nach Huberts Schrift über die nordamerikanische Sklaverei über die Hälfte mehr oder weniger zahlreiche alte Narben von ein bis zwei Finger Breite und entsprechender Tiefe auf. die nur von Peitschenhieben herrühren konnten. Dazu kam noch eine starke Beimischung von Narben, die von Hundebisseu, Messerstichen und Schubwunden stamnilen. Danach kann man sich eine Borstellung machen. waS eine ärztliche Untersuchung antiker Sklaven ergeben haben möchte: erklär! doch Mommsen es für leicht möglich, daß im Vergleich zu dein Meer von Jammer und Elend der römischen Sklaven.die Summe aller Negerleiden ein Tropfen" sei. Birt stützt sich auf eine Stelle bei Seneca , wo der stoische Phi- losoph den Kaiser Nero zur Milde gegen seine Untertanen ermahnt und ihm vorbält, dag auch auf den Hausberrn, der gegen seine Sklaven grausam sei, die ganze Sladt Rom voll Abscheu mit den Fingern zeige. Birt vermißt jeden Anlaß, diese Bemerkung Senecas zu bezweiseln:.So also war damals das Publikum gesonnen." Das mag für die Masse des Volks zum Teil gellen, das schon stark mit Freigelassenen durchsetzt war. Dagegen laßt sich an der Hand Senecas selber gar sehr bezwrifeln, ob die römischen Sklavenhalter so gesonnen waren. Andere Stellen der römischen Philosophen nötigen zu dem Schlüsse, daß ihm cine grausame Behandlung offenbar noch lange nicht gegeben erscheint, wenn mit Sklaven brutal umgegangen wird. Denn dies erscheint ihm offenbar als das Normale, sogar gegenüber den Haussklaven. Auf solche bezieht sich eine Stelle SeuecaS, wo eS heißt, daß die unglücklichen Sklaven nicht.einmal zum Sprechen die Lippen rühren dürften:Durch die Rute des eilentiariua sRuhestitterS) wird jedes Murmeln im Zaume gehalten und nickt einmal zufällige Dinge sind von Schlägen ausgenommeu, wie Husten, Niesen, Schluchzen: hart wird jeder die Stille unterbrechende Laut gebüßt, und so stehe» sie nüchtern und stumm die ganze Nacht hindurch." Der Philosoph hat einen besonderen Brief über die nienschenunwürdige Behandlung der Sklaven geschrieben, in dem eS zum Schluß heißr: Sie sind nicht ursprünglich unsere Feinde, sie werden es erst durch unsere Behandlung, wir gebrauchen sie ja nicht wie Menschen, sondern das Vieh." Seneca zitiert an eben dieser Stelle das Sprich- wort:.Wir haben so viele Feinde, wie wir Sklaven haben", und betont ein anderes Mal die Gefährlichkeit des Borschlages, für die Sklaven eine besondere Kleidung vorzuschreiben:.welche Gefahr drohte, wenn unsere Sklaven uns zu zahlen anfingen I" So recht- fertigt ein klassischer Gewährsmann die drakonische Strenge gegen- über den Sklaven damit, daß dieses Volk, das an Zahl den Freien weit überlegen, nur durch die äußerste Furcht gebändigt werden könne. Das macht durchaus nichtden Eindruck tiefsten sozialen Friedens und der vollkommenen Befriedigung", wovon Birt spricht. Im Gegenteil bestand zwischen der herr'chenden Klaffe und der Klasse der Sklaven ein beständiger Kriegszustand, und durchaus be- hält für das alte Rom seine Gültigkeit, loa? im.Kommunistischen Manifest" gesagt ist. daß Freie und Sklaven im steten Gegensatz zu einander standen und einen ununterbrochenen, bald versteckten, bald offenen Kampf miteinander führten. Zum Klassenkampf größten Stiles ist es wiederholt zur Zeit der römischen Bürgerkriege ge- kommen, als die großen Aufitände der sizilnchen Sklaven und später die von Spariacus geleitete Erhebung den Feldherren der Republik Jahre lang furchtbar zu schaffen machten und nach der endlichen Niederwerfung durch die Kreuzigung vieler Tausende von Sklaven geahndet wurden. Und wenn in der Kaiser - zeit sich auch keine Gelegenheiten fanden zum Ausbruch einer großen Sklavenerhebung, so sind uns doch Tatsachen genug berichtet, die den steten Gegensatz zwischen Freien und Sklaven drastisch dartun. Dahin gehört ein Fall, den TacituS berichtet. Im Jahre 6 n. Chr. wurde der Stadtpräfekt Pedanius SecunvuS von einem seiner Sklaven ermordet. Die gesetzliche Konsequenz war nach römischem.Recht", daß sämtliche zur Zeit der Tat im Hause des Getöteten zugegen gewesenen Sklaven hinzurichten waren. Und das waren diesmal 400 Personen, darunter Frauen und Kinder. Gegen die Ausführung eines solchen Masienmordes erhob sich im Volke stürmischer Einspruch. Auch im Senat machten sich Stimmen geltend, die dazu mahnten, mit den Schuldigen nicht auch die Un« schuldigen hinzuschlachten, aber die Mehrheit war für rücksichtsloses Festhalten an der alten Praxis. Der Redner dieser Mehrheit von Sklavenhaltern nahm den Standpunkt ein, daß dieseBande" nur durch Furcht im Zaume gehalten werden könne, und daß man deshalb auch nicht davor zurückschrecken dürfe, einiges unschuldiges Blut zu vergießen. Mit ihm teilte die Mehrheit der Senatoren die lieber- zeugung, daß ein Haus nur dann sicher fei, wenn sämtliche Sklaven mit ihrem Kopf für die Sicherheit des Herrn bürgten. Und so bot der Kaiser Militär auf, um die Ausführung der Massenhinrichtung vor jeder Behinderung durch das Volk zu sichern. Eine ähnliche Exekution schloß sich an einen Vorgang, den der jüngere Plinius aus seiner Zeit Anfang des zweiten Jahrhunderts n. Chr. er- zählt. Da waren über einen Sklavenschinder, der gerade aus seiner Villa ein Bad nahm, die Sklaven hergefallen und halten ihn so lange geschlagen und gewürgt, bis er wie tot dalag. Um sich zu überzeugen, daß er wirklich tot sei, warfen sie ihn auf den heißen Boden der Badestube. Aber er erholte sich doch noch einmal und lebte noch lange genug, um, wie Plinius sich ausdrückt,.den Trost der Roche ' zu haben. Und das war zu Anfang einer Zeit, die für humaner gilt und auch tatsächlich in mancher Hinsicht eine mildere Praxis gegenüber Verantw. Redakteur: Richard Barth , Berlin. Druck u. Verlag: den Sklaven aufzuweisen begann. Unter Hadrian und den Antoninen traten Edikte in Kraft, die das Recht, die Todesstrafe über Sklaven zu verhängen, dem Eigentümer entzogen und der Obrigkeit vor» behielten, die unterirdischen Gefängnisse aufhoben und einem grausam behandelten Sklaven Freilaffung oder wenigstens einen anderen Herr,» in Aussicht stellten. Diese Wendung bringt schon Edward Gibbon damit in Zusammendang, daß der Sklave, auch der Feldsklave, wert- voller wurde, seit nicht mehr große Massen von Kriegsgefangenen ein billiges Material lieferten und jederzeit für Ersatz zu Tode gerackerter Skaven sorgten. Man verfiel aus die Sklavenzüchiung, und so lieferte das Jntereffe des Herrn einen Antrieb zu größerer Mensch« lichkeit. Man darf aber die Verbefferung der Lage der Sklaven nicht überschätzen, und ebensowenig wie heidnische Humanität hat die christliche Nächstenliebe zuwege gebracht, daß der Sklave menschlich behandelt würde. Was das Christentum angeht, so ist Tatsache, daß erst seit seiner Erhebung zur Sraatsreligion das Eunuchentum überhand nimmt. Und im ganzen konstatiert der Geichichtsichrciber Ammianus Marcellinus , der zu Beginn der Völkerwanderung, zu Ende des vierten Jahrhunderts n. Chr. schrieb, daß noch zu dieier Zeit in Rom die Peitsche das unzertrennliche Zu- behör der Sklaverei bildete: wenn ein Sklave bei der Ausführung irgend eines Befehls ein wenig saumselig ist,.so wird er auf der Stelle mit dreihundert Peitschenhieben gezüchtigt". Dieser Historiker der ausgehenden Römerwelt findet, daß die vornehmen Römer in der Ausübung ihrer häuslichen Gerichtsbarkeit über die Sklaven eine ausgesuchte Empfindlichkeit für jede eigene Beeinträchtigung und eine verachtungsvolle Gleichgültigkeit für den Rest des Menschen» geschlechts bekunden. Noch viel mehr gilt dies für die von Birt be- handelten ersten Zeiten des römischen Kaiserreichs, und aller Glanz der goldenen Roma vermag die Häßlichkeit der Tatsache nicht zu be- schönigen, daß der größte Teil der Bevölkerung, um mit Seneca zu sprechen, der Rechte der Person beraubt und mit dem Vieh in eine Herde gestellt war._ a. c. Kleines f euilleton» Naturwissenschaftliches . Grenzen des Lebens. Wenn man bedenkt, daß ein Mensch stirbt, sobald die Temperatur seines BlutcS nur wenige Wärmegrade über die Norm sich erhebt, so sollte man meinen, daß die Grenzen für sein Leben eigentlich recht eng gezogen seien. Auf der andern Seite freilich muß man alle die mannigfalsigen Ein- ricklungeil des Organismus und ihre Funktionen kennen, um zu ver- stehen, daß der Mensch sich ganz wesentlich anderen Außen- tempcraturen anpassen kann, als die seines Blutes ist. Polarforscher habe» wochenlang Kältegrade bis zu 60 Zeutigrad unter Null aus- gehalten. Die untere Grenze, unter die die Temperatur keines Körpers herabsinken kann, derabsolute Nullpunkt", liegt bei miuua 273 Grad. Bis auf etwa 20 Grad ist man diesem absoluten Null« puukt in der Praxis bereits nahegekommen: der flüssige Wafferstoff erreicht minus 252 Grad. Mit dieser kaum vorstellbaren Kälte, die in ihren Aeußerungen auf Zellen wie Hitze reagiert, prüfte man die Lebensgrenzen der niedersten aller Lebewesen, der Bakterien, und fand, daß die Streptokokken des Eiters in dieser fürchterlichen Kälte nicht getötet wurden. Hohe Kältegrade erlragen auch andere Krankheitserreger, wie die Pest- und Diphtheriebazillen. Je höher die Entwickelung der Lebeweien aber ist, um so geringer ist ihr Widerstand gegen die Einflüsse der Kälte. Die allerniedersten Temperaluren schaden z. B. auch den absolut trockenen Samen der Pflanzen nichts. Geringer Feuchtigkeitsgehalt verschiebt jedoch da» Resultat schon ganz enorm. Je wasserreicher schließlich die Samen sind, um so eher erliegen sie der Kälte(wie der Hitze). Deshalb erfrieren bei uns im Winter wasserreiche Pflanzen sehr leicht, während.trockene' Gewächse schon hohe Kältegrade aus- halten. Becquerel hat mit Samenarten einschlägige Unter- suchungen angestellt. Wie nach unten, so zeigen die Bakterien auch nach oben die größte Widerstandskraft. Milzbrandbazillen hielten Temperaturen von 140 Grad aus. Auch Tnberkelbazillen vertragen hohe Hitzegrade. Die bei weitem höher entwickelten Räder- und Bärtierchen hat man in ihrem Schlamme eintrocknen und 110 Wärmegrade ertragen lassen. Sie waren buch- stäblich zu Staub geworden, wurden jedoch sofort wieder lebendig, als man sie in eine zusagende Umgebung brachte. Die Lebensgrenze hängt aufs innigste mit der Lebensfähigkeit des E i w e i ß e s zu- sammen. Wird Eiweiß durch ungünstige Temperaturen zersetzt �wasserhaltiges bei etwf-j- 50, wasserfreies erst bei-j- 100 Grad, Albumin), so erlischt das Leben des Protoplasmas und des Organismus. Während nach unten bisher eine absolute Grenze nicht gefunden ist, liegt die Lebensgrenze nach oben an dem Punkte, wo die Eiweiß- substanzen gerinnen, also chemisch und physikalisch zersetzt werden. Die Grenzen des latenten Lebens, die sich jenseits von 252 und -j- 140 0 bewegen, gewähren also einen Spielraum von bald 400 Graden. Die aktive Lebensfähigkeit wird um so mehr eingeengt, je höher entwickelt das Lebewesen ist. Der Mensch kann zwischen + 40 und 60° leben, ohne deshalb krank zu werden. Freilich darf man nicht vergessen, daß die Lebensgrenzen sofort enger ge- zogen sind, wenn andere Lebensfaktoren mehr oder weniger aus- schlaggebend mitspielen._ Vorwärts vuchdruckerei u.Verl «g»an>ratl Paul Suiger illCo..Berlm S\&