dieser Neberfall fem'großes Geräusch verursacht. DieserGefreite wollte mir immer wohl, und oft hatte er mir einStück Brot zugesteckt. Mit fliegenden Worten flüsterte ich ihmden Sachverhalt zu und bat ihn. zu schweigen. Er versprachmirs. Dafür nahm er mir das Messer ab und ich ging zurückin meine Zelle. Der Sergeant, der noch immer vor der Tiirstand, konnte in diesem Halbdunkel meine Aufregung nichtbemerken, er fragte nur unwirsch, als er mir öffnete, wo ichso lange war und klappte hinter mir die Türe zu."„Aber Mensch!" entfuhr es Volters Lippen.„Wiekonntest Du nur—„Das habe ich mir dann auch gedacht. Wie konnte ichnur eine solche Dummheit begehen wollen!"„Tu hattest doch gar nicht mehr lange zu sitzen! Sohattest Du Dich zeitlebens unglücklich gemacht."„Das fiel mir auch ein.— Aber Du kannst Dir nicht denHaß vorstellen, den ich auf diesen Menschen hatte. Ich dachtein meiner entsetzlichen Wut an nichts, als an meine Rache.—Also diesö Sache war vorüber.— Ich habe das bloß mit er-zählt, damit Du über meinen Zustand ein klares Bild be-kommen konntest.— Einige Tage vergingen wieder im ent-setzlichen Einerlei. Eines Vormittags wurde mir beimExerzieren von meinem Sergeanten wieder bös mitgespielt.Keinen anderen seiner Korporalschaft quälte er so wie mich.Es war schon ziemlich kaltes Wetter, doch strömte mir derSchweiß aus allen Poren. Ich erinnere mich jetzt, wie mirdamals zu Mut gewesen ist— um eine Nuance größer meineWut— und der helle Wahnsinn war da. Dann— ich weißnicht, wie es kam— dachte ich gar nichts mehr. Mein Kopswar wie ein Bleiklotz. Mir war. als ob mir jemand mitgroßer Gewalt auf den Schädel geschlagen hätte. Ich wußtenur noch, daß ich überhaupt existierte. Ich hörte noch un-deutlich die kreischenden Kommandoworte des Sergeanten.Ich mußte Parademarsch üben. Ich weiß nicht, ob Dir be-kannt ist, daß im Festungshof vier hölzerne Laternenpfählestehen."„Ja, ja, ich habe sie gesehen!" antwortete Volter.(Fortsetzung folgt.)Sombaltus'Cheopbrartuaparacelfus.In frischer Erinnerung ist noch der kürzlich verhandelte Prozeßfegen die Bombastus-Werke in Dresden, deren Haup!arrangeur einiorzellanmaler, gleichzeitig auch Geistcrbeschwörcr war. Aus Ver-onlassung der zitierten Geister fanden sich Leute, die rund dreiviertelMillionen zur Gründung der BombastuS-Werke, einer Fabrik kos-metischer Präparate—'Mundwasser, Zahnpulver usw.— hergabenund dieses Geld auch in die vierte Dimension verschwinden sahen.In der Bezeichnung: vombastus-Werk könnte der Kundige eine feineSelbstironie oder einen gegen das konsumierende Publikum gerichtetenSpott finden, wenn er die naheliegende Bezeichnung bombastischmit der des Bombastns in Zusammenhang bringt. Die Beranstalterdes Unternehmens sind sich aber wohl kaum dieser Jdeenverbindung,die auch mir in dem Gleichllang der Worte, nicht aber in ihrerwirklichen Bedeutung zu finden ist, bewußt geworden. DaS WortBombastus hat mit den», was wir unter bombastisch verstehen, nichtszu tun. Es muß daher eine andere Bewandtnis mit der Wahlgerade dieses Wortes für ein kosmetisches Unternehmen haben.Bombastus ist der Beiname eines Mannes, der als Bahnbrecherauf vielen Gebieten, besonders ans dem der Chemie und Medizin,bekannt ist. Als Erfinder neuer Arzneiformen ist er auch hervor-getrete», so daß die Bezeichnung als Bombastus-Wcrk ganz sach-gemäß gewählt war, insofern, als auch hier neue Präparate m denHandel gebracht werden