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mädchen und Küchenperfonal. Der ganze Spaß fostet die Kleinigkeit bon 2400 M.-D, die armen, reichen Kinder!!!

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Kulturhistorisches.

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Aus der Jugendzeit der Presse. Der französische Historiker Fund Brentano hat unlängst in einem Buch Figaro und seine Vorläufer"( Paris , Hochette) leben­dige Schilderungen aus der Kindheit des europäischen Journalis mus veröffentlicht. Besonderes Interesse erwedt das Kapitel über die Nouvellistes", die Herausgeber geschriebener Zeitungen, die bis zur Zeit der Revolution eine bedeutende Rolle spielten. Ein 1774 zwischen einem Chef de Nouvelles", d. h. einem Chefredakteur und einem Redaktionssekretär geschlossener Vertrag befagt:" Der Herr Dubec wird zweimal täglich die Neuigkeiter erhalten. Er wird sie nach und nach, leserlich und Wort für Wort, ohne etwas aus eigenem hinzuzufügen, niederschreiben." Der Sekretär hatte die Schreiber und Kopisten aufzunehmen, wobei er große Vorsicht zu bewahren hatte. Denn das Entwenden von Nachrichten zu gunsten eines Konkurrenten oder für eigene Geschäfte war sehr berbreitet. Der Sekretär hatte auch die Administrationsangelegen­heiten zu verwalten und das Verzeichnis der Subskribenten, d. H. Abonnenten zu führen. Das Abonnement war sehr fostspielig. So berechnete Dubreuil 1728 das Abonnement für 4 Quartſeiten mit 6 Livres im Monat, mit 12 Livres für 8 Quartſeiten. Das war der Durchschnittspreis. Er machte im Jahre 144 Livres aus, nach heutigem Gelde 400-500 Frants. Nouvellisten von geringerem Range gaben es immerhin erheblich billiger. Indes wurde ein gewisser Leclerc, der bis 20 oder 30 Sols im Monat herabging, was etwa 72 Frants im Jahr entspricht, von seinen Kollegen als Schmutzkonkurrent betrachtet. Es gab aber auch Abonnenten, die bis 600 Livres jährlich- 2000 Franks in heutigem Gelde be= zahlten! Diesen Tarifen entsprechend war ein Abonnement auf bie Gazetten ein Privilegium reicher Leute. Eine nicht unbedeu­tende Rolle spielten auch die Abonnenten im Auslande. So hatte ein gewisser Gaultier, der sein Blatt zweimal wöchentlich ver­schickte, Abonnenten in Florenz , Brüssel, Zweibrüden und Amster­ dam . Als Abonnent wird unter anderen auch der preußische Ge­fandte Chambrier genannt. Immerhin konnten minder be­güterte Leute die Zeitungen in den Kaffeehäusern lesen. Eine wichtige Tätigkeit, die außerordentlich viel Borsicht erforderte, war die Zustellung an die Abonnenten. Manchmal trug der Nouvelliste sein Blatt selbst aus, wobei er in höchster Eleganz auftrat. Trop der Gefahren, die mit dem Beruf verbunden waren, nahm die Zahl der Zeitungen ununterbrochen zu, und die Kolporteure schoffen aus dem Boden. Gegen Ende des Ancien Regime , besonders während der Halsbandaffäre, wimmelte es von neuen Blättern. Alle Ver­folgungen der Herausgeber und Austräger waren wirkungslos. Die Sprache der Beitungen war oft von rüdsichtslofer Sühnheit. Die Redakteure scheuten sich nicht, der feudalen Kundschaft, der sie dienten, den Haß und die Verachtung, die das auf die Revolution Hinarbeitende Bürgertum den Privilegierten entgegenbrachte, fühl­bar zu machen. Ihre Nachrichten gewannen sie teils selbst, indem sie alle Orte aufsuchten, wo die vornehme Gesellschaft verkehrte, oder sie bedienten sich allerhand Zuträger, unter denen die aus der Be­bientenwelt eine große Rolle spielten. Es gab aber auch Reporter, die regelmäßige Bezahlung empfingen. So erklärt 1670 Seubert be Bostel in einem in der Bastille aufgenommenen Verhör: Ich habe Leute, die mir täglich ihre Ernte an Neuigkeiten abliefern. Ich zahle dem einen 5 Livres im Monat, dem andern 40 Sols. Die materielle Situation der Redakteure war feineswegs glänzend. Viel­fach waren es Deklassierte, entlassene Offiziere, aus der Kutte ge­sprungene Geistliche, brotlose Studenten, sogar öffentliche Schreiber. Diese dienten aber hauptsächlich als Kopisten. Merkwürdig ist, daß auch Frauen als Herausgeberinnen von Zeitungen genannt werden. Eine von ihnen, Frau Laboulaye , deren Ehemann Ser­geant bei den französischen Garden war, wechselte immerzu ihren Wohnsiz, um der Polizei zu entgehen. Marie Rongeard, cine junge Frau von 24 Jahren, war Wäscherin von Veruf. Frühzeitig ver­avitwet, ernährte sie ihre zahlreiche Familie durch Herausgabe einer Beitung. Sie beschäftigte 6 Stopisten, was ein gewisses Pro­Sperieren der Unternehmung bezeugt. Auch sie wurde schließlich in Haft genommen.

