dat. Das war alles, sonst war nirgends eine Spur von dem eh«. maligen Bewohner zu finden. Als der Frühling wieder in das Land zog, fanden sie zwar nicht die gesuchte Hütte, aber in einem weiten Tale ein flaches Becken, auf dessen Grunde das reine Gold zwischen dem Sande glänzte. Nun hatte die Reise ein Ende. Jeden Tag arbeiteten die drei. und jeden Tag fanden sie Wohl tausend Dollar Wert in kleinen Goldfornchen. Sie wurden in Säcke von Elchsellen gefüllt, fünfzig Pfund in jeden. Diese stapelten sie neben dem Zelte auf, wie zu Hause das Feuerholz. Tag für Tag arbeiteten sie und die Tage flogen dahin, so schnell wie die Träume einer Nacht. Für die Hunde war nichts zu tun; höchstens halfen sie Thorn- ten bei der Beschaffung des Fleisches. Buck hatte nun wieder Zeit zum Träumen, und stundenlang konnte er am Feuer liegen. Dann erschien ihm auch wieder der kleine, kurzbeinige, behaarte Mann, und er folgte ihm in eine andere Welt. Wenn er ihn beobachtete, wie er am Feuer saß, den Kopf zwischen die Knie gedrückt, die er mit den Armen umschloß, dann sah er ihn oft im höchsten Schrecken auffahren. Er schien in be- ständiger Angst zu leben, starrte spähend in das Dunkel de? Waldes und warf dann frisches Holz auf das glimmende Feuer. Wenn er am Ufer des Sees entlang ging, wo er fischte und die Beute gleich verzehrte, so blickten seine Augen angsterfüllt nach allen Seiten, als ob er stets bereit sei, zu flüchten. Geräuschlos kroch er durch den Wald dahin, und Buck immer dicht hinter ihm; stets waren sie auf der Hut, stets wachsam auf jedes Geräusch und auf. merksam auf jeden Geruch. Der haarige Mensch konnte so scharf hören und riechen wie der Hund. Er konnte auch auf die Baume springen und sich von Zweig zu Zweig, von Baum zu Baum schwingen; niemals fiel er, niemals tat er einen falschen Griff. Er war sogar geschickter in den Bäumen, als auf dem Boden, und Buck erinnerte sich an Rächte, wo er am Stamme eines mächtigen Baumes lag und wachte, während der haarige Mann oben im Baume hing und schlief. Ganz frei hing er da und auch im Schlaf fiel er nicht herunter. .(Fortsetzung folgt.h Vie Pantomime. Eine große, den Abend ausfüllende Pantomime wurde am Sonntag in den Kammerspielen des Deutschen Theaters aufgeführt; von einem Hintergrunde szenischer Pracht, wie sie Rem- Hardts Regie so meisterhaft hinzuzaubern vermag, hob sich die mimische Gewalt der Schauspieler, nicht von dem Wort, nur von der Musik unterstützt, in ihrer reinen und erschütternden Wir- kung ab. Es ist erklärlich, daß gerade die raffinierte Steigerung der Bühnenwirkung, die im Berliner Deutschen Theater gepflegt wird, nach der Pantomime hindrängt, denn diele Form schau. spielerischen Ausdrucks bedeutet Anfang und Ende aller mimi- schen Darstellung, aller Reproduktion menschlicher Gefühle, stellt zugleich die primitivste und verfeinertste Stufe des Dramas dar. Wundt hat in seiner Völkerpsychologie alle mimische Betäti- gung des Menschen als eine Weiterbildung jener Ausdrucks- bewegungen bezeichnet, die im Mienenspiel des Gesichts die allge- meine Gefühlsrichtung und in den instinktiven Bewegungen und Gebärden die Verstellungsinhalte der Leidenschaften wieder- spiegeln. So entwickeln sich bei den primitiven Völkern mimische Tänze, in denen bestimmte Handlungen nachgeahmt und bestimmte Wesen als handelnd eingeführt werden. Das intensive Miterleben einzelner bedeutender Borgänge, z. B. von Krieg und Jagd, for- dert zu einer nachahmenden Tätigkeit heraus, die auch schon bei den Ausdrucksbewegungen und bei den aus ihnen sich entwickelnden Gebärden die entscheidende Rolle spielt. In solch mimischen Vor- stellungen, wie sie sich bei den Papuas so gut wie bei den EskimoS, bei fast allen primitiven Rallen finden, werden die wichtigsten Bor- gänge d«S Lebens, Liebe und Krieg, Säen und Ernten, durch Ge- bärden ausgedrückt, und damit find bereits die Keime einer dra- malischen Wiedergabe des Daseins durch die Pantomime gegeben. Besonder? wichtig find die Tierpantomimen, z. B. ein Froschtanz mit Ouakbegleitung, die Nachahmung des Känguruhsprunges bei den Australiern, die Schilderung ganzer Szenen aus dem Leben der Tiere. Tritt zu dieser Pantomime das gesprochene Wort, dann ist die Geburt des Dramas vollzogen, wie wir an der EntWicke- lung des griechischen Bocksreigens zur Tragödie verfolgen können. Die Tierpantomime ist bei den Griechen auch noch in einer Zeit hochentwickelter Kultur gepflegt worden. Die Darsteller hüllten sich in MaSken und Felle und ahmten die Bewegung deS Löwen, des Fuchses, der Nachtcule täuschend nach. Das war aber nur ein kleiner Scherz in der reich ausgebildeten, in mannig- fachen Formen sich auslebenden pantomimischen Kunst der Gric- chen, der Orchestik. Das orchestikche Spiel, das aus rhyythmisch zur Musik ausgeführten Bewegungen des Kopfes, der Hände und des Körpers bestand, wurde im Theater und auf Marktplätzen ausgeführt, aber auch bei Festen aller Art, Hochzeiten und Gelagen. Schon bei Homer hören wir von dem mimischen Reigentanz der Jünglinge am Hofe des Alkinoo» und von den orchestischen Spielen der Freier im Hause des Odysseus . Die Pantomimen wurden teils völlig nackt ausgeführt, damit die Anmut der Körperformen, da» reizende Spiel der Muskeln bewundert weiden könnte, teils wurden Masken und Kostüme verwendet. Die Vor« führung einer Pantomime war dem Athener und noch mehr dem Lakonier oder Shrakusaner ein gern geübtes Mittel gesellige» Unterhaltung. Als Solokcherze waren z. B. beliebt: die Schilde- rnng eines leichten Dämchens, das ihr« Verführungskünste an einem Gimpel ausübt, dann die tolle Wüstheit eines betrunkenen Bauern, die klapperige Drolligkeit eines gebückten Alten, die mimisch erzählte Geschichte eines Jungen, der beim Bäcker Kuchen stiehlt und ertappt wird. Eine von Jünglingen und Mädchen ge- meinsam ausgeführte Pantomime war die„Halskette", bei der im anmutigen Wechsel der Glieder die Knaben mit stolzem Krieger» schritt den mit weicher, sanfter Zartheit hintänzelnden Jung» frauen die Hände reichten. Aber alle diese anmutigen Spiele waren mehr eine dilettantische Fertigkeit, die wohl einzelne mit höchster Virtuosität übten, denn eine wirklich durchgebildete Kunst« Die Bollendung und Blütezeit der Pantomime brachte erst die römische Kaiserzeit. Wohl war auch im griechischen Drama die pantomimische Aktion ein wichtiges Darsi«llungsmittel gewesen; nun wurde aver unter Augustus das Wort völlig aufgegeben und die Musik nur als Begleitung und Resonanz der Gebärde geduldet. Die Texte dieser Pantomimen, die von Chören hinter der Szene gesungen und von einem rauschenden Orchester begleitet wurden, enthielten wirksame Szene aus den nun ganz absterbenden alten Tragödien; alle diese dramatischen Solos stellte der eine Pantomime allein dar, so daß er abwechselnd als Mann und Weib, jetzt als Jupiter und dann als Semel«. erst als König und dann als Soldat, als Greis und Jüngling austrat,„so daß man glaubte, daß er Viele Personen enthalte". In wildtragischen Berzweiflungsszenen, in leidenschaftlich finnlichen Liebesgeschichten entfaltete er seine vir» tuose Kunst, er mußte durch sein Spiel dem Zuschauer auch die anderen Personen des Stückes vor die Seele zaubern, bei der Darstellung des an den Felsen geschmiedeten Prometheus auch den Vulkan andeuten, durfte in der Verlebendigung des ZeuS die Huldgestakt des Ganymed nicht vergeflen. Nicht einnial Statisten wurden verwendet, um Nebenpersonen vorzustellen. Ganz allein herrscht der Künstler auf der Bühne und wahrlich, das Unmögliche gelang seiner bis ins Ungcmessene gesteigerten Ausdrucksfähigkeit. Die Sprache der Hände, noch heute bei dem Südländer diel beredsamer und lebendiger als bei uns, muß im Altertum an ollgemein verständlichen Gesten sehr reich gewesen sein; jede Ber- änderung der Handhaltung, jede Nuance in der Stellung der Finger hatte einen Sinn, drückte einen genau bestimmten Inhalt aus. Dazu kamen die Biegungen, Wendungen und Drehungen« die Sprünge und Akrobatenstücke, die der Pantomime mit seinen» Körper ausführte. Aeußerlich charakterifiierende Gebärden wurden jedoch von guten Künstlern verschmäht; eS galt für plump, etwa Krankheit durch die Geste des Pulsfühlens oder das Zitherspiel durch die des Saitenschlagens zu versinnbildlichen. Eine sehr feine und höchst komplizierte Tradition der Gebärdensprache schrieb dem Künstler die Formen des plastischen Ausdrucks genau vor. So weit wurde die Naturwahrheit getrieben, daß der Lehrer Pylades mit seinem Schüler Hylas unzufrieden war, weil seine Bewegungen bei der Darstellung des blinden Oedipus die eines Sehenden waren. Vom sinnlichen Reiz der wechselnden Maske, vor» der Pracht eines bis ins Kleinste berechneten Kostüms begünfttgt. erschien der Pantomime wirklich wie der verwandlungsreiche Proteus, von dem der skeptische Lukian behauptete, er habe nur durch seine pantomimischen Künste sich in jede Figur verwandeln können und so alle die von der Sage berichteten Wunder voll» bracht. Seine Ausbildung erhielt dieser darstellende Tanz durch den Chlicier Pylades und den Alexandriner BathhlluS, die in leiden» schaftlicher Gegnerschaft ihre Kunst entfalteten und sogar politische Streitigkeiten entfesselten. Ueberhaupt wurde die Leidenschaft für die Pantomimen, besonders bei den Frauen,„direkt eine Krank» heit", wie Seneca sagt. Die Pantomimen waren die verhätschelten Lieblinge der Kaiser und der höchsten Gesellschaft. Ein wahrer Rausch und Taumel der Entzückung riß das Publikum diese» dekadenten, der Vernichtung entgegengehenden Zeitalters hin. Mit dem römischen Weltreich sank auch die Pantomime in? Grab. Während des ganzen Mittelalters und der Renaissance hat sie sich nicht frei und selbständig entwickeln können. Wohl übten die fahrenden Spielleute und Sänger der Ritterzeit auch panto» mimische Künste, unterstützten die Anschaulidsteit ihrer epischen Vorträge durch körperliche Jllustrierung, durch reiche Gebärdensprache und Mienenspiel. Die lustige Person des Dramas übernahm von ihnen die Tradition plastischer Darstellung. Besonders in der Steg» reiflomödie der Italiener lebte die alte pantomimische Begabung wieder auf; Harlekin machte seine handfesten, derb anschaulichen Späze, die Lazzi , die eine nicht mißzuverstehende Fülle prägnanter Gesten begleitete. Doch die eigentliche Pantomime entfaltete sich erst wieder in der Kultur des Rvkkoko» die in ihrer Ueb-erreife manche Achnlichkeit mit der des ersten christlichen Jahrhunderts hatte. Der Tänzerin Marie Salle gebührt der Ruhm, die Panw» mime, die bis dahin mit Ballett und Oper vermischt gewesen war, zuerst in ihrer rein künstlerischen Form durchgefiihrt zu hoben. Sie emanzipiert sich von der feststehenden Gebundenheit der Tanzschritte, läßt sich ihre Gebärden und Beivegungen nur durch die Leidenschaft diktieren, die die dargestellte Handlung io ihr hervorruft; sie wagt
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27 (26.4.1910) 80
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