jetzt noch nicht an uns denken!... Erzählen Sie mir. bitte. alles, was Sie von der Sache Ihres Bruders wissen!.." Ich?", sagte Ella und starrte Kurt ratlos an,ja, ich bin ja auch erst gestern wieder rausgekommen... sie haben mich ja auch verhaftet!.. Das weist ich, das heistt, ich hatte es in der Zeitung ge- lesen!", verbesserte er sich,und das liest mich heute, wo ich zurückkam von meinar Reise, natürlich sofort zu Ihnen kommen." «ie haschte wieder nach seiner Hand, die er ihr lassen mußte. Ja, und über die Sache selbst wissen Sie gar nichts, liebe Ella?" Nein, bloß was in de Zeitungen steht..." Das ist meistens sehr unzutreffend, in solchen Dingen wenigstens... die Zeitungen werden von den Kriminal- kommissaren informiert, und die stellen natürlich die Sache so dar, wie sie ihnen zu sein scheint, oder wie sie sie gerne haben möchten.. «Denn is es also am Ende gar nich so schlimm mit Jeorch?" Kurt wiegte leise seinen dunkcllockigen Kopf, nur zögernd sagte er: Ich weist nicht... aber an der Tatsache des Ver- brechens" er drückte sich absichtlich um das schlimme Wort herumdaran scheint wohl kaum noch ein Zweifel zu sein... Uebrigens ist er doch hier im Hause verhaftet worden! Das müßten Sie doch wissen!..." Jedesmal machte es ihm Pein, sie anzureden. DasSie" erschien ihm wie eine ungerechte Kränkung für die einst Ge- liebte und zumTu" konnte er sein Fühlen nicht zwingen. (Fortsetzung folgt.) (Nachdruck verboten.) i] Der'Totengräber. Von Josef Ruederer . Darüber wollte sich der Fried! halb zu Tode lachen. Eilig packte er seine Schaufel, und nun warf er eine Schicht auf den Brüllenden hinab, der er schnell eine zweite, dritte und vierte folgen liest. Kannst drunt bleiben," schrie er.I pack Di gleich noch dazu!" Dem in der Grube verging Hören und Sehen. Wo er hin- fahte, gab das brüchige Erdreich nach, und die herabsausendcn Steine schlugen ihm Schädel und Hände blutig. Er Mutzte nicht mehr, was er anfangen sollte. In seiner Verzweiflung begann er alle Heiligen anzurufen und ein Vaterunser zu stottern. Und dieses letzte Mittel versagte nicht. Auf einmal hörte der Stein- Hagel auf, und der Totengräber verschwand von dem Rande der Grube. Diesen Augenblick benutzte der Michl, sich mit äusterster Kraft in die Höhe zu arbeiten. Endlich gelang es, er kam wieder an die Oberfläche und richtete sich mit schlotternden Knien auf. Da bemerkte er etwas Seltsames. Der Totengräber hatte ihm den Rücken gewandt und sah die Gräber hinab. Dort kam etwas näher mit schwerfälliger Bewegung und grunzenden Lauten. Erst konnte man nicht unterscheiden, ob es ein Tier oder ein Mensch war, aber nun tappte es hervor hinter den Kreuzen und schlich zum Grab des Mödlinger. Ein alter, verkrüppelter Mann war es mit blöden, entzündeten Triefaugen, runzligen Backen und zusammen- gefallenem Munde. Ihn führte ein hochgeschossener Knabe von zehn Jahren, der mit ängstlichen Augen bald auf den Totengräber, bald auf den Alten blickte. Michl schlich auf die Seite und lugte hinter einem Grabstein hervor, der Totengräber beachtete ihn nicht mehr, sondern sah mit zusammengezogenen Brauen auf den Greis herab, der jetzt tau- melnd einhielt und ein stumpfsinniges Lachen hervorstietz. Hast wieder ein'n?" fragte der Fried! kurz. Wie schwer verhaltener Groll lag es in seinen Worten. Der Alte stierte ihn an und kicherte leise: Freili,'s hat ja heut nix kost. Der alte Mödlinger hat's zahlt." So? Und Du schämst Di net, dast Du Dir auf Kosten von der Sippschaft an Rausch antrinkst?" «Na a a," gröhlte der Gefragte,«i schäm mi net, i trink wo wo i's herkricg, i trink'n ganzen Tag." Bis's Di amal umhaut," rief der Totengräber heftig. Da ritz der Alte seine entzündeten Augen auf, so weit er konnte, und sah zu seinem Sohn gar spöttisch empor. Sein ganzer Rausch schien verschwunden, und die lallende Stimme bekani eine merkwürdige Festigkeit, als er jetzt den zahnlückigen Mund öffnete: Na, mi haut's net um," sagte er,mi net, g'wist net. Da brauchst kei' Angst net haben. Schau nur. dast's Di selber net um- haut, mei Lieber. Mi packt's net, i überleb Enk alle!" Das war herausgekommen wie eine Prophezeiung, so klar und pcher. In dem Totengräber arbeitete eS mächtig. Führ ihn weg." fuhr er seinen Buben an.Er hat mx z' suchen da herausteu." Der Kleine fastte den Großvater beim Arme und setzte ihn langsam in Bewegung. Hustend und grunzend torkelte der Alte drei Schritte weiter, dann schien er sich auf etwas zu besinnen. Er blieb wieder stehen, drehte sich um und sah höhnisch zu seinem Sohn zurück. Mi gräbst net ein," lallte er.Des sag i Dir, mi net. Eher grab i Di selber ein, Di und's ganze Dorf, alle miteinander� W'e's da seid's!" Da legte sich Andredl ins Mittel. Fester packte er den Alten der Hand und sagte bittend und kläglich: Na, net eingraben, Großvater, uns net eingraben." Wie ein bezähmtes, wildes Tier wandte sich der Alte zu dem Kinde. Mit täppischer Zärtlichkeit klopfte er seine Wange, während gurgelnde Laute aus seiner Brust kamen. Raa, naa," gröhlte er,gut sein. Andredl, gut sein. Dir tu i nix. Dir net. Dir net, mei Buberl." lind während er den Jungen liebkosend an sich drückte, enk-, fernte er sich und wankte dem Hause zu. Eine Weile hörte man ihn noch brummen, dann sank der Friedhof in seine Ruhe zurück. Der Totengräber blickte den beiden nach, bis sie hinter den Grabsteinen verschwunden waren. In seinem Blick iag etwas von tötlichem Hast und mastloser Wut. Mutzt net so bös drcinschaun," tönte es plötzlich. War dieser Lump noch immer da? Fried! fuhr beim Klang von Michls Stimme heftig zusammen. Pack Dich zum Teufel." schrie er ihm hinüber. Der hielt sich in vorsichtiger Entfernung und sagte spöttisch: Geh schon," rief er.«Freut mi bloß, weil i des no verlebt Hab." Der Totengräber hob einen Stein vom Boden und warf ihn zu dem Lästermaul hinüber. Der Bursche aber bückte sich und sprang eilig von bannen. Weist scho, wie gut Du'S meinst," rief er zurück,aber unter- steh Di, und halt mir noch amal a Predigt, wie man sein Vater auf Erden behandeln soll. Du schlechter Kerl, der den seinigcn selbst ins Grab wünscht." Fried! bebte am ganzen Körper. Er fastte mit beiden Armen in die Luft, als wollte er etwas greifen, was gar nicht da war. Dann rannte er wie besessen um das Grab herum, und als er jetzt die breiten Fußspuren seines Vaters gewahrte, da packte er seine Schaufel und stürzte sich mit einer sinnlosen Wut auf das lockere Erdreich. Da hatte er gestanden, der Alte. Fort, fort damit! Weit im Bogen sandte er alles dem Mödlinger ins Grab nach, als fürchtete er, der da unten könnte wieder heraufkommen. Und als der letzte Stein hinabgeworfen war, sprang er in weitem Satze auf die Erdmassen und stampfte sie ächzend zu- sammen, bei jedem Tritte immer weiter ausholend, wie der Riesen- Hammer, der im nächsten Augenblick auf das funkensprühende Eisen herniedersaust. Geh'raus, wenn d' kannst." murmelte er grimmig.Geh 'raus!" Der unten regte sich nicht mehr. So war's recht, so muhte es kommen, so gehörte sich's. Mit höhnischem Gesichte sah Friedl auf das glattgestrichene Erdreich herab und trocknete sich den Schweiß. Ihm war es, als hätte er ein gutes Werk vollbracht, mit dem er zufrieden sein konnte. Aber plötzlich kam er sich wie genarrt vor. Was war denn dort an dem schmalen Steig? Dort fingen die Fußspuren ja wieder an, als wäre der, den er eben bestattet hatte, unter dem Grabe hervorgekrochcn und hätte aufs neue die Wanderung fort- gesetzt auf der frühlingsdunstigen Erde. Nicht allein war er ge- gangen. Hart an seine Ferse hatte sich Andredls nackter Fuß gesetzt, wie die Spur eines getreuen Hundes, der den Herrn nicht verlaßt. Ein bitteres Lachen entrang sich Friedls Brust. Er stürzte auf den Weg, und mit blinder Zerstörungswut stampfte er das letzte hinweg, was von den beiden noch sichtbar war. So trat er Schritt für Schritt die Wanderung nach Hause an. Er wutzte es ja, dast er nur die Türe zu öffnen brauchte, um Großvater und Enkel beisammen zu finden, dort, wo sie immer fasten, im Stalle draußen, einträchtig. Arm in Arm. Und der Junge hörte mit offenem Munde, was ibm der Alte vorschwätzte. blödfinniges Zeug, Heiligenlegenden, und zur rechten Zeit eine gepfefferte Bosheit gegen seinen Vater. Das zeigte das scheue Benehmen des Kindes und nicht minder das triumphierende Gesicht des Alten, der sich in dem Buben ein Weiterleben sichern wollte, seitdem man ihn ins Austragsstübchen gesetzt hatte. ..Jetz' leb i erst recht lang," hatte er damals gesagt.«Erst recht lang." Und am selben Abend gab er den Kühen zu fressen, dast zwei davon krepierten, und trank sich im Wirtshaus einen Rausch an. der ihn fast das Leben gekostet hätte. In der Dunkelheit war er nämlich in den Gictzbach geraten, der das Dorf in zwei Hälften teilte, und hätte ihn nicht zufällig ein Bauer bemerkt, er wäre elendiglich umgekommen. DaS hatte sich ihm gut eingeprägt, weil er leben wollte um jeden Preis, schon aus Trotz gegen seine Fa- milie, und so traf er seine Maßregeln. Den Trunk stellte er zwar nicht ein, den mußte ja sein Sohn bezahlen, wohl aber ließ er