kam er mit Weibern in Verkeh't und wohnte ausgelassenen Festlichkeiten bei, die ihm zu Ehren veranstaltet waren. Er kam von diesen Festen stets mit vom Weine trüben Gedanken zurück und in einer wilden Verfassung, die ihn ungesellig machte. Er fühlte die grausame Begierde, Weiber zu miß- handeln, und einen unwiderstehlichen Drang, für die Quäle- xeien der Einen sich an anderen ihres Geschlechts zu rächen. Es gab Augenblicke, in denen es ihm ein Bedürfnis war, seine trüben Gedanken dem Nacional mitzuteilen, um sich zu erleichtern. Außerdem flößte ihm der Banderillero, fern von Sevilla , eine größere Zuneigung, gleichsam eine zurück- strahlende Zärtlichkeit ein. Sebastian kannte sein Verhält­nis zu Donna Sol, er hatte sie, wenn auch nur von weitem, gesehen, und sie hatte oft gelacht, wenn sie von seinen Schrullen hatte erzählen hören.. Der Banderillero nahm die vertraulichen Mitteilungen des Maestros mit einer Geberde ernsten Bedenkens auf. Was Du zu tun hast, Juan, ist, diese Dame dem Ver- gessen anHeim zu geben. Bedenke, daß der häusliche Friede mehr als alles andere wert ist, für uns, die in der Welt uniherziehen und der Gefahr ausgesetzt sind, zu allem un- fähig, nach Haus zurückzukehren. Bedenke, daß Carmen mehr weiß, als Du Dir einbildest. Sie hat von allem Kenntnis, zweifle nicht daran. Auch mir gegenüber hat sie indirekt Deine Beziehungen zur Nichte des Marquis erwähnt... die Ärmel Es ist eine Schande, ihr Kummer zu machen!.. Sie hat auch ihren Kopf, und wenn sie einmal im Zuge ist. wird sie Euch Unannehmlichkeiten machen." Allein Gallardo, dem Bereich seiner Familie entrückt und in seinen Gedanken von der Erinnerung an Donna Sol er- füllt, schien die Gefahren, von denen ihm der Nacional sprach, nicht zu begreifen und zuckte über dessen sentimentale Vor- stellungen die Achseln. Es war ihm ein Bedürfnis, seine Er- innerungen zu bekunden, und mit der Schamlosigkeit des sieg- haften Liebhabers, der in seinem Glück beneidet fein will, den Freund zum Vertrauten vergangener Wonne zu machen. l{fortsetzt! tiz folgt.Z Die flucht Joachims I. vor dem(Weltuntergang. Treibt die Furcht vor dem Zusammenstoß des Halleyschen Kometen mit unserer Erde im 20. Jahrhundert kaum noch in den am wenigsten aufgeklärten Schichten ihr Unwesen, so war bekanntlich früher der mit der Astrologie zusammenhängende Aberglaube auch in den höchststehenden außerordentlich mächtig. Aber das Ereignis, das wir hier nach einer alten Chronik erzählen wollen, dürfte denn doch einzig dastehen. Der Held unserer Ge- schichte ist der brandenburgische Kursürst Joachim I. Nestor , der von 14391535 regierte und wie schon sein Name besagt von seinen Zeitgenossen wegen seiner angeblichen Zuneigung zu den Wissen- schaften gerühmt wurde. ES ist übrigens auch derselbe, der sich durch seine Strenge dem wegelagernden märkischen Adel gegenüber be- kannt gemacht hat, und an besten Tür im Berliner Schloß der Junker von Otterstedt die so oft angeführten Schmähworte mit Kreide schrieb: Joachimken, Joachimken, hüte dy I Wo wy dy kriegen, da henken wy dh l Und dieser selbe Fürst entfloh eines Tages, weil ihm eine böse Konstellation der Gestune furchtbaren Schrecken einjagte, mit seinem ganzen Hofstaat aus seinem Berliner Schloß auf den Kreuzberg , der rhn alsBerg ' vor der drohenden Sintflut retten sollte. Doch hören wir. was unö von dem unerhörten vor- kommnis berichtet wird: Dem Zuge der Zeit folgend, hatte Joachim sich mit Eifer dem Studium der Astrologie ge« Widmet und im Schloste. dort, wo sich setzt der sogenannte grüne Hut erhebt, eine Art Sternwarte einrichten lasten, von wo aus er häufig bis zum Morgen unter Anleitung seines LieblingS- sterndeuters Carion den Himmel beobachtete. Nun hatte im Jahre 1518 der berühmte Astrologe Stöffler geweissagt, daß im Fe- druar 1524 eine große Sintflut die ganze Erde zerstören werde. Eine Kunjunktion des Saturn. Jupiter und Mars im Zeichen der Fische trete dann ein, und das bedeute zweifellos eine ungeheuere Wasserflut. Da auch andere Astrologen diese Prophezeiung bestätigten, geriet ganz Europa in Schrecken und Verzweiflung. Viele verkauften ihrr Hab und Gut, man baute große Archen. Andere wieder vergeudeten alles, was sie besaßen. Aber der gefürchtete Monat erschien und die 5 Prophezeiung erwies sich al» trügerisch. Den Menschen sank ein chwerer Stein von der Brust. Anders Kurfürst Joachim, denn dicicr hatte vorder gewußt, daß die furchtbare Gefahr erst am 15. Juli 1525 zu erwarten sei. Carion hatte genau berechnet, daß Stöffler sich im Datum geirrt habe, und tueseS dem Kurfürsten heimlich mitgeteilt. Erst letzterer Termin sei der unglückbringende Tag, der durch eine Sintflut alles, auch die Städte Berlm und Cölln, zerstören würde. Der Tag brach klar und heiter an. Nirgends eine Wolke am tiefblauen Himmel, kein Vorzeichen, daß die Vorhersagung eintreffen würde. Der Mittag nahte, glühende Hitze herrschte, der Himmel hatte eine fahle, gelblichgraue Farbe angenommen und am Horizont stieg ein schwarzer Wolkensaum auf. Im kurfürstlichen Schloß zu Cölln begann die Dienerschaft sich zu regen. Die Hofequipagen wurden in größter Eile angeschirrt. auf den Treppen und Gängen liefen Trabanten, Hofherren und Dienerschaft eilig durcheinander. Auf allen Gesichtern prägte sich die Angst vor nahendem Unheil aus, Joachim selbst ging mit verstörter Miene schwankenden Schrittes in seinen Gemächern auf und nieder. Er hatte noch einmal seinen Carion befragt, noch einmal die Be- stütigung des kommenden Unglücks gehört, die Sterne konnten ja nicht trügen. Die Hitze war kauin mehr zu ertragen, dumpsS Gewitterschwüle lag über Berlin und Cöln. Höher und höher hob sich die Wollenwand, schon bedeckte sie einen Teil des Himmels, und ferne Blitze zuckten. Da öffneten sich die Schloß« tore, der Kurfürst, seine Gemahlin und die fürstlichen Kinder fuhren im vierspännigen Wagen über den Schloßplatz, neben dem Wagen ritten die vornehmsten Räte und Offiziere. Im scharfen Trab, so schnell die Pferde laufen konnten, flüchteten die Geängstigten aus dem gefährdeten Cölln. Die Hofdienerschaft folgte zu Pferde oder zu Fuß; beladen mit dem kostbarsten Eigentum. Nach dem Kreuzberg ging der Zug der Wagen, Reiter und Fuß« gänger, dort auf dem Gipfel der Anhöhe suchte Joachim Schutz vor der drohenden Sintflut. Stunden vergingen und wieder Stunden. Der Kurfürst saß mit seinen Getreuen auf dem Kreuzberg und schaute bald nieder auf die Städte zu seinen Füßen, bald hinauf nach den schwarzen Wetterwollen, die immer drohender am Himmel heraufzogen. Ein anderes Wetter, das sich unter ihm zusammenzog, sah er nicht. Den Bürgern von Berlin und Cölln war die Prophezeiung CarionS nicht mitgeteilt worden und dennoch wußten sie von ihr. Einige verlachten die Gefahr, andere standen mit bleichen Gesichtern vor den Türen und schalten entrüstet den Kurfürsten, der den Weg zum Kreuzberg durch seine Trabanten hatte absperren lassen, der sich selbst retten wollte vor der Gefahr, die das Volk von Berlin und Cölln bedrohte. Schon war der Himmel mit Wolken dicht bedeckt, in jedem Augenblicke drohte sich daS Unwetter zu ent« laden, da brach plötzlich die Sonne wieder hervor, die Wolken teilten sich. War die Gefahr vorüber? Joachim glaubte es nicht, er war zu sehr von der Untrüglichkeit seines Carion überzeugt, aber während er vom Berg auf die dem Untergang geweihten Städte herabschaute, begann er sich seiner Furcht zu schämen, und als seine Gemahlin Elisabeth ihn dringend bat, nach dem Schloß zurückzukehren, dort mit seinem Volke auszuharren und mit diesem das Geschick zu teilen, das Gott senden möge, da ermannte er sich und gab Befehl, die Wagen wieder anzuspannen. Er kehrte nach Cölln zurück. Nicht mit freudigem Gruß, sondern mit finsteren Blicken wurde er empfangen, als er schnell durch die Gertraudtcn- und Breite Straße fuhr. Schon war er auf dem Schloßplatz angelangt, schon wollten die vier schnaubenden Rosse ins Burgtor einbiegen, da öffneten sich plötzlich die Wolken, die sich wieder zusammengezogen hatten, ein Blitzstrahl schoß hernieder und der Donner krachte, als bräche das mächtige Schloß in sich zusammen. Joachim war betäubt, geblendet. Als er durch den rauschenden, jetzt in Strömen herabfallenden Regen wieder ins Bewußtsein ge« rufen wurde, stand der Wagen still. Er sprang heraus; vor ihm lag die vom Blitz herabgeschleuderte Leiche deS Wagenknechtes. Luch die vier Pferde waren erschlagen. Sunsten sagt Hafliz, der uns dieses Ereignis erzählt hat das Wetter keinen Schaden mehr getan. P. B. Selbstverwaltung in der Schule« Die Entwicklung der Volksschule bewegt sich auf der Linie. die die Entwicklung des modernen Staates gezeichnet hat. Ge» boren aus den materiellen Bedürfnisten der im Aufschwung be- griffenen bürgerlichen Klasse, verwandelte sie sich in den Händen der staatlichen Machthaber bald zu einem wertvollen politischen Instrument. Der Staat brauchte die Schule; ohne sie hätte er niemals die moderne Verwaltung schaffen können, die an die Mitarbeit breiter Volksschichten so hohe Anforderungen stellt, niemals das moderne Heer zu schaffen vermocht, dessen Organisa- tion ein gewisses Maß von Schulung und Disziplinierung voraus» setzt. Auch das kapitalistische Unternehmertum, das in industriellen Großbetrieben auf das planvolle Zusammenwirken qualifizierter Arbeitskräfte angewiesen ist, hatte am Ausbau und der staatlichen Handhabung des Schulwesens hohes Interesse. So ist der Staat als höchste, umfassendste, jeder anderen übergeordnete Organisation Herr über die Schule geworden. Jede Wandlung im Charakter deS Staates prägt sich in der Verfassung des Schulwesens aus. Solange die aufgeklärten Des»