Wanjka faltete daZ beschriebene Stück Papier zusammenund steckte es in ein Kuvert, das er gestern für eine Kopekegekauft hatte... Er dachte ein wenig nach, tauchte die Federin das Tintenfaß und schrieb die Adresse:„In das Dorf dem Großvater/Das steht ihm aber so rein und leer da. Er kratzt sich,denkt ein wenig nach und fügt dann hinzu:„KonstantinMakarytsch", die Vornamen des Großvaters, weiter weiß ernichts.Zufrieden, daß man ihn beim Schreiben nicht gestörthat, setzt er die Mütze auf und läuft im Hemde, ohne denPelz umzulegen, auf die Straße...Die Verkäufer im Fleischladen, die er gestern ausgefragthatte, hatten ihm gesagt, daß die Briefe in den Briefkastengesteckt werden. Aus den Kästen werden sie Won betrunkenenKutschern mit Postpferden— Troikas— mit lautem hellemSchellengeklinge! über die ganze Erde hingeführt. Wanjkalief zum ersten Briefkasten hin und steckte den teuren Briefin den Spalt... Von süßen Hoffnungen eingewiegt, schliefer schon nach einer Stunde... Er träumte von einem Oten.Auf dem Ofen sitzt der Großvater mit herabhängendenBeinen und liest den Köchinnen den Brief vor... Um denOfen wandert der„Schwarze" und wedelt mit demSchwänze...Die Ztrümpte.Von Werner Peter Larsen.Vater Helm lag im Bett und unterhielt sich mit seinem Nochuar.Er war redseliger als sonst und auch weniger brummig. Es kamihm alles erträglicher vor Einmal lochte er sogar. Er lackte laut,so daß es durck den Saal sckallte und einige die Köpfe wandten.Es war zu sehen, Vater Heim halte keine Schmerzen.„Ick wees janich, wal es iS", sagte er.„Sowat ha' ick erstimnta in die ZehenS und det janze Veen lang, big rauf fast, heile— nischt. Nich die Spur."„'s Wetter wird ständig I"„Mcechlich."Er warf einen Blick hinaus.Es war klar und deutete auf Frost. Eine Zeitlang war Stille.Nm Ende der Baracke erzählte der Sattler von seinen Leiden. DreiMonate lag er nun da. Seil dem Herbst, lind voriges Jahr vonNovember bis März. Und nicht bester... Was sollte das werden?Das fragte er immer wieder, Wärter und Kranke, oft mitte» in derNackt. Aber hier verstand man ihn nicht. Man hörte nurmurmeln.Vater Heim gähnte.„Wat se da"bloß loofcn,'n janzen Teich schon... Trampelnund Schmeißen mit die Tieren... von frühen Morsen..."„Del is zu heite abend," sagte der Nachbar.„Da ham sezu tun."Seit dem Morgen schon standen im Haupisaale zwei Tannen,an jedem Ende eine, und die Kinder waran daran, sie zu putzen.Aus der Diele lagen lose Reiser für Tische und Wände.Lange genug halten die Bäume draußen warten müssen. Nunwaren sie verteilt. Die großen kainen in den Hauptsanl, die kleinenin die Ncbensäle. Im ganzen Hause roch eS nach Grün.Die Schablone, der Geschäflston. der sonst io oft durchklang,schien gewichen. Alle waren geduldiger, nachsichtiger.„Selbst der Griesberg," sagt Vater Heim.„Sonst wenn er mirhebt, schmeißt er mir, als ob ick'n Stick Holz war'. Heite nimmter mir ivie'n Seichling, janz behutsam."Vater Heim denkt nach.„Aba'n ekliger Kerl is's doch I Ham Se jehört, Lehmann,wat er neilich jesagt hat? Nee? Na, wissen Se I Ne Affenschandeis'S I Hcern Se, sa' ick zu ihm, Griesberg, ick ha' so'neSchmerzen in die Beene, hauptsächlich ivat so um die Zehens is,nich auszuhalten, ia' ick Ihn' I Quatsch, sagt er. Sie sind wollvamickl? Sie und Beene I Wissen Se, wo Ihre Beene sind? Na,wissen Se's I— uff'm Müll sind se I Heern Se, Lehmann, uff'inMüll! Na, sa' ick, von wejen— wat Sie da reden— det Utechtick mir nun aba doch vabillen, verstehen Sie mir? Det se wechfind, weeß ick woll, aba Sie missen doch wissen, det danach innnanoch die Zehens sckn, erzen. Aba von wejen nff'm Müll, wie je-sagt,— det vabitr ick mir l Quatsch mit Sooße, iagt er, Sie hamfick janischt zu vabillen I Vastehen Sie nu mir? Und wenn'sIhn' nick paßt, denn können Se ja runter jehn, zum Direktoroda sonstwo, wo Se wollen, und sich da beschwer». HeernSe, Lehmann, ick soll jehn! Wo se mir de Beene abjenoinine» hamund er selbst dajewesen is, wie se mir rinjcbracht und hinjelegt ham,ta soll ick jehn! IS det nich ne janze Jemeinheit?"DaS war es. Das mußte selbst Lehmann sagen.„Denn is er'n paar Tage rumjejangen, als ob er mir fressenmechte. Und jeschmissen hat er mir—'s war schon nich mehrscheen. Nee, nee. Lehmann. Ava heite, wie jesagt, da nimmt ermir... So..."Er hob behutsam die Truis.„Me'n Seichling.�Vater Heim war guter Laune. DaZ merkte man. Wenn e»sonst darauf zu sprechen kam. baß sie ihm die Beine abgenommenund er nun auf anderer Gnade angewiesen sei— die Schmerzenerwähnte er fast nicht—, wenn er auf diese Dinge kam und vondiesen noch ans manche andere, wurde sein Geficht hart.„Laßt mir bloß zufrieden." sagte er,„von wejen die heitijeJesellsckaft! Jöttliche Ordnung! Kennen wir! Für die, wo'sPortemonnaie hani I Mit'n Armen machen Se nich Sperenzchens,nee, friß oda stirb! So is's!— ibaall 1 Na, wartet nur—"Heute aber war er weich gestimmt.„Jott mit ihm", sagte er.„Mit'n janzen Griesberg.Eijeutlich bin ick ja ooch nich beese uff ihm. Ick bin'n krankaMensch und froh, wenn er mir in Ruh läßt."Es dämmerte.Der Lettler erzählte vom vorigen Jahr. In demselben Saalhatte er gelegen. Am Abend hatten sie den Baum angesteckt undgesungen und die Stadt hatte alle beschenkt. Ja... Sie schenktemimer dasselbe. So ein bißchen nach Schema F. Jedem ein PaarStrümpfe.Hier verstand man ihn nicht. Er lag zu weit fort. Man hörtenur murmeln.Draußen klangen Schritte. Im Hauptsaal lachten die Kinder.ES war dunkel und still. Nur der Bettler sprach. Er wurde nichtbester I Was sollte das werden—?Jemand tat die Tür auf. Ein Lichtstreif fiel herein.Die Sckwester.So still? Sckliefcn wohl noch? Nein? Da könne mau wohl denBaum anzünden?Das könne man.Das Licht an der Decke flammte auf. Die Wärter kamen, dieSchwestern kamen, selbst der Arzt kam. Einige blieben flüsternd ander Tür stehen, andere mackten sich zu schaffen.Zwei der Sckwestern h nickten von Bett zn Bett und legten aufjedes die Geschenke— einen Teller mit Backiverk und ein WeißesPäckchen— nieder. Dann traten sie zu den anderen.Der Baum brannte. Er spiegelte sich in den Fenstern und eSschien, als brenne nicht er allein, sondern nock mehrere neben ihm,in jedem Fenster einer. Es war warm und still und hell bis indie Ecken. Zuweilen züngelte eine Flamme auf, beleckte ein Taimen--reis und knisterte leise.An der Tür standen die Wärter und Sckwestern und mit ihnender Arzt, sckcu zu einem Häuflein gedrängt, als wüßten sie nichtrecht was zu sagen.' Sie flüsterten untereinander, dann traten fisein wenig vor und begannen zu singen.Vor allen schwebte ein Sopran. Ihm folgen andere, erstzögernd, dann kräftiger und lauter. Sie vereinten sich und flössenineinander und waren doch wiederum alle zu unterscheiden, diedünnen Mädchcnstimmen, der Tenor des Arzte? und GrieSbergS Baß.Die Kranken lauschten. Sie sahen bald den Baum, bald dieSänger an. Manche schienen gerührt, manche lächelten.Nur Vater Heim nicht. Er lag still, das Gesicht abgewandt, dieHand ans den Augen. Vor ihm lag ein geöffnetes Päckchen, in demetwas Graues stak. Er beachtete eS nicht. Er lag auf dem Rücken,den Kopf vergraben und etwas schüttelte ihn. Zuweilen stieß ereinen Laut aus, einen seltsamen Laut, von dem man nicht rechtwußte, ob eS Seufzen war oder Lachen oder ob er in den Gesangeinstimmen wollte.Eilte Schwester beugte sich über ihn.Nein, er lachte nicht. Er wollte auch nicht fingen.„Ja, was ist es denn?"„Ach"— es schüttelte ihn—„da jeben se mir nu Strnmpe,wo ick jar kerne Beene mehr ha' I Abjenommen sind se— beede—und uff'n Müll— ja— uff'n Müll sind se--"Er schluchzte.„Det is jewiß Wieda der Griesberg, der mir ärjern will—"Von der Tür, an der sich das Häuflein Menschen drängte, klangscheu der Choral._Die Gntrtebung des QOkibnaebts-feftes.Die großen Volksfeste des Christentums sind ebensowenig wiedas ganze Christentum selber mit einem Schlage in Deutschland„eingeführt" worden. Das„Christentum", das sich von Italien.Gallien und Britannien her nach Deutschland vorschob, war imganzen mehr eine fortgeschrittene Wirtschafts- undS o z i a l k n I tu r. Soweit es eine selbständige Gedankenmachtwar, mußte es sich aber den Verhältnissen, in die es kam, anpassen.Es wäre der helle Wahnwitz gewesen, wenn die christlichen Agi-taloren zu den innerhalb der germanischen Völker bestehenden Volks--festen plötzlich drei neue hätten hinzufügen wollen. Solvcit reichteder politische Blick der Missionshäuptlinge auch: mit Befehlen vonoben toat hier nichts zu machen. So wies schon Papst Gregor imJahre 495 die Wanderprcdiger in Deutschland ausdrücklich an.„die einheimischen Brä u ch e nicht zu st ö r e n, sondern sie vorsichtig umzu deute n".Feste, Volksfeste, entstehen überhaupt nicht mit einem Male.Fr sie sind ganz natürliche Erscheinungen im jährlich sich wieder-