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fagenhafte Gestalt der Semiramis, einer Herrscherin die das ragenden Frauengestalt zu übernehmen. In Armenien hat die Frau afyrische Reich begründet und halb aften auf ihren G.oberungs- überhaupt eine große Rolle gespielt. Die geflügelte Sonnenscheibe zigen unterworfen haben soll. Daß die Erzählungen über sie nicht zeigt bei den Armeniern die Züge einer Frau. Wenn dort der Frau als beglaubigte Geschichte zu betrachten seien, hat man bei dem in Welt und Leben eine überragende Stellung zuerkannt wurde, so romanhaften und zum Teil ganz mythischen Charakter der Ueber dient das mit zur Erklärung für die Entwickelung der Semiramis Lieferung fchon lange erkannt, ehe die Entzifferung der Keilinschriften Sage. die wirklichen Anfänge der assyrisch- babylonischen Gefchichte zutage Man erkennt nun, wie die Sage zustande gekommen ist. Während förderte. Für die Reichsgründerin Semiramis findet sich da nirgends anderswo fagenhafte Gestalten, z. B. die griechischen Helden, noch ein Raum. So hätte man die Angaben des teftas für völlig immer im Nebel bleiben, sehen wir in Assyrien eine Sagengestalt märchenhaft halten können. Aber auch diesen Gedanken haben in die Geschichte übergeführt. Man sieht hier den Vorgang der die Affyriologen aufgegeben. Sie erkennen jegt in der Semiramis Sagenbildung genau, und es erwächst daraus dem Vertrauen auf fage einen geschichtlichen Kern. Ueber den gegenwärtigen Stand das Vorhandensein eines geschichtlichen Kerns in den alten Sagen der Frage belehrt ein sehr interessanter Vortrag, den am Sonntag anderer Völker eine bedeutende Stärkung. der Berliner Universitätsprofessor Dr. C. F. Lehmann- Haupt in der Singakademie hielt über das Thema: Die historische Semiramis und ihre Zeit.

Aus der Vorzeit.

Schon in den Anfängen der mesopotamischen Ausgrabungen Neuentbedte Wildfanggruben der Eiszeit. wurbe in Stalach eine Inschrift gefunden, die den Namen Schammu- äger. Bei Laugerie haute find neuerdings durch den Schweizer ramat enthielt. Es ergab sich daraus, daß tatsächlich in Assyrien Archäologen D. Hauser nicht weniger als 21 Wildfanggruben ent­freilich nicht in der grauen Vorzeit der Reichsgründung, sondern deckt worden, die uns neue Fingerzeige für die Jagdweise der vor gegen 800 bor Christi eine Königin Semiramis regiert hatte. geschichtlichen Jäger der Dordogne in Südwestfrankreich geben. Wir Erst neuerdings ist klarheit über ihre Bedeutung gewonnen worden. haben hier ein nach allen Seiten steil abfallendes Hochplateau, das In Affur ist bei den Ausgrabungen der Deutschen Orient- Gesellschaft einst zur Steppenzeit während der zweiten Hälfte der letzten ein Denkstein gefunden worden von Schammuramat, der Frau des Zwischeneiszeit außerordentlich wilbreich gewesen sein muß; denn Palaotes. Die Inschrift der Säule gibt ihre Verwandtschaftsbeziehungen aus den Unmengen von Wildpferd- und Büffellnochen, die sich im zu drei assyrischen Königen an: sie war danach die Mutter Wegwurf an den Lagerpläßen der Steppenjäger jener Periode Adadniraris III., Gattin Samfiadade III., Schwiegertochter Salma fanden, dürfen wir diesen Schluß ohne Vorbehalt ziehen. Dieses naffars II. Die Zeitgrenzen, innerhalb deren sie lebte, sind dadurch wild mußte nun, um seinen Durst zu löschen, zur Tränke, die gegeben; ihr Mann war von 824-811, ihr Sohn von 811-782 v. Chr. fich ihm in dem recht trodenen Kreidekalkgebiet einzig an dem König von Assyrien . Sie muß einen ungewöhnlichen Einfluß gehabt Vézèreflusse darbot. Zum Abstiege boten sich ihm zwei Wege: der haben. Dies geht schon aus der bloßen Tatsache hervor, daß fie eine führt durch den Einschnitt der Gorge d'enfer, der aber vom auf Denksteinen genannt wird, was gegen allen sonstigen affyrischen scheuen, durch den Menschen gehezten Wilde nicht eingeschlagen Brauch ist; sonst werden weibliche Anverwandte, auch Gattinnen wurde, weil er auf beiden Seiten mit den stark riechenden Lager­afsyrischer Herrscher in den Königsinschriften niemals genannt. Des- plägen des Menschen eingefaßt war; der andere führt weiter halb hat man schon lange angenommen, daß Schammuramat zeit- talaufwärts bei Laugerie Haute zum ziemlich breiten Fluffe, der weilig, so in den jungen Zeiten ihres Sohnes Adadnirari, faktische gerade an dessen Fuß langiam dahin zieht. Dieser war nicht nur Regentin von Affyrien gewesen sei. Die neue Inschrift bestätigt die der nächste, sondern auch von menschlichen Ansiedelungen mit Anschauung, daß Semiramis lange Zeit eine große Rolle gespielt deren abschreckenden Düften freie. Nur eine Steinwurfweite das haben muß. Die Zeit, in der sie lebte, war an friegerischen Ver- bon entfernt befand sich die Niederlassung von Laugerie haute, deren widelungen besonders reich. Die Semiramissage bei Stefias läßt Bewohner begreiflicherweise auf den Gedanken kommen mußten, fie mit Medern und Armeniern Krieg führen. Tatsächlich ist mit diese Durchgangsstelle für das durstige Wild seitlich durch einige den Medern zuerst der Schwiegervater der Semiramis in feindliche niedergeworfene Baumstämme zu sperren und an der frei gelassenen Berührung gekommen. Derselbe König führte auch Feldzüge in das Paffage zivei Reihen von Fanggruben in der Weise anzubringen, die Tiere, daß Dueligebiet der zwei Ströme, d. h. in die armenischen Berge glücklich die erste Reihe passiert Zur Zeit der Semiramis hatten dort die Urartäer die hatten, mit Sicherheit in die zweite fallen mußten. Nairivölfer zu einem mächtigen Reich Urartu vereinigt; ihr Name für jene untultivierten Jäger ganz ingeniöse Idee wurde ist am Verge Ararat haften geblieben. Die Urartäer haben von mit allem Raffinement durchgeführt, obschon sie sich, nicht den Affhrern die Keilschrift übernommen. Wir haben von den urar- allzu leicht verwirklichen ließ, denn hier bestand die Unterlage täischen Königen über ihre Beziehungen zu den Assyrern Berichte, aus hartem Stallstein, in den die Gruben höchst mühsam durch Klopfen die sehr wichtig sind als Gegenstüd zu den nichts weniger als ob mit Feuersteingeräten eingegraben werden mußten. Man lann fich jettiven und wahrheitsgetreuen affyrischen Berichten über die näm- denken, welche Arbeit das für jene nur mit Werkzeugen und Waffen lichen Vorgänge. Die Kämpfe zwischen Assyrern und Urartäern aus Stein und Horn ausgerüsteten Menschen war. Es sind deren rückte der Vortragende in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. 21 an der Zahl mit heute noch trotz der seitherigen starken Ver Reliefs aus der Zeit von Salmanassar , dem Schwiegervater der witterung vorhandenen Tiefen von durchschnittlich 1,6 Meter bei Semiramis, stellen die Erftürmung der armenischen Hauptstadt dar, einem obersten Durchmesser von 2,3 Meter und einem untersten die Wegführung der Beute usw. Aber der Kraftaufwand Salma- Durchmesser von 0,6 Meter. Die niedrigste von ihnen ist noch nassars war im ganzen doch erfolglos. Die Macht der Urartäer 0,75 Meter tief bei einem obersten Durchmesser von 1,8 Meter. wuchs. Der Semiramis Gemahl Samsiadad hatte wieder mit ihnen Selbstverständlich waren sie bei ihrer Entdeckung ganz mit vom zu kämpfen. In Wan findet man ihre Festungswerke, die nach Regen herabgeschwemmter Erde gefüllt; als man sie ausgrub, fanden der Sage von Semiramis herrühren sollten. Die Inschriften sich an ihrem Grunde allerlei einst von den Jägern verlorene oder dort stammen von den urartäischen Königen. Weiter in den Bergen weggeworfene Feuersteingeräte, deren Technit sie mit Sicherheit der ist von damals her ein Wasserleitungskanal erhalten, der noch heute Solutréenzeit zuwies. Dadurch sind wir in den Stand gesetzt, das funktioniert und den Namen Semiramiskanal führt. Er ist vom Alter dieser vorgeschichtlichen Wildfanggruben zu bestimmen. Sie Urartäerfönig Menuas angelegt, wie zahlreiche Inschriften bezeugen. gehören der am Ende der lezten Zwischeneiszeit als direkte Fort Auf der Paßhöhe in den Bergen steht eine Säule, der sogenannte fegung des Aurignacien währenden Solutréenzeit an und können auf grüne Pfeiler, der von der Eage auch mit Semiramis in Verbindung ein Alter von wenigstens 100 000 Jahren Anspruch machen, wie ich gebracht wird. Er trägt eine urartäische Inschrift und gibt noch an anderer Stelle nachgewiesen habe. Heute Kunde aus der Zeit der armenischen Könige Menuas und Nicht minder interessant ist ein von demselben Forscher ge Argiotis und ihrer assyrischen Gegnerin Semiramis.

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machter, allerdings einer sehr viel jüngeren Zeit, nämlich dem Daß damals eine Frau die Geschide des Assyrereiches lenkte Magdalénien der frlihen Racheiszeit, die vor etwa 18 000 Jahren mußte überall auffallen und zur Legendenbildung auffordern: zumal, zu Ende ging, angehörender Fund, der uns einen Arbeitsplatz der Mammut und Renntierjäger der Hochgewachsenen Cro Magnonrasse wenn Semiramis ihren Gemahl auf den Kriegszügen begleitete. Den vorführt. An der einstigen Wohnstelle jener zur Winterszeit wie entscheidenden Wegweiser zur Entstehung der Sage gibt der Umstand, die Estimos in Felle der getöteten Beutetiere gehüllten Jäger in daß Semiramis und ihr Gemahl in der Sage als Begründer des Laugerie basse, eine Büchienschußzweite von den Wildfanggruben Reiches erscheinen, während in Wirklichkeit Assyrien damals schon von Laugerie haute entfernt, fand sich bei der Untersuchung eine lange Geschichte hinter sich hatte. Die Affyrer selbst wußten der Kulturschichten das sehr wohl. oberflächlich ein größerer Stein, Die Legende muß bei einem fremden Vott ent- der den Leuten als gemeinsamer Ambos bei der Arbeit diente. Um standen sein. Wenn dies Bolt damals zuerst mit dem mächtigen ihn herum lagen, wie sie einst bei Seite gelegt wurden, die Klopf und freichen Assyrien in Berührung fam, so ist begreiflich, daß steine und anderen Werkzeuge aus Feuerstein mit den mannigfaltigsten ein folches Boll die Semiramis als Begründerin der affyrischen Arbeitsspuren, zusammen mit den damit erzeugten feinsten Knochen. Macht anjah. Das trifft nur zu für die Meder. Medischen artefakten, die nun eine Zierde des Kölner Prähistorischen Museums Gesängen entnahm Ktesias seine Kunde bon Semiramis hauptsächlich. Sie verschmolz in der Sage mit der Göttin star. star war gleichzeitig Kriegs- und Liebesgöttin. Daraus erklären fich die Liebesabenteuer, die in der Sage der Semiramis zu geschrieben werden. Mit den Iraniern breitete fich die Sage von Semiramis nach Armenien aus. Zu Hause gewesen sein fann die Sage hier nicht, sonst hätte sie bei den geschichtlichen Voraussetzungen andere Züge annehmen müssen. Die alten Armenier waren aber disponiert, von den Graniern eine solche Sage von einer über­Verantw. Redakteur: Richard Barth , Berlin. = Drud u. Verlag: Borwärts Buchdruderei u.Berlagsanstalt Baul Singer& Co..Berlin SW

bilden.

von Knochenartefakten, die denn auch eine verblüffende Geschicklichkeit Diese Station bewohnten Spezialisten für die Herstellung barin erlangt hatten und Erzeugnisse für den Tauschhandel mit den Nachbarn erzeugten, die heute noch unsere Bewunderung erregen. Dr. L. Reinhardt.