sollten. Der vollständige Name dieses un-freiwilligen Ahnherrn der verkrachten Fabrik lautet: Bombastus Theo-phrastns Paracelfus von Hohenheim, zu dem man noch den TaufnamenSurcolus hinzufügen kann. Doch hat der Mann sich selbst nie mitdiesem langen Titel genannt, sondern nur Paracelsns von Hoben-heim. Sein Vater stammte aus dem Hanse der Bombaste, einemhohen wnrttembergischen Adel, und war nahe verwandt mit demGroßmeister des Johanniterordens, Georg Bombast von Hohenheim.Damit ist wohl hinlänglich erwiesen, daß der Name mit der Be-Zeichnung als bombastisch nichts zu tun bat. Als Sohn eines Edel-manites und berühmten ArzteS wurde unser Paracelsns imJahre 1403 bei Einfiedeln in der Nähe von Zürich geboren.Paracelsus ist gleichbedeutend mit Hohenheim, da man in damaligerZeit seinen Namen, wenn es ging, zu lateinisieren pflegte.Um den Werdegang des jüngeren Hohenheim richtig würdigenga können, müssen wir uns in das Milieu der damaligen Zeitversetzen und alle die Umstände beachten, die diese Zeit zu einer be-Sonders bemerkenswerte» gestempelt haben. Es war die Zeit desweichenden Mittelalters. Man begann zu denken, wo man bishernur Althergebrachtes einfach gedankenlos nachbetete. Humanistenund Reformatoren erschütterten die Macht der bisher in starrerDogmatil verbarrenden Kirche. Kopernikus wies den Sternen,Giordano Bruno dem steien Geiste neue Bahnen. Amerika'wurdeentdeckt, die Bnchdruckerkunst erfunden. Die Lese- und Schreib-kunst, bisher fast nur von Mönchen geübt, begann Gemeingut zuwerden. Ueberall herrschte Kampfstimmung, die auf die dumpfeLuft der damals allmächtigen Kirche nicht ohne Einfluß bleiben konnteüberall begann man sich gegen alle Vorurteile aufzulehnen, so daß nichtnnr die Völker, sondern jedes einzelne Jndividunm mitinLeidenschast gezogen wurde. Ueberall kämpften die alten überlieferten Ansichten undErziehungsmethoden gegen die noch nicht verdanken und noch ver-wirrenden Ideen der neuen Zeit. Die Tradition und die Jahr«taufende alte Indifferenz und Stumpfheit ist nicht plötzlich zu bannenund zu überwinden. Aenßerer und innerer Konfliktsstoff bilden sichgenug, um Gärungen aller Art heraufzubeschwören. Die führendenGeister wurden daher als solche auch nicht erkannt und anerkannt;im Gegenteil: sie mußten ein vielfaches Marlhrium erleiden, wurdenverfemt, starben arm und einsam oder starben gewaltsam für ihreIdeen. Erst die Nachwelt verstand ihre bahnbrechenden Ideen undTaten zu würdigen.Auch unser ParaleelsuS hat hierin keine Ausnahme gemacht.Von seinem gelehrten Vater unterrichtet, bildete er sichspäter bei verschiedenen Klostergeistlichen weiter aus und kamim sechzehnten Jahre auf die Universität Basel. Seiner Eigenartkonnten jedoch die regelmäßigen akademischen Studien nicht behagen,so daß er auf eigene Faust berühmte Männer und Laboratorienaussuchte, alle Länder Europas durchzog, als Wundarzt Feldzügemitmachte und die Wissenschaft suchte, wo er sie fand: bei Scharf-richtern, Badern. Juden, Zigeunern usw.„Die Kunst geht keinemnach, aber ihr muß nachgegangen werden; darumb Hab ich Fug undVerstand, daß ich sie suchen muß und sie mich nit. Ich bab etwangehört, daß ein Arzt soll ein Landfahrer sein, dieses gefallt mir zumBesten wohl, denn Ursach: die Krankheiten wandern hin und her soweit die Welt ist und bleiben nicht an einem Ort. Will einer vielKrankheiten erkennen, so wander er auch."— Dieses Wanderlebenbrachte ihn natürlich mit allerlei Volk zusammen, und da das Her-bcrgswesen damals nicht in besonderer Blüte stand, sah der äußereMensch bald stark reduziert auS. So heißt eS in einer ParaeelsischenBiographie:„UebrigcnS lebte er wie ein Schwein, sah aus wie einFuhrmann und fand sein größtes Vergnügen in dem Umgang deSniedrigsten und liederlichsten Pöbel. Durch die meiste Zeit seinesruhmvollen Lebens war er besoffen; auch scheinen alle seine Schriftenin, Rausch geschrieben."Neuere Studien haben allerdings eine ganz andere CharakteristikHohenheims zutage gefördert. Es hat überhaupt 300 Jahre gedauert,bis man die Unmenge seiner Schriften sonderte und fich mit ihnenbeschäftigte; und noch heute harrt sehr viel Material der Sichtung.So sagt ein anderer Kritiker:.Fast aber möchte es scheinen, alshätten wir gerade in bezug auf den Mann, der als Wendepunkt inder Medizin des Mittelalters die Neuzeit inauguriert.keine Geschichte: Geschichten wohl, Geschichte nicht." DieGeschichte hat jedoch schon soweit klärend gewirkt, daßSätze, wie die folgenden, keinen Glauben mehr finden:.Seine Einbildung war so sehr verwirrt, daß er alle Hexengeschichten.alle Torheiten der Astrologie, der Punktierkunst, der Chiromantie undKabbala annahm und seine Lehrjünger sogar versicherte, er frageauch den Teufel um Rat. wenn Gott nicht helfen wolle." Daß erAstrologie und magische Zauberkünste getrieben, ist allerdings ver«bürgt. Auch er konnte eben nicht aus seiner Haut bczw. seiner Zeitheraus. Es waren diese? eben die bereits geschilderten Konflikte.deren auch erleuchtete Geister nicht aus einmal Herr werden konntenUebrigens glaubte ja auch der Gottesmann Luther an Geister und TeufelHohenheim huldigte der Astrologie auch nickt in der mittelalterlichenWeise, da er sagt:„Der Gang Saturens bekümmert keinen Menschenum sein Lebe», länger! noch kürzt nichts." Er erkannte inden Sternen die Einheitlichkeit des Weltalls, ohne der eigentlichenSterndeuterei zu huldigen s er eifert sogar direkt dagegen und sagtausdrücklich, daß er unter Magie nicht wie gewöhnlich die Zauberei.sondern die natürliche Kenntnis der irdischen und himmlischen Dingeverstehe.„Was aus den spiritibus kommt ist Zauberei; das findZaubergeister. von denen hie nicht geredet wird, sondern von natür«licher Wirkung ans Kraft der Weisheit, die den Himmel regiert.Also ist Zauberei Magica genannt worden, das doch nicht Zaubereiist, sondern die höchste Weisheit." Dieser Ausspruch allein stehtnicht danach aus, als ob er von einem Charlatan stammte.Nach einer Wanderung von zehn Jahren als Arzt, Alchymist,fahrender Sibülcr, Theoioph kehrte Hohenheim im Alter von 32 Jahrennach Deutickiland zurück, wo er wegen seiner glücklichen Kuren.n. a. an 13 Fürsten, einen großen Ruf erlangte. Im Jahre' 1527wurde er an die Universität Basel als Professor der Physik. Medizinund Chirurgie berufen. Hier erregte er die Unzufriedenheit derZnnfller durch Einführung der deutschen Sprache inden Borlesungen. Diese selbst hielten fich nicht in den bisherüblichen Grenzen, indem nian sich einfach auf Kommentare der altenAerzte beschränkte, sondern Paracelsns lehrte unter lebhaftem Zuspruchseine eigene neue Wissenschaft. Da er zugleich Stadtarzt war, er-regte er den Unwillen der Apotheker dadurch, daß er Revisionen derApotheken einführte, und zugleich den der anderen Acrzie, daß er eSverschmähte, den vorgeschriebenen roten Talar als AmiStracht anzu-