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Ein anderer Film zeigt den Blutstropfen einer Maus, die mit einem Trypanosom infiziert worden war. Der Film ist nach Broben gefertigt, die an sechs aufeinanderfolgenden Tagen dem Versuchsobjekt entnommen waren. Es handelt sich um eine Krankheit, die sich schnell entwickelt und stets mit dem Tode endigt. Die Trypanosome, die sich im Blute der Maus mit enormer Geschwindigkeit vermehren, sind sonderbare Wesen. Sie sind von so äußerst geringer Ausdehnung, daß man auf den Millimeter 20 000 bis 100 000 Stück bringen kann bei Vorführung des Films sehen sie aber auf dem Projektionsschirme wie Geschöpfe von mehreren Zentimetern Länge aus. Sie bewegen sich ähnlich wie Raupen und stürzen sich äußerst schnell auf die roten BlutKörperchen, die wie elastische Gummibälle infolge des Stoßes eingedrückt werden, aber dann ihre natürliche Kugelform wieder annehmen.
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bas mit einem Bazillus( spirochaete gallinarum) infiziert ist. Igar nicht behandelt, oder über sie ein verdammendes Urteil fällte, Dieser Bazillus dezimirt die Hühner gewisser südamerikanischer ohne mehr als die Titel ihrer Schriften gelesen zu haben Bezirke. Wir sehen wieder rote Blutkörperchen, aber in der sie sonstiger zahlreiher Jrrtümer und Mängel nicht zu gedenken. Das umgebenden Flüssigkeit schießen lange spiralförmige Fäden mit bürgerliche Durchschnittslefepublikum hat dieser Engelschen Literatur aalartigen Bewegungen vorwärts und rückwärts, und zwar mit geschichtsflitterung, wenn man den Auflageziffern glauben darf. berblüffender Geschwindigkeit. Manchmal sieht man zwei, auch einen ungewöhnlichen buchhändlerischen Erfolg bereitet. Es fam brei Spirochäten aneinanderhängen und eine längere Spirale ja auch, was die Darstellung der klassischen Periode, zumal Gilden. Plötzlich dringt einer der Parasiten in das Innere eines Goethes anlangt, vollkommen auf seine Rechnung. Denn gerade roten Blutförperchens ein. Der Bazillus bleibt darin gefangen in dieser Materie dokumentierte der Verfasser eine nicht landläufige and dreht sich verzweifelt um sich selbst, indem er vergeblich einen Beschlagenheit. Um feinen Goethe" mag ihm seine Literature Klusweg sucht. Andere geraten gleichfalls in die Schlinge, aus geschichte verziehen sein. Das ist ein gewichtiges Buch, eine dauerder sie sich aber wieder freimachen können. gültige Leistung. Wäre Engels Darstellung eine bloße Ver himmelung, so würde es sich nicht verlohnen, darüber ein Wort zu verlieren. Ich bekenne frei: ich ging mit Mißtrauen an die Lektüre. Aber der Verfasser hat mir eine frohe Enttäuschung bereitet. Nur eine jahrzehnte lange intensive Beschäftigung fonnte dies Werk zustande bringen. Es unterscheidet sich von allen anderen Büchern, die über Goethe handeln um Turmes Höhe; es erschöpft den Gegenstand nach allen Richtungen wie feins zuvor. E ist eine völlige Umwertung des Dichters und Mannes. Sie ward erreicht durch Goethe felb ft. Engel ergeht sich nicht über ihn nach dem Schema der Wissenschaft". Ihn selbst läßt er reden, ihn selbst läßt er allen Dunst und alle Legenden, die die Forschung" um ihn, sein Licht verdunkelnd, seine Schatten beschönigend, gebreitet hielt, zerstören. Diese Methode, so unwissenschaftlich", so unliterarisch" sie dem Verfasser von den Kathedergelehrten angerechnet werden wird sie ist doch höchst selbstverständlich. Aber das Zeitalter, in dem Goethe geboren ward, lebte, wirkte und schaffte? Nun, Eduard Engel hat nicht den leisesten Versuch gemacht, dessen trockenen, unzulänglichen Historifer" zu spielen. Welche Verständigung! Welche ungeheuerliche