kein Muk in?er ganzen Gesellschaft, und in ihm auch nicht, vier- mal hatte er nun schon diesen Weg gemacht und er wußte, was ihm bevorstand. Und diesesmal war er noch dazu todmüde schon von Anfang an. Dabei konnte er sich in diesem Falle nicht einmal auf die Menschen verlassen, die ihn führten. Daß sie nichts konnten, das hatte er gleich bemerkt, daß sie aber auch nichts lernen würden, begriff er auch zu bald. Es wurde immer späte Nacht, bis sie es fertiggebracht hatten, das Zelt aufzuschlagen, und bis Mittag dauerte es stets, bis sie wieder aufgepackt hatten, und zwar so nach- läsfig, daß es wohl ein dutzendmal am Tage vom Schlitten fiel; und immer gab es dann unnützen Auffenthalt. Manchmal wurde es morgens sogar so spät, daß es sich überhaupt nicht mehr ver- lohnte aufzubrechen, und dann war der ganze Tag verloren. Nicht die Hälfte des Weges wurde in der üblichen Zeit zurückgelegt. So war es unausbleiblich, daß der Mangel an Eßvorräten sich schon bald fühlbar machte. Die neuen Hunde, deren Magen noch nicht an die mageren Bissen gewöhnt waren, hatten fortwährend Hunger. Dabei war es schon gleich in den ersten Tagen, als die müden Hunde nicht nach Wunich ziehen wollten, die vorher bc- rechnete Portion verdoppelt worden, weil Hol glaubte, das würde die Tiere kräftigen. Nach Mercedes  ' Ansicht aber bekamen sie trotz- dem noch zu wenig, und da sie den Bruder nicht, überreden konnte, ihnen mehr zu geben, so stahl sie einfach Futter aus den Säcken und fütterte heimlich. Aber es fehlte ihnen ja nicht Futter, sondern nur Ruhe, nichts als Ruhe. Auf die Tage der Ueberfütterung folgten dann die des Hungers. Eines Tages machte Hai die Entdeckung, daß der größte Teil des Hundefutters fehlte, und erst ein Viertel des Weges war zurück- gelegt. Unterwegs war weder für Geld, noch für gute Worte etwas zu kaufen, und so wurden die Rationen bedeutend verkleinert und die Ansprüche an die Schnelligkeit der Hunde verdoppelt. Das erster« war leicht gemacht, aber das andere gelang nicht. Ebenso wenig wie es möglich war. die Hunde zu schnellerer Gangart zu bringen, ebenso wenig war es diesen drei Leuten möglich, morgens zu rechter Zeit aufzubrechen. Sie verstanden nichts von der Arbeit der Hunde, noch weniger aber von ihrer eigenen. Das erste Opfer war Dub  . Der arme Kerl, der immer daS Pech hatte, für andere büßen zu müssen, hatte bis zuletzt noch so wacker und treu gearbeitet, aber die ausgerenkte Schulter, auf die niemand geachtet hatte, wurde bei dem schweren Tagewerk immer schlimmer, und eines Morgens wurde er von Hal erschossen. .(Fortsetzung folgt.), Einiges über Impfung. Von Dr. R. S t e l n i n g e r. Zu den Vorgängen der Weltgeschichte, die die Menschen am tiefsten erregt, die Völker am empfindlichsten betroffen und die ge- meinsame Abwehr der menschlichen Gesellschaft gebieterisch heraus- gefordert haben, haben von jeher die Verheerungen der Seuchen gehört. Wenn aber eine Seuche geeignet war, die Menschheit auf- zurütteln und zu energischen Abwehrbestrebungen anzuspornen, so lvar es die Blattern- oder Pockenkrankheit. Denn unter allen Seuchen muß fie als die am meisten verbreitete und mörderischste bezeichnet werden. Die Blattern rotteten Völkerschaften aus und veränderten die Physiognomie ganzer Länder. Die Vermehrung des menschlichen Geschlechts ist bis in das vorige Jahrhundert vor- nehmlich durch sie aufgehalten worden. Die große Verbreitung der Pocken, deren jährliche Opfer man für das Ende des 18. Jahr« Hunderts in Europa   auf 400 000 schätzt, bestand schon in viel weiter zurückliegenden Zeiten. Der Araber Rhazes   war der Meinung, daß der Seuche niemand entging. Im 18. Jahrhundert wurde die Zahl der Menschen, die an Blattern erkrankten, auf fünf Sechstel aller Lebenden geschätzt. In Berlin   waren in der Zeit von 17581772 und in den Jahren von 17851799 von insgesamt 30 811 Todes­fällen 2548, also fast der 12. Teil, durch Pocken verursacht. Eine Seuche, welche solch ungeheuere Opfer forderte, mußte die Menschheit frühzeitig anspornen, ein Mittel zu suchen, das vor ihr schützt oder ihre Gefahren vermindert. Run blieb es nicht un- bewerft, daß ein einmaliges Ueberstehen der Pocken fast ausnahmS- loS vor einer abermaligen Erkrankung bewahrt; sodann beobachtete man einen Unterschied in der Schwere der Krankheit. Diese Be- obachtung legte den Wunsch nahe, die für unvermeidlich gehaltene Krankheit dann durchzumachen, wenn fie einen leichten und milden Charakter zeigte, und führte zu dem Verfahren, gutartige Blattern zwecks Herbeiführung einer leichten Erftankung zu überpflanzen. Dieses Verfahren nannte man Blatterneinpftopfung, Blatternbelzen, Jnoculation oder Variolation. Bei den Chinesen soll die Variolation schon vor 3000 Jahren in Gebrauch gewesen sein. Sie verfuhren in der Weise, daß fie ihren Kindern Hemden leicht Pocken- kranker anzogen. In Europa   wurde daS Verfahren durch eine Engländerin, Lady Montague  , 1721 eingeftihrt, die es in Konstantinopel   kennen gelernt und an ihrem Sohne erprobt hatte. Man schenfte sechs zum Tode venirteilten Verbrechern das Leben unter der Bedingung, daß fie sich der Jnoculation unterwerfen mußten, bei allen nahm die Krankheit einen milden Verlauf und e» wurde ihnen die Todesstrafe erlassen. Freilich stellte sich bald heraus, daß die künstlichen Blattern nicht immer günstig Verliesen, und es kamen Todesfälle nicht selten vor. Nur eine Blatternfurcht, die uns unverständlich ist, weil wir nicht mit ihr geboren und auf« gewachsen find, konnte fteilich ein solches Uebel auf sich nehmen Und Kant   schreibt in seiner Tugendlehre 1797:.Wer sich die Pocken einimpfen zu lassen beschließt, wagt sein Leben aufs Ungewisse, ob er es zwar tut, um es zu erhalten, und ist sofern in einem weit bedenklicheren Falle des Pflichtgesetzes, als der Seefahrer, welcher doch wenigstens den Sturm nicht macht, dem er sich anvertraut; statt dessen jener die Krankheit, die ihn in Todesgefahr bringt, sich selbst zuzieht. Wenn später die Jnoculation verlassen wurde und in England 1340, in Preußen bereits im Jahre 1835 gesetzlich verboten wurde, so geschah dies aus dem Grunde, weil die inzwischen entdeckte Kuh- Pockenimpfung das immerhin nicht gefahrlose Verfahren entbehrlich machte. In der Zeit des pandemischen sallgemeinen) Auftretens der Blattern zeigten die Milchkühe mancher Gegenden eine eigentümliche Krankheit. Am Euter bildeten sich Blasen von bläulicher Farbe auf gerötetem Grunde. Diese Blasen trockneten nach einigen Tagen ein. Wurden sie jedoch beim Melken gerieben und verunreinigt, so platzten sie, und es bildeten sich Geschwüre. Diese Krankheit ging sehr oft auf die Hände der Melker   und Melkerinnen über. Die Achnlichkeit dieser Eutererkrankung mit den Pusteln der Menschen« Pocken   war so auffallend, daß der Volksmund der Krankheit den Namen Kuhpocken beilegte. Nun wurde in verschiedenen Ländern von der Landbevölkerung die Wahrnehmung gemacht, daß Personen, die an Kuhpocken gelitten hatten, von den Pocken und Menschen» blättern verschont blieben. Diesen Gedanken des Landvolkes unter« zog Jenner, ein englischer Arzt, der Prüfung. Er inoculierte 16, früher an den Kuhpocken erkranften Personen das Gift der cchien Menschenblattern. Bei keiner jener 16 Personen wurde ein