Nr. 292.
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Vorwärts
8. Jahrg.
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Redaktion: Beuth- Straße 2.
Sonntag, den 13. Dezember 1891.
Expedition: Beuth- Straße 3.
Die schlauen Dankee's. liche Fürsorge der Regierung, die sich so sehr für die europäischen. Aber das Absperrungssystem ist nun auf
armen Zuckerbarone ins Zeug gelegt hat.
dem Punkte angekommen, wo es sich überschlägt, und da Die amerikanische Union hat einen großen handels- Wenn wir sonach keine Ursachen haben, das neue fönnen wir etwas Luft bekommen. Im Uebrigen beweist politischen Erfolg zu verzeichnen: sie hat die Aufhebung Abkommen mit Nordamerika besonders anzufechten, so er- das Ganze nur wieder, wie weit unsere kapitalistische Gedes Verbots der Einfuhr von amerikanischen Schweinen, öffnet dasselbe andererseits eine weite Perspektive auf die sellschaft schon abgewirthschaftet hat. sowie von Schweinefleisch und Würsten in Deutschland Neugestaltung des Welthandels, der sich, wie alle wirtherzielt und hat nun auch erreicht, daß die deutsche Re- schaftlichen Verhältnisse unserer Zeit, in einem Stadium gierung versprochen hat, das amerikanische Getreide der völligen Umwälzung befindet. Das Zurückweichen fünftighin unter die niedrigen Bollsätze( 3,50 Mart statt Deutschlands vor der Union , sein Nachgeben und seine 5 Mark für den Doppelzentner) zu stellen, die in den zarte Rücksichtnahme sind keine zufälligen Erscheinungen, neuen mitteleuropäischen Handelsverträgen enthalten sind. Die an den einzelnen Fall geknüpft sind, sie sind eine
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Politische Lebersicht.
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Berlin , den 12. Dezember. Das Letztere konnte die Regierung nur versprechen, da Signatur des ganzen handelspolitischen Jm Reichsstag wurde heute die erste Lesung Einwilligung des Reichstages dazu erforderlich ist, die Verhältnisses zwischen der alten und der der Handelsverträge beendigt. Auch aber nicht ausbleiben wird, wenn die neuen Handels- neuen Welt. Die Ueberlegenheit der Union prägt sich letzten Tag der Generaldebatte fehlte der Erkanzler- er berträge angenommen sein werden. Als Gegenleistung darin auf das deutlichste aus und wer sie heute noch nicht zog es mit bekannter Rourage vor, gleich einem giftigen verspricht die Unionsregierung, von den diskretionären zu erkennen vermag, dem wird sie in absehbarer Zeit noch Köter aus den dunkelen Winkeln der Hamburger NachGewalten, die ihr der Mac Kinley Tarif in die Hand deutlich genug werden. richten" gegen den verhaßten Nachfolger zu knurren und zu giebt, feinen Gebrauch zu machen in Bezug auf die Die gegenwärtige Handelspolitik der großen Union bellen. deutsche Zuckereinfuhr nach Nordamerika . Den ersten Redner des heutigen Tages schickten die hat bekanntlich das Ziel, ganz Amerika zu einem Sozialdemokraten ins Gefecht; Singer griff in Die Amerikaner sind bei diesem Tauschgeschäft, wie man handelspolitischen Ganzen zusammenzufassen. Diese Bahn lebhafter Weise die Halbheit und Schwäche der Verträge an; leht, sehr gut gefahren, denn sie haben den weitaus größeren ist nicht ohne Erfolg beschritten worden; Kuba , Portoriko er führte aus, daß der Roll von 3 M. auf Getreide Bortheil davon. Andererseits können auch wiruns nicht gerade und Brasilien haben ihren Pakt mit der Union bereits ge- ebenso verwerflich sei wie der Zoll von 5 M.; in scharfen über dies Abkommen beklagen, denn wenn unser Ziel auch schlossen und ohne Zweifel wird ihnen nach und nach der Ausführungen geißelte der Stedner den verwerflichen Wegräumung aller Zollschranken ist und wenn wir ganze amerikanische Kontinent folgen und Verträge mit Eigennutz der konservetiven Agrarier, welche sich von den bemgemäß uns mit einer bloßen Ermäßigung der ber Union abschließen. Wenn dies große Werk vollbracht Boltsmassen durch Vertheuerung des täglichen Brotes die Getreidezölle nicht zufrieden geben können, so ist doch ein ist, dann hat sich Amerika die handelspolitische Taschen füllen lassen. Herrschaft, die
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Die Ausführungen des Reichskanzlers gaben dem Redner
Boll von 3,50 M. nicht so brückend, wie ein solcher Serrich a fiber melt gefidert, eine perffint, the Beach, und als einer scharfen Replik. Die Bezugnahme M. Wenn Fleisch und Brot durch die amerikanische bekanntlich weit stärker ist, als eine bloße militärische des Reichstanzlers auf den Parteitag in Erfurt beantBufuhr etwas billiger werden, so wollen wir das gewiß oder bureaukratische. Dann wird es im Be- wortete Singer damit, daß in Erfurt genau dasselbe ver nicht bedauern; es wird aber zugleich für uns ein Sporn lieben der Amerikaner liegen, wię die europäischen handelt und beschlossen wurde, was auf früheren Rongreffen sein, den Kampf gegen die noch bestehenden Lebensmittel- Bollschranken aussehen sollen; ja es kann dann sogar beschlossen wurde und daß die Sozialdemokratie nichts thut, Bölle und gegen alle Auflagen ähnlicher Art, die unser sein, daß unsere ganzen künstlichen chinesischen Bollmauern, was ihr schadet, aber alles, was ihr nügt. drücken, auf das Lebhafteste fortzusehen. wenn wir selber nicht so vernünftig sind, sie abzuschaffen, Singer erklärte, daß die sozialdemokratische Fraktion nicht die Theuerung der Lebensmittel und nicht die Noth- von Jericho . Bezeichnend an dem ganzen Tauschgeschäft ist, daß von den Amerikanern umgeblasen werden, wie die Mauern für die Handelsverträge stimmen werde, ohne jedoch den Rampf für die Aufhebung der Lebensmittelzölle auch nur lage des Volkes überhaupt die deutsche Regierung bewogen Wir möchten nicht behaupten, daß eine solche Ab- für einen Augenblick aufzugeben. Nach dem Sozialdemokraten, dessen Rede mit größter haben, auf die amerikanischen Vorschläge einzugehen. Es hängigkeit von den Yankees in uns gerade ein behagliches Aufmerksamkeit angehört ward, erhob sich der Zentrumswenn fie auch ohne mann Huene, der die Regierungstreue seiner Partei zu
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war die Rücksicht auf die" armen" Zuckerbarone, Gefühl hervorrufen würde,
die
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zum Nachgeben bewog. Die Zuckerbarone können auch Zweifel wirthschaftliche Erleichterungen mit sich bringen nochmaligem Ausdruck brachte; und nach dem Zentrums mit der Exportprämie nicht„ standesgemäß" leben, gerade müßte. Aber es steht doch auch zu erwarten, daß die mann der konservative Junker von Manteuffel wie ie die ostpreußischen Junker auch bei den 5 Mark Yankeewirthschaft sich drüben einmal auslebt und eine aber fein rebellischer Junker- einer, der Ordre Getreidezöllen ihre Dächer, wie sie sagten, noch mit Stroh mehr volksthümliche Regierung und Verwaltung an ihre parirt- von der Buttkamer'schen Sorte. Er war forrekt deden mußten. Ueber den Zuckerbaronen hing noch Stelle tritt. Dann ist es sogar möglich, daß der handels- eingeschwenkt" und erklärte, daß er mit einem Theil seiner Mac Kinley Tarifs, nach dem ein Damoklesschwert der Artikel 3 des politische Einfluß Amerikas uns Luft schafft, daß der alte Freunde für die Verträge, für die Regierung und gegen die Er sprach so lieben des Präsidenten der Union stand, jeden Augen- Abhängigkeit von Amerika auch ihr Theil dazu beiträgt, huldvollst belobigt ward. Die Ankündigung, daß der in dem Be Druck da und dort weicht und daß die wirthschaftliche Kommissionsberathung stimmen werde. blict mit einem Schlage den ganzen deutschen Zucker- dem Militarismus den Boden zu entziehen. nationalliberale Staatsphilosoph De ch elhäuser Doch wir wollen dies nicht weiter ausspinnen. Uns das Wort nehmen werde, hatte die übliche Wirkung, das Als eine halbe
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es
nach der Union zu vernichten. Diese Gefahr ist durch das neue Abkommen beseitigt und durch die väter- gefallen die amerikanischen Schutzölle so wenig wie die Haus im Handumdrehen zu leeren.
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Nagbrua verboten.)
Feuilleton. Fé.
Bon Edna Fern.
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Er denkt an Fé's spöttisches Lachen, an Ernst's verundertes Gesicht Vielleicht hat sie Emma noch nichts - vielleicht ist Alles nur ein Märchen
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gefagt Und er biegt sich weit aus dem Wagen hinaus, und er chreit angstvoll: Umdrehen, Friedrich, umdrehen! Zurück nach Brederbeck!"
Munter traben die Pferde den Weg zurück, den sie gekommen, und mit einer eleganten, siegesgewissen Kurve fährt Friedrich an der Werdener Steintreppe vor.
Und diesmal ist der Herr Rittergutsbesitzer Wede find nicht verlegen, er pfeift sogar ein Liedchen, wie er die Treppe hinaufsteigt, trotzdem es ihm vorkommt, als ob selbst die Pappeln vor dem Hause spöttisch lächelten.
„ D, wie feierlich, lieber Freund," sagt Ernst verwundert, als er ihm im Hausflur begegnet.
" Ich wünsche Fräulein Emma Biedermann zu sehen," antwortet Herr Wedekind mit Würde.
Oui!" sagt Ernst ausdrucksvoll, führt ihn zu Fräulein Emma's Zimmer und flopst an.
schon früher gewußt hätte, daß ich Dich noch einmal kennen lernen würde."
Wie viel unnöthige Sorge wäre Ihnen dann erspart geblieben," ergänzt Ernst ernsthaft-
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Der kleine Kurt die Kinder dürfen heute Abend zur Feier des Ereignisses etwas länger aufbleiben- lehnt sich auf Tante Emma's Schooß und sieht aufmerksam in ihr Gesicht, denn er merkt, daß sie heute die Hauptperson ist. Tante Emma, als Du' mal jung warest, so wie Tante Felicitas, warst Du da auch mal hübsch?" fragt er ernsthaft. denn nicht mehr sehen?" Aber, Junge," ruft Mama entrüstet, taunst Du das " Nein," antwortet Kurt mit besorgnißerregender Aufs Da drinnen steht sie, den riesigen Blumenstrauß in der richtigkeit. -Wedekind tritt ein die Thüre schließt sich.- Hand- Wedekind tritt ein Ernst geht lachend ins Wohnzimmer, wo er von seiner Frau laffend. Sie bleibt auf der Brücke stehen und lehnt einen Fé eilt dem Hause zu, die luftige Gesellschaft zurückund Fe jubelnd empfangen wird. Augenblick gegen das von wildem Wein überrankte GeDie Sache hat ihre Richtigkeit. Nach einer langen länder. Das Mondlicht fällt voll auf ihr blasses Gesicht, Bögernd verweilen Herrn Wedekind's Gedanken bei der Un- eile, sehr langen Weile, erscheinen jene Beiden, meloen auf die wundervollen Formen ihres schönen Körpers, denen möglichkeit, die Sache sich selber zu überlassen. Bei jedem fich als Neuverlobte, und empfangen die allseitigen Glück- sich ein enges Gewand von weißem, weichen Wollenstoff Steinhaufen am Wege, bei jeder Biegung wird es ihm wünsche mit einer Routine, als ob sie schon oft dergleichen anschmiegt. wahrscheinlicher, daß Fé wirklich glaubt, er liebe Emma durchgemacht hätten. Fé's lachende Augen fürchtet Herr und wolle sie nur zur Fürsprecherin. Immer schöner, immer Wedekind vergebens, denn sie ist verschwunden, bis Fräulein lich steht er am Fuße der Brücke und blickt sehnsüchtig zu verführerischer malt er sich's aus, wie heimlich und behag- Emma selbst hingeht, sie zu holen, und da fällt sie ihr ihr hinüber- Jeht weiß fie's!
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" Himmelkreuzmillionendonnerwetter!" denkt Friedrich, nb er hatte sich so sehr auf ein tête- à- tête mit der Mamsell und einer Bulle Kutscherbier" gefreut! Sehr langsam wendet er die Pferde, sehr langsam
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lidh es zu Hause werden würde, und immer deutlicher. lachend und weinend zugleich um den Hals, und ist nach
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Doch wer ist das? Jener Mann dort! Unbeweg
Sie will rufen, sie breitet die Arme aus Endlich!" sagt eine tiefe, leidenschaftlich bewegte Stimme.
frachend das Fenster herunter, er sagt mit einer tiefen, Verlegenheit bald gänzlich verschwindet. Er setzt sich ferzengerade in seine Bolster, er läßt her so still und doch freundlich, ja herzlich, daß Wedekind's" Psyche! Finde ich Dich! Energischen Stimme: Friedrich Dreh' um!!"
Berr
Und Friedrich dreht grinsend um: Nun kriegt sein doch noch' ne Frau und er seine Bulle Bier und viel er denkt an die schwarzen Augen der Mamsell und Schnalzt mit der Zunge.
leicht
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Gertrud, kleine Frau, heute Abend giebt es eine Bowle," ruft Ernst, und richtig, am Abend sizen sie gemüthlich unter der Linde und feiern Verlobung.
Fé läßt die Arme sinken, schlaff hängen sie zu beiden Seiten des Körpers.
Ach, Männe," sagt Emma mit schmelzender Stimme zu ihrem neugebackenen Bräutigam, wenn ich doch das sie
Günther Norberg", sagt sie fauft.
Da steht er neben ihr und faßt ihre Hände, fest, daß schmerzen und sieht sehnsüchtig in das liebe Gesichtchen.