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Berliner Volksblatt.

17. Sahrg.

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Centralorgan der socialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Die Junker- Demokraten.

Ein feindliches Verhalten gegen meine Regierung läßt sich mit der Treue gegen meine Person nicht bereinigen."

In diesen Worten fennzeichnete Wilhelm I.   1863 das Wesen des preußischen Royalismus. Zu gleicher Zeit wurden von dem Großvater des gegenwärtigen Kaisers die Pflichten der Beamtenwie folgt dargestellt:

Freitag, den 12. Januar 1900.

Expedition: SW. 19, Benth- Straße 3.

licheres Haus zu stande kommen. Und dann hat die Regierung Minister ein Wort der Einwendung, auch Miquel nicht, der fein anderes Mittel, als sich dem ablehnenden Votum der fanatische Hüter der Kronrechte. Landesvertretung zu fügen. Das wird für sie aber Herr v. Kardorff regte einen Beschluß des Hauses an feine Niederlage bedeuten, das wird ein Sieg fein( Lachen links), der darauf abzielen sollte, der Regierung es fürderhin un ja wohl, und zwar der schönste Sieg, den ein Mensch über möglich zu machen, Beamte wegen ihrer Abstimmung zu haupt erringen kann; der Sieg über sich selbst.( Große, strafen. Lernt der Junker weiter mit dem bisherigen Erfolg lang anhaltende Heiterkeit.) Und ich bin der festen Ueberzeugung, die tonstitutionelle Sprache, so möchte man fast sertarten, daß daß unsere Regierung zu dieser Anschauung kommen wird." ein solcher Antrag gleich in der umfassenden Form eingebracht Wo ist hier noch eine Spur von feudalroyaler An- werden würde, daß er zugleich die Lehre von der Souveränetät schauung? Die Ahnen des Herrn v. Köller müssen sich im der Landesvertretung in der Verfassung zur Geltung bringt. Wer als Beamter geschworen hat, dem Könige, feinem Grabe herumdrehen, ja seine eigene Vergangenheit nuß wider So könnte man den 11. Januar 1900 für den Todestag allergnädigsten Herrn, unterthänig, treu und gehorsam zu sein". ihn auftreten! Das ist ja der revolutionäre Mahnruf zur des Feudalismus erklären, wenn- ja wenn nicht hinter all den ist dieses Eides weder als Wähler, noch als Gewählter trozigen Wiederwahl", das ist die Proklamierung des demo demokratischen Worten und Theorien der alte bekannte Junter. cntbunden, und wenn Se. Majestät bestimmt den verfassungs- fratischen Grundsakes, daß nicht des Königs Wille oberstes Absolutismus steckte. Die Junkerdemokratie bedeutet mäßigen Weg vorzeichnet, auf welchem seine Beamten ihn be- Gesetz sei, sondern der Wille der Volksvertretung! die Gleichberechtigung oder richtiger die Bevorrechtung der gleiten sollen, so sind alle zum Gehorsam, diejenigen aber, welche des Nichts mehr von der Sehnsucht nach dem starken Mann, der Oftelbier gegenüber der Krone und der Regierung. Ist erst Königs Gnade aus besonderem Vertrauen in Stellen von politischer über die Parlamente hinweg die Regierungsforderungen durch wieder das Junfertum mit seinem König einig, so wird Bedeutung berufen hat, noch außerdem zu thatkräftiger Untersetzt die Regierung hat sich zu fügen, wenn das Volf man flugs wieder die Weisheit von 1863 aus dem Munde fügung der königl. Staatsregierung verpflichtet." wiederholt sich gegen eine ministerielle Maßnahme ausspricht. der Feudalen hören: Ein feindliches Verhalten gegen die Ein Konflikt ist gar nicht mehr möglich. König und Regierung Regierung des Königs läßt sich mit der Treue gegen die haben sich dem Votum der Landesvertretung zu fügen. So ver- Person des Königs nicht vereinigen. fünden es die neu befehrten Junkerdemokraten und noch dazu in einer Frage, die in das Gebiet der Landesverteidigung fällt; denn der Mittellandkanal war nach der feierlichen Versicherung aller Solche Ansichten über das Recht der Krone, die Pflichten militärischen Autoritäten wesentlich auch durch die Interessen der der Beamten, über die Identität von Monarch und Re Landesve ung geboten. Jenn die Bourgeoisie hinfort nur so gierung, über die Verwerflichkeit einer oppofitionellen liberal unu constitutionell is wie das Junfertum, so wird es fetzte am Donnerstag die Debatte über die Socialreform und trotzigen Wiede suht" haben stets in Preußen geherrscht, sie nicht nur eine Furcht vor einem Flottenkonflikt das Gehalt des Grafen Posadowsky fort, der ja dem Firmen­waren das hchende Princip jeder Regierung und das Junker- haben, sondern die Regierungen belehren, daß sie sich der schild der amtlichen Socialreform gegenwärtig bis auf tum ber sich ohne Ausnahme auf die Pflicht unbedingter Ueberzeugung der Volksvertretung zu fügen haben; denn sie weiteres- den Namen giebt. Vorgreifend sei bemerkt, daß giebt, nach der neuen Junkerlehre, feinen anderen un nac) fünfstündiger Debatte das Gehalt des Herrn Posadowsky Heute aber klingen derartige Anschauungen wie ein Märchen beugsamen Willen in einem konstitutionellen Staate als bewilligt, ein Fortschritt der Socialreform aber nicht festgestellt aus uralten Zeiten. Das Junfertum ist auf die Barrikaden den des Parlaments. Und wenn die Regierungen eine worden ist. gestiegen, hat die Revolution von 1848 nachträglich als be folche Unterverfung unter die Mehrheit des Reichstages als rechtigt anerkennt, höhnt die Regierung, die ihren vormärzlichen eine Sühne erheischende Niederlage empfinden sollten, dann Ueberzeugungen treu geblieben ist und dieser ganze Umsturz wird Herr v. Levehow oder irgend ein anderer Gesinnungs der blauen Traditionen hat sich in der unglaublich raschen genosse v. Stöllers aufstehen und den Herren vergnügt den Zeit eines halben Jahres vollzogen; er hat genau in dem Wahlspruchkünden: Aber das ist ja gar keine Niederlage, Augenblick begonnen, wo sich das Junfertum im Kondas ist ein Sieg, der schönste Sieg fogar, der Sieg über flift mit der Krone und der Regierung sah. Im Sommer die eigenen Thorheiten.

Es war damals allein die feudale Partei, die ,, die Krone als den lebendigen Mittelpunkt der preußischen Verfassung" betrachtete und nach der Auflösung des Abgeord netenhauses vor einer„ trokigen Wiederwahl" der alten oppositionellen Mehrheit warnte.

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Bauentreue.

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Politische Neberlicht.

Berlin  , den 11. Januar.

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Der Reichstag  

Debatten über Socialreform lassen sich in der Regel schon äußerlich daran erkennen, daß das Haus schlecht besucht ist und daß vorwiegend Socialdemokraten reden. Diesmal war beides im besonderem Maße der Fall. Es waren, mit Aus­nahme der Socialdemokraten, keine 30 Mitglieder im Haus, und außer den Socialdemokraten und Regierungsvertretern sprach nur der fortschrittliche Abgeordnete Pachnide, denn fing dic Bekehrung der Ostelbier zum modernsten Herr v. Köller fand seitens der Regierung keine Ant die paar Bemerkungen des Herrn Schrader über ein Woh­und radikalsten Konstitutionalismus an und in der denkwürdigen wort. Zwar begab sich Fürst Hohenlohe auf die nungsgeseß, der Herren Roeren und Oertel( Sachsen  ) Sigung des Abgeordnetenhauses vom 11. Januar 1900 war Rednertribüne, m mit glänzender Beredsamkeit eine über das Börsengesek, fann man ebenso wenig als Reden be diese Revolutionierung der Feudalen so weit vorgeschritten, daß Erklärung fließend abzulesen, aber diese Erklärung zeichnen, wie die Hilb c schen Geständnisse einer schönen die Konservativen durch ihren Wortführer in aller Unbefangen war keine Antwort, sondern eine demütige Entschuldigung. Unternehmerseele. heit, wie das selbstverständlichste Ding der Welt, gegenüber wie wir sie gestern im voraus sfizzierten:„ Meine Herren! Freilich, der Held des Tages war Herr Hilbek- das dem alten Royalismus das Princip der Volts Glauben Sie mir, die Maßregelung war gar feine Maß heißt, wenn man das Opfer einen Held nennen kann. In souveränetät verkündeten, wenn es sich vorläufig auch regelung." Was der Justizminister und Herr v. Miquel einer bösen Stunde gab ihm sein böser Genius ein, mit nur um das durch das Dreiklassensystem ausgefiebte Bolt" hernach sagten, beschränkte sich auch auf diese ebenso müh unserem Genossen Sachse anzubinden, der zu Anfang der handelt. samen wie haltlosen juristischen Tüfteleien. Wenn man sich Sigung in längerer Rede die Zustände im Bergbau schilderte Es war das erste Bedürfnis unserer Konservativen in erinnert, mit welchen Drohungen die Regierung im Sommer und gegenüber verschiedenen inzwischen in der Presse der beginnenden Landtagssession, daß sie die Regierung über gegen das Junkertum donnerte, so nimmt sich dieses juristische gemachten Angriffen das, was er bei Begründung unseres die aus Anlaß der Kanalablehnung unternommene Maßregelung Stammeln um mildernde Umstände, wie es die Winister jegt Antrages auf Ausarbeitung eines Reichs- Berggesezes gesagt der Beamten interpellierten. Und die Verhandlung, in der dies versuchten, um so jämmerlicher aus. Nicht die Kanal hatte, noch des näheren begründete. Herrn Hilbc juckte das geschah, darf in der parlamentarischen Geschichte auf bleibende rebellen waren mehr die Schuldigen, sondern die Regierung. Fell: er erklärte alles, was Sachse gesagt, für unrichtig, die Beachtung rechnen. Die Junker hatten den Spieß umgekehrt, hatten ihn Zustände in den Bergwerfen für paradiesisch, das Steigen Ein volles Haus, in lebhaft schwirrender Unterhaltung, demokratisch geschärft und die löbliche Regierung wand der Verunglückungs Ziffer für eine Folge des Unfall­start besetzte Tribünen wiesen am Donnerstag auf einen besich am Boden und flehte um Gnade. Nein, diese Hohenlohe versicherungs- Gesezes, und hatte die Stirn, unseren Genossen deutsamen Tag hin. Das Junkertum wollte mit dieser Regie- und Miquel werden es gewiß nicht wieder thun und den Sachse, der lange Jahre unter der Erde im Schacht geschanzt rung abrechnen, die sich erdreistet hatte, die bisherigen Junfer Agrariern abermals eine Kanalvorlage präsentieren! hat, zum„ Modelltischler" umzustempeln, der nicht befugt sei, auffassungen über den Absolutismus der Krone einmal gegen die Das Haus war völlig ein mütig darin, daß die Maß in Sachen des Bergbaues mitzureden. eigene Partei auszuspielen. Gegürtet mit den frisch entlehnten regelung der Beamten eine politische Thorheit ersten Ranges Grundfäßen des Demokratismus zogen die Ostelbier in die gewesen, die Mehrheit erklärte die Handlungsweise für ver Schlacht und sie erfochten einen strahlenden Sieg über die fassungswidrig, und die Vertreter der Linfen forderten als alt- tonservative Regierung mit Hilfe der Revolution. Konsequenz die Aufhebung der Wählbarkeit der politischen Die Konservativen hatten mit Abficht ihren angesehenſten Beamten. Der Organisator der Kanalopposition, Frei und würdigsten Vertreter als Interpellationsredner entboten, herr von Zedlik, den seit unseren Honorarrechnungen den greisen Herrn v. Köller, der viele Jahre dem Abgeordneten feine amtlichen Verpflichtungen mehr beengen, wurde sehr haus präsidierte, einen humorvollen und selbständigen Junker deutlich, er redete von der Ueberspannung des monarchischen von der Art, wie sie der märkische Dichter Fontane   liebte und Princips und rügte das mangelhafte Verantwortungsgefühl schilderte. Herr v. Stöller sprach sehr leise, so daß man ihn der Minister. Noch derber ließ sich Herr v. Sardorff aus, auf der Tribüne kaum hörte, aber unten im Saale brach der von dem flagranten Mißbrauch der Disciplinargewalt immer wieder eine stürmische Beifallsheiterkeit aus, und seine sprach. den Regierungsherren gewidmeten Spigen wurde wie kostbarer Sehr unglücklich und ungeschickt fiel die Jungfern re de Wein von den Standesgenossen geschlürft. Alle Gesichter oder genauer: die Jungfern bemerkung des neuen glänzten vor Freude, nur die Herren Minister blieben Ministers des Innern, des Herrn v. Rheinbaben aus. So fehen die westfälischen Stummlinge ernst, ja finster: Hohenlohe, der bemüht bemüht war, Er eilte haftig auf die Rednertribüne, man erwartete gespannt au 3. Diese Selbstausstellung. Selbst bloß stellung und fein Haupt möglichst vollständig in seinem Brustkasten interessante Aufklärungen, der Minister aber begnügte sich mit Selbstabschlachtung des Musterarbeitgebers Hilbek wirft zu verbergen, dann durch einen breiten leeren Sessel forg einem Satz zu verraten, was sein Vorgänger Recke   nicht mehr für die Socialdemokratie, als hundert Agitationsreden. fältig geschieden, Herr v. Miquel und weiter die Schönstedt  , gesagt habe, und verschwand eiligst unter dem dröhnenden Er wird wohl nicht mehr über schmerzhafte Verwundungen Thielen, Rheinbaben, Studt, Brefeld- ihnen war es fämt Gelächter der Rechten. ( z. B. abgerissene Nägel") höhnende Scherze machen! lich sehr unbehaglich zu Mut. Gar teine Luft zu reden hatte Herr v. Miquel. So sehr Die Debatte wurde unsererseits geführt von den Ge­auch die Redner auf die Geheimnisse des Kanalhandes annossen Sachse, Moltenbuhr, Rosenow   und hoch. spielten, der Finanzminister reagierte nicht.

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Das bekam dem Herrn Grubenpascha, der durch sein arrogantes und gefühlloses Auftreten den Unwillen des Reichs­tags herausgefordert hatte, sehr schlecht. Er wurde von Genosse Sachse, der ihm sein des Hilbck Spiegelbild und die Mißwirtschaft auf seinen des Hilbek Gruben vorhielt, förmlich geschunden. Und als er, in seines Nichts und seiner Niederlage durchbohrendem Gefühl", zu einer abscheulichen Denunziation( Sachse hatte von dem ruchlosen Krieg zwischen Frankreich   und Deutschland  " gesprochen) seine Zuflucht nahm, um sich herauszureißen, wurde er von dem Präsidenten Ballestrem in so beschämender, vernichtender Weise abgeführt. wie es wohl noch keinem Abgeordneten geschehen ist. Genuger hat sich in seiner Glorie gezeigt und in feiner wahren Gestalt.

Herr v. Stöller erklärte mit aller Entschiedenheit die Maß regelung der Landräte für verfassungswidrig, that den er Sachse ergänzte, was er früher gesagt, und konnte alles nicht bärmlichen Kanal" mit einer verächtlichen Handbewegung ab, Erst Eugen Richter   gelang es, durch die Schluß bloß bekräftigen, sondern zum Teil noch verschärfen. Die rühmte die historischen Verdienste des Junkertums, indem er bemerkung feiner gutgelaunten, wenn auch dem großartigen Unzulänglichkeit des Berginspektorats und die mangelhafte mit einem schlauen Sprung vom fiebenjährigen Strieg über historischen Humor der Scene nicht gerecht werdenden Rede Aufsicht, die Habsucht der Grubenbesiger und ihrer auf die Zeit von Jena   hinweg gleich bis zu den Freiheitskriegen-sie war etwas wie eine verpaßte Gelegenheit den Vice Zantieme gesetzten Beamten und die Accordarbeit so wics hüpfte, und belehrte die Haupfache- dann die Regierung präsidenten des preußischen Ministeriums hervorzulocken. Zwar er nachtragen die Hauptschuld an der ungeheuren Zahl über den Konstitutionalismus: lüftete auch Herr v. Miquel nicht den Schleier der Maßregelungs von Unglücksfällen und an der traurigen Lage der Berg­Was fann die Regierung jezt noch thun, um ihre Absicht aktion, aber er brachte es fertig, indem er die Verantwortlichkeit arbeiter. Der Regierungskommissar, der nach Sachse das durchzuführen? Sie lann die Vorlage wieder einbringen: das ist für die Maßregelung dem ganzen Ministerium zuschob, doch Wort nahm, teilte zwar mit, daß die Zahl der Aufsichts. ihr gutes Recht. Aber diese kann wieder abgelehnt werden: das zugleich den Anschein zu erwecken, als ob er möglicherweise beamten vergrößert worden sei, komite aber sonst nichts wider­ist das gute Recht des Hauses. Dann bleibt nur noch die Auf- persönlich der Absicht widerraten hätte. Natürlich wagte legeit. Tösung des Hauses als einziges Mittel. Aber bei er das nicht direkt zu behaupten, aber seine Junter sollten das Molfenbuhr beschäftigte sich hauptsächlich nuit der See. dem großen Widerwillen, der in der Bevölkerung gegen den aus seiner zweideutigen Wendung erschließen. Gegen die nene Berufsgenossenschaft, die Flottenagitation treibe, Sanal herrscht( Lachen links), wird dann ein noch viel kanalfeinds parlamentssouveräne Anschauung der Konfervativen fand kein den Witwen und Waisen der Seeleute aber ihr Recht und