Da We Wölfe ihre Jungen an die Jagd zu gewöhnen Pflegen. indem sie sie mit der Beute spielen laffen, sah die Wölfin zu, wie ihre Jungen aus dem harten Schnee dem Hund nachjagten und sich mit ihm balgten. Als die kleinen Wölfe genug gespielt hatten, gingen sie in ihr Loch zurück und ruhten sich aus. Der junge Hund heulte ein wenig vor Hunger, gähnte ein paar mal und legte sich dann ebenfalls hin. Nach dem Aufwachen spielten sie wieder. Immer dachte die Wölfin daran, wie in der vergangenen Nacht in dem Stall das Schaf geblökt hatte und wie es dort nach warmen Tieren roch. Vor Gier knackte sie unruhig mit den Zähnen und hörte nicht auf, an dem alten Knochen zu nagen. Ihre Jungen liefen mit dem Hunde herum und beschnupperten hungrig den Schnee. ..Ich freffe ihn auf!" beschlos} die Wölfin. Sie trat zu ihm hin; er aber beleckte ihr die Schnauze, weil er glaubt«, daß sie mit ihm spielen wolle. Früher hatte sie öfter Hunde gefressen, aber von dem jungen Tiere strömte ein so starker Hundegeruch aus, daß sie ihn nicht vertragen konnte. Es wurde ihr übel und sie ging fort m den Wald. Als die ersten Schatten der Nacht durch die Bäume glitten, bekam der schwarze Hund Heimweh. Er schüttelte einige Male nachdenklich mit dem Kopfe und trollte dann seinem Stalle zu. Die Wölfin ging indes wieder auf Nahrungssuche aus. Wie in der letzten Nacht schrak sie auch jetzt wieder bei allen unerwarteten Geräuschen zusammen. Sie lief nie über den Weg, sondern rannte abseits von ihm durchs Gebüsch. Plötzlich war eS ihr, als bewege sich vor ihr etwas Dunkles auf dem Schnee. Sie äugte scharf und blieb lauschend stehen. Wirklich, da bewegte sich ein Tier. Vorsichtig schlich sie näher, machte einen kleinen Bogen und überholte das schwarze Etwas. Doch es war nur. wie sie jetzt erkannte, der kleine Hund, den sie in letzter Nacht erjagte und der langsam dahintrottete. Wenn er mir nur nicht in die Ouere kommt," dachte die Wölfin und eilte vorweg. Bald hatte sie das Forsthäuschen erreicht. Wieder kletterte sie auf den Stall hinauf. Das Loch war schon verstopft. Zwei neue Bretter waren angebracht und frisches Stroh aufgelegt. Doch mit Eifer ging die Wölfin an die Arbeit. Schon begann sie die warme Stallust zu spüren, als plötzlich hinter ihr ein ftohes Gebell laut wurde. Der junge Hund kam. Er begrüßte die Wölfin, kroch durch das Loch und bellte noch lauter und kröh- licher. Araptscha stimmte mit ein; die Hühner gackerten, und wie in der letzten Nacht kam Iwan mit dem Gewehr, während die Wölfin in Angst und Schrecken davongerannt war. Pfü-pfit!" pfiff Iwan und rief:.Volldampf ahohl" Der Hahn der Büchse knackte; aber kein Schutz fiel. Noch einmal zog er den Hahn; da polterte das Gewehr mit einem lauten Knall los und«in Feuerstrahl spritzt« hoch in die Luft. Befriedigt ging Iwan dann zum Stalle, nach der Ursache des Lärms zu sehen. Als er zurückkam, ftagte ihn ein Landstreicher, der gerade bei ihm nächtigte, was denn los gewesen sei. Nichts von Bedeutung," meinte Iwan.DaS Junge von Araptscha schläft bei den Schafen; aber es kann sich nicht gewöhnen, durch die Türe zu gehen. Gestern ritz es das Dach auf, ein Leck, einen halben Meter groh, um hinauszugehen, und eben ist es auf demselben Weg zurückgekommen. Wieder hat es dag Dach auf- gerissen. So ein Unverstand!" Nicht wahr? Es ist wohl doch nicht ganz richtig mit ihm. So ein dummes Vieh!" Iwan koch müde auf die Ofenbank. Am nächsten Morgen nahm er sich den schwarzen Köter vor, zauste ihn derb an den Ohren und versetzte ihm ein paar Hiebe mit der Peitsche.Wart, Du Hallunke! Durch die Tür sollst