Rast hatten sie machen können während der kehlen 2000 Meilen. Als sie im Orte einfuhren, waren sie gerade zu Ende mit ihrer Kraft. Sie konnten kaum mehr die Stränge stramm halten, und sie hatten schon Mühe genug, nicht unter die Kufen zu kommen, wenn es bergab ging. Hüh, ihr armen Schelme, Hühl" rief der Mulatte alle Augen. blicke ihnen ermunternd zu.Gleich find wir da, und dann könnt ihr schlafen. Nichts wie schlafen und fressen sollt ihr. ihr armen Kerle. Gleich find wir da!" Die Leute glaubten auch, daß nun eine lange Rast gemacht Werden könnte. Sie kelbst waren ja auch die letzten 1200 Meilen im Schnee neben dem Schlitten hergelaufen und hätten Ruhe bitter nötig gehabt. Es gab aber zu viele Menschen da oben in Klondike und in Dawson, die Freunde, Weib und Kinder daheim zurückgelassen hatten, und der Berg der Briefe und Pakete wuchs und wuchs, auch amtliche Nachrichten waren zu befördern. Die alten Hunde aber waren ausgepumpt, waren unbrauchbar für die nächste Reise, und andere mußten deshalb an ihre Stelle treten. Und weil doch Hunde nicht so viel wert sind wie Geld, so sollten sie verkauft werden. Drei Tage waren vergangen, und den Hunden kam überhaupt jetzt erst zum Bewußtsein, wie schwach und elend sie waren. Am Morgen des vierten Tages kamen zwei Männer und kauften sie mit Geschirr und allem anderen für ein Spotgeld. Sie nannten einander Charles und Hal und kamen aus den Vereinigten Staaten . Charles war etwa 40 Jahre alt, von heller Gesichlsfarbe, hatte kalte, wasserblaue Augen und einen Schnurrbart, dessen Enden küh.l nach oben standen. Hal war jünger, etwa 20 Jahre alt. Er hatte einen großen Revolver und ein Jagdmesser im Gürtel. Drser Gürtel war eigentlich das einzig bemerkenswerte an ihm. Beide Männer waren hier fremd und hätten besser getan, dem Norden überhaupt kern zu bleiben. Buck hörte daS Handeln, er sah, daß Geld bezahlt wurde und er wußte, daß nun der Mulatte und die anderen Postschlittenlcute aus seinem Leben verschwinden würden, wie damals Perrault und Francois und die anderen. Als er mit den übrigen Hunden in daS Zelt seiner neuen Herren kam, fand er dort mehr Unordnung, als er je gesehen hatte. Auch eine Frau sah er dort; Mercedes wurde sie genannt und war Charles Frau und HalS Schwester. (Fortsetzung folgt.) Oer(lntergang cler antiken Melt. Man mag die antike Kultur in ihrer Bedeutung für die moderne Menschheit auch noch so verschieden bewerben, darüber kann kein Zweifel bestehen, daß grundlegende Faktoren der West- europäischen Kultur, und darunter solche, über deren Wert keiner- lei Meiiningsverschiedenheit besteht, aus der antiken Kultur stammen. Unwidersprochen wie diese Tatsache ist aber auch die andere, daß die Geschichte der Antike wie keine zweite der Wissen- schaft als unerschöpflich Fundgrube an Einsichten gedient hat. Die mit der proletarischen Bewegung in mehr oder minder festem Zusammenhang stehende Wissenschaftsarbeit hat sich naturgemäß zuerst der Durcharbeitung der modernen Geschichte gewidmet. Es ist ein höchst erfreuliches und von der inneren Solidität unserer ganzen Bewegung zeugendes Zeichen, daß in den letzten Jahren man Zeit und Interesse gefunden hat, auch die Probleme der antiken Geschichte und ihrer Kultur zu studieren. Unter den hier- her gehörigen Werken nahm das Büchlein von Ludo Moritz Hartmann :.Der Untergang der antiken Welt" (Verlag von H. Heller u. Co., Wien . Preis ILS M.) immer einen hervorragenden Platz ein. Nunmehr ist dasselbe in zweiter Auflage erschienen und rechtfertigt dadurch und durch seine kurze und knappe Form, die es zugleich nützlich und wohlfeil macht, einen empfehlenswerten Hinweis. Woran ist die antike Kultur zugrunde gegangen? Welche Grundkräfte sind wirksam gewesen, um aus dem blühenden Athen des Periklcs und Platon und aus dem Rom des Augustus und Titus die Stätten der Halbkultur zu machen, die wir im Mittel- aller dort antreffen? Die Frage ist oft aufgeworfen und ebenso oft verschieden beantwortet worden. Am ersten drängte sie sich natur- gemäß den christlichen Schriftstellern auf, die offiziell verpflichtet waren, den neuen Zustand gegenüber dem alten zu loben und bei dieser Gelegenheit regelmäßig dieselbe Theorie entwickelten: Die «Gottlosigkeit" undSündhaftigkeit" Roms sei so groß gewesen, daß derHerr" es nicht mehr hätte mitansehen können. Der Unter- gang der Antike sei daher nichts weiter als die gerechte Strafe für eine Kultur derSittcnlosigkeit". Diese Theorie, daß die antike Kultur an ihrer Sittcnlosigkeit zugrunde gegangen ist, hat das ganze Mittelalter beherrscht. Erst in der Zeit der sogenannten Renaissance, als die kulturfeindliche Moral des Christentums durch die Männer der blühenden Stadtkultur Italiens praktisch od absurdum geführt und in ihrem wahren Wesen erkannt wurde, machte sich eine andere Auffassung über die Moral der Antike selber und damit auch über die Gründe ihres Unterganges breit. Alle Geschichtsthcorien haben sick an der Lösung dieser Frage versucht. Der eine sagte, daß die Monarchie die eigentliche Schuld trage; Rom wäre nicht untergegangen, wenn seinen alten republika­nischen Grundsätzen treu geblieben wäre. Der andere machte das Schwinden de» religiösen Geistes für alle» verantwortlich. Die dritten zogen die antike Rassenmischung herbei: Alle Schüler des französischen Grafen Gobineau sehen in der Vermischung der alten eingeborenen Römer mit Griechen und Orientalen einen Haupt-, grund des römischen Niederganges ebenso wie sie in der Ver« Mischung des germanischen Blutes mit romanischem den Anfang des Unterganges der germanischen Kultur sehen. Einige ganz Schlaue machen übrigens auch hier wie anderswo als die einzig Schuldigen die Juden namhaft. Israel sei um Christi Geburt - in Scharen in Rom eingedrungen, sei aber nicht in dem nötigen Maße zurückgedrängt worden, und besonders die den Juden günstige Politik des Julius Cäsar habe somit an dem endgültigen Untergange des römischen Staates ihre große Schuld. Neben solchen mehr oder minder unwissenschaftlichen Erklärungen finden wir ober schon sehr früh Versuche, die Tatsache des Unterganges der antiken Welt aus anderen als willkürlichen und von außen herangebrachten Gründen zu erklären. Der französische Historiker Montesquieu (gestorben um 1750} hat in einem noch heute lesens« werten BüchleinUeber die Ursachen der Größe und des Nieder« ganges des römischen Reiches" die Geschichte Roms an die Eigen« art seiner geographischen und wirtschaftlichen Verhältnisse ge« knüpft, Theodor Mommsen hat in seiner römischen Geschichte wie überall ein scharfes Auge für die materiellen Grundlagen alles geistigen Seins bewiesen, und es war ganz selbstverständlich, daß der gewaltige Fortschritt, den die historische Methode von Karl Marx auf dem Gebiete der gesamten Geschichte zu Tage förderte, auch der alten Frage nach den Gründen des Unterganges der An» tike zugute kam. L. M. Hartmann macht kein Hehl daraus, daß er von der Marxschcn Methode entscheiden!« Anregungen erhalten hat. Die gesamte geschichtliche Tatsachenmasse, wie sie die Archäo« logie, Philologie und alle anderen Hilfswissenschaften der Ge« schicbie rekonstruiert haben, betrachtet er zunächst von drei Gesichts, punkten aus. Vielmehr innerhalb der gesamten Faktoren, die die römische Geschichte des von ihm betrachteten Zeitabschnittes aus» machen, sieht er drei Faktorenreihen als wichtig und ausschlag- gebend an. Er redet zuerst von der wirtschaftlichen, dann von der politischen, endlich von der religiösen Ent- Wickelung Roms. Die Geschichte des Unterganges der Antike wird hier also nicht mit den gewöhnlichen Mitteln der anschaulich und womöglich anekdotenhaft erzählenden und beschreibenden Schul- buchhistorie vorgeftihrt. Sondern die Hervorhebung und die ge« sonderte Betrachtung der oben genannten drei Faktoren zeigt an, daß hier versucht werden soll, nach einem bestimmten Prinzip die Geschichte zu erklären, d. h. nun nicht etwa Welt- und Lebens« rätsel zu lösen, sondern genau so wie in jeder anderen modernen, Wissenschaft so auch in der Geschichte die Erforschung der Wirk« lichkeit durch Erforschung ihrer Gesetze zu vereinheitlichen. Welches diese Arbeitshypothese und dieses Gesetz ist, darüber ist bei Hart- mann kein Zweifel. Schon indem er die EntWickelung der Wirt« schaft an den Anfang seines ganzen Buches stellt, drückt er aus, wovon das Buch selber nachher klar Zeugnis ablegt, daß nämlich nach ihm die Betrachtung der wirtschaftlichen Verhältnisse eines Landes vorzüglich und am allerersten geeignet ist, die spezifischen Schicksale dieses Landes zu erklären. Nachher erst kommen die politischen und danach erst die religiösen Verhältnisse. Dabei hängt es gewiß mit dem kurzen Raum zusammen, der dem Verfasser für dieses seinVolksvorlesungsbuch" zu Gebote stand, wenn er es sich versagen mußte, auf die näheren Beziehungen dieser drei Verhältnisreihen, der wirtschaftlichen, politischen und religi» ösen, weiter einzugchen. Ehe dies nicht von fachmännischer Seite aus geschieht, bleiben Kautskhs Andeutungen in seinem Ursprung des Christentums das beste, was wir darüber befitzen. Der Untergang der Antike als der Untergang de? antike» Wirtschaftslebens so lautet kurz die Formel für unseren Ver« such. Dabei kann und soll natürlich nicht jede Marmorstatue und jede literarische Aeutzerung als ein Ausfluß der gerade bestehenden ökonomischen Zustände hingestellt und im einzelnen bewiese» werden. Jeder große Gedanke der Wissenschaft kann durch Kleinig- keitskrämer lächerlich gemacht werden. Die Formel bedeutet nichts weiter, als daß der Geschichtsforscher versuchen will, bei allen ge« schichtlichen Erklärungen zuerst immer die Erklärung aus dem ökonomischen Hintergrunde anzuwenden. Er sost also nicht etwa die Entstehung von Werthers Leiden in Goethes Gehirn aus den wirtschaftlichen Verhältnissen zu erklären suchen. Aber er soll sich die Frage vorlegen, ob nicht das Schwinden des sogenannten klassischen und das Aufkommen des sogenannten romantischen Geistes innerhalb der gesamten Literatur im Anfang des 18. Jahr« Hunderts mit den damaligen ökonomischen Zuständen zusammen« hängt. Und ebenso soll er bei der Frage nach den Gründen für den Untergang der Antike zuerst das Problem stellen: In welcher Weise hängt denn jene großarttge Veränderung des gesamten Weltgeschehens, die wir mit dem Namen des Unterganges der Antike bezeichnen, mit der Veränderung der wirtschaftlichen Be- zchungen dieser Epoche zusammen? Könnte man sich etwa vor- stellen, daß das römische Kaiserreich und die römische Republik zugrunde gegangen wären, ohne daß die Haussklavenwirtschaft alten Stiles und die bäuerliche Wirtschaft zu gleicher Zeit hätten dran glauben müssen? Ist die starke Ausbreitung der christlichen Geistesstimmung denkbar ohne die schweren Erschütterungen wirt- schastlicher Art, die die römische Welt damals durchgemacht hat?