Naturwissenschaftliches.

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Ginen interessanten Bortrag über Die Psychologie ber Insekten" hielt am 17. Dezember im Wissenschaftlichen Verein Professor zur Straßen aus Leipzig . In form vollendeter Weise verstand er es, die für den Laien frappantesten und psychologisch interessantesten Tatsachen aus dem Leben und Treiben der uns in so mancher Beziehung geistig ähnlich erscheinen­ben, staatenbildenden Insekten( Termiten, Ameisen, Bienen) dar­zustellen. Es war wirklich ein hoher Genuß, den prächtigen lebens­warmen Schilderungen, bei denen auch der Humor zu feinem Rechte fam, zu lauschen. Nicht zustimmen können wir aber den theoretischen Folgerungen Straßens, die in der Behauptung aipfelten, daß den Insekten, wie übrigens auch allen anderen Tieren teine Intelligenz eigen sei und daß alle sogenannten intelli­genten Handlungen der Tiere rein physiko- chemisch, ohne Heran­ziehung psychischer Faktoren, erklärt werden könnten; ja auch die menschliche Intelligenz enthalte höchst wahrscheinlich feinen ein­zigen psychischen Faktor.

Gewiß ist ja nun, daß die ältere Tierpsychologie allzubeka schwenderisch mit der Benukung der Begriffe Ueberlegung und Ur teil bei der Erklärung tierischer Handlungen umgegangen ist daß Verwendung von Hypothesen gültigen Sparsamkeitsgefebes tierische fie allzuoft unter Verlegung des auch in der Wissenschaft fur die Handlungen, deren Charakter als reine Reflex- oder Instinkthand lung heute einwandsfrei nachgewiesen werden kann, als Intelli genzhandlung gedeutet hat. Gegen eine derartig unwissenschaft liche Erklärungsweise konnte nicht scharf genug Front gemacht werden. Es bedeutet aber ein Verfallen ins enfgegengesezte Extrem, wenn man aber alles Psychische wegleugnen und alle tierischen Verrichtungen durch Kräfte der anorganischen Natur erklären will; das geht einfach nicht, es bleibt da ein un­erklärbarer Rest übrig, und das ist eben das rein Psychische, das dann nun, da es nach Straßens Meinung in den Lebewesen nicht vorhanden sein soll, der Natur selbst beigelegt wird. Straßen sprach z. B. wiederholt von der Absicht der Natur", die diese oder jene zweckmäßige Einrichtung geschaffen habe, er sprach ferner von den Instinkten als von planmäßig vorgesehenen Einrich­tungen der Natur", er deutete die gleiche Gesinnung an durch die Redewendung, die Natur konnte Bedacht darauf nehmen", usw., furz er muß das den Insekten abgesprochene Psychische doch irgendwo unterbringen, irgendwo mit in Rechnung ziehen. Wie gefährlich nun seine Methode der Unterbringung des Psy­chischen ist glaube ist wieder in seine Rechte eingefekt man febe ftatt Natur: Gott und der alte Schöpfungs­zulegen, fann hier nicht unsere Aufgabe sein. Auch für die Tier­das näher dar­psychologie liegt die Wahrheit in der Mitte zwischen den beiden Ertremen, der alten den Intelligenzbegriff vielerorts unnötig an­wendenden Richtung und der neuen den Tieren jegliche Intelligenz ableugnenden streng mechanistischen Theorie. Sie ist unserer Mei­nung nach etwa in der Richtung zu suchen, wie sie Forel in seinen vertritt, daß dort, wo wir ein Gehirn, also Bentralnervensystem, tierpsychologischen Arbeiten eingeschlagen hat, der die Meinung vorfinden und die Insekten haben ein solches wir, wenn auch nur durch Analogieschluß von uns selbst aus, unbedingt ver­pflichtet sind, ein Psychisches als Funktion dieses Organs anzu­nehmen.

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Volkskunde.

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B.

Weihnachtsgebäde. Ein Fest ohne Stuchen, ohne ein besonderes besseres Gebäck, ist für viele kein Fest. Kuchen und andere Süßigkeiten sind für unsere Feste typisch. Besonders gilt dieses für Süddeutschland . Eine besondere Stellung nimmt das Weihnachtsfest ein, indem es einige spezielle Festgebäde besitzt, den Leb- bezw. Pfefferkuchen und die Weihnachtsstolle. Diese Kult gebäde, denn um solche handelt es sich hier, haben ein ehr­würdiges Alter. Schon in der germanischen Mythologie spielen fie eine hervorragende Rolle. In der Regel waren es Seelenopfer, d. h. sie waren den Geistern der verstorbenen Sippengenossen ge­widmet. Das Tieropfer wurde durch das Brotopfer ersetzt. Ja, gewisse Formen und Bezeichnungen alter, bis auf die heutige Beit erhaltene Gebildbrote bringen Andeutungen über in grauer Borzeit auch bei den Germanen übliche Kindsopfer, die später durch entsprechend geformte Gebäde wie z. B. den" Bubenschenkel" er­seht werden. Diese Opferspeise wurde gemeinsam aufgebracht. Zu dem Mahl wurden die Seelen( Maren) der Verstorbenen ge­laden. Das Sippenopferbrot war durch die Teilung kenntlich. Solche Formen stellen unter anderem der noch heute bekannte Seelenzopf", hin und wieder auch fälschlich Judenzopf" genannt, und der Borfels- oder Burkartsweden dar. Letterer ist ein sehr langer schmaler Keil oder gwid mit Teilfurchen und wird am Burkartsmarkt( Dienstag nach St. Burkhart) als Patenbrot ge­schenkt.

durch die wirtschaftlichen Verhältnisse bestimmt, so z. B. die herbst­Die Zusammenfeßung der verschiedenen Kultgebäde wurde lichen Gebäcke durch den Obst- und Honigvorrat. Daher erklärt es sich, daß der Honigkuchen gerade auf dem Weihnachtstisch so beliebt ist. Hinzu kommt noch, daß der Honig schon in den frühesten Zeiten, auch bei anderen Völkern, als Heilmittel, als Labfaft galt, der Dämonen vertrieb. So entstand aus Labkuchen Lebkuchen. Besonders in den Klöstern befaßte man sich viel mit der Her­stellung der Lebkuchen, wohl weil hier infolge des Wachsbedarfes der Kirche die Bienenzucht sehr gepflegt wurde und darum vie! Honig vorhanden war. Weiter gehörten zu den spezifischen Weihnachts, gebäden jene Gebilde, die man als obersächsische Stollen, Ham­burger Slöben oder in Westfalen als Stutenbrot tennt. Dem Sinn wie der Form nach haben wir es hier, wie Dr. M. Höfler vor einigen Jahren in einer Arbeit über das St. Michaelsbrot dar­legte, mit einem nach unseren heutigen Anschauungen als obskön geltenden Gebildbrote zu tun. Der Name Stutenbrot deutet schon darauf hin, daß es sich hier um die Nachbildung eines gewissen Teiles des weiblichen Pferdes handelt. Der gespaltene Stollen bedeutet das Fruchtbarkeitssymbol. Es wurde als Opferbrot den die Fruchtbarkeit beeinflussenden Geistern und Gottheiten dar­gebracht. Während früher diese Gebilde auch am Michaels- und am Nikolastag geschenkt wurden, war die Kirche bestrebt, diesen Brauch immer mehr auf Weihnachten zu beschränken. Sicher in der Absicht, den heidnischen Ursprung zu verwischen.

Verantwv. Nedakteur: Richard Barth , Berlin . Drud u. Verlag: Borwärts Bucheruderei u.Berlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW