Sachverständigelt beantragt.,. und die hat ja auch wohlstattgefunden?... Na also, was regen Sie sie sich denn danoch weiter auf?... Damit ist die Sache doch erledigt!"„Aber nein. Herr Staatsanwalt, damit ist die Sachenoch keineswegs erledigt! Der Mann ist, wie ich Ihnen ebenschon sagte, wahnsinnig, und da dürfen Sie als Vertreterder Anklagebehörde nicht zugeben, daß er enthauptet wird!"Mit einem Male stand in Dr. Wacker der Korpsstudentda. dem die Schmisse im gebräunten Gesicht vor innerer Er-regung brannten...Was ich darf oder nicht, das ist meine Sache zu enk-scheiden, Herr Rechtsanwalt, verstehen Sie?... Im übrigenist der Fall für mich erledigt!..."Er wandte sich brüsk ab, zu dem Oberinspektor hin undsagte:„Wollen Sie mir bitte einen Beamten mitgeben, HerrOberinsepktor-, der Nachrichter, Herr Engel, will sich denMann mal ansehen!..."Jetzt erst wandten sich die Blicke aller zu dem Scharf-richtcr hin. Es war ein breitschultriger, untersetzter Mensch,der in devoter Haltung in der Nähe der Tür stehen gebliebenwar. Den runden, kurzgeschorenen Kopf mit den gelblichen.glashellen Augen reckte er ein wenig nach vorn; das Gesichtwar nicht unintelligent, auch nicht häßlich, aber die ganzeErscheinung hatte trotzdem etwas von einer Bulldogge, dieauf den Hetzruf einem Menschen an die Gurgel springt undihn zerreißt.Der Oberinspektor hatte den Knopf des elektrischen Tele-graphen gedrückt. Ein Aufseher kam und wurde angewiesen,die Herren nach der Mörderzelle zu führen.„Ich möchte den Verurteilten ebenfalls sehen," sagte indem Augenblick, wo der Staatsanwalt mit flüchtigem Kopf-nicken an ihm vorbeigehen wollte., Kurt von Solfershausen.Dr. Wacker blieb stehen.„Hm.. begann er,„ich weiß doch nicht, ob ich das jetztnoch gestatten kann...." Er sah absichtlich an dem Anwaltvorbei, dem die Röte des Zornes in die hohe Stirn stieg-„Ich hatte die Absicht, den Verurteilten in der Gesell-schaft seiner Schwester zu besuchen, die ebenfalls um die Ge-nehmigung dazu nachsucht," sagte Kurt jetzt mit starkerStimme.Beide Gesuche durfte er gar nicht abschlagen, das wußteDr. Wacker wohl; so wollte er die Erlaubnis wenigstens ineiner niöglichst nichtachtenden Form erteilen. Er sagte:„Na, meinetwegen! Aber erst gehe ich mit dem Nach-richtör zu ihm!"Damit ging er, sich kurz vor den Beamten verbeugend.Doch an der Tür wandte er sich jäh um. Er hatte Kurtsleises Lachen gehört.„Lachen Sie über mich, Herr Rechtsanwalt?"„Ich lache, Herr Staatsanwalt... muß ich dazu viel-leicht auch Ihre Erlaubnis einholen?"„Nein, ich wundere mich nur!"„Wundern Sie sich, soviel Sie wollen!"Man sab. wie der flotte Herr mit dem breit ausgestraub-ten Schnurrbart wütend wurde. Er schien noch etwas er-widern zu wollen, ging dann aber, gefolgt von dem Nach-lichter, wie von einem Hunde, achselzuckend zur Tür hinaus.„Nu haben Sie's ganz verschüttet, Herr Rechtsanwalt!"meinte der Polizeiinspektor....Kurt fühlte das auch. Er dachte mit Sorge an das armeMädchen, das noch immer draußen im Korridor saß, in derbangen Erwartung des Augenblickes, wo sie ihren verlorenenBruder wiedersehen sollte.(Schluß folgt/!(Nachdruck terSoten.)91 Der Totengräber.Von Josef Ruederer.Also ihm hatte der stumme Schreckensblick gegolten, nicht demGroßvater, nicht dem Buben, die nun seelenvergnügt in ihrenBetten schnarchten I Er hätte dran glauben sollen, damit der Altenoch die Freude erleben konnte, ihn da unten liegen zu sehen alsstummen Mann, der alles geduldig über sich ergehen läßt. Un-willkürlich mußte er lachen.„Wenn's darauf'nausgeht. Meier, nachher können wir schonVorsorgen."Ein zweites Mal sollte es ihn nicht packen, nicht am Land,nicht am Wasser, darauf konnte steh der Herr Meier Verlasien. Ber-dämmt! Wie ihm der Tod schon die knöcherne Faust unter dt«Nase gehalten hatte, als er verzweifelnd kämpfte mit dem grausigenElement! Nahe genug hatte es ihm gestanden, aber er war dochder Sieger geblieben und hatte sich durchgehauen mit beiden Armen«wie im' Krieg mit Säbel und Messer durch Turkos und Zuaven. Ja,so leicht war er nicht unterzukriegen. Das mochten sich Großvaterund Enkel hinter die Ohren schreiben, auch der heimtückischeknöcherne Tropf da hinten konnte sichs merken.Zum ersten Mal in seinem Leben war der Fried! wütend ausseinen Freund und maß ihn mit verächtlichen Blicken. Das hätteer ihm nicht zugetraut I Ah, wenn er bockig würde, der falscheHalunke, sollte es ihm auf einen Kampf nicht ankommen. Jetzt,auf diese Nacht hin, nahm es der Friedl mit Gott und allenTeufeln auf, und wenn eö den Herrn Meier juckte, dann wollteer ihn bedienen, daß kein Knochensplitter mehr von ihm übrigbliebe. Er hatte ihn erschaffen, er konnte ihn auch wieder der-nichten, heut oder morgen, wann es ihm paßte, dafür war er seinHerr und Gebieter.In der schlaflosen Nacht, die er sich auf seinem Lager herum«wälzte, wurde er fast irre an allem, was er bis jetzt geglaubt hatte,und als er sich am anderen Morgen ganz matt und zerschlage?,erhob, da war es mit seiner Stimmung gegen den Herrn Meiernoch nicht besser bestellt. Ohne das Skelett eines Blickes zu würdi-gen, setzte er sich an ein Fenster der Eckstube und schaute in dengrauenden Morgen, der kaunr heraufkommen wollte. Die Nebelwaren über Nacht in die Höhe gestiegen, und ein gleichmäßiger«warmer Landregen goß sich mit einlullendem Plätschern ins Hoch-tal herab.Aufmerksam verfolgte der Friedl die stürzenden Regentropfenin den breiten Wasserpfützen des Kirchhofs. Das schmolz denSchnee in den Bergen und konnte dem Dorfe wieder so gefahrlichwerden wie schon vor Jahren einmal in einem sehr warmen Früh-jähr. Ein Glück, daß er gerade noch durchgerutscht war, heutewär's keinem mehr möglich, und wenn er noch zehnmal so kräftigwäre wie der Friedl. Immer von neuem mußte er an das grausigeAbenteuer denken. Auch die schmerzenden Glieder und die auf-gerissenen Hände mahnten ihn daran. Es war doch ein furchtbarerKampf gewesen im Schall der tosenden Gewässer! llnd jetzt da-gegen diese Stille mit dem einschläfernden Regen? Er konnte eSkaum fassen und fragte sich manchmal, ob er es selber sei, der nachdem verzweifelten Ringen hier wohlgeborgcn am Fenster ruhte undmit tiefen Atemzügen die Brust erleichterte.Das erwachende Leben im Hause sollte ihm bald Gewißheitgeben. Erst schlich Andredl die Treppe herunter und ging nach demStalle. Dann kam die Frau. Schwerfällig trat sie ins Zimmer„Warst Du beim Godingcr?" fragte sie.Er runzelte die Stirne.„Warum?"„I mein bloß wcg'n'm Vater."„Ja, i war beim Eodinger."„Drum."„Was is denn mit'm Bater?" forschte er ungeduldig, indem ersich erhob.„Mein Gott und Herr, des war was heut nacht."„Was? Was? Red endlich amal."„Er ist ja wie närrisch heimkommen mit'm Andredl," sagtesie.„Er bringt mi um. hat er alleweil g'schrien."„Wer bringt'n um?"„Des hat er net g'sagt."Sie setzte sich erschöpft auf eine Bank.«Fehlt Dir was?" fragte er.«J kann bald nimmer arbeiten", seufzte sie.„Wlcnu's nurerst'rum wär."„'s kann ja nimmer lang dauern", sagte er freundlicher,Sie zuckte die Achseln und schaute auf den Boden.„Was hast denn?" fragte sie plötzlich, als er stehen blieb undscharf nach der Tür horchte.Er lachte höhnisch.„Da kommt er'runter", sagte er.«Jetzt geht's wieder los."Das Gegröle des Alten drang dumpf in die Stube herein.Der Totengräber wurde unruhig...Geh' naus", sagte er.«und sorg dafür, daß der mir net ind' Händ lauft, sonst...Langsam ging sie zu der Türe..Du", sagte sie. noch einmal stehend bleibend,„er hat noch wasg'sagt. der Großvater."„Was?"«Er will fortziehen zum Godinger, hat cr g'sagt."«Der Alte— zum Godinger?"„Ja, weil er bei uns nimmer sicher wär. Er wollt's'm Pfarrerund'm Bürgermeister sagen."Jetzt riß es aber den Friedl mit einem Ruck empor.„So?" schrie er.„Und wir sollen's wohl zahlen für ihn, ha?"»Wahrscheinlich denkt er si's a so."„Des laßt er bleiben", donnerte der Friedl.Sie trat näher zu ihm mit aufgehobenen Händen.„Du... wenn er wirklich hinging zun, Pfarrer... wenncr uns ausrichten tat, es wär ja schrecklich für uns."Wie zum Schwur hob der Friedl seine Rechte in die Höhe undsah ihr fest in die Augen