m. Und wir wohnen einer zweiten Vorlesung im engsten Familien- kreise bei. .Roger/ liest Lardillon, plauderte leise mit Madeleine, als die Gräfin de la Breche am Arm deS Marquis de OuinfieuS ins Zimmer trat.. «Was ist das?" rief Madame Lardillon.«Was erzählst Du da 1" «Was fällt Dir ein?" fragte der Schriftsteller, den man nicht so ungeniert unterbrechen durfte. «Aber Unglücklicher I Du sprichst von Roger, von Madeleine, von Madame de la Breche und vom Marquis de Ouinfiens l" «Nun und... «Run und— alle vier sind ja längst tot! Du hast sie vor mehr als zwei Monaten ermordet. Du mutzt es doch wissen!" «Was faselst Du da Lardillon stürzte sich auf die Schachtel der„Lebenden". Sidonie zappelte auf ihrem Swhl hin und her und schien sich nicht recht wohl zu fühlen. Der Schriftsteller durchstöberte bastig die Schachtel. «Da ist Quinfiens lebend!" rief er.«Da«st diese alte de la Bräche lebend I Da Madeleine und Roger lebend l Was er- zählst Du mir also Z" «Ja. mein Lieber", verteidigte sich Madame Lardillon schüchtern, «ich weih nicht... Vielleicht ist der Inhalt Deiner beiden Schachteln durcheinandergeworfen worden? Soviel steht jedenfalls fest: diese vier Personen sind lange tot I" Lardillon bekam beinahe einen Schlaganfall. «Hierher, Sidonie!" würgte er.«Sie haben die Schachteln berührt I! I" «Ich habe fie nicht angerührt, Herr!" antwortete, in Tränen zerflietzend, das Mädchen.„Aber vor drei Tagen, als ich den Schreibtisch abstäubte, habe ich fie auf die Erde geworfen und..." «Und Sie haben die Pfropfen wieder zurückgetan, gleichviel wie?... AuS meinen Augen I Hinaus, Unglückliche, oder ich ermorde Dich I" Sidonie verschwand. «Ich bin verloren, Hühnchen!" sagte Lardillon mit erloschener Stimme, indem er sich in einen Senel fallen ließ.«Ich habe Quinfiens de la Bräche und die anderen beiden nicht erst heute wieder auferstehen laflen, sondern schon vorgestern. Seit zwei Tagen druckt man fie wieder!" IV. Und die Katastrophe erfolgte in Gestalt eines neuen Briefes von Duplaquet: «Mein Herr! Sie werden ersucht, der„Berbrecherspelunke" noch heute ein Ende zu machen. Wir können bei unseren Mitarbeitern derartige Gedächtnisdesekte nicht gestatten. Duplaquet." Schon in der nächsten Nummer des„Beobachters deS XXXV. ArrondissementS" wurde das Laster bestraft, die Tugend belohnt und die„Verbrecherspelunke" polizeilich geschlossen. Lardillon hat sich nie darüber trösten können. Der Laubcnkolonlft als Gärtner und KUinricrzücbtcr. Balkon und Blumenfenster. Drautzen am Feldweg sind die Märzveilchen den Schneeglöckchen gefolgt, im Rasen erblühen die ersten Gänseblümchen, in den Park- anlagen der Reichshauptstadt die ersten stattlicheren Sträucher, die gelbglockigen Forsythien, gewifie weitzblühende Pflaumensorten und wohlriechender Jasmin , die nun die Blüten.'ätzchen der Weiden, Haseln und Pappeln ablöien. Wenn wir so sehen, wie sich der Rasen verfärbt und das erste zarte Gelbgrün die zeitig aus der Winterruhe erwachenden Ziergehölze der Gärten einhüllt, so wird auch in uns wieder die Lust rege, Balkon und Fenster mit Blumen zu schmücken. Ein kleiner Balkon oder ein schlichtes Fenstergesims bilden ja oft die einzigen Grundlagen für die bescheidene Blumen- zuch« des Städters. Man wetteifert in den Grotz- und Mittelstädten in der Ausschmückung der Ballone und Fenster, wo- durch so manche trostlose Hofwohnung ein anheimelndes Aussehen, manche elende Strotze, in der sich MielSkaserne schachtelartig an Mietskaserne reiht, ein ganz anderes, durch farbigen Blumenschmuck verschöntes Geficht erhält. Wenn wir im Sommer durch breite, lichtsrcundliche Vorstadt- Pratzen wandern, so bleiben wir manchmal unwillkürlich stehen, um den nicht alltäglichen Reiz der Blumenprachi auf uns ein- wirken zu lasten und dann mit dem Vorsage weiterzu- schreiten, es im nächsten Jahr, wenn auch nicht ebenso, so doch ähnlich zu machen. Das Gelingen solchen Vor- fayeS ist allerdings von mannigfachen Voraussetzungen abhängig. Je breiter die Stratze, je niedriger die fie flankierenden Häuser sind, je geräumiger der Balkon, je höher und breiter die Fenster, je sonniger die Lage, um so grötzer wird die Möglichkeit sein, mit Er- folg schön blühende Pflanzen zur Entfaltung zu bringen. Fast alle Blumen find Kinder der Sonne, die deshalb zu ihrem Gedeihen ein unabweisbares Erfordernis ist. Bolle Morgensonne ist für weitaus die meisten Blütengewächse am vorteilhafteste»! Nachmittagssonne genügt zur Not, und gegen Mittagssonne mutz man vielen Gewächsen im Hochsommer durch' Herablafien einer Jalousie oder sonstige Schalrenvorrichlung entsprechenden Schutz bieten. Bevor man sich zur Blumenzucht am Fenster oder auf dem Balkon entschlietzt. stelle man zunächst fest, wenn und wie lange auf die Einwirkung der Sonnenbestrahlung zu rechnen ist. Fenster und Ballone, die bei Sonnenschein nicht mindestens vier bis fünf Stunden am Tage bestrahlt werden, find zur Zucht blühender Pflanzen ungeeignet. In solch ungünstigen Lagen müsten wir uns aus E f e u k ä st e n und auf den sogenannten wilden Wein, die Jungfernrebe beschränken. Im allgemeinen sind bei grotzstädtischen Mietskasernen die am tiefsten gelegenen Wohnungen für die Blumenzucht am ungeeignetsten, da Quer- und Nachbar- gebände hier die Sonne am vollkommensten abfangen. Wer daS Glück oder Unglück hat, in der allerobersten Etage zu wohnen, der wird oft auch dann, wenn die Zimmer schief und die Fenster nur klein find, in der Blumenzucht mehr Glück haben als die tief unter ihm Wohnenden. Nicht jede Wohnung hat eiiien Balkon, und nicht jeder Balkon hat die für Blumenzucht günstige Beschaffenheit, aber auch nicht jedes Fenster hat nach autzcn ein Gesimse, und nicht jedes Gesimse ist so gerade, daß eS ohne weiteres zur Aufstellung von Blumentöpfen verwendet werden kann. Hat man das Glück, über etwa 20 Zenti» meter breite, wagerechte Fenstergesimse zu verfüge», so laflen die sich ohne weiteres durch Aufstellung von Blumentöpfen vom vor-» geschrittenen Frühling ab in den Dienst der Pflanzenpflege stellen; ist kein, oder nur ein schräg nach abwärts gehendes Ge- simse vorhanden. so ist die Anbrftigung eines Blumen- brettes, das seitlich fest in den Mauern verankert werden mutz, erforderlich. Bei geradem Gesimse genügt«in Eisen- stab zur Sicherung der Töpfe; diese sollen aber nur von mätziger Grötze sein. d. h. mir eine» oberen Durchmesser von 10—12 Zenti- meter hoben und nicht zu grotze Pflanzen bergen. Die Blumen- kultnr auf flachen Fenstergefimsen hat allerdings auch ihre Schatten- feiten, zumal bei sehr sonniger Lage; hier trocknen die Töpfe im Hochsommer so rasch aus, datz täglich zwei- bis dreimaliges Gietzen erforderlich wird. Vernachlässigt man dies, so ist die Erde rasch staubtrocken, dann nimmt fie bei einfachem Gietzen kein Waffer mehr an, da dies gleich an den Topfwandungen binabläuft und durch das Abzugsloch am Boden des Topfes entweicht. Hat man in dieser Beziehung eine Nachlässigkeit begangen, so mutz man die Töpfe 1—2 Stunden in einen mit Waffer gefüllten Bottich stellen; am erhöhten Gewicht des TopfeS kann man nach dieser Zeit ermessen, ob das ganze Erdreich im Innern wieder von Feuchtigkeit durchtränkt ist. Ein zweiter Rachteil der Blumenzucht in frei stehenden Töpfen auf den Fenstergesimien besteht darin, datz der Ton der B l u m e n t ö p f e ein guter Wärmeleiter ist, also die Sonnenstrahlen anzieht und sich in heitzea Mittagsstunden derartig erhitzt, datz die innen an den Topfwandungen liegenden Wurzeln verbrennen. Ein sehr einfaches Mittel, diesem Ucbelstande vor- zubeugen, besteht darin, die auf sonnigen Fenstergesimien frei stehenden Töpfe einzeln in Papier zu hüllen; die weitze Farbe wirft die Sonnenstrahlen zurück, verhindert also das Erhitzen der Gefätze. Noch bessere Erfolge erzielen wir, wenn wir jeden Blumentopf in einen grötzeren stellen, so datz zwischen beiden Töpfen ringsherum ein allseitiger Zwischenraum von mindestens Fingerstärke blerbt. Diesen steten Raum zwischen beiden Töpfen stopft man mit ge- wohnlichem Waldmoos aus. das stets feucht zu halten ist. Da dieses Moos in der Sonne reichlich Waffer verdunstet, bildet sich in der Umgebung der Pflanzen eine feuchte Luft, die das Gedeihen fördert. Wir dürfen nie vergessen, datz die verhältnismätzig kleinen Blnmentöpse nur wenig Spielraum für Erde und Wurzeln lasien; narkwüchsige Pflanzen haben bald die geringen, in der Erde befind- lichen Nährstoffe aufgebraucht und müssen dann verpflanzt werden, sollen fie nicht ein hungriges Aussehen annehmen. Ein- maligeS Verpflanzen ist im Laufe des Sommers absolutes Er- fordernis, daneben mutz dann noch, sobald die frisch verpflanzten Topfblumen gut eingewurzelt find, mit k ü n st l i ch e m Dünger nachgeholfen werden. Wurde gute Blumenerde verwendet, so kann man sich uiiter Umständen mit Rährsalzen behclfen, die in den Samenhandlungen auch in kleinen Portionen abgegeben werden. In Betracht konnncn daS Albertsche Nährsakz und das so- genannte Flora-Nährsalz. Zur Zeit des üppigsten Wachstums der Pflanzen kann man täglich mit Dungwafler gietzen. wenn man stets nur in jedem Liter Waffer ein Gramm des Salzes löst. Schädliche Ueberdüngung ist dabei ausgeschloffen. Pflanze», die nur ihrer Be- laubung halber gepflegt werden, also sogen. Blattpflanzen, bei denen sich alles um üppigen BlattwuchS dreht, düngt man besser mit vorwiegendem Stickstoffdünger; diesen befitzen wir im Chili- salpeter, einem Salz, im Hornmehl und im Taudendung. Von erst- genannten Düngern gibt man auch mir ein Gramm auf ein Liter Wasser, von trockenem Taubendung höchstens 1'/,— 2 Gramm. Wo ein B a l k o li zur Verfügung steht, da greife man zu den Blumenkästen; kleinere Kästen werden für die Schmalseiten, ein oder zwei grotze Kästen für die Vorderfront angefertigt. Die Matze müssen natürlich genau der Balkongrötze entsprechen; je grötzer der Balkon, um so grötzer, breiter und fieser können tue Blumenkästen sein, ohne unschön zu wirken, und je grötzer die
Ausgabe
27 (1.4.1910) 63
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten