»NN. Die Kälber aber, die alle nnteinander ein böse? Gewisien hatten, stürzten sich nun wie auf gemeinsame Verabredung in den Graben und zerrten an den Verbindungsstricken, dah eins mitten entzwei barst. Zwei Kälber sprengten von der Herde fort und begruben sich unter höhnischem Gebrüll im Haferfeld deS Nachbarn. JenS heulte laut vor Verzweiflung und Zorn. Ein wütendes Weib in knielangem bunten Unterrock kam schinipkend und gestikulierend aus einer Hostür in der Nähe und ließ eine sündige Saat von Flüchen und Verwünschungen auf die breiten Becker niederregnen. Der Satan soll Dir in den Hais fahren, Du Mistjunge, kannst Du Dein Viehzeug nicht festhalten 1" Der Schall dieser Worte wurde von den Hauswänden zurück- geworfen. JenS stürzte bleich vor Schrecken hinter den Kälbern her, wobei er seine nackten Füße vor den scharfen Feuersteinen des Ackers in acht nehmen mußte. Die nasien Haferähren schlugen ihren Tau mit einem Schlage durch seine Hosen hindurch. Nur die Ohren der Kälber waren über den Haferspitzen sichtbar. Mit ihren langen be° gehrlichen Zungen streiften sie die Körner von den Halmen. Das Frauenzimmer kläffte zum Gotterbarmen weiter. JenS Augen standen ihm vor Hilflosigkeit aus dem Kops heraus. Da iah er plötzlich Fischer TomaS auf dem Weg vorübergehen. Tomas warf sofort die Angel weg und watete in den Hafer hinein. Mit vereinten Anstrengungen kriegten sie schließlich die Kälber am Maul zu packen. Tomas verließ seinen kleinen Freund nicht, bevor die ganz« Schar in Ordnung zusammengebracht war. Gott steh mir bei, wie die loslegte," sagte Toinas und nickte in die Richtung, wo die kurzröckige Megäre nun wieder auf ihren Hof zurückstampfte. Das war wahrhastig die Frau Witwe. Bei der möchte ich auch nicht meinen Morgenkuß holen." Nach einer Weile fügte er hinzu: Na, Siafen konnte Dich auch heute nicht frei lassen. Nein. das ging natürlich nicht an. Ich möchte übrigens glauben, daß Du noch zur rechten Zeit kommst, wenn Du Dich beeilst." Tomas setzte init der wippenden Angelrute seine Wanderung nach der Au hin fort. Etwa 20 Ellen von Jen? hielt er plötzlich inne. Ja, das war die Flöte der Lokomotive. Das mußte die Ankunft sein. Mein kleiner JenS, ich glaube. Du mußt laufen, waS das Zeug halten Willi Ist es nun nicht eine Sünde, ein Kind zu spät kommen zu lassen, das nur einmal im Jahr eine kleine Freude bat." munnelte er vor sich hin und ging kopfschüttelnd weiter. Und Jens rannte mit der ganzen Spannkrast d«S Knaben. Im Anfang war eS ihm, als könne er jeden Hügel in zwei bis drei Sprüngen nehmen. Später wurden die Füße schlapper. Dann und wann schnitt ihm ein Feuerstein in die Zehe. Aber das ließ ihn nur stärker laufen, um die Schmerzen zu vergessen. Nun hatte er den breiten StationShiigel erreicht. Er lief, daß die Nase fast den Erdboden berührte. Hier, wo die Aussicht gesperrt war, gab die Angst ihm Flügel. Ich komme nicht mit, ich komme nicht mit," flüsterte er unhör- bar bei jedem Sprung. Der grüne Wald, der mitten im Wasier der Bucht lag, die stöh- lichcn Kameraden, Spiel, Tanz, Musik, der dampfende Kaffee, das würzige Weißbrot alles, alles schien ihm mit dem Rauch der Lokomotive zu verschwinden. Halb wirr vor Atemnot erreichte er die Höhe des Hügels. Man sah keinen Zug. Und eS war so unheimlich tot da unten. Ich komme nicht mit, ich komme nicht mit," fuhr eS ihm be­ständig durch den Kopf. Noch war eine Möglichkeit, daß der Zug hinter dem roten Stationsgebäude verborgen stand. Ja, verflixt, kam da nicht der Rauch über das Dach hinauf?" JenS lief, als brenne ihm das Feuer unter den Sohlen, während die lose hängenden Schuhe immer hinter seinem Kopf zu- sammenknallten. Nun bog der Weg nach rechts und er sah, daß der hoffnungs- volle Rauch von einem Nachbarhaus stammte. Ich komme nicht mit, ich komme nicht mit", stöhnte er weinend. während er mit einem roten Nebel vor den Augen auf den Perron einbog. Wie war eS hier so leer I Die Hühner gingen friedlich zwischen den blanken Schienen; der Ledcrklöppel der StationSglocke schwang in der Morgenbrise sanft und weich hin und her. Jens Augen erweiterten sich zu unnatürlicher Größe, während er die leeren Schienen entlang sah und den Blick immer höher und höher zu dem hoffnungslosen Horizont erhob. Der Stationsvorsteher, ein magerer Mann mit barschem Ge- ficht, war aus den Perron hinausgekommen: Hättest Du mu in den Wald wollen?" Ja", sagte JenS und schluchzte, als sehe er erst jetzt seine Ent- täuschung in ihrem vollen Umfange. Wer mit dem Zuge will, muß rechtzeitig kommen, sagte der Borsteher, als verlese er einen Satz aus dem Reglement. Ich mußte erst die Kälber hinaus bringen", schluchzte JenS. Bist Du eS. der bei Stafen auf dem Ailhof dient?" Jens bejahte es. Auf den inständigen Wunsch deS Lehrers Petersens habe ich den Zug fünf Ministen über die gewöhnliche Zeit halten lasten, man hatte Dich wobl unterwegs gesehen. Als Du aber auch dann nicht gekommen warst..." Nun war auch die Frau der Vorstehers hinzugekommen: Mein Gott, ist er zu spät gekommen!" Sie sah in sein der- weinles Geficht herab. Komm zu mir herein! Du sollst eine Tasse Kaffee trinken!" Die nette Frau bot ihm auch Kuwen. Jens saß aus der äußersten Ecke des feinen SofaS und wagte vor Geniertheit kaum aufzusehen, während er unter kleinen Schlucklauten seinen Kaffee schlürste. Einen Augenblick später schloß sich die Tür der frimdlichen Frau hinter Juns nackten Fersen. Alas am k)alleyscken Kometen zu leben fein wird. Während früher die Erscheinung eines Kometen als eine Zuchtrute Gottes angesehen und als der Vorbote eines großen Weltunglücks gefürchtet wurde, hat sich heute bei allen Menschen. die eine wahre Ehrfurcht vor Naturereignissen besitzen, und nicht vom Aberglauben angekränkelt sind, eine Sehnsucht nach dem lang- entbehrten Anblick eines großen Haarsterncs eingestellt. Leben heute doch nur noch wenig-, die eine deutliche Erinnerung an eine oder mehrere der letzten großartigen Himmelserscheinunaen dieser Art haben. Die Hoffnungen aller Naturfreunde richten sich nun auf den Halleyschen Kometen, der bald seine größte Sonnen- nähe erreichen' und dann möglicherweise sich zu einem prächtigen Schauspiel entwickeln wird. Sichere Versprechungen lasten sich daraufhin freilich noch nicht machen. Wenn man die letzten Be- richte der Astronomen über ihre Beobachtungen am Halleyschen Kometen liest, so geht daraus allerdings hervor, daß wenigstens im Monat Dezember das Gestirn immer nur noch mit Verhältnis- mäßig starken Fernrohren erreichbar war. So schreibt der fran- zösischc Astronom DeslandreS an die Pariser Akademie der Wissen- schafte», daß er mit dem großen Spiegelteleskop der Sternwarte in Meudon bei Paris , das einen Spiegel von einem Meter Durch- mcsser besitzt, bei einer Expositionszeit von b Minuten ein scharfes Bild von dem Hauptteil des Kometen erhalten hat. Eine andere Aufnahme des ganzen Kometen zeigte diesen als eine neblige Masse, die in der zur Sonne entgegengesetzten Richtung verlängert erschien. Außerdem wurden auch zwei Aufnahmen des Kometen- spektrums gewonnen. Besonders wichtig, auch im Hinblick auf die zukünftige Entwickelung des Gestirns, ist die Bekundung, daß Schwankungen seiner Helligkeit beobachtet worden sind. Die Him- melsforscher werden nun im Lauf der nächsten Wochen und Mo- nate jedenfalls alles daransetzen, um den Halletischen Kometen so gründlich wie möglich zu studieren, so daß sein diesmaliges Er- scheinen für die Wissenschaft einen erheblichen Erfolg verspricht, auch wenn die übrige MTnschheit in ihren Hoffnungen wieder gc- täuscht werden sollte. Die Astronomische und Astrophysikalische Gesellschaft in Amerika hat durch ihren besonderen Ausschuß für Kometenforschung eine Abhandlung ausarbeiten lassen, die nun- mehr an sämtlichen Sternwarten der Erde als Rundschreiben ver- breitet worden ist und eingehende Angaben darüber enthält, was an dem Kometen beobachtet werden sollte. Der Inhalt der Schrift ist auch für die Liebhaber und Verehrer der Himmels- künde, die an ihrer Förderung nicht selbst tätig sind, von großem Interesse, weil er einen trefflichen Einblick in den heutigen Stand und in die wahrscheinliche Zukunft der Kometenforschung gibt. Auch erhält man dadurch besser als bisher eine Belehrung über die Erwartungen, die sich an den Kometen knüpfen lassen. Selbst- verständlich wird an erster Stelle eine genaue Verfolgung des Kometen in der ganzen Zeit seiner Sichtbarkeit gefordert. Man könnte meinen, daß die Bahn des Kometen am Himmelszelt längst genügend berechnet sein müßte, so daß darauf keine besondere Aufmerksamkeit mehr verwandt zu werden brauchte. Es sind aber und darauf beruht ja gerade alle Erwartung große Störungen der Bahn möglich, wenn nicht wahrscheinlich. Am t. Mai wird der Komet dem Planeten Venus , am 13. Mai der Erde nahe kommen, und die Anziehung dtefer Himmelskörper kann nicht ohne Einfluß auf den Kometen bleiben. Daraus kann sich die für die Himmelsforschung besonders wertvolle Gelegen- heit ergeben, die Masse des Kometen zu berechnen. Auherdcn» aber wird die große Annäherung des Gestirns an die Erde eine ungewöhnliche Gunst für das Studium der physikalischen Be- schaffenheit des Kometen gewähren, und zu diesem Zweck wird ein möglichst ausgiebigerphotographischcr Feldzug" für die ganze Dauer der Sichtbarkeit des Kometen empfohlen, die sich auch nach Tunlichkeit über die ganze Erde erstrecken muß. Infolgedessen hat die amerikanische Nationalakademie der Wissenschaften eine besondere Expedition nach den Hawaiinseln ausgerüstet, um den Kometen dort während der Zeit seiner größten Helligkeit, die leider für daö Auge durch die Nähe der Sonne überstrahlt wird, photographieren zu lassen. Der Hauptzweck aller Beobachtungen ist die Feststellung der Veränderungen, einmal in dem Schweif des Kometen mit besonderem Bezug auf die von ihm ausstrahlenden Massen und zweitens in dem Kopf und Kern