Marc? huschte totenblaß an ihm vorbei, kam schon in etlichen Sekunden wieder zurück und setzte sich flugs, wie auf den Mund geschlagen, an ihr?n Platz. Es ging schier über ihr Vermögen, nicht laut hinauszuheulen, aber sie spürte den Gewitterstoff in der Lust, und daß jetzt ein einziger Wut» blitz ihr teuer erstrittenes Glück zunichte machen konnte. Hast Du's ausgerichtet?" fragte er nochmals kalt. Sie wollte ein kurzes Ja verlauten lassen, allein dabei sprang auch noch ein anderes Tor auf, und sie mußte schnell ihren Stickabschnitt vorhalten, um das sprudelnde Schluchzen zu ersticken. Dieser sklavische, kniefällige Gehorsam versetzte seine kranke Seele beinah in Ekstase: es tat ihm, dem Tief- geknickten, wohl, die Geißel zu schwingen über der, die ihn mit unerhörten Ränken und Listen zu sich herabgezogen hatte. lFortsetzung folgt.) I�ucas oder Leonardo? Cookfey oder Bode?0 Bon M. Beer London  , 20. Dezember. Der Streit um die Urbebcrschaft der Flora-Büste will nickt vcr« stummen. Auch dos Waffengeklirr eines der oufregcndsten Wahl- kämpfe übertönt ihn nickt. Lucas oder Leonardo? Ist ein unbekannter engli'cker Bildliauer der Scköpser des Meisterwerks oder ist es dem Universalgenie der Ncnaissance entsprungen? Leonardo da Vinci   kennt jedermann; aber wer war Lucas? t. Richard Cockle Lucas, Bildbauer. Im Jahre 1M0 wurde einem Tuckmacher in Calisbury ein Sohn geboren, der den prosaischen Name» Rickard Cockle er- hielt. In seinem zwölften Lebensjahre, nach Beendigung der Elementarschule, wurde er seinem Onkel, einem Mesiersckmicd in Winckester in die Lehre gegeben. Dem jungen Nickard war indes das Schmieden eine Nebensacke, dafür aber zeigte er viel Fleiß und Talent im Schnitzen der Messerhefte. So mancher geschnitzter Messerstiel verließ die Werkslälle von Winchester und lenkte auf sich die Aufmerksamkeit kunstsinniger Hausväter. Rickard entschloß sich so- dann, das Messerschmieden auszugeben und sich der Schnitzerei und Bildhauerei zu widmen. Ganz auf seine eigenen Kräfte angewiesen, las und lernte er viel aus Büchern. Statuen und kirchlichen Bau- werken, besonders aber zog ihn die Antike an. Lucas ist Autodidakt im vollsten Sinne de? Wortes. Er hat alles seinen Gaben und seineni außerordentlichen Fleiße zu verdanken. Möglich, daß durch eine systematische Bildung und in einer gesättigten Kunst- alniosphäre seine Gaben an Kraft und Umfang gewonnen haben würden, allein seine Umgebung war ihm nickt günstig. Medaillon, Büste und kleine Reliefarbeilen in Elfenbein und Wachs waren seinem Können und Wissen am besten angepaßt. Und auch auf diesen Ge- bieten zeigt er tiefe Unterschiede. Wo ihm die Idee durch Gemälde oder durch Marmorwerke gegeben war, dort leistete Lucas sein Bestes und Höchstes. Enipfangenes auf eigene Weise verarbeiten, die Kunst der Assimilation war ihm in hohem Maße eigen, da konnte er seine ganze künstlerische Energie dem Werke widmen und ihm den Stempel der Meisterschaft ausprägen. Wo es sich da- gegen um eigene Konzeptionen handelte, ist die Leistung oft geringer. Allein eS waren gerade die letzteren Arbeiten, auf die Lucas stolz war; er ließ davon Photographien machen und übergab diese dem Museum. Das Album>m Britischen Museum aus dem Jahre 185S enthält vielleicht kaum ein Drittel von Lucas' Arbeiten. Seit dem Jahre 1829 1859 stellte er in der Akademie aus. Er hat auch einige Statuen, darunter die von Dr. Johnson in Litchfield, verfertigt. Unter den Kunstwerken des Britischen   Museums übten auf ihn besonders die Elgin Marbles  <der Parthenon  -Fries) eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus, und sie veranlaßtcn ihn. zwei Modelle des Parthenon   herzustellen, die von der Verwaltung deS MuseumS für 12099 M. angekauft wurden. Nach Beendigung der Modelle veröffentlichte Lucas im Jahre 1845 eine interestante Abhandlung über das Parthenon  , in der er u. a. sagt:»Diese Ab- ") Die Partei Bodes ist am Ende ihrer Hypothesen. ES gibt, nachdem alle widerlegt sind, keine neuen mehr. Wohl aber bemühen sich uoch einige Professoren der Kunstwisienschaft erfolgreich um den Beweis, daß sie von der Streitfrage nichts begriffen haben oder pickts begreifen wollen. Denn es kann sich nicht darum handeln, mit stilkrilifchen Analysen, mit denen man alles beweisen und wider- legen kann, gegen positive Tatsachen anzukämpfen. Die posi- tiven Tatsachen liefern englische Zeugen. Wir hielten es daher für unsere Pflicht, besonders nachdem der nach Eng- land gesandte Assistent Bodes, Dr. Posse, bewiesen hatte, daß er zur Führung einer Untersuchung nicht befähigt sei, durch unseren mit der englischen   Sprache und den englischen Gewohnheiten durch jähre- langen Aufenthalt vertrauten und in dieser Frage ganz vor- eingenommenen Korrespondenten eine Untersuchung und Zeugen- Vernehmung veranstalten zu lassen. Hier ist das Resultat. Die Red. Handlung... enthält 1. eine kurze Geschichte beS Parthenon; 2. eine Beschreibung seiner Skulptur und feiner anderen Ber  « zierungen; ö. eine Liste der Ouellen und Autoritäten, die während der Ausführung der Modelle benutzt und zu Rate gezogen wurden; i. einen Versuch, das Prinzip zu entdecken, das PhidiaS in seinen Kompositionen leitete, und einige Gedanken über den Einfluß, den die griechische Kunst auf uns ausüben müßte, um eine wahrhaft nationale Zeichen- und Bildhauerschule zu schaffen." Bei einem Besuche des Museums wurde Sir Robert Peel  , damals Premier- minister, auf die Modelle und ihren Schöpfer aufmerksam gemacht; er gratulierte ihm zu seinen Arbeiten, besonders zur Johnson- Statue. Durch Peel und andere Freunde wurde Lucas mit Lord Palmersion bekannt sungefähr im Jahre 1845), und so weit die gesellschaftliche Kluft zwischen beiden auch war, so wurden sie nach und nach intim. Lucas, der durch und durch national war, erwies sich als ein begeisterter Bewunderer»Poms", den er zeichnete. schnitzle und aushaute. Letzterer zeigte sich dem Künstler dankbar und erwirkte ihm im Jahre 1865 eine Staatspension von 159 Pfd. Sterl.(3999 M.) jährlich. Wenige Monate darauf starb Palmerston. Lucas hat etwa 509 Büsten, Medaillons und Reliefs verfertigt. Seine Jmitationstechnik war außerordentlich. Er liebte es und ver- stand es auch, seinen Werken ein älteres oder gar antikes Aussehen zu geben. Mir wurde von seinem Sohne ein Relief gezeigt, waS so aussah, als wäre es in einer alten Ruine gefunden worden. Lucas verehrte die alte deutsche Kunst, was er auch dadurch zeigte, daß er seinem Sohne die Vornamen Albrecht Dürer   gab. 2. Lucas und Palmerston. Unter seinen schriftstellerischen Arbeiten befindet sich auch ein gedrucktes biographisches Fragment unter dem TitelHsttis and Lottie. Palmerstomana"(1875). Es sind zwei längere Aufsätze. Der crsiere ist eine phantasievolle Erzählung der Erfahrungen von Lucas unter den Fee», worin auch philosophische und naturwissen- schaftlicke Spekulationen und psychologisch feine Bemerkungen zn finden sind. Lucas war Darwinianer und doch Thesit. Der zweite Aufsatz enthält seine Erinnerungen an Palmerston, die sich mit unserem eigentlichen Thema insofern berühren, als behauptet wird, Palmerston habe Lucas die Florabüste zur Wiederherstellung gegeben. lieber seinen Verkehr mit Palmerston schreibt er:Im Jahre 1844 machte ich in Elfenbeinschnitzerei(die Studie von Albrecht Dürer  ). Ich hatte bereits meine heroischen Gruppen fertig und aus- gestellt. Ich behielt sie für mich, da meine Porträtarbeiten viel verlangt wurden. Die Klugheit sagte: bleibe bei den Medaillons sie baben dich wohlhabend gemacht; mein Ehrgeiz sagte: suche nach Ruhm l Geld ist nichts. So dachte ich darüber nach, was ich tun sollte; wie bewirbt man sich um dieses Phantom: Ruhm? Als ich eines Tages im Britischen Museum herum» wanderte, blieb ich bewundenid vor den Marmorstücken des Parthenons stehen; ich wollte die Bedeutung dieser großen Werke erfassen und wie letzlere durch Phidias   an das große Bau- drnkmal angebracht wurden. Plötzlich kam mir der Gedanke: Hier ist deine große Gelegenheit; fertige zwei Modelle des Parthenons an; eins als Ruine, das andere wie eS urfprüng« lich aussehen konnte." LucaS fertigte die Modelle an, die ihn mit Sir Robert Peel   bekannt machten. Das Lob Peels und die Be- mühungen eines Freundes brachten Lucas mit Palmerston in Ver- bmdung, die bis zum Tode des letzteren andauerte. Kunst, Politik, Sport und Religion über alles plauderten beide, und Palmerston nabm ost Lucas' Rat an. Auch wenn Diplomaten in BroadlandS (dem Landsitze PalmerstonS) zu Gast waren, saß Lucas in ihrer Mitte und sprach mit. Cr hatte auch große Konversationsgaben. In denPalmerstoniana" erzählt sein Verfasser von den vielen Wohltaten, die er von s einem Gönner erhalten hat, aber mit keinem Worte wird der Florabüste gedacht; die Erinnerungen enthalten auch nicht die geringste Andeutung über irgend ein Kunstwerk, das ihm Palnierston gegeben hätte. Lucas hatte die Schwäche, seine Kopien oder verarbeitete, von anderen er- baltene Ideen für geringer zu halten als seine Originalwerke und Originalideen. Es ist übrigepS eine bekannte psychologische Tatsache, daß Menschen gerade das am geringsten achten, was sie am besten und leichtesten tun können, während sie die minder guten und mit größeren Schwierigkeiten verbundenen Leistungen als ihr Größtes betrachten. Die bei ihm bestellte, nach einem Bilde ausgeführte Florabüste war in seinen Augen eine minder gute Arbeit als etwa das Medaillon Palmerston oder ein originales Relief. Die 49er Jahre des letzten Jahrhunderts waren die besten Jahre von Lucas. Sein Talent erreichte um jene Zeit seinen Höhepunkt. Seine griechischen Studien und sein heißes Streben, das Bleibende der plastischen Kunst mit dem nationalen Geiste Englands zu paaren und eine englische Kunst» schule anzubahnen, bildeten den Antrieb und das Ideal von LucaS in jenen Jahren. Damals schuf er auch nach der positiven AuS- sage seines SohneS Albrecht Dürer   Lucas unter vielem anderen die Florabüste. 8. Der Streit um die Florabü st e. Richard Cockle Lucas   starb im Jahre 1883. Fünf Jahre später wurde sein HausIWsr c>k Winds" genannt, an einen Mr. Simpson verlauft. Im Hause befand sich eine ganze Masse von Lucas' Kunst- arbei en, die im Verkaufe eingeschlossen waren. Unter diesen Arbeiten befand sich auch die Florabllste, die lange Jahre im Besitze der Lucasfamilie war. Nach Simpsons Tode wurde das HauS im