@i6t so dke kunstgeschichtlicbe Unterstützung für die Echtheit derBüste nur negative Resutlale, so gaben die Aussagen der eng-l i s ch e n Zeugen um so deutlichere positive Anhaltspunkte. Prof.Boll analysiert an der Hand unseres Artikels vom 24. Dezember dieenglischen Zeugnisse.„Was fie berichten ist in einfacher Spracheentwickelt und schildert ganz einfache Vorgänge.... Die Aussagen,die wir kür die Autorschaft alter Kunstwerke oft aus sehr trübenQuellen entnehmen, find in den seltensten Fällen so klar wie diehier vorliegenden.... Es wurden eine große Reihe von Einzel-h e i t e n zur Bekräftigung beigefügt. Dadurch hatte ihre Er-Zählung von vornherein viel Ueberzeugungskraft. Nun wurde abernoch obendrein mit einer fast grauiamen Härte nach irgend einerUnrichtigkeit gefahndet und keine einzige gefunden.... Man hatnun von Berlin aus gesagt, daß der Sohn des Bildhauers Lucasfich vielleicht �doch irren könne. Er ist jetzt 81 Jahre alt und seinGedächtnis könne ihn leicht täuschen. Aber gerade dieser Umstand,daß der jüngere Lucas so alt ist, erhöht im Zusammenhang mit derAusführlichkeit seiner Erzählung die Glaubwürdigkeit. Er erzähltja nichts aus seiner späten Zeit, sondern aus seiner Jugend. Erweiß noch, daß er seinen Vater an der Büste arbeiten sah mid daßer ihm selbst dabei geholfen hat. Und nun ist es eine bekannteEigenschaft des Gedächtnisses von alten Leuten, die fich ihre geistigeFrische bewahrt haben, daß es die Ereignifie der Jugend treu undfest wie Versteinerungen unveränderlich ausbewahrt."Aber auch die kunstgeswichtliche Nachprüfung ergibt nach Voll dieGlaubwürdigkeit der englischen Zeugen.„Auch der kunstgeschichtlicheBeweis dafür, daß Lucas als Imitator wobl fähig gewesen ist, eineArbeit vom Stile der Wachsbüste zu machen, ist vollständig erbracht.Mehr als das: der Stil seiner antikisierenden Werke deckt sich völligmit dem der Florabüste, und so müssen wir sagen, daß er nicht nurfähig gewesen ist, dicie Büste zu machen, sondern daß der Charakterder Büste nicht der Behauptung widerspricht, fie sei von Lucas ge°macht worden."Nach dieser Erledigung der Echtheits frage geht Voll zur all-gemeinen Würdigung des Systems Bode über und besprichtzunächst die Verteidigung, wie fie von Bode geführt wurde:«Bodes Verholten im langen Verlauf der peinlichen Angelegenheitfat allen Anforderungen der Wissenschaft wider-p r o ch e n, ganz abgesehen davon, daß wohl allgemein über denTon Klage geführt wurde, mit dem er seine Gegner abzufertigengesucht hat.... Bis jetzt galt, nicht zum kleinsten Teil durch BodesVerdienst, die deutsche Kunstwissenschast als die erste und zuverlässigsteder Welt... Mit Schönrederei wird bei uns kein dauernder Erfolgerzielt.... Das war unser Stolz, und den hat Bode geknickt; dennin Bode war die deutsche Kunstwissenschaft verkörpert oder schien eswenigstens zu sein. Wenn gerade er fich im gegebenen Falle alsein so unbelehrbarer Feind ruhiger Forschung erweist, wenn er fürgute Gründe nur üble Schimpfworte, für positive Tatsachen nurhaltlose Ausreden hat, dann ist die deutsche Kun st wissen-schaft diskreditiert."Nicht daß Bode fich dieses eine Mal getäuscht Hot, soll ihmangerechnet werden, er hat sich oft, unzahlige Male ge-täuscht und zwar gerade dann, wenn er bedeutende Ankäufemachen wollte. Der große Rubens aus der Scbönborngalerie ist— kein Rubens; der große Rembrandt für 300 000 M. ist kaummehr als ein von Rembrandt teilweise übergangenes Schulwcrk.Der Fra Angelico, der unter deil Neuerwerbungen hängt, ist einschwaches Schulwerk. Ebenso in der Plastik, wo sich viele Fehl-a n k ä u f e aufzählen ließen. Vor allem ist der von Bode entdeckteGiovannino lJünglingj nicht von Michelangelo. Zudem find vonBode auf diesem Gebiete, wo er als besonderer Kenner gilt, eineReihe Fälschungen nicht erkannt worden.Wie kam es nun, ftagr Voll, daß alle diese Fehlankäufe be-kannt sein konnten, ohne bei der Beurteilung der Florabuste in dieWagschale zu fallen. Die Antwort lautet:„Bode hat sichnahezu die gesamte Presse dien st bar gemacht.Man darf nicht übersehen, daß von den vielen deutschen Blättern langeZeit nur ein einziges"), das«Verl. Tagebl." gewagt hat, den Kampf gegen") Das ist ein Irrtum Voll«. Der„Vorwärts" hat ungefährgleichzeitig seine Kampagne begonnen. In der„Tägl. Rund-schau" kämpfte W. P a st o r eine Zeitlang sehr wacker, um dannauf einmal für lange zu verstummen. Jetzt bringt er plötzlich einenSchluhartikel. Man hält allgemein Herrn Pastor für einen ehrlichenMann, um so mehr hätte er Anlaß, über das merkwürdige Ver-stummen öffentlich Aufschluß zu geben.— Mehr alS merkwürdig war das Verhalten der Zeitschrift„Kunst undKünstler", die Karl Scheffler im übrigen ausgezeichnetredigiert. Die Zeitschrist brachte einen großen Verteidigungs-und Reklameartikel aus Bodes Feder, ohne daß er dortangegriffen war. Darin stand auch noch die famoseHypothese von den zwei Büsten, die Prosefior Miethe damalsbereits widerlegt hatte und damit war die Florafrage erledigt IDas nennt sich eine objektive Redaktion!— Die von den ein-geschworenen Bodejüngern redigierten Kunstzeitschriften kommen indieser Frage nur als Stimmungsmacher in Betracht. Ihre Wifien-schaft richtet fich nach Herrn BodeS Ansichten. Uebrigens ist wiedereiner der Kunsthistoriker, die fich für Bode aufs angelegentlichsteblamierten, befördert worden. Wir meinen Herrn Georg Gronau,der eben die Direktion der Kasseler Galerie bekam. Er muß sehrgroße Verdienste um Bode haben lBobe in dieser Angelegenheit aufzunehmen, daß ferner sehr viele—par ordre du rnouphtd?— hartnäckig gegen die Feststellung derWabrheil arbeiteten und daß endlich viele und zwar sonst auS«gezeichnet redigierte, sich unbewußt unter dem Einfluß von Bodebefanden und in Unklarheit blieben. WaS in diesem einen Falloffen zutage getreten ist, das war seit lairgem schon Gebrauch, istjedoch nicht öffentlich bekannt geworden. Aber fest mehr als zehnJahren hört man die immer stärker werdende Klage, daß es fast un-möglich ist, eine von Bodes Ansicht abweichende Meinung durch zu-setzen; selbst die fachwisienschaftlichen Blätter und Revuen lassen hierso gut wie vollständig im Stich."Voll sucht nach einer Erklärung für die Bodesche Mißwirtschastund findet sie in Bodes Ehrgeiz, das Kaiser-Friedrich-Muieum zumreichsten in Deutschland zu machen. Die Rücksicht auf Quantitättrat in den Vordergrund; es begann ins Uferlose zu gehen. Einegründliche Beschäftigung mit einem Gegenstande oder einem Fachewar nicht mehr möglich. Bode erstrebte eine Vielseitigkeit, die dasResultat semer Bemühungen sehr beeinträchtigte.„Seine Angabenund Bestimmungen sind sehr unzuverlässig". Man nahm ihn schließ-lich mehr als Kenner denn als Wissenschaftler, aber auch sein Rufals Kenner ist schwer erschüttert und nicht erst durch die Florabüste.Bode erklärt dasselbe Kunstwerk bald für echt, bald für unecht.i Mitunrichtigen Urteilen von ihm könnte man zehn Leporellolisten füllen.„Der Fall der Florabüste steht nicht vereinzelt da.sondern ist typisch für Bode."Auch die Begutachtungs- und Einkaufspraxis, die HerrBode befolgt, scheint für einen Generaldirektor der kgk. Museenmehr als bedenklich. Wenn die Fälle, die Prof, Voll aus Bayernberichtet— ein anderer ist von dort aus dirctt zu unserer Kenntnisgebracht worden— nur halbwegs zutreffen, so muß man schonlagen: diese Skrupellosigkeit ist ja vielleicht im Interesse der BerlinerMuseen gelegen, aber fie wird auf die Dauer überall mit Recht dashöchste Mißtrauen erregen und dann schaden. Ob die Manöver, dieHerr Bode hierbei anwendet, auch nur im Pferdehandel für fairgelten würden, scheint fraglich.Man hat den Gegnern BodeS immer zum Vorwurf gemacht, fiewollten den verdienstvollen Mann stürzen. Prof, Boll versichert fürsich, daß er nicht den Mann, sondern das System Bode angreife.So wenig nun auch Herr Bode für seine Person besondere Schonungverdient sder Fall Tichudi und die Flora-Affäre reden, von allemanderen abgesehen, eine zu deutliche Sprache), so ist doch auch unsseiue Person Nebensache, Bodes System aber, seiner Auto»kratie, seiner unheilvollen Beinflussung derPresse, seiner illoyalen Kampfführung, der durchihn veranlaßtcn Diskreditierung der deutschenWiffen-s w a s t und des deutschen Volkes im Auslände hat unserrücksichtsloser Kampf weiter zu gelten.kleines feuiUeton.Kulturgeschichtliches.Heber die Geschichte des Mörtels gibt Prof. Rohlandim„Archiv für die Geschichte der Naturwissenschaften und derTechnik" einen interessanten Ueberblick. Die ersten Steinbautenfllbrie der Mensch mit Hilfe roh übereinandergetürmter, unbehauenerFelsblöcke aus; derartige sogenannte Cyklopenmauern haben sich inverschiedenen Erdteilen erhallen. Zum Ausschmieren der Lücken undLöcher diente dann wohl hie und da der Lehm, der allerdings dieeinzelnen Steine niemals fest miteinander verbinden konnte. Wannzun, ersten Male die Verwendung des Mörtels aufkam, wem dieseErfindung zu danken ist, das verliert sich im Dunkel der graueil Vorzeit.Jedenfalls mußte man vorher irgendwie, wahrscheinlich durch Zufall,indem man Feuer auf einem Herde von Kalk- oder Gipsgestein tm»zündete, die Veränderungen wahrgenommen haben, die durch daSBrennen an derartigen Sleinen vor sich gingen. Die ältesten, mitMörtel zusammengefügten Baudenkmäler haben sich in Aegyptenerhalten: es find die aus riesigen Syenitblöcken aufgebautenPyramiden, deren Alter in die Jahrtausende geht. Derhierzu verwandte Lustmörtcl besteht nach einer chemischenUntersuchung aus 82,89 Prozent Gips, 9,8 Prozent Kalk»stein und kleinen Mengen von Magnesiumkarbonat, Eisen»oxyd, Tonerde und Sand. Wir haben es hier also nicht mit demaus gelöschtem Kalk und Sand bestehendem Mörtel zu tun, wie erin der Gegenwart Verwendung findet, sondern mit einem Gemengevon gebranntem Gips mit gebranntem Kalk in Verbindung mitWasier. Dem Gebrauch des Kalkmörtels begegnen wir zuerst inGriechenland: der zur Rednertribüne auf dem Versaminlungsplatz zuAthen verwandte Mörtel � der Bau datiert auS der Zeit desPeriNes, zirka 400 Jahre vor Christi— setzt sich zusammen aus 45,7 Prozent gebranntem Kalk, 37 ProzentKohlensäure und 12 Prozent Sand, nebst sonstigen gering-fügigc» Beimengnngen. In der Folgezeit verwandten dieMaurer dann immer weniger Kall und dafür mehr Sand zur Her»stellung des Mörtels. Bei den mittelalterlichen Bauten überwiegtder Sand; das Verhältnis zwischen Sand und Kalk schwankt dannzwischen 3: 2 und 5: 2.Einen hydraulischen, auch ini Wasser seine Bindekraft be-wahrenden Mörtel treffen wir zuerst bei den Römern, an derenKoloffalbauien ja kein Volk des Altertums heranreicht. Zwar