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der modernen Seit. Sein Temperament ift nervös, leidenschaftlich, Denn auch das ist ein Berbienft des Impressionismus, daß er satirisch; er liebt das Groteske und seine Farben find pridelnd. Und die Künstler zum Leben geführt hat. Sie haben die Reize der viel diefe Liebe geht so weit, daß Manet selbst die Motive übernimmt. geschmähten Großstadt entdeckt. Auch hier ging Manet bahn Er malt spanische Damen in Spizenschleiern und das Spiel der brechend vor. Wie Millet den Bauern, Meunier den Arbeiter, flüchtigen Nuancen, die breite Malweise, die feine Abgestimmtheit so entdedte Manet den Großstädter. Er selbst liebte die Stadt der Farben feiert schon hier Triumphe. Ein solches spanisches und ihr nervöses Leben, er ging in die Cafés, in die Theater, in die Bildchen ist auch hier zu sehen. Bars, in die Restaurants, auf die Rennpläge, und überall entdeckte er neue Reize. Ueberall fuchte er das Licht. Die Schönheit der Beleuchtungen fand er im Freien ebenso wie im Innenraum, immer umspielte er die Menschen und die Dinge und gab den Farben ihren wechselnden Reichtum. Da ist nichts statutarisch langweilig, nichts gestellt. Die Konturen lösen sich auf; über die Flächen vibriert das Licht und die strenge Form folgt flutender Bewegung. Aus der Unruhe des modernen Lebens ist eine neue Schönheit E. E. W. bleibend gewonnen.

Dann aber lam die Wandlung. Sie fezte ungefähr in den flebziger Jahren ein und nahm schließlich das ganze Intereffe des Malers in Anspruch, dessen Werte unter dem Einfluß dieser Jdee eine total andere Erscheinung annahmen. Alles atelierhafte Dämmerlicht schwindet. 8manglofigleit im Arrangement statt schematischer Komposition. Manets ganze Balette hellte fich auf. Fast geht es von nun an wie ein Staunen durch Manets Schaffen und er geht durch die Welt mit der Freude des Künstlers, der die Natur sich neu erobert. Licht und Luft strömen ein. Er abfonterfeit nicht die Natur, er wählt aus. Dieser Prozeß ist notwendig; daher kommt es, daß doch nicht der Zufall herrscht.

Ein Umstand fam Manet scheinbar zu statten. Seine Art, zu zeichnen, dem Bilde das Gerüft gewiffermaßen zu geben, hatte immer einen Rest von Unsicherheit, Unbeholfenheit. War das ein Fehler? Ahnte er schon ein anderes Ziel? Genug, aus dem Fehler wurde ein Borzug. Nun hatte er den Mut, zu bekennen: nicht auf die Zeichnung tommt es in der Malerei an, sondern auf die Farbe. Wie fie fich über die Fläche verteilt, wie fie fich stufen­weise abtönt unter dem wechselnden Licht, im Wehen der Luft, so daß alle Teilchen zu leben, zu vibrieren scheinen, das ist das neue Programm, dem er dient. Die Natur wird ein Borrat solcher Motive, die von Minute zu Minute vergehen; fie ist ein unerschöpf liches Schazläftlein an schimmernden Schönheiten. Von Anfang an in der Linie, in der Zeichnung unsicher( feine Gestalten find oft edig, die Augen starr), verliert er sich nicht darin, hier sich mit tünstlichen Abhilfeberfuchen abzuquälen; er sucht die Sonne, die der Farbe erst das Leben gibt, die früher tot und starr war, die Sonne, die allen Erscheinungen erst Wert gibt. Er tam zu so feinen Ber­teilungen der Nuancierungen, daß er auf anderem Wege als auf dem genauer Zeichnung die Naturwahrheit erreichte. Er modellierte mit der Farbe, mit ihrem Wechsel von Licht und Schatten und ihrem Leben selbst im Dunklen. Breit und doch leicht, ficher und doch vibrierend setzen fich die Farbflecken ab, und so wird das Bild zu dem, was es seinem Weien nach sein soll: teine Ideenallegorie, teine Geschichtsdarstellung, teine Anekdote, sondern eine Offenbarung der Schönheit abgetönter Farben, eine koloristische Schöpfung.

Man tann auf diefer Ausstellung verfolgen, wie den Maler geradezu fanatisch diese Bestimmung feiner Sendung ergriff. Die meisten Bilder dieser Sammlung stammen aus den entscheidenden Jahren 70-80, wo erst tastend diese neue Erkenntnis einsetzt, um immer unumschränkter zur Herrschaft zu kommen. Manet malt nun das Frühstück im Freien mit dem fatten Hintergrund des Grün, von dem die Kleider fich schimmernd abheben; er malt seinen Freund im Boot auf der blauen Seine, und es ist wie ein Juwel, von bligendem Licht überflutet. So geht es fort, immer bleibt das Biel gegen­wärtig, den Schönheiten der Farben nachzugeben, wie fie fich wandeln unter dem Zauber des Lichts und der Sonne und der Luft. Und schließlich geht er nicht mehr allein. Gefährten begleiten ihn. Aus den Versuchen wird das Programm, das für uns nun schon fast historisch geworden ist.

Das Aufkommen des Impreffionismus hat die ganze Malerei revolutioniert. Kein Bolt hat sich in seinen Künstlern dem entziehen tönnen. Man fann wohl sagen, daß diese konsequente Durchführung des Freilicht- Programms eine Entdeckung war, wie sie fich in der Kunst nur in Jahrhunderten ereignet. Zuerst von einem kleinen Streis propagiert( die alle an dieser Idee, die nicht Manets Allein­gut war, teilhatten und fie auf ihre Spezialgebiete anwandten, wie Renoir , Degas , Piffarro, Sisley, Monet ), eroberte dies Programm alle Welt. Die jungen Generationen, die nach Befreiung aus Fesseln lechaten, strömten ihm zu. Wer näher zusieht, wird wahr nehmen, weshalb gerade Frankreich dazu ausersehen war. Es lebt ein gut Teil Roloko in diefem Spiel der Lichter und Farben. Das ist das Erbteil der Franzosen , daß die malerische Begabung in ihre Wiege gelegt ist. Watteau , Fragonard , fie haben schon jene Träume des Lichts geahnt, als die Entwickelung an anderen Orten noch in den Banden des Ueberkommenen lag.

Späterhin hat der Impreffionismus sich immer weiter entwickelt und es find wieder Probleme aufgekommen, von denen man am Anfang nichts wußte. Er trug viele, neue Keime in sich, daher ist er so lebensfähig gewefen. Denn er hat, so sehr er von Schönheit und Licht durchtränkt ist, schwere Kämpfe zu bestehen gehabt, zumal in Deutschland , wo man von dem Inhalt, dem sentimentalen oder historischen, eines Bildes nicht lassen wollte und eine genaue Durch malung aller Teile nach der Art des Jllustrators verlangte und wo nach offizieller Ansicht die Kunft nur zur Repräsentation und zur Glorifizierung militärischer Siege da ift. Vom allgemeinen Bubli­fum zuerst mit hohulachen begrüßt, hat er sich die ganze Welt er­obert. Man braucht nur durch eine der zahllosen Ausstellungen zu gehen, die alljährlich stattfinden, man wird überall seine Erkennungs­zeichen finden: Licht und Luft ftatt gedämpften Dunkels; helfte Farben statt trübster Saucen, Bewegung statt Modellsteifheit; Leben ftatt Allegorien.

Die farben des Himmels und des Meeres.

Die alltäglichsten Erscheinungen bieten zum Teil dem Streben nach Erklärung die größten Schwierigkeiten dar. Das eindrück lichste Beispiel ist wohl der vom Baum fallende Apfel, der nur eins der größten Genies aus der gesamten Geistesgeschichte der Men­schen, saat Newton, dazu veranlassen konnte, das Gesetz der Schwerkraft zu ahnen und später zu ergründen. Andere Natur­wunder der alltäglichen Beobachtung widerstehen dem Scharfsinn des Menschen, obgleich sie von vielen immer aufs neue als Wun­der empfunden werden, während der Fall eines Apfels eben bis auf die Zeit Newtons von allen Menschen als etwas Selbstverständ liches hingenommen worden war. Die Erscheinungen, die fast bei jedem Menschen mit schwingendem Gehirn", wie Friedrich Theo­ dor Vischer sagen würde, wißbegierige Fragen veranlassen, bringen diefe Folge gewöhnlich durch eine starke Wirkung auf die Sinne zu wege. So bringt namentlich alles, was eine kräftige und vielleicht gleichzeitig noch schöne Farbe offenbart, durch das Auge auf den Geist des Menschen in Erregung. Die Frage, warum ist der Himmel blau"? hat unzählige Gehirne beschäftigt, darunter ficher auch viele, die nicht durch Beruf und Gewohnheit zur Verfolgung naturwissenschaftlicher Probleme neigen. Noch häufiger wird die Frage nach den Ursachen der verschiedenen Farben des Wassers ge­stellt. Wer längere Zeit an einem Alpensee sich aufgehalten oder wer die bald himmelblauen, bald lichtgrünen Gewässer der tosen­den Gebirgsbäche Norwegens gesehen oder wer die wundersamen Farbenveränderungen des Meerwassers beobachtet hat, muß das durch eine ganze Fülle von Gelegenheiten zum Kopfzerbrechen enta nommen haben. Und in der Tat entspringen aus diesen Erschei­nungen viele Fragen von tiefgründigem Wesen, an deren Lösung schon viele Forscher gearbeitet haben, ohne darum zu einem voll­ständigen Erfolg durchgedrungen zu sein. Eine Uebersicht über den Stand der Kenntnis von den Ursachen der Farben des Meeres einerseits und des Himmels andererseits hat der Physiker Raha leigh in einem Anfang März vor der Royal Institution in Lone don gehaltenen Vortrag in musterhafter Weise gegeben. Er ging von der Tatsache aus, daß die Farbe einer Flüssigkeit nur dann richtig wahrgenommen werden kann, wenn das Licht hindurch geht. Die Wahrheit dieses Saßes zeigt sich zum Beispiel darin, daß eine fehr dunkelfarbige Flüssigkeit gewöhnlich ganz schwarz erscheint, auch wenn sie noch weit davon entfernt ist. Auf Grund dieser Er­fenntnis wird man in das Rätsel der Farben des Meerwaffers etwas tiefer eindringen können. Früher wurde meist angenom men, daß die eigentliche Farbe der See ein schönes Blau sei. Ohne weifel sieht man diese Farbe am Meerwasser oft genug; aber man mußte sich doch bald sagen, daß ihr Ursprung wahrscheinlich widerspiegelung der Himmelsfarbe zu suchen sei. Daß dem so ist, nicht in einem Bestandteil des Wassers selbst, sondern in der geht auch aus dem Umstand hervor, daß die blaue Farbe des Meer­waffers besonders schön hervorzutreten pflegt, wenn die Oberfläche leicht bewegt ist, weil dann die reine Farbe vom Zenith des Him melsgewölbes in das Auge des Beobachters geworfen wird, während sie sonst senkrecht nach oben zurückgespiegelt, also seiner Wahrneh mung entzogen wird. Bei höheren Wellen wiederum zeigt die Vorderseite das schönste Blau. Das ist also Himmels-, unt nicht Wasserfarbe. Wenn man nun diese kennen lernen will, so liegt es nahe zu schließen, daß man sie am besten werde beobachten kön­nen, wen die See stark bewegt ist und man durch eine Welle hindurch nach der hinter ihr stehenden Sonne blicken könnte. hat man das Glück, eine solche Gelegenheit zu erwischen, so erblidt man feine blaue, sondern eine vollgrüne Farbe. An seichten Stellen wäre es auch bei völliger Glätte des Meeresspiegels leichter möglich, die reine Farbe des Wassers festzustellen, aber es gelingt nur selten, weil in den meisten Fällen die Farbe des Meeresbodens die des Wassers beeinträchtigt und gewissermaßen verunreinigt. Dies find nun ungefähr die Beobachtungen, die auf gewöhnlichem Wege von jedermann gemacht werden können. Die Naturforscher sind der Frage noch anders zu Leibe gegangen und sind auch zu andern Gr­gebnissen gelangt. Der berühmte Humphrey Davy war vermut lich der erste, der mit größter Bestimmtheit den allgemeinen Sab aussprach, die Farbe des Wassers sei blau, und der nicht weniger geniale Bunsen fam etwas später zu demselben Schluß. In neurer Zeit hat sich hauptsächlich der belgische Physiker Spring