toten hatte, wurde er Bericht über den Verlauf durch einen der vielen um den Zirkus herumstreifenden Jungen senden. Tns Stiergefecht gestaltete sich zu einem rauschenden Er- folg für Gallardo. Als er in den Ning eintrat und den Bei- fall der Menge hörte, glaufite er, noch höher gewachsen zu sein. Er kannte den Boden, den er betrat, er war mit ihm vertraut. Der Sand der Arenen übte auf seinen abergläubi- scheu Sinn einen gewissen Einfluß aus. Er dachte an die weiten Zirkusse von Valencia und Barcelona mit ihrem weiß- lichen Grund; an den dunklen Sand der im Norden gelege- nen Plazas, und an die rote Tönung des Sandes im Zirkus von Madrid . Der Sand von Sevilla war von dem der andern so ganz verschieden; es war Sand aus dem Guadal- quivir, von hellgelber Farbe. Wenn djes� Sand vom Blute der verwundeten Pferde und Stiere benetzt wurde, dachte Gallardo an die Farben der Landesfahne, derselben, die auf dem Zirkusdache flatterte. Die verschiedene Bauart der Zirkusse beeinflußte eben- falls die von dem schnellen Wechsel der Eindrücke unruhig aufgeregte Einbildungskraft der Stierfechters. Sie datierten aus verschiedenen Epochen; einige waren im römischen, andere im maurischen Stil aufgeführt und zeigten die Oede der modernen Kirchenbauten, an denen alles zier- und farblos, leer und kalt erscheint. Der Zirkus von Sevilla aber war die Kathedrale mit reicher Ornamentik, voll stolzer und alter Erinnerungen. Sein Haupteingang stammte aus dem Jahr- hundert der gepuderten Perücken, und seinen ockergelben Boden hatten die berühmtesten Kampfeshelden betreten, von denen die Geschichte berichtet. Dort waren die glorreichen Erfinder der schwierigen Kampfweisen, die Vervollkommner der Kunst, die gediegenen Gründer der Schule von Ronda mit ihrer ruhigen und geregelten Art, die lebhaften und fröhlichen Meister der Schule von Sevilla mit ihren graziösen Spielen und Bewegungen, die den Zuschauer hinreißen, auf- getreten... und dort fühlte auch er an diesem Nachmittag, berauscht vom Beifall, von der Sonne, vom Lärm und vom Anblick eines weißen Schleiers und einer über dem Logenrand lehnenden blauen Büste sich der größten Wagnisse fähig. lgortsetzung folgt.? Städtebau. Ausstellung in der Charlottenburger Hochschule. H. Auch der Gestaltung der Friedhöfe und Urnenhallcn wendet man jetzt mehr Aufmerksamkeit zu. Hier herrscht noch immer der Schematismus greulichster Observanz. Grab an Grab nach dem Lineal ausgerichtet. Hamburg und Müncden stehen hier in erster Reihe. Ihre Friedhöfe haben den stillen Reiz der alte» Friedhöfe, die man noch in Dörfern findet. Die Natur ist hier fein einbezogen; trau- liche Gänge, hängende Bäume, bunte Beete, dazwischen geschmack- volle, einfache Steine; auch Brunnen und Plastiken von schöner. intimer Wirkung. So ist das Ganze eine Stätte schöner Ruhe, dem die Natur einen stimmungsvollen Nahmen verleiht und nicht ein Dokument bureaukratischer Gleichmäßigkeit. In gleicher Weise beginnt man jetzt von dem Knsernienings- Prinzip der Krankenhäuser Abstand zu nehmen. Berlin steht da wohl in erster Linie. Die Anlage der Krankenhäuser in Buch, Nixdorf lassen nichts mehr von der üblichen, öden Traurigkeit sehen. Kleine Häuser, dazwischen Gärten, lauschige Wege. Ruhebänke, so gleicht das Ganze mehr einem intimen Stadtteil; es verschönt da« Bild der Stadt und dient zugleich dem Zweck, den Kranken zu er- freuen. Ueberall wird jetzt das Problem der Gartenstadt erörtert. Modelle wie daS der Gartenstadt Hellcrau bei Dresden , der Garten- stadt Frohnau werden auf alle die, die sich im Häusermeer nach schönem Wohnen, nach Berührung mit der Natur sehnen, Eindruck machen. Fast jede Stadt, kann man sagen, hat jetzt ihre Garten- ftädte in der Umgebung. Aber wer errichtet fie? Terraingesell- schaften. Diese Lösungen, so reizvoll sie sein möge»., loinmen aber nur für die Bevorzugten in Betracht. Das Ideal und das Ziel ist aber, daß alle so wohnen. Diese kleinen Häuschen, die so traulich im Grünen liegen, und ringsherum schöne Plätze, schattige Alleen man denkt gar'nicht, daß da in der Nähe die ungeheure Großstadt lauert. Aber solch' umfastendes Programm könnte nur durchgeführt werden, wenn eine großzügige Geneindepolitik damit Hand in Hand ginge. Aber wo ist der Magistrat, der dazu den Mut hätte? Ulm und teilweise Frankfurt a. M. haben etwas gewagt auf diesem Ge- biete; sie haben die Bebauung in eigene Regie genommen und so ist Ulm die Stadt, wo man am billigsten und schönsten wohnt. Ein spezielles Kapitel dieser Art find die Arbeiter» wohnunge n.*) Hier ist durch Zusammenschluß die Möglichkeit geboten, sich Lorteile erheblicher Art Zil verschaffen. Zweifellos liegt hierin eine große Zukunft und hervorragende Architekten haben sich diesem Problem gewidmet. Man steht da ganz wundervolle Schöpfungen; mit kleinen Mitteln ist etwas Vorbildliches entstanden. Wiederkehrende Typen der Häuschen ermöglichen eine wesentliche Verbilligung; trotzdem steht das Ganze sehr abwechselungsreich aus, da durch eingestreute größere Häuser, durch verschiedene Gruppierung die Monotonie vermieden ist. Die Traulichkeit des Dorfes ist hier mit modernen Mitteln nachgeschaffen. Auch im Innern ist alle? praktisch und schön gestaltet. Neben den Anlagen, die von den Fabrikinhabern geschaffen sind, zeigen die genossenschaftlichen, die sich selbst erhalten, was Zusammenwirken vermag. Von gesundem Wohnen geht alle Kultur aus. DaS haben die Engländer be- griffen, die sowohl in der Schaffung der Gartenstädte wie der Arbeiterwohnung vorangegangen sind. Ihre Ausstellung bildet einen Glanzpunkt der Veranstaltung. Diese Häuschen sind schlechthin einzig in ihrer praktischen Schönheit; zugleich repräsentieren fie einen ganz neuen Typus einer zugleich sachlichen und doch intimen Architektur. Wenn wir von hier noch einmal zur Stadt und ihrer Innen- gestaltung zurückkehren, so kommen wir noch auf die Anlage und Führung der Straßen zu sprechen Wir kennen die Schönheit alter Gasten in Dörfern und winkligen Städten. Dann kam die Großstadt und aus war es mit dem Zauber der Intimität. Lange, mit dem Lineal abgezirkelte Straßen kamen, an denen die Kasernen- Häuser aufgereiht standen, eine Straße wie die andere. In der Gegenwart verabscheut man erfreulicherweise dieses uniforme Regi- ment wieder. Man will wie überall in der Baukimst das Alte, das man nun bester versteht, seinem Geiste nach erneuen. Man wagt es wieder, die Straßenflucht gefällig zu gestalten; man scheut sich nicht. von dem Lineal abzugehen, die Straßen biegen fich wieder. So werden reizvolle Winkel gebildet. Man hat auch gelernt, von der öden, unnützen Breite abzugehen; man unterscheidet zwischen Verkehrs- und Wohn- strotzen; diese werden schmaler angelegt, jene breiter, so daß auch hier Abwechselung geschaffen ist. Und da man nun noch an das Hau? und feine Gestaltung sich heranwagt, die Fassade ruhig und einfach und gerade dadurch schön baut, bilden fich Straßenzüge von ganz moderner, neuartiger Prägung, die ungemein wohltuend auf das Auge wirken. Sehr lehrreich sind in dieser Beziehung die Photographien, die die Münchener Bauämter schickten und die in jeder städtischen Baubehörde hängen sollten, wo in Beispielen und Gegenbeispielen gezeigt ist, wie unsere Altvorderen schön bauten, wie wir häßlich bauten, roh, uniform, ohne Sinn für Wirkung im Einzelnen und im Ganzen, wodurch unsere Städte so trist und öde wurden, und wie unsere Gegenwart anfängt, den alten Vorbildern ?u folgen und gleichzeitig Neues zu geben. Man erschrickt ordent- ich, sieht man die Beispiele aus unseren Städten. Dennoch find diese öden Straßen, zu denen die vorgetäuschte Stilfastade der Mietskasernen geradezu grotesk kontrastiert, Wirklichkeir, ist doch eigentlich jede Straße bei uns so. Selbst da, wo es Heimats- tradilion im Bauen.'gab, in Süddeutschland , in Westdeutschland, im Gebirge, an der See, triumphierte das Lineal. Aber gerade hier regt sich jetzt das baukünstlerische Gewissen, man erstaunt, daß es nur geringfügiger Aende- rungen bedarf, wie das Bogenbeispiel zeigt, um das Straßen» bild plötzlich schön erscheinen zu lassen, und von hier gehen be» fruchtende Anregungen aus, so daß man zu hoffen beginnt, daß'auch einmal unsere Städte von einer gesunden und reifen Wohnkultur erzählen werden. Man kann vielleicht auf das Werden der alten Städte hin- weisen und sagen, daß so. wie fie entstanden, unregelmäßig, ohne genaue Berechnung der Wirkungen im Einzelnen und im Ganzen, auch unseren modernen Städten in ihrer EntWickelung Freiheit ge­lassen werden müsse. Aber unsere Zeit ist eine andere. Die An- forderungen hygienischer, baupolizeilicher Art, die Fragen der Rentabilität und manches andere, was gar nicht im Wesen der Bau- kunst liegt, sind so gewachsen und haben fich so vermannigfaltigt, daß ein Vergleich mit früher kaum noch möglich ist. Man kann nicht da? eine annehmen und das andere lasten, man muß eine jede Zeit in Bausch und Bogen hinnehmen oder man mutz den Vergleich unterlassen. Was herauskommt, wenn der Zufall regiert, davon haben wir allenthalben genügend Beispiele. Dagegen wendet sich gerade in der Hauptsache solche Aus- stellung. Solange die Verhältnisse primitiv sind, mag die Entstehung nach und nach, wie der Zufall es fügt, gerechtfertigt sein. Sobald aber die Anforderungen so kompliziert>sind wie in der Gegenwart. wo alle Versuche letzten Endes oft an der Spekulationswut beute- gieriger Unternehmer scheitern, muß Ueberlegung dem Zufall gerade entgegenarbeiten; sonst bleibt alles im Stadium der Unvollständig- keilen und nie greifen die Einzelheiten zu einem Ganzen zusammen. Diese Tendenz bemerken wir auf allen Gebieten: aus dem Zufalls» walten zur disziplinierten Auswahl, zur Kritik. Das Zwischen- stadium, in dem wir uns jetzt befinden, ist das unerquicklichste; da *) Unser Referent betrachtet hier ausschließlich die ästhetische Seite der Arbeiterhäuser. Wir brauchen nicht besonders zu betonen, daß die vom Unternehmer gebauten und dauernd beherrschten Arbeiterhäuser sozial und polittsch ein Unterdrückungsmittel fein können und vielfach auch fem sollen. Die Red.