Verblendung! werden wohl die von der Gelehrtenzunft ausrufen. Erst kommt doch eine mit vagen Hypothesen, Anmerkungen, verklausulierten Trugschlüssen überreich gespickte und von soundsoviel Vorgängern oftmals wiedergeläute Darstellung der zeitlichen Historie. Dann fegt man den Autor hinein, um nun urgründlich zu erweisen, daß er ja so, wie wir ihn fennen, werden mußte". Nicht so Engel . Er sagte sich: Goethe ist die Verkörperung seiner Epoche; er geht durch fie hindurch, und sie wächst an ihm und mit ihm. Beide lernen wir aneinander am besten kennen. Und so stellte Engel den Kolossalmenschen- und Schöpfergeist mitten in die Dinge hinein, um ihn von sich und allen Weiterscheinungen das, was wahr und mächtig, oder irrig und nichtig gewesen ist, direkt bezeugen zu lassen. Erst jetzt erlangen wir den notwendigen Abstand für die richtige Abschätzung von Goethes alles überragender Höhe, die uns dennoch so erreichbar nahe dünkt. Daß dies so ist, verdankt der Leser dem Verfasser. Nun ist der Weg zu Goethe frei von allem Unkraut und Gestrüpp philologischer Tüftelei. Engel hat sich nicht gefcheut, uns auch nur eine Falte seines Wesens und Charakters zu verheimlichen. Am ehesten wird das klar aus dem Verhältnis Goethes zu verschiedenen Frauen, an denen fein Herz Schiffbruch gelitten hat. Bekanntlich gibt es noch immer Leute, die emfig bemüht sind, die Beziehungen Goethes zu Friederike Brion , der Pfarrerstochter von Sefenheim, als harmlos hinzustellen. Engel verweist diese angebliche Unschuldigkeit ins Reich der Fabel. Besonders wohltuend berührt die Ehrenrettung von Goethes tapferer Frau Christiane; während andererseits Charlotte v. Stein, überraschend zwar, doch überzeugend in ihrer wahren Natur gezeigt wird. Wie alle Seiten in Goethes Menschen- und Dichterleben außer der fortlaufenden Darstellung feines äußeren Erdenganges behandelt werden, so erfahren auch Goethes dichterische Hauptwerke eine auf reichstes Urkundenmaterial gestüßte, start von der bisherigen Ueberlieferung abweichende Beurteilung. Hier offenbart sich die Verdienstlichkeit Engels im schönsten Lichte. Endlich so dürfen wir jetzt sagen haben wir Goethe, wie er wirklich war.
Das sind nur einige Beispiele aus dem reichen, von Dr. Comandon bereits gewonnenen Material. Es genügt, um sich eine Vorstellung davon zu machen, wie sehr der Kinematograph geeignet ist, die Wissenschaft zu popularisieren und große Kreise für ein Gebiet zu interessieren, das sonst ausschließlich Domäne eines engen Gelehrtenkreises ist. Aber den bedeutendsten Vorteil erringt der Forscher selbst; der Beobachter braucht nicht mehr wie bisher gleichzeitig das Präparat zu betrachten, dasselbe zu zentrieren, dabei möglichst genau zu zeichnen und die Beobachtungen zu notieren; er kann jetzt mit Muße, ohne Ablenkung von seiner eigentlichen Aufgabe, die Vorgänge beobachten und wird deshalb vieles bemerken, was ihm bisher entgangen ist. Sehr interessant ist es nun aber auch, wie das durch das Mikroskop vergrößerte Bild auf den Film gebracht wird. Eine elektritische Bogenlampe von 30 Ampère wift mittels einer mit Blende versehenen Linse einen starten Lichtstrahl entweder auf das Präparat oder auf einen Spiegel, der ihn senkrecht zur Achse des Apparates zurückwirft, je nachdem man mit einem gewöhnLichen Mikroskop oder mit einem Ultra- Mikroskop arbeitet. Dieses wird horizontal aufgestellt und wirft ein vergrößertes Wirklichkeitsbild des Präparates auf den Film, der sich in üblicher Weise zur Aufnahme der zahlreichen Momentbilder im finematographischen Apparat abrollt. Nun bietet aber die durch das Strahlenbündel erzeugte enorme Hize ganz besondere Schwierigfeiten; sobald die Mikroben auch nur einige Augenblicke der Hibe ausgesetzt werden, sterben sie ab. Man schuf nun Abhilfe durch eine Vorrichtung, die sich im gleichen Taft mit dem Kinematographen bewegt, und bewirkt, daß die Mikroben nur eine zweianddreißigstel Setunde der Hite des Strahles ausgesetzt bleiben, avorauf eine gleich lange Unterbrechung der Exposition eintritt. Das würde aber unter Umständen noch nicht genügen, um die Hiße des Strahles ausreichend zu mildern. Er wird deshalb, Gevor er das Präparat trifft, durch ein Reservoir mit kaltem Waffer geleitet, das einen Teil der strahlenden Wärme absorbiert. Nun müssen wir uns vergegenwärtigen, daß das Mikroskop bereits das Bild in ganz enormer Weise vergrößert und daß dann durch die Projektion des auf diese Weise aufgenommenen Bildes eine weitere bedeutende Vergrößerung erzielt wird. Auf diese Weise kann man natürlich nur ganz winzige Objekte, die ffür das unbewaffnete Auge kaum noch sichtbar sind, finematographisch vorführen, und es ist deshalb ganz zutreffend, hier von einer Kinematographie des Unsichtbaren zu sprechen. Ein Floh ist für unseren Begriff ein sehr kleines Wesen; wollte man diesen aber einer ebenso bedeutenden Vergrößerung unterwerfen, wie die erwähnten Blutparasiten die Linear- Vergrößerung beträgt 10 000 so würde der Floh so hoch wie ein fechsstödiges Haus erscheinen. Das Beispiel mag zeigen, in welcher Klarheit und Deutlichkeit die kleinsten Geschöpfe auf diese Weise dem Zuschauerfreis vorgeführt werden können, und wie tief uns die Vereinigung bon Mikroskop und Kinematograph in die geheime Werkstatt der Natur bliden läßt.
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Kleines feuilleton.
Literarisches.
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Medizinisches.
E. K.
Südamerika die Heimat dieser mörderischen Krankheit ist und daß Die Heimat ber Syphilis . Daß Amerifa und speziell sie wahrscheinlich aus Peru von den Spaniern in Europa eingeschleppt wurde, hat schon Jwan Bloch in seiner Geschichte der Syphilis an der Hand eines reichen Literaturmaterials mit vielem Scharfsinn festgestellt. Den schlüffigen Beweis dafür erbracht zu haben, ist nach" Petermanns Geographischen Mitteilungen" das Verdienst eines jungen Mediziners an der Universität Lima, J. Tello. Diefem gelang es, in den Jahren 1907-1908 aus altindianischen Grabstätten, die zum größten Teil aus der vorkolumbischen Zeit, teilweise sogar aus der Zeit stammten, als die Inkas noch nicht über Peru herrschten, eine Sammlung von über 15 000 Schädeln zusammenzubringen. Unter diesen waren etwa tausend, die deutliche Anzeichen einer Deformation aufwiesen, wie sie nach Ansicht dortiger Fachleute als Folgeerscheinung von Syphilis aufzutreten pflegt. Damit wäre nun auch ausgezeichnet in Einklang zu bringen das Fehlen oder die Verstümmelung von Nase und Oberlippe, wie es häufig bei altperuanischen Tonfiguren beobachtet worden ist. Offens bar litten die so dargestellten Personen an Syphilis , während bisher die Gelehrten der Meinung waren, man habe es hierbei mit den Porträts von in dieser Art durch Verstümmelung bestraften Verbrechern zu tun.
„ Goethe. Der Mann und das Werk." Von Eduard Engel. ( Concordia, Deutsche Verlagsanstalt , Berlin 1910.) Vor brei Jahren habe ich an dieser Stelle desselben Verfassers, Geschichte der deutschen Literatur" in einzelnen Partien als oberflächliche, un zureichende Schreiberei abgelehnt, und zwar deshalb, weil Engel entweder namhafte Schriftsteller, sie ihm nicht genehm sein mochten, Berantw. Nedakteur: Richard Barth , Berlin . Druck u. Verlag: Vorwärts Buchbruderei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co..Berlin SW.