Du gehen. Mein Lieber, merke Dir'S: durch die Türe!" Von clen römiscken Sklaven. Nach dem alten Rom führen auS der modernen Welt so viele Fäden zurück, daß eS immer zu begrüßen ist, wenn der Versuch ge- macht wird, weitere Kreise mit den hauptsächlichsten Tatsachen der römischen Kulturentwickelung bekannt zu machen. Bücher, die dieses Gebiet behandeln, gibt eS genug: darunter ein so namhaftes, wie des vor kurzem in Stratzdurg verstorbenen Ludwig Fried- l ä n d e r Darstellungen aus der Siltengesckfkkhte Roms. Aber die meisten Arbeilen aus diesem Gebiet find teils zu gelehrt, teils zu unifangreich, teils zu teuer, un, ins Volk zu dringen. Alle diese Hindernisse weiterer Verbreitung bestehen nicht bei einem kürz- lich erschienenen Büchlein von Theodor Birt. Zur Kulturgeschichte RomS".) Um ein Geringes erhält- lich, bietet die Schrift auf dem knappen Raum von zehn Bogen eine reiche Fülle altrönnscher Kulturbilder. Die Schreib- weise ist sehr gewandt und geeignet, zu erzielen, was der Verfasser sich vorgesetzt hat, Anschaulichkeit ohne Bilder. Die Birtschen Skizzen lassen den aufgewandten gelehrten Fleiß in ihrer flüssigen Dar- stellung so wenig hervortreten, daß man eS dem Verfasser nicht ) Verlag von Quelle u. Meyer in Leipzig , 1009. Band 53 der SammlungWissenschaft und Bildung". Preis geb. 1,25 M. verdenken kamt, wenn er im Vorwort darauf hinweist, daßfle nicht ganz so flüchtig geschrieben sind, wie sie sich lesen". Tat­sächlich steckt eine Menge Arbeit in dem kleinen Buch, und die Lektüre ist nicht nur ein Vergnügen, sondern bringt auch Nutzen. Freilich, wenn man nun kritiklos alles für richtig ansehen wollte, was der Versafler schildert, so wäre das verfehlt. Denn seine römischen Kulturbilder find mitunter stark verzeichnet, und zwar find sie, wo die Gerreuheit der Schilderung bestritten werden muß. durchweg geschmeichelt. Birt ist wie manch einer vor ihm für seinen Gegenstand so eingenommen, daß er die Hätz- lichen Züge der römischen Kultur nicht genügend hervortteten läßt. Insbesondere gilt das für seine Bemerkungen über die Lage der Sklaven im kaiserlichen Rom . Was er darüber sagt, gibt eine ganz verkehrte Von'iellung. und das ist zweifellos ein sehr bedenklicher Fehler; denn die Sklaven waren die große Mehrzahl deS produ­zierenden Teile? der damaligen Geschäft, und die Sklaverei ist das eigentliche unterscheidende Merkmal dieser Gesellschaft. Wenn man Bin beipflichten wollte, so wäre die Sklaverei im römischen Kaiserreich im großen und ganzen ein recht gemütliches Ber- hältnis gewesen, über das man sichnicht unnütz erregen" darf. Bei ihm erscheinen die römischen Sklaven als gut ernäbn. nicht überanstrengt und im Durchschnitt anständig behandelt Dieses Phantaficgemälde ist nur dadurch möglich geworden. daß Birt immerzu als typisch hin- stellt, was nur für einen Teil einer kleinen Mnderbeit der römischen Sklavenschast gilt, für die Haus- oder Luxussklaven, während die große Masse, die auf den Gütern mit landwirtschaftlichen oder gewerblichen Arbeiten beschäftigten FeldsNaven mit ein paar Zeilen abgetan werden. In den Südstaatcn der Union war in den letzten Zeiten der NegersNaverei das numerische Verhältnis zwischen HauS- und Feldskiaven etwa wie eins zu vier; bei den alten Römern hoben im ersten Jahrhundert n. Chr. die Feldsklaven wahrscheinlich noch mehr als vier Fünftel der Gesamtzahl ausgemacht. Wie in den amerikanischen Sklavenstaalc». so hatten auch im alten Rom die Luxnssklaven es im allgemeinen nicht gerade schlecht, wenn sie auch schutzlos allen Launen ihrer Herren preisgegeben waren, die nicht nur das Recht hatten, fie zu verichandeln, sondern bis über daS Jahr 100 n. Chr. hinaus iogar das Recht, fie zu löten: und auch dies kam häufig genug vor. Sicher ist aber auch, daß zahlreiche Haussklaven Günstlinge ihrer Herren waren, zu großem Besitz und manchmal zu hohen Stellungen, sowie schließlich zur persönlichen Freiheit gelangten. So mögen FeldsNaven manchmal Gelegenheit bekommen haben, etwas für sich zu erwerben, soweit sie sich loskaufen konnten. Im großen und ganzen aber war das Los dieser Masie der Sklaven«in bcklagenS- weries. Ihre Wohnungen waren unterirdische Arbeitszwinger, Kellerlöcher mit vergitterten Lulen, in denen fie die Nackt gefesselt zubrachten. Auch bei Feldarbeit hatten fie meistenteils Ketten an. Mit der Peitsche bewaffnet, trieb der Vogt fie zu unablässigct Arbeit an. Wenn Birteine Ueberlastung deS einzelnen ausgeschlossen" glaubt, so ist er, was die FeldsNaven angebt, nachweislich im Irrtum l Sckon der alte Cato hat den Grundsatz, daß der SNave entweder arbeiten oder schlafen muß. keine Mutze haben darf. Auch Ruhelage gab es für ihn nicht: an den Feier- lagen durfte zwar nicht auf dem Felde gearbeitet werden, dafür wurden die Gutsiklaven aber im Arbeitszwinger beschäftigt gehalten. Ein ganz falsches Bild gibt auch die Angabe Birks, daß den römischen Landarbeitern eine gute Ernährung zuteil geworden sei. Aus einem mißverstandenen Verse Juvenals enmimmt er die Bor» stellung, daß ste die Gemüse verschmäht und sich in Garküchen am leckeren Fleischgericht gütlich getan hätten. In Wirklichkeit war die Kost, d,e dem Feldsklaven zuteil wurde, so bemessen und beschossen, daß sie ihn eben arbeitsfähig erhielt, bis er glücklich zu Tode gerackert war. Ueber die Lebenshaltung der Feldsklaven findet man in Catos Schrift vom Ackerbau imeressanle Angaben. Danach erhielt ein Gutssklave jährlich zirka 51 Scheffel lgleich 4,5 Hektolitern) Getreide, 24 mockü (gleich 2 Hektolitern) schlechten Weines und als Zukost 3 moäü (gleich 26 Litern) Essig. Oel , Oliven und einen moclius Salz; von Fleisch keine Rede. Außerdem gab eS jedes Jahr ein Unterkleid, alle zwei Jahre ein Oberkleid und ein Paar Holzschuhe. DaS war nun noch in der guten alten Zeit. Später verstand man die Sache noch billiger zu machen. Ein paar Jahrzehnte nach Christi Geburt bringt Columella zur Berechnung der Rentabilität eines Weingutes zwar den Kaufpreis der Sklaven mit in Anschlag, dagegen nicht den Unterhalt, der aus den eigenen Erzeugnissen des Gutes bestritten wurde und keine baren Auslagen erforderte. Die Zeit vor der Plantagenwirlschafl gilt für etwas menschlicher, als ihr Typus eben der alte Cato. Aber eS war faktisch nicht weit damit her. Plutarch erzählt genug, was den Cato als einen ganz bruialen Sklavenhalter erscheinen läßt, u a. auch die Tatsache, daß er bei Gastmählern, die er seinen Bekannten gab, die Sklaven, die etwas bei der Aufwartung oder Zubereitung versehen halten, gleich nach Tisch auspeitschen ließ. So spielte überhaupt die Peitsche und allerband Marterwerkzeuge im Leben der Sklaven eine große Rolle. So wenig Birt es auch als Regel, gelten lassen will, die Ausnahme war eS nickt, daß die Sklaven grausam bebandelt wurden. Man braucht bloß die moderne Parallele der amerikanischen Sklavenstaaicn heranzuziehen, sür die wir einen gewissen statistischen Anhalt zur Entscheidung der Frage haben, eine wie große Rolle die Mißhalidlung der Neger gespielt hat. Von 120 000 Neger- sklaven, die in» amerikanischen Bürgerkrieg im Heer der Nordstaaten eingestellt und also vorher ärztlich untersucht wurden, wies