Ausbruch der Blattern beobachtet. Hierdurch wurde die Schutz« kraft der Kuhpocken wissenschaftlich dargetan. Nachdem er diesen Beweis erbracht hatte, schritt er am 14. Mai 1796 zur ersten Impfung, indem er den Inhalt der Kuhpocken von einer Melkerin, die von dieser Krankheit befallen war, auf den Arm eines acht« jährigen Knaben überimpfte. Am 1. Juli desselben JahreS nun impfte er dem nämlichen Knaben das Gift der echten Menschen- blättern ein. Der Knabe erkrankte nicht. Er war durch die Impfung gegen die Krankheit unempfänglich geworden. Unter dem Druck der Pockenepidemien führten verschiedene Länder die zwangsweise Impfung gesetzlich ein, allen voran Bayern  1807. 1874 führte das deutsche Reichsgesetz die Impfung ein und ordnete auch die Wiederimpfung an, da die Erfahrung ergeben hatte, daß die Schutzftast zeitlich begrenzt ist. Außerhalb Deutschlands   ist die Impfung zur gesetzmäßigen Einführung gelangt in Schweden  , Norwegen  , Dänemark  , in einigen Kantonen der Schweiz  , Schottland  , Irland  , Serbien  , Ungarn  . Portugal  , Italien  . Seit diesem Gesetz find 35 Jahre vergangen. Die Pocken find au? dem Deutschen Reiche fast völlig verschwunden, während fie in den anderen Ländern, die sich dieses Schutzes nicht erfreuen, noch zahlreiche Opfer fordern. Zugleich jedoch muß es auffallen, daß der leit langer Zeit von der Krankheit verschonten Bevölkerung die Einsicht in die Gefahr etwas verloren geht und daß sie das Gesetz als einen lästigen Zwang empfindet. Wir wollen indes hoffen, daß der Zweifel an dem Nutzen und der Notwendigkeit dieses Gesetzes nicht Raum gewinnt. Zunächst noch einiges über die Impfung selbst. Obwohl die normale Impfung in, ganzen typisch und ohne wesentliche Störungen des Allgemeinbefindens zu verlaufen pflegt, so ist doch im Gefolge der künstlichen Infektion das Befinden des Kindes aus dem Gleichgewicht gebracht. Kleinere Kinder sind un- rilhig, erregt, ihr Schlaf ist gestört, ihre Verdauung leidet etwas, manche wieder zeigen Mattigkeit und Unlust, größere Kinder klagen über Kopfweb. Vom dritten Tag an besteht geringes Fieber, erst am zehnten Tage kehrt die Temperatur wieder zur Norm zurück. Diesen allgemeinen Ericheinungen, die wohl kaum je bedeutend sind» stehen örtliche an der Impfstelle gegenüber. In dem Augenblick der Impfung selbst haben die Kinder den Eindruck einer Schnittwunde. In den ersten 24 Stunden zeigt sich eine geringe Röte, die am zweiten Tage wieder zurückzugehen pflegt. Erst am dritten Tage zeigt sich ein Knötchen, aus diesem entwickelt sich ein Bläschen, dessen Inhalt sich allmählich trübt, um vom elften Tage an zu vertrocknen. Diese Pustel ist von einem mehr oder weniger geröteten Hose umgeben, der sich warm anfühlt. Diese normalen örtlichen Erschei- nungen können einen abnormen Verlauf nehmen, besonders wenn es nicht gelingt, aus der Höhe der Pockenspannung das Platzen der Pocken zu vermeiden. Die aus den Fächern der Pocke austretenden Säfte reizen die Umgebung der Impfstelle sehr und können das Auf­treten von Nebenpocken verursachen. Kommt dazu noch Verunreini« gung der Wunde durch Zerkratzen mit schmutzigen Fingernägeln. unsaubere Wäsche, Scheuern an der Kleidung, so ist der normale Wundverlauf gestört und die Abheilung d;s JmpfbodeuS erfolgt langsamer und mit Komplikationen. Für die Praxis ergibt sich daraus die Lehre, die Jmpfpocke vor jeder Verletzung zu schützen. Es kommt alles darauf an, einen möglichst normalen Verlauf der Jmpfpustel zu erzielen. Die Pustel soll ohne zu platzen, ohne der obersten Hautschichlen beraubt zu werden, eintrocknen, um das Eindringen ar derer schädlichen Keime