Töricht war es, ein Brot zu vergotten, wir beten ja alleVm das tägliche Brot:»geb es der Himmel uns heut'.»Warum macht der Pfaffe so viele tausend Gebärden,Und verscheucht euch nicht wieder zur Hölle zurück?Furchtbares läßt der Anfang ahnen:Soeben hast du dein Volk erlöst......ES folgen sieben punktierte Reihen.In den Lesarten der Weimarer Ausgabe war man so vorsichtig,nur die ersten fünf Worte abzudrucken, die gar keinen Fingerzeig aufden Inhalt geben. Das aufklärende sechste Wort„erlöst' wurde auseinem Register ermittelt.Und was mögen die Punkte im folgenden Epigranim verbergen:Krebse mit nackten Hintern.......Ehrist und Mensch ist einS, sagt Lavater richtig l Die ChristenDecken die nackende Scham weislich mit Menschenvernunft.Freien Menschen gezieme eS nicht, Christ zu sein, heißt es ineinem anderen Epigramm.Bon Pfaffen und Dirnen berichten die Venetianischen Verse, vonGoetbeschem Haß und Goethescher Liebe. Er höhnt die Pfaffen undstreichelt die Dirnen. Nicht nur die Gottlosigkeit, auch die Liebes-freudigkeit ward versiegelt:Auszuspannen befiehlt der Vater die Schenkel......Punkte entziehen uns die weitere Ausführung des väterlichenRates.Die köstliche Anmut des Zöschens ist bor dem Sophienwahn wiedurch ein Wunder gerettet worden:Köstliche Ringe besitz ich l Gegrabne fürtrcffliche SteineHoher Gedanken und Stil? fastet ein lauteres Gold.Teuer bezahlt man die Ringe, geschmückt mit feurigen SteinenBlinken hast du sie oft über dem Spieltisch geseh'n.Aber ein Ringclchen kenn ich. das hat sich anders gewaschen,Das Hans Carvel einmal traurig im Alier besaß.Unklug schob er den kleinsten der zehn Finger ins Ringchcn;Nur der größte gehört würdig, der eilfte, hinein.Und auch da? folgende Heidenbekenninis, das aus dergriechischen Anthologie stammen könnte, hat ein gütige? Schicksalbewahrt:Knaben liebt' ich wohl auch, doch lieber sind mir die Mädchen:Hab' ich als Mädchen sie satt, dient sie als Knabe mir noch.Aber Iva? das Dirnchen zum Dichter spricht, darf lvieder nureine Großherzogin wisten:Seid ihr ein Fremder, mein Hero......Dann folgen 13 punktierte Zeilen. Die gute Gesellschaft hat sich andem Dichter für das Epigramm gründlich gerächt:„Hast du nicht gute Gesellschaft geseh'n? ES zeigt uns dein BüchleinFast nur Gaukler und Volk, ja was noch niedriger ist.'Gute Gesellschaft Hab' ich peseh'n; man nennt sie die gute.Wenn sie zum kleinsten Gedicht keine Gelegenheit gibt.Selbst aus politischen Gründen hat man Goethe gemaßrcgelt,der doch wahrlich nicht zu den Revolutionären gehörte:Dich betriegt der Regente, der Pfnffe, der Lehrer der SittenLeider läßt sich kaum das rechte Denken mit sagen,Und verletzet den Staat. Götter und Sitten zugleich.Im zwanzigsten Jahrhundert noch empkängt die Menschheit ihrenGoethe aus den Händen irgend einer Fürstin— nach derem Gut-dünken. Die gesetzlich aufgehobene Zensur wird durch das Privat-eigentlim praktisch verewigt. Dieser heillose Zustand verdient endlicheinmal ernste Aufmerksamkeit. ES handelt sich nicht um Goetheollein. Es sind noch andere Geister für die Oeffentlichkeit verriegelt.LastalleS Nachlaß ist z. B.„erbrechtlich' von einer Junkerfamiliegesperrt, vielleicht vernichtet, vielleicht an das preußische Staat»-archiv ausgeliefert worden. Au? FichleS Nachlaß, der sehr bedeutsamzu sein scheint, hat vor vielen Jahrzehnten sein Sohn Proben ge-geben: alles andere ruht unbenutzt in der Königlichen Bibliothekzu Berlin— zur Verfügung höchstens für ganz„zuverlässige'Staatsbeamte.Das Recht des Volkes auf seinen geistigen Kulturbcsitz mußendlich gesetzlich gesichert werden. Die Srböpfuiigen der Phantasieund die Gedankcugebilde find Gemeingut. Wir bedürfen keiner Hüterde» Horts!_Kleines■peuiUeton.Berühmte Aetna-AuSbrüche früherer Zeit. Für den kundigenGeologen sind Aetna und Vesuv zlvei verschiedene Welten, so nahesie auch benachbart sind. Die beiden Berge weichen in der GestaltVerautw. Redakteur: Richard Barth, Berlin.— Druck u. Verlag:weit voneinander ab. Der Vesuv hat nur einen Krater, währendder Aetna bei dem jetzigen Ausbruch aus ungefähr zweihundertOeffnungen gleichzeitig Lava und Schlacken entsendet. Jener he-findet sich fast immer«n einem gewissen Grad der Tätigkeit, währenddieser oft viele Jahre lang fast ganz zu ruhen scheint, und was de«Unterschiede mehr find. Ueberhaupt ist der Aetna vergleichsweiseein langweiliger Vulkan. Sein Hauptkrater ist in der Regel bisin unabsehbare Tiefen vollkommen leer und füllt sich nur in ver«bältnismäßig langen Zwischenräumen bis an den Rand mit Lava.Dagegen beweist die außerordentliche Ausdehnung der Fläche, dievon den Laven des Aetna bedeckt sind, daß er sich zum Vesuv bei-nahe verhält wie ein Riese zu einem Zwerg. Und wenn der Vesuvdurch die Folgen seiner Ausbrüche in der Geschichte der Menschheit»och berühmter geworden ist, so ist der Umstand hauptsächlich derTatsache zuzuschreiben, daß man weniger Respekt vor»hm gehabtund sich immer wieder in seiner unmittelbaren Nähe angesiedelthat, während der gewaltige Dom des Aetna mit seinem öden undungangbaren Lavagcstein die Menschen aus der Nähe seine?Schlotes fern hielt. Einer der berühmtesten Ausbrüche des Aetnawar der von 1669, der eine ausgezeichnete Beschreibung durch denEarl of Winchilsea, einem zufälligen Augenzeugen jenes Natur-schauspicls, erfahren hat. Er schildert die Eruption als„eineUebersckavemmung von Feuer, eine Flut von feurigen Aschen undbrennenden Steinen, die mit solcher Gewalt brannten, daß ihrStrom in einer Breite von einer Meile bis zum Gestade deSMeeres und noch GOO Ellen darüber hinaus sich fortwälzte, undwas meine Bewunderung noch steigerte, war der Anblick, wie dieseMasten gleich rauhen Felsblöcken im Meere selbst bei vier FadenWasserticfe noch weitcrbrannten'. 49 Tage dauerte der Ausbruch,der nach dem Zeugnis des englischen LordS die Wohnstätten von27 ovo Menschen zerstörte und zlvei Berge aufhäufte, hundert Schritthoch und vier Meilen im Umfang. Von den 20 000 Einwohnernder alten Stadt Catania blieben überhaupt nur 3000 zurück. Diebeste wissenschaftliche Beschreibung hat der Aetna durch den beut-sehen Geologen, Sartorius v. Waltershausen erfahren, der ihm einberühmtes Werk gewidmet hat. Nach der Angabe dieses Gelehrten,dessen Forschungen jetzt 50 Jahre zurückliegen, lebten damals aufden Gehängen des Aetna immerbin 300 000 Menschen, allerdingsin sehr verschiedener Verteilung. An dem Berge lassen sich dreiverschiedene Zonen unterscheiden. In den untersten 600 Meternder Erhebung gedeihen alle Gewächse Siziliens, Orangen undFeigen, Pistazien und Oliven, der Weinstock und der Maulbeer-bauin. Die zweite Zone reicht ungefähr bis 1800 Meter hinaufund gehört den Waldbäumen an, namentlich Eiche, Birke, Pappel.Kastanie und Pinie. Innerhalb dieses Gürtels bestehen vierzehngesonderte Waldgebiete. Die ganze Bergniaste bis zum Gipfelaber ist eine Wüste ans schwarzen Sandschlacken. Asche und Lava-mästen. Ihre Fläche bedeckt wenigstens 25 Quadratkilometer, undvom Herbst bis ins Frühjahr hinein ist sie in Schnee gehüllt, derin den höchsten Teilen sogar noch zur Sommerszeit gelegentlich inSpalten angetroffen wird.Astronomisches.Der Hallehsch-e Komet in Japan. Ein Beamter derSternwarte in Tokio. Dr. Hirahama, macht in der Monatsschrift„Observatory' die überraschende Mitteilung, daß der HauehscheKomet in seinem Vaterlande schon länger als ein Jahrtausend beob-achtet worden sei. Es bestehen angeblich Ueberliefcrungcn und Auf-zeichnungen über die Erscheinutzigen dieses Kometen bis zumJahre 684 unserer Zeitrechnung zurück, und zwar außer diesemJahr von den Jahren 837, 912, 989, 1966, 1145 und 1222. Da dieJapaner b'.s auf die letzten 50 Jahre, wo sie im Anschluß an dieeuropäische Kultur einen so beispiellosen Aufschwung genommenhaben, einer wissenschaftlichen Betätigung kaum zugänglich ge-Wesen sind, wie man wenigstens bisher immer angenommen hat.ist es auffällig, daß sie in der Astronomie zum mindesten bei solchenGelegenheiten schon Interesse und Beobachtungssinn gezeigt habensollten. Namentlich die Beschreibung deS Hallehschen Kometen vomJahre 1145 ist recht eingehend und merkt schon die eigentümlich«Tatsache an, daß der Komet auch nach dem Verschwinden seinesSchweifes noch sichtbar blieb. Der alte japanische Chronist erklärtdiesen Umstand daraus, daß das Licht des Schweifes durch dieGegenwart des Mondes überstrahlt wurde. Die Jahre der Beob-acktung des Kometen durch die Japaner stimmen mit den Bercch-nungen der Umlaufszeit deS Gestirns sehr wohl überein. Es wärebesonders interessant, diese japanischen Aufzeichnungen mit denenzu vergleichen, die in Europa aus dem Mittelalter erhalten ge-blieben sind. UebrigenS hat sich jetzt in England jemand gefunden.der sich noch genau auf die Erscheinung des Hallehschen Kometenim Jahr 1835 zu besinnen weiß. Dieser Mann, namens Brothers,der wohl jetzt ein hoher Achtziger sein muß, hat darüber noch vorder Literarischen und Philosophischen Gesellschaft in Manchestereinen Vortrag gehalten. In seiner Erinnerung steht der Kometals ein nicht besonders glänzendes Schauspiel, das namentlich hinterdem späteren, nach Donati benannten Kometen erheblich zurück-stand. Danach würde noch weniger Hoffnung darauf bestehen,vaß der Komet diesmal sich zu besonderer Pracht entwickeln könnte.vor»«rr« Bucvdruckerci u.BertegSanslalr Paul Sniger Sc�o..Oerlrn S W.