Kl-laer: Ich?Borntzender: Ja, Eis.Kläger: Der Arzt kann mir die Hustritte bescheinigen.Vorsitzender(ungeduldig): Huftritte l Sind da? Be-weise? Die kann man überall bekommen. Ich sage ja— Siewerden gezecht haben— gefallen sein— wie das so ist,-- es warja ein Sonntag—Kläger: Ich bin Abstinent.Borsitzender: So.(Lachest.) Abstinent iPause.Vorsitzender: Sie bleiben also dabei— Sie wollen alsoier behaupten, von den Herren Schutzleuten Max und Rüther...eschimpft und mißhandelt worden zu sein? Bedenken Sie, wasSie sagen.Kläger: Ich bleibe dabei.Borsitzender: Schön.(Lächelt.) Unterstellen wir das alswahr. Es fragt sich nur, wie kamen Sie unter einen TruppMenschen, der mit der Absicht umging, die öffentliche Sicherheit undOrdnung zu gefährden? Ja, gewissermaßen den Berkehr zu unter-binden?K l äsg e r: Berkehr—??Borsitzender(mit erhobener Stimme): Ja, Verkehr lKläger: Es war ja keiner da.Vorsitzender: Reizend I.., Wo war er denn, wenn ichfragen darf?Kläger: Er war gesperrt.Vorsitzender: Gesperrt? Sehr schön. Und Sie glaubenfich berechtigt, diese Maßnah, nen einfach zu mißachten, den behörd-lichen Anordnungen also offenkundigen Widerstand zu leisten?Kläger: Ich mußte doch durch... meine Wohnung...Borsitzender: Run, das genügt wohl... Herr Schutz-niann Max!...Schutzmann Max(erhebt fich): Jawohl.Vorsltzender: Wollen Sie fich, bitte, zu der gegen Sie ge-richteten Anklage äußern?Schutzmann Max: Ich bestreite entschieden jegliche Be-schimpfung und Mißhandlung.Vorsitzender: Sind Sie an dem fraglichen Tage mit demKläger überhaupt in Berührung gekommen?Schutzmann Max: Nicht, daß ich wüßte. Ich könnte ihnhöchstens gestreift haben.Vorsitzender: Sie haben auch nicht mit ihm gesprochen?Schutzmann Max-: Nein.Vorsitzender: Sind Ihnen vielleicht Wörter wie Halunkeund Lumpenhund bekannt?Schutzmann Max:... hm... ja...Vorsitzender: Sie zählen aber, wie ich wohl annehmendarf, nicht zu Ihrem eigentlichen Sprachschatz im engeren Sinne?Schutz m a n n Mar: Sprachschatz... nein...Borsitzender(nickt): Sehr wohl I Ich danke! � Herr Schutz-niann Röther!(Dasselbe wiederholt fich.)Borsitzender: Das Wort hat der Herr Staatsanwalt.Staatsanwalt: Meine Herren Richterl Die Staats-anwaltschast ist die objestivste BeHorde. Diesen Ausspruch glaubeich ruhigen Gewissens tu» zu können/...(Kunstpause.) Es hießeden Standpunkt des Staatsanwalts— wie es leider noch so häufiggeschieht— verkennen, wollte man in ihm stets nur den Vertretereiner möglicherweise wenig stichhaltigen, ja oft sogar— ich mußda« sagen— dem gesunden Rechtsempfinden zuwiderlaufenden An«klage erblicken. Daß der Standpunkt der Staatsanwaltschaft nichtder geschilderte ist, würde Ihnen— falls dies überhaupt noch nötigwäre— meine Stellungnahme in der gegenwärtigen Verhandlungdartun. Ich glaube sagen zu müssen, daß schon während der Beweis«ausnähme durch den Herrn Vorfitzendcn die Anklage in ihren wesent-lichen Bestandteilen derart zusammengebrochen ist, daß fich ein Ein-gehen auf die einzelnen Punkte meinerseits erübrigt. ES hatfich auch nicht ein Atom der Wahrscheinlichkeit für die Bc-rechtigmig der Anschuldigung ergellcn, im Gegenteil glaubeich hier aussprechen zu können, daß die so leichtfertig an-geschuldigten Herren Schutzleute Max und Rüther— wie ja eigent«lich auch nicht anders zu erwaNen stand— ohne den geringstenTadel und Makel auS der Verhandlung hervorgeben. Selbst wennfie sich aber, wie behauptet, und wie der Herr Borsitzcnde«S alsWahr unterstellt hat, der Körperverletzung schuldig gemacht hätten,—auf die Frage der Beleidigung überhaupt einzugehen, erübrigt sichWohl— so handelten sie danrit ja doch nur in Ausübung ihresAnnes und nach den Befehlen ihrer Herren Vorgesetzten, denen fie Folgezu leisten haben, vor allem jedoch— das möchte ich ganz besondershervorheben I— vor allem im Dienste der Allgemeinheit: zumSchutze wie der bestehenden Staatsordnung, so auch der Sicherheitde? Verkehrs, des Lebens und— des Eigentums. Ich be-antrage daher die Freisprechung der Angeklagten und bitte Sie, sichmeinem Anfrage anzuschließen, gleichzeitig bedauere ich... bm,daß das Gesetz mir in diesem Falle— leider— hm... keine ausreichende Handhabe bietet, derartige auf nichts begründete An-schuldigungen(mit erhobener Stimme) ihrer Frivolität entsprechendzu sühnen.(Die Herren Max und Rüther nicken. Der Kläger ist starr.—)Das Gericht schließt sich diesem Antrage an.kleines Feuilleton.Haben die Fische ein Gedächtnis? Wenn der Mensch über die? leistigen Fähigkeiten der Tiere Forschungen anzustellen bemüht itt,o verfällt er notwendig in die Gefahr eines Denkfehlers. Er kannnämlich nur von der Voraussetzung ausgehen, daß die Seele derTiere im großen und ganzen ähnlich konstruiert ist wie seine eigene.Immerhin ist auch das interessant genug zu wissen, welcheund wie viele Eigenschaften geistiger Art die verschiedenenTiere mit den Menschen teilen. So hat fich in neuererZeit die Tierpsychologie zu einer eigenen und besond-"sfesselnden Wissenschaft entwickelt. Eine hervorragende Anziehung.--kraft auf diese Forschungen haben merkwürdigerweise die Fische ausgeübt, vielleicht gerade deshalb, weil sie so dumm und stumm zutein scheinen, lieber die Frage, ob die Fische einen Gehörsinn be«fitzen, ist schon viel geschrieben worden, und jetzt hat man auch fest-stellen wollen, ob die Fische ein GedächMis haben oder nicht. Es wärerecht traurig um diese Geschöpfe, die doch immerhin zu den Wirbeltieren,als der höchsten Tierklaffe gehören, bestellt, wenn sie eines Gedächtnissesentbehrten, nachdem ein solches wenigstens in Spuren sogar beiKorallen angeblich nachgewiesen worden ist. Man hat sich dengrauen Barsch auserwählt, um sein Gedächtnis zu prüfen. DieserRaubfisch lebt von den mit besonders schönem silbernem Kleidausgestatteten Sardinen. Man hat nun einige dieser Fische ge-fangen und rot gefärbt und dann in ein Bassin geictzt, wo fichBarsche und einige andere Sardinen von gewöhnlicher Farbeaufhielten. Es stellte fich heraus, daß der Barsch zu«erst die gewöhnlichen Sardinen ergriff und dann späterbei Zunahme des Hungers einen Versuch mit den rotgefärbten machte.Sobald er aber den ersten dieser verunstalteten Fiiche verzehrt halte,machte er sich rasch über die anderen her. woraus zu schließen ist,daß das Gedächtnis seines GeschmackfinnS ihn darüber belehn hatte,daß zwischen den roten und silbernen Sardinen in diesem Punktekein Unterschied sei. Eine Art von Gedächtnis müssen also auch dieFische besitzen, zumal der Barsch fich auch schwierigeren Aufgabenähnlicher Art gewachsen zeigte.Mnfik.Aktuelle Musik. Im zweiten Märzhest des.Kunst-wart" lesen wir in einem Briefe R. BatkaS:.... Was einen»die meist recht anstrengende Beschäftigung mit der neuesten Musiknicht selten verleidet, ist, daß sie so wenig wiedergibt von deinFühlen und Streben der gegenwärtigen Zeit. Sie scheint sich völligzu genügen, wenn sie immer neue Abwandlungen für die altenThemen findet. Aber leben wir nickt in einer tausendfach bewegtenEpoche? Wir erobern daö Reich der Luft. Wir ringen um die Er-Weiterung des Wahlrechts. Wir werden von den verschiedensten weit-schauenden Problemen in Anspruch genommen, von allen Seiten drängenfie fich an uns heran und fordern uitS gebieterisch auf, zu ihnenStellung zu nehmen. Nur die Musik weiß nichts von alledem. Sielebt auf einer stillen Insel, die nicht einmal eine Insel der Seligenist, und läßt sich die Kämpfe da draußen gar nicht nahekommen, stattuns wie eine Walküre tapfer und befeuernd in den dichtesten Streitzu geleiten. Muß das so sein? Die Mufiker behaupten das. Sieschreiben ihre Konzerte, ihre Variationen über Motive vom alten X undD, ihre Trios und Sextette, ihre Serenaden und Messen ruhig fort, alsob nichts wäre. Eine Zeitlang haben fie allerdings mit Nietzschegeliebäugelt. Ist nun auch so ziemlich vorbei. Wagner hat einmalüber die Liederkomponisten gespottet, die immer wieder„Wenn ichdein holdes Angesicht" oder.Du bist wie eine Blume" vertonen.Die Worte haben seither gewechselt, der Inhalt ist derselbe geblieben.Stets möchten die Künstler nur mit ihren persönlichen Stinnnungenund Empfindungen uns beschäftigen. Das ist ja mitunter gewißsehr interessant, aber man möchte fie doch auch daneben alsSprecher jener Empfindungen vernehmen, die uns Menschenverbinden, weil sie uns gemeinsam find und die durchihren Mund zum Ausdruck kommen wollen. Unsere moderne Mcksikist viel zu subjektiv, fie ist egozentrisch und darum egoistisch. Siehat längst den Ton verlernt, der Massengefühle weckt, sie redet, auchwo fie nach ihm sucht, doch immer nur ihre aewohnte subjektiveSprache und wundert fich dann, wenn der erhoffte Widerball fehlt.Die Musil hat Luthers großen Religionskamps begleitet, sie hat denNiederländern ihre Freiheit gewinnen helfen, fie hat die HeereFriedrichs IL zum Siege geführt und zu den großen UmwälzungenFrankreichs als Marseillais« den Takt gegeben, fie hat, wie sie einst daSancicn regime im Bunde mit Figaro erschüttert, noch zur Julircvolutionaufgespielt, fie hat den klassischen Menschlichkeitsgedauken inBeethovens Klängen leuchtend aufgehen lassen, sie hat in WagnerSWerken den EindeitStraum Deutschlands genährt, aber sie läßt un»heute im Stich, sie ist rückständig und unbrauchbar im Lebenskampf«geworden. Mir scheint, wir rühren da an die Wurzel des bedauer»lichen Phänomens, daß unsere Musik trotz der ungeheuren Zunahmedes öffentlichen Musizieren« an Kulturbedeutimg verloren hat, undich meine, daß fie erst dann wieder ihren reichsten. Segen erschließenwird, wenn man sie wieder auch zum Sprachrohr derjenigen macht.„die eine gemeinschaftliche Not empfinden"..Kunst.Frühsahr in der Münchener Sezession. Wenn derFrühling die Zeit des Experimeniierens in der Natur ist, ja dannhaben wir wirklich auch Frühling in der offiziellen modernen