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Er nahm die Müße ab, verbeugte fich, hatte aber meine Frage| Alons Sprenger, Babylonien das reichste Land in der Vorzeit und das nicht genau verstanden.
Was sagen Sie...?"
Im ersten Augenblid erkannte ich ihn nicht. Sobald er aber zu reden begann, lam mir der arbeitfame, brave Bauer wieder ins Gedächtnis. Er hatte, wie es so oft vorkommt, ausgesucht viel Bech gehabt. Einmal waren ihm zwei Bierde gestohlen; dann war er abgebrannt; dann war seine Frau gestorben. Ich fannte ihn im erften Augenblid deswegen nicht, weil ich ihn lange nicht gesehen und mir den Prokrop fuchsrot und mittelgroß vorstellte, während er jezt nicht fuchsig, sondern grau und ganz klein war.
Ach Du bist es, Profrop?" sagte ich. Ich frage, wessen Junge ist denn das, der da zu Alexander geht?"
D
Der?" wiederholte Profrop, mit einer Kopfbetvegung auf den hohen Burschen deutend; wiegte dann das Haupt hin und her und ich verstand nicht, was.
mümmelte etwas
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" Ich sage, weffen Junge das ist?" fragte ich nochmals und fah Profrop dabei an.
Sein Geficht legte sich in Falten, die Badenfnochen zitterten. „ Das ist meiner", sagte er, wandte fich ab, bedeckte sein Gesicht mit der Hand und greinte wie ein fleines Kind.
Erst nach diesen drei Worten Profrops:„ Das ist meiner" fühlte ich nicht nur mit dem Verstande, sondern mit meinem ganzen Wesen das Schreckliche, was sich an diesem denkwürdigen, nebligen Morgen bor mir abspielte. Dieies ganze Hine und Herziehen, all das Unverständliche, Sonderbare, was ich fab, erhielt plöglich eine einfache, flare, schredliche Bedeutung. Dualvolle Scham überkam mich, daß ich es wie ein interessantes Schauspiel mitangesehen hatte. Ich blieb stehen, und lehrte im Bewußtsein, eine schlechte Tat begangen zu haben, nach Hause zurück.
Und nun der Gedanke, daß all diefe Vorgänge mit tausenden, zehntausenden Menschen in ganz Rußland geschehen und geschahen, und sich noch lange bei dieſem fanften, weisen, frommen und so grausam und hinterlistig betrogenen russischen Bolt wiederholen
werden...
Handel und Wandel in Alt
babylonien.
lohnendste Kolonisationsfeld für die Gegenwart.) Erst um das Jahr 1000, also lange vor der vielgescholtenen ottomanischen Herrschaft, begann das Land zum großen Teile zu jener Steppe und Wüste zu werden, als welche es heutzutage sich uns darstellt. Im Altertum war das Land bekanntlich von zahllosen künstlichen Wasserrinnen durchzogen, die den aus Sand und Lehm zusammen gefeßten Erdboden zu beispielloser Fruchtbarkeit brachten. Diese Kanäle waren bevöikert von den föstlichsten Fischen, besonders mächtigen Karpfen. Sie dienten zugleich in bequemster Weise dem Verkehr. Herodot erzählt von einer Art runder, aus Weiden geflochtener Fahrzeuge, die man noch heute in dortiger Gegend als Fährboot benußt. Auf dem Lande diente hauptsächlich der Esel als Reite und Lasttier, während das Pferd erst vom Beginn des zweiten Jahrtausends( also von zirka 1900 vor Christi Geburt) ab nachweisbar ist. Das berühmte Gesetzbuch des Hammurabi, das als ein Vorläufer des mosaischen Gesehes anzusehen ist, weiß vom Ges brauch des Pferdes noch nichts. Große Städte gab es wenig. Man wohnte meist in Dörfern oder auch in einzelnen Gehöften, die zwischen den Kanaldeichen lagen. Bausteine gab es gar nicht. Die Häuser wurden aus Lehm gebaut.
Aus dem Handelsleben der Altbabylonier stammen die bes fannten Siegelabdrücke, die uns von der Höhe altbabylonischer Porträtkunst erzählen. An die Warenballen nämlich, die vont semitischen Norden nach dem Süden des Landes befördert wurden, legte man nach Art unserer Plomben mittels eines durchgezogenen Fadens kleine Tonklößchen an. Diese trugen meistens einen Siegel abbrud, der zuweilen ganze Szenen, meistens aber Porträts ent hielt. Natürlich können sich diese mit den spätgriechischen Porträts oder gar den römischen, wie wir sie in Pompeji sehen, nicht messen. Aber einmal sind wir mit ihnen 1000 und mehr Jahre den Griechen voraus, und dann wird uns das Gefühl für den wahren Wert dieser Kunst darum nie ganz aufgehen, weil unsere ganzen ästthe tischen Werturteile sich unter dem einseitigen Einfluß des griechis schen Schönheitsideals gebildet haben.
Besonders die eben erwähnte Gefeßessammlung des Hammus rabi, die von zwei französischen Archäologen auf den Ruinen von Susa gefunden ist, läßt uns einen tiefen Blick in das Kulturniveau der Altbabylonier tun. Was immer wieder und besonders gegen über den Griechen auffällt, ist die große Fülle todifizierten Rechtes. Jede nur halbwegs wichtige Abmachung wurde nach strengster Forderung des Gesebes schriftlich firiert und durch Zeugen bes Vergleicht man unsere moderne Altertumswissenschaft mit der glaubigt. Unzählige folcher rechtlicher Abmachungen aus allen Ges bor etwa fünfzig Jahren, so fällt als charakteristischer Unterschied bieten sind uns erhalten. Auch die Ehe war nur gültig, wenn alles neben der ungeheuren Ausdehnung ins Breite vor allem eine Tat- schriftlich niedergelegt war. Dazu gehörte auch der Kaufpreis des fache auf: Das Interesse und damit die Bedeutung, die man dem Mädchens. Er war verschieden wie die Mädchen selber; heute kostet griechischen Kulturkreise zuschrieb, ist auf das Maß herabgedrüdt, in der dortigen Gegend ein Mädchen zirka 140 M. oder eine das ihm von Rechts wegen gebührt; die jahrhundertelang währende Büffelfuh. In Altbabylonien wurde, wie uns ein Shekontrakt beeinseitige Verhimmelung der griechischen Kultur hat neuer Wissen- richtet, eine junge Schöne namens Latubaschinni für einen Sklaven schaftsarbeit Blah machen müssen. Besonders die Arbeiten über die im Werte von einer halben Silbermine und anderthalb Silberminen enge Verknüpfung der hellenischen mit der viel älteren asiatischen in bar verkauft. Das macht ungefähr ebensoviel. Bei dieser Ges Kultur, deren Resultate freilich manchem Forscher der alten Schule legenheit erwähnt Delißsch einige hübsche Mädchennamen. Außer noch ein Dorn im Auge sind, nehmen von Jahr zu Jahr an Breite dem angeführten dürften auch folgende unser europäisches Ohr nicht und Ueberzeugungskraft zu, und hier find es wieder vor allen gerade verleben: Lamazani, d. h.: mein kleiner Schuhengel", anderen die Altbabylonier, deren Kultur sich für die gesamte na- libbi- erschit, d. h.: in das Herz gepflanzt". Der peinliche europäische Geschichte als von früher nicht geahnter Wichtigkeit Ordnungssinn für die Fixierung aller sozialen Beziehungen zeigt herausstellt. Man braucht gar nicht mit Professor Jensen, der so fich auch gegenüber den Sklaven. Von jedem Sklaven des ganzen aiemlich den gesamten europäischen Eagentceis auf eine altbabylo- Landes war eine Stammrolle vorhanden, die enthielt, wie lange er nische Heldenlegende zurückführen will, durch das Did und Dünn schon Sklave sei, zur Mitgift welcher Babylonierin er gehört habe aller seiner Hypothesen zu gehen. Schon die teilweise Zustimmung, und so weiter. Das Einwohnermeldeamt auf dem Alexanderplat die er erhalten hat, zeigt, wohin die Richtung aller dieser Forschun ist also durchaus nicht so modern, wie wir wohl annehmen möchten, und die feudale Kultur des Mittelalters mußte sich in dieser Begen geht. ziehung vor dem alten Babel verstecken.
Unter denen, die es verstanden haben, das Intereffe für die Eigenart, man fann ruhig fagen die eigenartige Schönheit der altbabylonischen Gedanken- und Bilderwelt aus den Gelehrtenftuben in die Masse des wissenschaftlich interessierten Publikums zu tragen, steht Professor Friedrich Delisch an erster Stelle. Seinen bekannten Broschüren religionsgeschichtlichen Inhalts hat er soeben eine Schilderung des altbabylonischen Kulturlebens überhaupt folgen laffen.( Handel und Wandel in Altbabylon. Deutsche Verlagsanstalt , Stuttgart .) Was er dort unter gründlicher Ausbeute der neuen und neuesten Funde über das Wirtschaftsleben der Altbabylonier und seine relativ hohe Stufe zu sagen weiß, ist näherer Mitteilung wert, wenngleich seine Ausführungen vielfach erst durch die reichlich beigegebenen Abbildungen Farbe bekommen. Babylonien ist noch jeht, wenn auch nur in den Teilen, die vom Euphrat und Tigris bewässert sind, eines der fruchtbarsten Länder der ganzen Welt. Es bringt eine verschwenderische Fülle von Melonen, Gurfen, Kürbissen, Zwiebeln, Granatäpfeln, Feigen und Weintrauben hervor; dazu Korn, Weizen, Mais, Hirse und Reis, obenan aber Palmen, die sich nach den Strommündungen hin ur waldähnlich verdichten. Im Altertum war mit dem Reichtum dieses Landes nichts zu vergleichen. Die Blätter des Weizens und der Gerfte erreichten, so erzählt ein alter Schriftsteller, dort leicht eine Breite von vier Fingern, und es gab Balmenwälder, die von Weine reben umschlungen und deren Kronen von hängenden Trauben umfränzt waren. Noch im zehnten Jahrhundert, als Perser, Mazedonier, Barther und Araber sich nacheinander im Befit des Landes abgelöst hatten, berechnet ein arabischer Nationalökonom den Bruttoertrag des Sawad", d. h. des schwarzen Landes, das in der größten Tiefe lag, auf 566 Millionen Mark, obwohl schon damals große Streden des Landes verdorrt und versumpft waren.( Bergleiche
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Die Hauptbeschäftigung der alten Babylonier bestand in der Bewirtschaftung des Aderbodens. Und die Wirtschaftsgeschichte dieses Landes zeigt dieselbe Entwickelung wie die anderer Länder. Buerst herrschte ein wohlhabender bäuerlicher Mittelstand. Nach und nach aber wuchsen die Großgrundbesizer. Schließlich war fast das ganze Land Pachtland. In den ersten Jahrhunderten nach Christus war nach dem Zeugnis des babylonischen Talmuds die Stellung der Bauern in Babylonien eine sehr fümmerliche. Und noch eins fällt auf: Hier wie zu allen Zeiten hat der Klerus sein gerüttelt und geschüttelt Maß an der Verarmung des Landes schuld. Denn zu den großen Feldeigentümern, die die kleinen Bauern legten", gehörten in erster Linie die Haupttempel des Landes. Diese Haupttempel beteiligten sich auch in großem Maßstabe an dem anderen Zweige altbabylonischer Wirtschaftskultur: der Bicha zucht.
Der Reichtum des Südens an Vich, Haar und Wolle gegens über der Getreidefülle des Nordens führte bereits in sehr alter Zeit zu lebhaftem Handel innerhalb des babylonischen Landes. Nicht nur wurden die Naturalien getauscht. Zu der großen Kultur errungenschaft der babylonischen Schrift hatte sich schon im dritten Jahrtausend vor Chriftus ein anderer speziell dem Handel dienender Fortschritt gesellt, nämlich die Verwendung der beiden Edelmetalle, vornehmlich des Silbers, als Wertmesser, b. H.: die Geldwirtschaft. Aber auch hier fällt wieder der fast an moderne Ueberbureaukratie erinnernde Zug zum Aftenmäßigen auf. Alles mußte, auch im Handelsverkehr, schriftlich gemacht werden. In Hammurabis Ge feb lautete der§ 7 folgendermaßen:" Wenn jemand Silber oder Gold oder Sklavin oder Ochs oder Schaf oder Esel oder sonst etwas ohne Zeugen oder Bertrag kauft oder zur Bewahrung annimmt