durch ein kö rss(Wald) gieng ein dach zetal(zu Tal) über ein »laniul'o(Ebene)/ Stand da-Z Althochdeutsche unter geistlichem Einfluß, das Mittelhochdeutsche unter ritterlichem, so bereitet das erste Erwachen des Bürgertums im Ausblühen der Städte die Emwickelnng des Neuhochdeutschen bor. Auf die religiöse und ritterliche Lite« ratur folgte die bürgerliche, auf die fromme und heroische die lehr- hafte, nüchterne. Wie das Althochdeutsche mit seinem lautlichen Wohlklang schon im Mittelbochdeulschen einen farbloseren Nachfolger gefunden hatte, so folgte diesem jetzt(immer ist die Beziehung zum Lebens- und Literaturinhalt der jeweiligen Epoche erkennbar) das lonsonantenreiche, immer spröder und rauher werdende Neuhoch« deutsch. Die Zentralisierung der Dialekte wurde, soweit sie etwa Vorhanden war, aufs neue durch wunderliche Einflüsse durchbrochen, die Bedürfnisse des praktischen Lebens der neu erstehenden Klasse schufen eine umfangreiche Prosaliteratur in Urkunden, Rechts- hüchern usw. Die Erfindung des Buchdrucks und die Aus- breitung deS Verkehrs bewirkten eine gewaltige Demokratisierung der Kunst des LesenS und Schreibens. Aber wie ein Kind, nachdem es fließend lesen gelernt hat. meist in wahlloser Lesewut Aber alles Gedruckte herfällt, so verschlang auch das Bürgertum in seiner Kinderzeit die vorhandene Literatur, reizte damit zu immer neuer Produktion an und führte eine grenzenlose Oberflächlichkeit und Inhaltslosigkeit der Geistesbildung herbei. Freilich setzte seit dem Ende des 14. Jahrhunderts die Renaiflance des Altertums ein und brachte die Kenntnis großer Literaturerzeuguisse. Aber die Gelehrten schlössen sich in die lateinische Welt ein und von der Gegenwart ab. Sie schoben die deutsche Sprache verächtlich beiseite, und wo sie sich mit ihr befaßten, da geschah es, um, zum zweiten- mal, dem Deutschen ungezählte lateinische Reiser aufzupfropfen. Ein gewisser Sim. Rothe konnte 1572 ein Verzeichnis von etwa 2000 lateinischen Wörtern der deutschen Sprache ausstellen. Das römische Recht brachte außer solchen Wörtern, die dem Fachmann vorbehalten blieben, auch Ausdrücke wie Familie, Prozeß, Klient, Adoption, Magistrat, Majorität, legal, Advokat usw.. die wir gar nicht mehr entbehren können. Aebnlich ging es auf anderen Gebieten der Wifienschafi: Katarrh, Reformation. Kommissar, Exzellenz, nicht zu vergesse» die von Karl V. eingeführte Majestät....(Dieser Kaiser erklärte bekanntlich, die deutscke Sprache sei nur gut für Pferde und Knechte!s ferner Regent, Monarch, grammatische Bezeichnungen, Aula, Katheder, Podium, Autor, Kommentar, Disziplin, Autorität, Zensur, Karzer, Examen, Prädikat usw.— alles das sind nur die gebräuchlichsten der übrig gebliebenen Fremdwörter jener Zeit, ganz zu schweigen von der Fülle der später wieder aufgegebenen. Man ging so weit, die deutschen Namen zu übersetzen und schuf so unter anderem Faber(Schmied), Sartor(Schneider). Molitor(Müller). Als Vorname» wählte man gleichfalls fremde statt der heimischen. Während das Verhältnis der deutschen zu den fremden Vornamen im 13. Jahrhundert noch wie 4 zu 1 war, ist eS im 16. Jahrhundert auf 1 zu 3 gefallen, d. h. die Häufigkeit der deutschen Namen sank auf ein Zwölftel herab. Dem entspricht die Tatsache, daß z. B. im Jahre 1570 etwa 70 Proz. aller Druckschriften lateinisch abgefaßt wurden, und noch 1730 waren es 30 Proz. und erst am Ende des 18. Jahrhunderts nur mehr 5 Proz. Zum Glück aber waren es eben nur die Gelehrten, die solcher- S estalt das Deutsche lateinisiertcn. In der gelehrten Literatur, die Vilich die größte überhaupt war, staute sich die Ausländerei ab. Im übrigen jedoch war das Lateinische schon seit dem 13. Jahr« hundert zurückgedrängt worden. Das Bürgertum brauchte eine Kolkssprache, die der Ausbreitung von Handel und Verkehr dienlich fein konnte. Zweierlei Hindernisse standen einer solchen Gemein- spräche im Wege. Das eine, die lateinische Sprache, war mehr äußerer Art und durch Vermeidung zu bekämpfen. Das andere aber tvaren die Dialekte, die Mundarten. Eine von ihnen oder ein Produkt au» ihnen mußte zur allgemeinen Verkehrssprache werden. kleines feuiUeton. Korallenindnstrie. Seit den ältesten Zeiten hat man die Korallen zu schätzen gewußt. Die Tiergruppe der Korallen hat eine gewalttge Verbreitung in den Meeren früherer Epochen der Erdgeschichte ge« habt und verfügt noch jetzt über eine große Zahl von Vertretern in den Räumen des WellmeereS. Von diesen vielen Korallenarten sind nur wenige von praktischer Bedeutung für den Menschen. Am meisten trifft dies selbstverständlich für diejenigen unter diesen Tieren zu, die durch Zusammenrottung in ungeheuerer Zahl ganze Inseln im Ozean aufzubauen vermögen. In anderem Sinne wertvoll »st die Edelkoralle, die schon den alten Römern wohlbekannt war und als ein Lieblingsstoff für Schmuckstücke galt. Der Hauptbegehr nach Korallen lag aber in anderen Ländern, ganz besonders in Indien , wohin zu Beginn unserer Zeitrechnung so große Mengen eingeführt wurden, daß selbst in den Gebieten, an deren Küsten die Edelkorallen gewonnen wurden, diese selten waren und nur zu hohen Preisen gekauft werden konnten. Heute werden besonders viele Korallen im Mittelländischen Meer gefischt. Ueber den Ertrag dieses Gewerbes hat Professor Mackintosh im„Zoologist' einen lehr- reichen Aufsatz veröffentlicht. Die Haupttnärkte für Edelkorallen sind danach Messina , Neapel , Genua , Livorno nnd Mar« tverantw. Redakteur: Richard Barth , Berlin.— Druck u. Verlag: seille. Die Korallen von der algerischen Küste gehen bor- zugsweise nach Pisa und Trapani . Die Menge von Korallen. die durchschnittlich in jedem Jahr nach Italien zum Verkauf gebracht wird, beläuft sich auf ungefähr 160 Tonnen, und die daraus verfertigten Gegenstände haben einen Wert von etwa 10 Millionen Mark. Der Gesamtwert der jährlich gewonnenen Korallen in rohem Zustand wird jedoch auf 40 Millionen geschätzt und die aus diesem Gesamtertrag hergestellten Waren werden sogar auf die außerordentlich hohe Summe von 200 Millionen Mark be« wertet. Als feinste Qualität gilt bekanntlich ein zartes Rosa oder eine Fleischfarbe, die ganz gleichmäßig über große Stücke verteilt sein muß. Im Orient sind übrigens sogar Korallen verkäuflich, die von Würmern angefressen sind, weil manche Eingeborrene glauben, daß in diesen Hohlräumen Götter wohnen. Völkerkunde. Soziologisches aus dem westlichen Sudan . Nach einem Bericht des Forschungsreisenden Leo Frobenius ist die auffallendste Erscheinung, die er im Kulturkrcife deS Mandeplateaus vorfand, das Kastenwesen. Es erscheint für jeden, der sich ein- gehender mit den heutigen afrikanischen Kulturen beschäftigt hat, durchaus uuafrikanisch; es ist dabei so ausgesprochen und so streng durchgeführt, daß ihm ei» sehr hohes Alter zngefprochen werden muß. Die Fulbe , Mande und Wollof sind die Völker, die die Ein« richttmg am klarsten bewahrt haben. Man unterscheidet hier: I.Die Horro oder Ritter; es sind die Adligen und die herrschende Rasse. 2. Die Ulusu oder Hörigen; es sind unterworfene Stämme, ein Bauern- und Arbeitervolk, das im Dienst der Horro lebt. 3. Die Dialli oder Barden; es sind Sänger, Bewahrer der Traditionen, Boten der Könige und Knappen im Kampfe. 4. Die Numu oder Alteingesessenen; dies sind Bauern, die sowohl mit der Eisen« wie mit der Holzindustrie ver- traut sind, der Uebcrlieferung nach die ältesten Bewohner des Landes, vor allem aber die Träger der religiösen Institutionen und Leiter der heiligen Bundbildungen. 6. Die Dion oder Sklaven: es sind kriegsgesangene oder verschuldete Leute, gelten feinfach als Sache und Kaufgut und für so niedrig stehend, daß man sie kaum als andern Menschen gleichberechtigte Individuen ansieht. Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß diese scharfe, selbst für Afrika rückständige Kastentrennung ein Bild sehr alter Zeit widerspiegelt; eS ist sozusagen der Konservativismus in Reinkultur. Die alten Horro haben wohl stets nur eine geringe Kopfzahl gehabt. Als Gros der Bevölkerung find die hörigen Ulusu anzusehen. Diese dürfen nicht ge- oder verkauft werden, müssen einige Tage in der Woche für ihren Herrn arbeiten, dürfen heiraten und sich auch ein kleines eigenes Vermögen erwerben. Verbindet sich ein Horro mit einem Mädchen der Hörigcnklasse, so werden die Kinder Ulusu, falls der Vater nicht mit Einwilligung der Familienältesten die junge Frau rechtzeitig freikauft. Eine derartige Verbindung ist die einzige Durchbrechung des KastensystenrS, die vorkommt. Im übrigen dürfen Schmiede nur mit Schmieden, Barden nur mit Barden, Horro nur mit Horro eine Ehe schließen. Eine andersartige geschlechtliche Ver- bindung gilt als schwere religiöse Versündigung. Die epischen Lieder der Barden sind für die historische Erforschung der Völker- stürme in jener Ecke Afrikas von großer Wichtigkeit. Doch ist un- verkennbar, daß diese patriotischen Dichter, ganz wie bei uns, brav Geschichte fälschen, weil die Herrschaft sich bedeutend frei- gebiger erweist, wenn der höfische Poet e» zum Beispiel versteht, ihren Stanlmbaum noch um einiges zu verlängern. Bei den Völkern deS Mosfi-Plateaus stellt das Kaisertum ein System feudaler Nawr dar. Der Kaiser gebietet über einen Stab erblicher Beamter, die in der Hauptstadt leben. Alle Provinzstädte sind mit Prinzen ans kaiserlichem Geblüt besetzt, die wieder einen ähnlichen tzofftaat haben. Auf diese Weise herrscht ein Rittergeschlecht über alteingesessene Bauernstämme. Haust einer der Unterkönige allzu.ritterlich', d. h. führt er unsinnig Krieg, so lädt ihn der Kaiser zur Verantwortung vor sich. Die„Ehre" des Unterkönigs verlangt nun, daß er in solchem Fall stolz bleibe nnd nicht Order pariere. Gemäß der weiteren Vorschrift des Ehrenkodcx übersendet der Kaiser dann nach einiger Zeit dem Unbotmäßigen ein Messerchen, welcher Wink be« deutet: entleibe dich gefälligst. Nachdem dies geschehen, ist man allerseits vom Verlauf der Affäre befriedigt; die Untertanen bejubeln den ritterlichen Sinn des zu seinen Vätern ver» sammelten Unterkönigs und empfangen freudig einen Nachfolger vom gleichen Ritterkaliber. Auch der Kaiser ist nur insoweit absolut, als er den Willen des Adels tut. Andernfalls wird er erst mal ehrerbietigst.erinnert", und wenn das nicht Hilst, wird ihm ebenso ehrerbietig der Wunsch vorgetragen, er möge ab- kratzen. Dies soll er dann auch tun. Alles in allem ist der west- liche Sudan in politischer Hinsicht ein so patriarchalisches Paradies, daß die preußischen Agrarier(mit der preußischen Regierung an der Tete) sich eines Tages unzweifelhaft zur Abwanderung in jene Gefilde entschließen werden, wo ihrem Tatendrange bedeutend weniger demonstrativer Widerstand geleistet werden wird. Aber auch die Pfaffen wären dort vortrefflich aufgehoben. Kein Nörgler denkt dort daran, die Schamanenpriester, die das gesamte Wirtschafts-. leben beeinflussen, irgendwie zu krittsieren. Im Gegenteil, wenn sie sich in Krämpfen der Verzückung auf der Erde wälzen, singen die Dichter bewundernd von ihnen: dieser befitzt.2000 magische Kräfte", jener besitzt„5000 magische Kräfte' usw._ A. K. sorwärr» Buchdrucker«« u.Vert«g»anstattPaulSinacr«r£o..Beriur31ch>
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27 (4.3.1910) 45
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