Georg hatte in der Tat gelächelt. Cr sagte: „Na ja, ick lache ja ooch janich! Un det is ooch alles sehr schön un saubcx un ick habe ja ooch janischt dajejen, wat Ihr macht!... Bloß ick... ick... nee weeßte, det ick da ooch meine Liebste soll uff'n Strich schicken un soll ma' lassen von ihr anehren, nee, nee...!" „Aber Mensch!" Schnepper tippte sich mit den Fingern der Linken an die Stirn, daß es förmlich hohl klang: „Det valangt doch ja keena von Dir! Wat redste denn da for'n Mumpitz!... Wie kenn' wa denn det valangen von unse Mitjlieder... Det war' ja die reene Erpressung!.. „Na," meinte Georg, wenn't so is..." „Wat heeßt denn„so is"?...'t is iebahaupt janich!... Janischt is!... Jeda macht, wie a will!... Wenn't Dir Spatz macht, Jeld zu vadienen un zu arbeeten, na Mensch, denn arbeete doch!... Aba Du wirst nich lange dabei bleiben! Un da wern soviel Meechens kommen, die mit Dir ködern wollen, detste balde de Reese davon voll haben wirst, von det Jelabber mit die Emma; denn die will sich ja jetzt, wie't scheint, ufs wat Feinet rausbeißen.... Die hat'n Furz'n Kopp!..." Georg schüttelte den Kopf und lachte wieder. Er sah ein, daß es ihm nicht gelingen werde, den anderen über sein Ver- hältnis Emma gegenüber aufzuklären, und er v-'-�'-btete des- halb auf eine Erwiderung. Indem fragte der Zuhälter: „Wat dut se denn jetzt, die Emma?... Du hast doch keene Arbeet!" .!Se näht Wäsche..." „So... na, un det Du von die lausigen paar Märker, die dabei runtcrfallen, daß Du davon mitlebst, det macht nischt, wah?" Georg war ganz perplex. Er hätte ja sagen können, daß bis vor ganz kurzer Zeit er noch den größten Teil zum Haus- halt beigetragen hatte, aber darauf kam er nicht so schnell, wie der andere fortfuhr: „Da scheint ma' denn doch de Rickenlagc noch bessa, wie son olla Klapperkasten von Nähmaschine.... Det strengt Wenigstens nich so sehr an!..." „'t is aba anständiger!". „Na ja, wie man't nimmt!... Aba sowelche, wie unsre Trinen, muß et doch ooch jeben!... Denn Proschtituzjohn, die muß sind, det hat schon Bismarck jeiagt!... Un sonst wirden die Trinen doch ooch keene Steiern nich zahlen brauchen!... Der Staat lejetimiert ihnen doch sozusagen da- dermitl... Abo nu komm man, von det ewije Gequatsche is ma da Hals schon janz drocken!... Bor allen Dingen woll'n wa ma' eenen abbeißen, bei Mutta Ratzken!... Un denn jehn wa in' Baein, da konnste jleich'n bisken iebenl..." Sie gingen. Und es war abgemachte Sache, daß Georg Hellwig dem Athletenverein„N. O." beitreten sollte... tFortKtzung folgt.) «Nachdruck verdolen.1 Die alte Cdölfin. Von A. T s ch e o w. AuL dem Russisdjen von P. Gordon. Die hungrige Wölfin richtete sich auf, streckte die steifgelegenen Glieder und ging Nahrung sulben. Ihre Jungen achteten nicht darauf. Sie lagen alle drei dichtancinander gedrängt in einer Ecke der Höhle und schliefen. Es war eine bitterkalte Winternacht, die die Aeste der Bäume vor Frost knacken und knistern machte. Dies Geräusch ließ die Wölfin erschreckt zusammen fahren; denn sie war schon alters- schwach und voll Mißtrauen, aus Sorge um die Kleinen daheim. Sie erschrak vor der Spur eines Mannes und den dunklen Schatten, die zur Nachtzeit zwischen den Bäumen zu wandeln scheinen. Es war ihr, als kämen Mensckien hervor, sie zu jagen; in der Ferne glaubte sie das Gebell von Hunden zu hören. Infolge ihres Alters hatte der früher so scharfe Geruchsinn nachgelassen. Die Nase witterte nickt mehr zuverlässig. Es kam vor, daß die Wölfin eine Hundespur mit einer Wildspur ver- wechselte oder daß sie gar die Spur ganz verlor. Die verminderte Schnelligkeit ihrer Beine und die zun-hmcnde Schwäche machten ihr die Jagd auf große Tiere auf Kälber und Schafe, unmöglich. lim die mit ihren Füllen weidenden Pferde lief sie in großem Umweg, und ihre Hauptnahrung bestand in Aas. Ab und zu gelang es ihr im Frühjahr junge Hasen zu erlangen oder aber sich in einen Viehstall einzuschleichen, in dem Lämmchen standen. Dann gab eS frisches, lebendes Fleisch. Einige Kilometer von der Wolfshöhle entfernt lag nahe<m der Straße ein Forsthäuschen, in dem ein alter Waldhüter hauste. Er hieß Iwan und schien früher Steuermann auf einem Fluß- boote gewesen zu sein, denn wenn er mit sich selber sprechend den Wald durchschritt, pflegte er:„mehr Backbord!" oder„Volldampf" oder ähnliche seegebräuchliche Ausdrücke zu rufen. Des Waldhüters beständiger Begleiter war ein schwarzhaariger Hund, ein Köter ohne jagdliche Talente, aber wachsam. Wenn Araptscha, so hieß der Hund, seinem Herrn zu weit vorauslief, dann rief dieser:„Gegen- dampf— Beidrehen— Ahoh!" Während die Wölfin durch den finsteren Wald dahintrabte, fiel ihr ein, daß sie vor einigen Tagen im Forsthaus« ein Lämmcheni hatte schreien hören. Das wäre so ein Fressen für sie. Die Augen leuchteten ihr vor Gier, und die Zähne schlugen kauend aneinander bei dem bloßen Gedanken daran. Und gieriger Hunger riß in ihren Eingeweiden. Geradenwegs trabte sie auf das kleine Haus zu, d«is inmitten vom Wind« zusammengewehten Schneehügeln versteckt lag. Rings« umher war alles still. Araptscha mochte wohl in der Scheune schlafen. Vorsichtig kletterte die Wölfin über den Schnee hinweg auf den Stall, dessen Dach mit Stroh gedeckt war. Dann kratzte sie mit den Pfoten und stieß mit der Schnauze, bis sich eine Oeffnung zeigte. Aus dem Stalle heraus quoll warme, stickige Luft voll von Mistdünsten und Tiergerüchen. Ein Lamm, dem wahrscheinlich der kalte Luftstrom in den Rücken blies, blökte auf. Da sprang die Wölfin in das dunkle Loch hinab. Sie fiel auf ein klmnes Tier; im selben Augenblicke aber raschelte es«n einer Ecke des Stalles und ein pfeifendes Heulen erscholl. Das war Araptscha. Erschreckt faßte die Wölfin das erste beste Tier, das ihr unter die Zähne kam und sprang hinaus. So schnell sie ihre alten Beine trugen, lief sie davon. Hinter ihr heulte der Hund, dessen Nase den Wolf merkte. Die aus dem Schlafe aufgeschreckten Hühner flogen umher und gackerten laut. Von all dem Lärm erwachte Iwan. Er trat mit dem Gewehr an die Türe und rief:„Schiff ahoh— Volldampfi— Ahohl" Und das Echo hallte wieder:„Ahoyl" Allmählich legte sich der Lärm wieder. Iwan ging ins Haus zurück, die Hühner drückten sich auf den Stangen zusammen und Araptslho kroch zurück aufs Stroh, nur hin und wieder noch böse aufknurrend. Als die Wölfin nichts mehr hörte, blieb sie stehen. Erst jetzt fiel ihr auf, daß ihre Beute anders war als sonst die Lämmer. Auch der Geruch war anders, und das Tier gab so seltsam win- feinde Laute von sich. Die Wölfin ließ ihre Beute auf den Schnee fallen und sah sie an. Es war ein junger schwarzer Hund mit plumpem Kopf und langen steifen Beinen. Er strich sich mit der Zunge über den Rücken, dort, wo ihn die Zähne der Wölfin gepackt hatten. Dann begann er mit dem Schwänze zu wedeln und zu bellen. Die Wölfin blickte Araptschas Junges mit Abscheu an, knurrte ein wenig und trabte fort. Der Hund aber lief hinter ihr her. Mit den Zähnen knirschend, sah sie sich um, doch der Hund mochte denken, sie wolle mit ihm spielen. Er wandte seinen Kopf in der Richtung des Forsthauses und bellte lustig auf, als rufe er seine Mutter zum Spiel. Schon begann die Dämmerung he ranz u grauen. Langsam tauchten aus dem Dunkel die Umrisse der Stämme klar heraus. Vögel raschelten im Gebüsch und flogen aufkreischend umher. „Wozu er mir nur nachrennt?" dachte die Wölfin..Er will. scheint's, aufgefressen sein." Ihr Schlupfwinkel, in dem die Jungen lagen, war ein tiefes Erdloch, aus dem heraus vor Jahren der Sturm einen Baum herausgerissen hatte. Die Höhle war mit Blättern und Moos ausgepolstert und zum Zeitvertreib der Kleinen lagen abgenagte Knochen umher. Die drei Wölfchen waren schon munter und standen mit neugierigen Augen am Rande des LocheS . Als fie die Mutter sahen, kamen sie mit wedelnden Schwänzchen und Ohren gelaufen. Der junge Hund blieb in einiger Entfernung erstaunt stehen. Zweifelnd musterte er sie lange. Als sich aber die kleinen Wölfe nicht um ihn kümmerten, bellte er sie böse an. Ein heller Morgen tagte. Vor dem Licht der aufgehenden Sonne kroch die Nacht zurück und verschwand. Die Wölfin und ihre Jungen knabberten an den längst ganz abgenagten Knochen herum, um den quälenden Hunger zu betäuben. Besonders die Alte litt unter dem Mangel an Nahrung. Sie blickte mit bösen Augen zu dem immer noch kläffenden Hunde hin, als wolle fie sich auf ihn stürzen und ihn zerreißen. Als der junge Hund merkte, daß die kleinen Wölfe keine Furcht vor ihm hatten, wurde er stille und kam langsam zur Höhle hinein. Cr schob sich an die Wölfin heran, legte die Vorderpfoten an ihr hock und winselte. Die kleinen Wölfe, die seine Sprache nicht verstanden, kamen dennoch zu ihn und wedelten lebhaft mit den Schwänzen. Da klopfte der Hund dem nächsten der drei mit der Pfote auf den Kopf. Das Wülfchen tat ebenso. Nun sprang der Hund zur Seite, blickte den Wolf aufmunternd an und rannte dann im Kreise auf den Schnee herum. Die Wölfchen verstanden sogleich. Tapsend sprangen sie hinter ihm her. Dann warf sich der Hund auf den Rücken; die Wölfe fielen über ihn her und schlugen und bissen nach ihm
Ausgabe
27 (5.2.1910) 26
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten