fllBt es keinen auf der Welt. Und wer's nicht glaubt, dersag es grad heraus, ich werd' ihm Antwort stehen."Die Hochzeit Gallardos gestaltete sich zu einem großenEreignis. An dem Tage wurde auch das neue Haus ein-Seweiht, auf das der Sattler riesig stolz war. Er zeigteen Patio, die Säulen und die Glasurfliesen, als ob alles dasWerk seiner Hände sei.Die Trauung fand in der Kirche zu San Gil statt, vorder Mutergottes der Hoffnung, die auch die Macarena genannt wird. Als der Zug die Kirche verlieh, glänzten unterden Sonnenstrahlen die fremdartigen Blumen und buntenVögel von Hunderten von Manillaschals, in die die Freun-binnen der Braut gehüllt waren. Ein Abgeordneter warBrautführer. Von den weißen und schwarzen Filzhüten derMehrzahl der Hochzcitsgäste stachen die funkelnden Zylinder-hüte des Verwalters und anderer Herren ab, die für Gallardoschwärmten und es sich nicht nehmen ließen, ihm an diesemwichtigen Tage das Ehrengeleit zu geben.An der Tür der neuen Wohnung wurden den ganzen Taghindurch Almosen verteilt. Es kamen sogar aus den um-liegenden Dörfern Arme herbei, durch den Ruf dieser prunk-vollen Hochzeit angezogen.Im Patio gab es einen großen Schmaus. MehrereVhotographen machten Aufnahmen für die Madrider illu-strierten Blätter: war doch die Hochzeit Gallardos ein natio-nales Ereignis. Bis spät in die Nacht hinein tönten Gi°karren und Kastagnetten unter fortwährendem Händeklat-schen. Die Mädchen tanzten die anmutigen Sevillaner Tänze.mit hocherhobenen Armen, wobei die zierlichen Füßchen aller-lei verwickelte Arabesken auf dem Marmorboden zeichneten.Dutzendweise wurden Flaschen des auserlesensten andalusi-fchen Weines entkorkt, und von Hand zu Hand gingen dieGläser mit feurigem Jerez, herbem Montilla und blassem,zartduftendem Manzanilla von Sanlucar. Alle waren be-rauscht, aber ihre Trunkenheit hatte nichts Stürmisches: siewar sanft, ruhig und schwermütig, und gab sich nur inklagenden Liedern kund, wirr durcheinander gesungen, dievon Mord und Totschlag, Zuchthaus und Friedhof handeltenund vom armen Mütterlein, den ewigen Leitmotiven desandalnsischen Volksliedes.lFortsetzung folgt.Z(SMchSrM BMtotW.)m Alenn die JVatur ruft.Von Jack London.Autorisierte Uebersetzung von L. LönS.Wenn eS heißt, das ungearbeitete Hunde das Doppelke anFutter brauchen als alte Hunde, so war es nicht zu verwundern,daß die sechs neuen Hunde bei der Hälfte der üblichen Futter-menge bald mit ihrer Kraft zu Ende waren. Der erste, der einesMorgens tot dalag, war der Neufundländer, und bald darauffolgten die drei Pinscher, die beiden anderen waren nur noch Hautund Knochen.Mit den Menschen war auch eine Veränderung vorgegangen.Sie hatten sich eine Nordlandsfahrt doch anders vorgestellt, unddie Enttäuschungen hatten ihre Laune vollkommen verdorben.Mercedes hatte aufgehört, über die Hunde zu weinen, denn sie hattegenug zu tun, über sich selbst zu weinen und in den Pausen mitManu und Bruder zu zanken. Zum Zanken waren die drei über-Haupt nie zu müde. Wenn Mercedes nicht mit den beiden Männernzankte, dann benutzten sie die Zeit, um sich gegenseitig die größtenGrobheiten zu sagen. Jeder von den beiden glaubte nämlich, daßer mehr täte, als seine Pflicht war, und er warf das dem anderenbei jeder Gelegenheit vor. Mercedes nahm dann manchmal diePartei des Mannes, manchmal die des Bruders, und das Endedavon war jedesmal eine allgemeine Zankerei. Und wenn eS sichauch nur darum handelte, wer Feuerholz hacken sollte, so ging eSdoch gleich vom Hundertsten ins Tausendste. Die ganze Familiewurde hineingezogen, Vater, Mutter, Onkel, Tanten, und selbstdie verstorbenen Urgroßväter. Wenn auch Charles' Ansicht überLicbhabertheater durchaus nichts mit Holzhacken zu tun hatte, sowar sie doch ein willkommener Anlaß zum Weiterspinnen der sonstvielleicht zu schnell beendigten Schimpferei. Inzwischen wurdenatürlich überhaupt kein Feuer angemacht, und die Hunde wurdenvergessen.Mercedes fühlte sich fortgesetzt beleidigt und gekränkt. Siewar eine hübsche, etwas rundliche kleine Person, und stets war siemit größter Zuvorkommenheit von allen Mänern behandelt worden,ober das Benehmen ihres Mannes und ihres Bruders ließen jetztmanchmal viel zu wünschen übrig. Sie hatte bislang immer ge-funden, daß es ihr gutsiand, sich etwas hilflos und unselbständigzu benebmen, aber die beiden Männer hatten jetzt wenig Sinndafür. Sie hatte schon lange aufgegeben, mit Sft» Hunden Mitleidzu haben, sondern hatte es nun mit sich selbst, und weil sie wundeund müde Füße hatte, bestand sie darauf, auf dem Schlitten zwsitzen. Diese hübsche rundliche kleine Person wog aber 120 Pfund.Wenn das an sich auch nicht viel war. so war es doch viel zu vielfür die Hunde. Charles und Hol baten sie vergeblich, abzusitzenund zu gehen. Sie weinte und schrie und rief Himmel und Erdezu Hilfe gegen solche Grausamkeit. Mit Gewalt war bei ihr auchnichts auszurichten. Einmal hatten sie es auch damit versucht undsie einfach heruntergenommen, aber zum zweiten Male taten siees nicht. Sie hatte damals ein Schüppchen gezogen wie ein un-artiges Kind und hatte sich in den Schnee gesetzt. Die beidenMänner waren ruhig weiter gefahren und glaubten, daß sie wohlzur Vernunft kommen würde. Als sie aber drei Meilen gefahrenwaren und nichts mehr von ihr zu sehen war, hatten sie denSchlitten abgeladen und waren zurückgefahren, um sie zu holen.Sie hatte noch an derselben Stelle gesessen.Ihr eigenes Leid machte sie ganz empfindungslos gegen dasihrer Hunde. Hals Theorie, die er allerdings nur bei anderenanwedete, hieß: Nur kein unnötiges Mitleid! Und diese Theorieübte er praktisch an den Hunden. Am Fünffingerfelsen wurde dasletzte Hundefutter verteilt. Zum Glück begegnete ihnen aber einaltes Jndianerweib, die sich bereit erklärte, gegen den Revolverin Hals Gürtel ihnen eine gefrorene Pferdehaut zu verkaufen.Die alte Haut, die vor einem halben Jahre vielleicht einem ver-hungerten Gaule abgezogen war, gab aber nur schlechten Ersatzfür Futter. Wenn die Hunde das harte, in Stücke gehackte Zeugverschlungen hatten, lag es ihnen schwer wie Eisen im Magen,und war es dann aufgetaut, so ballte es sich zu einer ledernen.haarigen Masse zusammen.Buck ging nur noch wie im Traume an der Spitze des elendenHundegespanues. Er zog so lange, bis er hinfiel, und erst wenndie Peitschenschläge hageldicht fielen, raffte er sich wieder auf.Sein Fell war nur noch eine schmutzige, struppige Masse; da woder Peitschenstiel gar zu hart getroffen hatte, hing das geronneneBlut. Seine Muskeln waren schlaff und knotig geworden, und jedeRippe war zu sehen. Es war zum Herzbrechen, Bucks Herz aberbrach nicht. Das hatte der Mann in der roten Jacke gestählt.Und wie Buck, so ging es auch den anderen Hunden; sie warer»wandelnde Gerippe. Sieben waren es noch im ganzen. Der»Schlag der Peitsche fühlten sie nicht mehr; nur schwach und ver»schwömmen kam ihnen der Schmerz zum Bewußtsein, gerade wiedie Außenwelt ihren Augen, und jedes Geräusch ihren Ohren. Sielebten ja kaum mehr.Und eines Tages fiel Billy, der Gutmütige, und konnke nichtmehr hochkommen. Da nahm Hal, der nun keinen Revolver mehrhatte, das Beil und schlug ihn auf den Kopf. Dann schnitt er dieStränge durch und warf ihn mitsamt seinem Sattelzeug seitwärtsin den Schnee. Buck sah es und auch die anderen, und jeder wußte,daß es ihm auch bald so gehen würde.Am nächsten Tage kam die Reihe an Krona. Jetzt waren sienur noch fünf. Der hinkende Peik, der viel zu elend war, um seinschlechtes Gemüt zu zeigen, Joß, der einäugige Solleks und Teek,der in diesem Jahre noch keine so große Fahrt gemacht hatte undnoch am frischesten war, dafür aber die meisten Prügel bekam.Buck war noch immer Leithund; halb blind von Schwäche setzte erlangsam einen Fuß vor den anderen.Es war herrliches Frühlingswettcr, aber weder Mensch noch!Tier achtete darauf. Jeden Morgen ging die Sonne früher aufund jeden Abend ging sie später unter. Schon um drei Uhr finges an zu dämmern und vor elf Uhr abends war es nie dunkel.Die Sonne schien den ganzen Tag. Das Leben rührte sich überallin der Natur; der Saft stieg in die Bäume, die Weidenknospenbrachen auf. Die Heuschrecken fingen an zu zirpen, allerhandGewürm kam aus der Erde, und in den Wäldern fing der Spechtan zu hämmern; die Eichhörnchen kletterten in den Bäumenumher, und die wilden Gänse kamen vom Süden.Von jedem Felsen tropfte es, und die Quellen fingen an zurieseln. Das Eis des Flusses krachte und hatte stellenweise schongroße Risse. Und durch all diese Frühlingsherrlichkeit kroch inbrennender Sonnenglut langsam der Schlitten mit den beidenMännern, der Frau und den Hunden, bis zu John ThorntenSLager am Ufer des Milchflusses.Als der Schlitten hielt, fielen die Hunde hin wie tot. Mer«cedes hatte ihre Tränen getrocknet und lächelte John Thornten an.Charles setzte sich auf eine Matte, ganz langsam und borsichtig,denn jedes Glied tat ihm weh. Hol führte die Unterhandlung.John Thornten arbeitete ruhig weiter an einem neuen Stiel zuseiner Axt, nur ab und zu warf er ein Wort ein oder gab einenkurzen Rat, wenn er nach etwas gefragt wurde. Viel sprach ernicht, denn er kannte diese Art Leute und wußte, daß sie doch nichttun würden, waS er ihnen riet.„Die Leute da unten hatten uns gesagt, daß man zu dieserJahreszeit nicht mehr die Bahn auf dem Fluß benutzen könnte.das Eis hielte nicht mehr, aber wie Du siehst, sind wir trotzdemhier," prahlte Hal.„Narren haben eben manchmal mehr Glück als vernünftigeLeute," meinte John Thornten ruhig.„Ich würde jedenfalls nichtfür alles Gold in Alaska wagen, jetzt noch auf dem Eise zu fahren."„Aber wir." Eigensinnig warf Hal den Kopf in den Nackenund schwang die Peitsche.„He. Buck, marsch."