Fluß. Einige deutsche Regierungen hoben die Folter in den sech-- ziger Jahren auf, Oesterreich 1776, Frankreich 1783 bei Beginn der Revolution, Rußland 1501, Bayern und Württemberg 1803., Im Jahre 1816 wurde durch eine päpstliche Bulle das Foltern der Ketzer abgeschafft in Spanien wurde aber nichtsdestoweniger noch 1817 gefoltert. In Hannover wurde die Tortur erst 1340 ab- geschafft. Gegenwärtig ist sie in keinem Lande mehr vertreten. wenigstens gesetzlich nicht. Man könnte sich darüber wundern, daß sie nicht lange vorher abgeschafft worden war. Wenn wir heute den Bericht vom Gift- Mischerprozeß in Mailand lesen, sehen wir ja augenblickliche wie unzuverläffig die erzwungenen Aussagen sind, und werden bereits aus diesem Grunde gegen die Anwendung von Qualen sein, um von der ungerechten Grausamkeit gar nicht erst zu reden. Sah man das denn vor dem 13. Jahrhundert nicht auch? Und wie kam es, daß gerade im 18. Jahrhundert die Augen geöffnet wurden? Man hatte früher allerdings gesehen, wie unzuverlässig ein erzwungenes Geständnis war. Bereits in der ersten Zeit der Tortur, bei den Römern, findet man zu wiederholten Malen die Zuverlässigkeit des erzwungenen Beweises scharf kritisiert. Der römische Staatsmann Cicero macht darauf aufmerksam, daß viele den Schmerzen trotzen, um andere zu schonen, die von der Wahr- heit getroffen werden würden... Einige sind so abgehärtet und sind an Leiden so gewöhnt, daß sie lieber Qualen als die eigentliche Strafe ertragen wollen. Andere wieder sagen aus Haß die Unwahr- heit usw. Wie wenig die Tortur einen starken Charakter zu zwingen vermag, sieht man an Historischen Beispielen. Eine abgehärtete Natur und eine große Seele wählt unter Umständen lieber den Tod, als daß sie sich durch die Qualen unterkriegen läßt. Der römische Geschichtsschreiber Tacitus führt einige Fälle an. Das ist die«ine Seite der Sacke, aber natürlich nicht die, die am häufigsten vorkommt. Cicero hat auch die andere hervor- gehoben. Wer auf die Folter gelegt wird, sagt er, läßt sich von den Schmerzen bestimmen, der Büttel beherrscht ihn, er unterwirst sich der Willkür, er läßt sich durch Hoffnungen bestecken, dnrcht Furcht erschüttern, und in all' dem bleibt fiir die Wahrheit kein Raum. Der Jurist Ulpian wiederholt später sein Urteil: Die Folter ist ein unzuverläffiges und gefährliches Ding, sagt er; viele sind so zäh und abgehärtet,-daß sie durch die Qualen nicht gebrochen werden und darum auch die Wahrheit nicht sagen; andere aber fürchten die Schmerzen so sehr, daß sie jede beliebige Lüge erzählen, nur um ihnen zu entgehen. Auf diese Weise geschieht es, daß verschie» dene Angeklagte ganz verschieden bekennen und auch andere an- geben, die gar nicht beteiligt sind. Man sollte meinen, daß derartige Worte gleichsam auf den Prozeß gegen Piazza und Mora gemünzt seien, und begreift nicht, daß die Richter, die CiceroS und Vulpians Aussprüche auswendig wußten, gegen die beiden Unglücklichen in ihrer entsetzlichen Weise vorgehen konnten. Die späteren Erfahrungen hatten die Kritik der Römer ja nicht entkräftet. Em berühmter Franzose, der im 16. Jahrhundert lebte und selbst Richter gewesen war. unterschreibt das scharfe römische Urteil. Die Tortur ist ein ganz unsicheres und gefährliches Mittel, sagt er. WaS kann man nicht alles aus- sagen, um fürchterlichen Schmerzen zu entrinnen! Der Schmerz zwingt auch den Unschuldigen zum unwahren Bekenntnis. Der Richter aber, der ihn auf die Folter gelegt hat. um ihn nicht un- schuldig zum Tode zu verurteilen, läßt ihn nicht nur unschuldig sterben, sondern bereitet ihm vorher auch noch gräßliche Qualen. Taufende und Abertausende, haben sich unter dem Einfluß der Folter selbst in falscher Weise bezichtigt. Ten letzten Satz nimmt Beccaria auf. Es ist übcrslüffig, sagt er, die Unschuldigen und Schuldigen namentlich anzuführen. Es gibt keine Nation, es gibt keine Zeit, die hier nicht traurige Beispiele zw stellen hätte. (Forrsetzung folgt.) ScKneUbadnen. Die Dampseisenbahnen, ohne die wir unser heutiges Leben un» nscht mehr denken können und die doch zum Teil von anderen Per- kehrSuiittel» allmählich verdrängt werden, find eigentlich eine ver« HäUmsmäßig junge Erfindung Vor 34 Jabren wurde die erste dem öffenllichen Pcrtehr dienende Eisenbabnlinie mit den Lokomotiven George StcpheniouS in England eröffne! und erst am 7. Dezember