307
Thornten arbeitete ruhig weifer. Wem nicht zu rafen war, Sem war auch nicht zu helfen.
Die Hunde rührten sich trok alles Burufes nicht. Sie waren fchon lange in einem Traumzustande, aus dem nur Prügel fie weden konnten. Und die Peitsche sauste ohne Unterlaß durch die Luft. John Thornten biß die Zähne aufeinander. Sollets war der erste, der auf die Füße troch; Teet folgte, und dann Joß, der dabei vor Schmerzen schrie. 8weimal fiel er wieder hin, aber schließlich blieb er doch stehen; Bud aber erhob sich nicht; er versuchte es auch gar nicht. Er lag ruhig da, wo er hingefallen war. Die Peitschenhiebe fielen unaufhörlich, aber er winselte nicht ein mal. Es war das erstemal, daß Buck den Dienst versagte, und das genügte für Hal, um ihn in helle Wut zu bringen. Jebt schlug er mit dem Peitschenstiel, aber Buck rührte fich nicht, wie dicht auch immer die Schläge fielen. So biel hatte er schon erduldet, daß er nichts mehr fühlte. Er hörte höchstens ganz dumpf ein Geräusch, wenn der Stock auf seine Knochen fiel. Aber es waren ja nicht die seinen, es war ja nicht sein Körper, der da lag.
Plötzlich stürzte John Thornten hinzu. Einen Schrei stieß er aus, der nicht aus einer Menschentehle, sondern aus der eines Raubtieres zu kommen schien. Im nächsten Augenblia taumelte Hal und fiel um wie ein gefällter Baum. Mercedes schrie, Charles zwinterte mit den kleinen wässrigen Augen, aber er stand nicht auf, denn dazu war er zu steif.
John Thornten hatte sich über Bud gebeugt. Er war freidebleich und zitterte vor Aufregung und Zorn.
" Schlägst Du den Hund noch einmal, dann schlage ich Dich Got!" stieß er endlich hervor.
„ Es ist mein Hund," rief Hal, der aufgestanden war und sich das Blut von der Nase wischte. Weg da, ich fann machen was ich will."
( Fortsetzung folgt.)]
( Nachdruck verboten.)
Die Albanesen.
Bon H. Singer.
-
Nur mit dem Mißtrauen dieser Leute hat der Fremde anfänglich zu rechnen. Sie sehen nicht recht ein, was er in ihrem Lande will, und glauben, daß er seine überlegenen Kenntnisse zur Erlangung irgendwelcher ihnen verborgener Vorteile verwenden wolle. Bur Charakteristik des Voltes seien noch einige weitere Einzel heiten angeführt. Das Wissen über die Außenwelt ist recht gering. Nach der Ansicht des Etammes Sala fizen die sieben Könige Europas" sämtlich in einer festen Burg beisammen und beraten, wie fie am besten den in Konstantinopel refidierenden allmächtigen Türkenfaiser befriegen könnten. Diese Albanesen haben eben noch nichts vom franten Manne" gehört, der den Königen Europas " längst nicht mehr gefährlich ist.
Ein
Die abergläubischen Vorstellungen der Albanesen erinnern in ihrer Abenteuerlichkeit und Düsterkeit an Anschauungen der. Papuas oder mancher Afrikaner. Die Dras find die Luft be völkernde Geister, Schußengel, schwarz und häßlich die der bösen, schön die der guten Menschen; fie find indeffen sterblich und führen durch ihren Tod auch gleich den Tod ihrer Schüßlinge herbei. gewaltiger Elementargott ist Senjt Verbd, der vor den Hagelstürmen einherzieht. Man fucht ihn bei solchen Gelegenheiten durch Gewehrschüsse zur Umfehr zu bewegen, und dasselbe Mittel wendet man an, um das bei Mondfinsternissen den Mond verfchlingende Ungetüm zu verscheuchen. Dann gibt es die des Nachts als Lichter umherstreifenden Heren( Striga), die durch Blutaussagen oder Ausfressen der Leber Menschen töten- also Vampyraberglauben. Wenn man aber von einer Frau weiß, daß fie eine Striga ist, so kann man sie auf folgende Weise unschädlich machen: Man legt sie, während sie schläft, so um, daß der Kopf dort zu liegen kommt, wo vorher die Füße liegen. Wenn man sie dann plötzlich weckt, so stirbt sie unfehlbar; denn die zum Körper zurüdfehrende Seele, die ihn während des Schlafes berlassen hatte, findet in der Eile nicht den Eingang, den Mund, und fann deshalb nicht schnell genug wieder in den Körper gelangen. Man begegnet auch wohl der Meinung, daß überhaupt jeder Mensch awei Seelen habe, eine tierische und eine intellektuelle, die den Schlafenden durch den Mund verließen.
Auf Astgabeln werden manchmal Steine gelegt, was deshalb geschehen soll, damit die Seelen der Verstorbenen bei ihrer Wande rung auf ihnen Ruhepläge finden. Die Zukunft erforscht man durch Man hält die Beobachtung des Schulterblattes eines Tieres. Schulterblätter der bei einem Mahle verzehrten Lämmer gegen das Feuer und studiert im durchfallenden Licht die hellen und dunkeln Flede. Auch das Hühnerbrustbein wird als Drafel benutzt. Eigentümlich ist das in Nordalbanien gebräuchliche Mittel, im Gebirge durch Schüsse und Rufe miteinander zu verkehren. fchieht das auf ganz unglaubliche Entfernungen. In Sala und Pulti ist das Rufen zu einem ausgebildeten System entwickelt. Man weiß dort genau, welche Häuser einen Ruf weitergeben und an wen man sich zu wenden hat, um eine Nachricht in eine entfernter liegende Niederlassung zu schiden. Wichtige Nachrichten gelangen oft in sehr kurzer Zeit viele Kilometer weit von Haus zu Haus.
Es ge
In Sala und Plani ist der Glaube berbreitet, daß es eine Schlange mit einem Zauberring um den Hals gebe, und daß der, der sich in den Besitz dieses Ringes zu setzen verstände, reich und mächtig werde. Nach der Meinung der Malzoren muß man, um einen von Schlangen gehüteten Schatz heben zu können, an Ort und Stelle einen schwarzen Hammel oder einen schwarzen Hahn opfern. Die Der fleine, in feinen abgelegenen Sigen auf ein ehrwürdiges Merturi behaupten, man müsse die Stelle, wo man den Schatz ber Alter zurüdblidende Boltsstamm der Albanefen, ein Rest der mute, zuerst abends mit Asche bestreuen und am folgenden Morgen Jayrier, bereitet der Türkei wieder einmal schwere Verlegenheiten; nachsehen, welches Tier darauf seine Fährte zurüdgelassen habe, denn fie muß große Truppenmassen aufbieten, um diese unruhigen Geifter nur fo fönne man erfahren, was für ein Opfertier der Hüterin des aufs neue ein wenig zur Ruhe zu bringen. Der Nuf der Albanesen Schages genehm sei. Ein solches Tier müsse dann getötet werden. ist im allgemeinen nicht gut, und man pflegt hauptsächlich an ihre Finde man aber eine menschliche Spur, so dürfe man nicht einmal ewigen Stammesfehden und die Sitte der Blutrache zu erinnern, bor einem Mord zurückschrecken, müßte also einen Menschen opfern. wenn man fie fura charakterisieren und die Berechtigung Der Albanese des Wilajets Soutari schließt häufig mit Schlangen jenes schlimmen Rufes dartun will. Nun find die Alba- einen Vertrag ab; er verspricht der ersten Schlange, der er im Früh nefen gewiß ein höchst wildes, auf noch sehr primitiver jahr begegnet, während des ganzen Sommers feine Schlange zu Stufe der Gefittung stehendes Bolt mit allerlei barbarischen, töten, und erhält dafür von ihr die Zusicherung, daß sie und ihre eigentümlichen Sitten, ein Anachronismus in Europa ; aber es Gippe während dieser Zeit den Herden keinen Schaden zufügen haben sich doch in den letzten Jahren die Stimmen gemehrt, die werden. eine gerechtere Berteilung von Licht und Schatten herbeizuführen bemüht gewesen sind. Hierzu find scharfe und objektive Beobachter wie Paul Träger, Karl Steinmetz, E. Liebert und Franz Baron Nopfca zu rechnen, die auf ihren Reisen durch die unbekannten Gebirgswinkel besonders Nordalbaniens mit deren verrufenen Bewohnern in enge Berührung gekommen sind und manchmal monatelang ungefährdet und bestens beschützt unter ihnen geweilt haben. Ihre überaus wichtigen Bemerkungen über Land und Volt find meist in dem verdienstlichen, von Karl Patsch in Serajewo herausgegebenen Sammelwerk Zur Kunde der Balkanhalbinsel " erschienen. Bon der Blutra che meint Liebert, sie bestehe in Albanien zwar in ihrer grausamsten Folgerichtigkeit zu recht; aber sie sei in diesem Lande, wo es an einer Leben und Eigentum verbürgenden Dbrigkeit fehle, zum Selbstschuß notwendig. Er bemerkt damn: Auch die Stammesfehden wüten in einzelnen Teilen unbarmherzig wie Menschenjagden. Hat aber damit der Fremde etwas zu tun? Ist schon je ein Fremder auch nur in der leisesten Weise davon betroffen worden? Trägt nicht gerade die Blutrache zu seiner Sicherheit bei? Und stehen den europäisch und anachronistisch erscheinenden Gewohnheiten nicht Eigenschaften zur Seite, auf die Europa und unsere Zeit stolz sein könnten? Da ist vor allem die Gastfreundschaft, die weitgehendste und selbstloseste Gastfreundschaft. Jedem, der in den Bergen war, wurde fie ohne Bitte als selbstverständlich gewährt. So oft ich nach einer anstrengenden Wanderung im einsamen Gebirge in ein Haus oder eine Hirtenhütte eintrat, stets war man darauf bedacht, für mich zu forgen; man gab mir vom Besten, was an Speise und Trant vorhanden war; man räumte mir den besten Lagerplatz ein; nie sah ich ein mürrisches Gesicht, immer umgab mich freundlichste Bereitwilligfeit. Aber nicht bloß Gastfreundschaft wurde mir gewährt. Das Haus, das ich betrat, bürgte auch für meine Sicherheit. Gewährt nun der Albanier so Weitgehendes, so hat auch der Fremde ihm das nicht zu versagen, was überall gefordert wird: Achtung vor den Landessitten. Man hüte sich, in dunkelhaftem Europäertum heimische Eigenheiten geringfchäzig zu behandeln. Nücksichtslosigkeiten empfindet auch der Albanier unangenehm, denn er besigt bei aller Rauheit ein ausgesprochenes, natürliches Taktgefühl."
So
Wie genau die Albanesen es mit der Blutra che nehmen, geht daraus hervor, daß sie sich Stammbäume von mehreren hundert Namen merken. Bei dieser Blutrache kommt die männliche Berwandtschaft bis zum achten Grade in Betracht. Auch der verfällt der Blutrache, der etwa einen auf frischer Tat ertappten Dieb tötet. Sonderbar ist ferner, daß bei den Dukadzin ein Grundeigentümer bestraft werden kann, auf dessen Hof ein Dieb verunglückt. wurde, wie Nopcsa erzählt, von der richterlichen Stamnesversamm lung der Merturi ein Mann zu einer erheblichen Geldbuße berurteilt, weil ein Dieb, der in der Nacht auf seinen Birnbaum ge stiegen war, in den im Hofe befindlichen Brunnen gefallen und so umgekommen war. Das Urteil wurde damit begründet, daß der Hausbefizer verpflichtet gewesen sei, das gemeingefährliche Brunnen loch verdeckt zu halten. Es kommen aber auch gegenteilige rechtliche Auffassungen vor.
Seine Unschuld sucht ein Angeklagter gern durch Eideshelfer zu erweisen, die allerdings nicht selten das Unglaublichste beschwören. Heiliger als der Schwur mit Eideshelfern ist aber in Sala der Schwur auf den Steinen", den freilich die katholische Kirche nicht wenige Albanesen find römisch- katholisch und auch die tür fischen Behörden nicht anerkennen: mit einem Stein auf der Schulter geht der Mann die Grenze feines Aderlandes ab, wenn es fich in