®a8 ist in großen Umrissen die bon Dr. Nüchter vorgeschlagene Organisation der Selbstverwaltung auf dem Gebiete der Schul- erziehung. Sie erhebt nicht den Anspruch, in allen Stücken einwand- frei und mustergültig zu sein, so daß sie einer Verbesserung nicht noch fähig wäre. Sie ist nur ein Versuch, eine Anregung, ein erstes Beginnen. Aber sie ist durchweht vom Geiste der Demo- Zratie, von dem frischen Hauche der freien Selbstbestimmung und geht auf in der schönen Aufgabe: dem Lehrer die Schaffenslust, das eigene pädagogische Denken, die Lust zu pädagogischer Er- fahrung wiederzugeben und dauernd zu sichern, ihn vor innerer Verknöcherung zu bewahren und vor dem Stumpfsinn des Schul- meistertums zu retten. Ein edles Streben, das gerade in diesen Tagen, da deutsche Lehrer diese brennende Frage wieder einmal diskutieren, beachtet und gewürdigt zu werden verdient. Ob im Rahmen der gegenwärtigen Staats- und Herrschaftsver- Verhältnisse ernstlich an eine Verwirklichung des Nüch- terschen Ideals zu denken ist, das ist freilich eine andere Frage. O. R- Kleines fanlUton. Wunder japanischer Gartenkunst. Die fast märchenhaften Erfolge der japanischen Gartenbaukünstler haben seit jeher die Bewunderung der Europäer erregt, aber nie ist es gelungen, die Mittel und Wege zu erfahren, durch die die Mustergärtner des Ostens ihre Wunder erreichen. Was die Kunst der Gärtner Japans  erreicht, davon erzählt eine englische Wochenschrift allerlei Jnter- essantcs. Die Japaner sind wahre Meister in dem Umsetzen von großen Bäumen. Das Alter der Bäume und ihr Umfang scheint bei ihnen gar keine Nolle zu spielen. Mit der gleichen Sicherheit, mit der junge Pflanzen umgesetzt werden, versetzen sie alte Wald- riefen von einem Ort an den anderen, und daß dabei ein Baum eingeht, gehört zu den auffälligen Seltenheiten: Nach zwei, höchstens drei Jahren sorgsamer Behandlung hat der Baumriese alle Folgen desUnizuges" überwunden. Allem Anschein nach liegt das Ge- heimnis dieser Erfolge in einer besonderen Art der Wurzel- bchandlung. Verblüffend für den Europäer sind die erstaunlichen Vergrößerungen von Blumen und Blüten, die der japanische Gärtner leicht zu erreichen weiß. Die Pflaumen- und Kirsch- bäume werden in Japan   nicht der Früchte wegen gezogen: ihr Zweck und ihr Ziel ist die lichte Herrlichkeit der Blüten. Durch eine besondere Behandlung werden diese Obstblüten bis zu dem Umfang von Rosen vergrößert. Man hat Pflaumenblüten gesehen, die sogar viermal so groß wie unsere gewöhnlichen Heckenrosen waren. Aber die Kunst des Gärtners erstreckt sich nicht nur auf die Blüte, auch der ganze Baum wird durch künstliche EntWickelung zu Größen gebracht, die den Fremden immer wieder von neuem staunen machen. Man hat Kirschen- und Pflaumenbäume gezüchtet, die eine so mächtig ausladende Astentwickelnng zeigten, daß ihr Um- fang 80 Meter und mehr maß. Solch ein Kirschbaum wird zu einer weiten Laubhütte, unter der das Laubdach durch Bambusstäbe ge- stützt werden muß, um nicht durch die eigene Schwere zur Erde zurückzusinken. Aber noch höhere Wunder werden auf dem Ge- biete der Verkleinerung hervorgebracht. Die Züchtung von Miniaturbäumen, bon wahren Liliputwäldcrn ist das größte Ge- heimnis der japanischen Görtnerkunst. In ihr verkörpert sich daS Ergebnis jahrhundertelanger, mühsam gesammelter Ersah- rungcn. Heute ist der japanische Gärtner imstande, völlig aus- gewachsene, regelrechte Bäume zu züchten, die kaum einen Fuß hoch sind und die in ihrem natürlichen Zustand zu mindestens 1b oder 20 Meter emporwachsen würden. In London   wurde vor zwei Jahren ein winziger Kasten von nur 3 Zoll Länge und 1 Zoll Breite versteigert, der eine vollkommen ausgewachsene Föhre, einen alten Bambus und einen in voller Blüte stehenden Pflaumenbaum enthielt. Ein anderer Miniturkasten enthielt Exemplare aller Bäume, die in Japan   wachsen. Wie diese Erfolge erreicht werden, davon werden nur wenige allgemeine Grundsätze verraten, die Details bleiben geheim. Gewöhnlich wird der ausgewählte Samen in einen winzigen Miniaturblumentopf gepflanzt, der kaum einen Quadratzoll Erde enthält. Die Saat wird auf dem Boden des Topfes gelegt. Wenn nach einiger Zeit die Wurzeln sich entwickeln, so streben sie auf der Suche nach Nahrung notgedrungen aufwärts. Sobald sie aber an der Oberfläche erscheinen, werden sie ab- geschnitten. Parallel mit dieser Behandlung der Wurzeln läuft die häufige Beschneidung der Aeste. Die Pflanze steht unaus- gesetzt unter Aufsicht. Der Grundsatz der Behandlung ist, ihr genau nur soviel Nahrung zu bieten, als sie gerade braucht, um ihr Leben zu fristen. Mit der Zeit wird der kleine Baum um- gepflanzt, erhält etwas mehr Erde, und das wird so oft wiederholt, bis die Pflanze voll ausgewachsen ist. Bei sorgsamer Behandlung können solche Liliputbäume Hunderte von Jahren leben. In der japanischen Ausstellung in London   sind einige dieser winzigen Bäume zu sehen, die 200 und 300 Jahre alt sein sollen. K««stgewerbe. Die Orientalisch« Aus st eilung inMünkhen. Zu Pfingsten wurde in München   die.Ausstellung der Meister- verantw. Redakteur: Richard Barth  » Berlin. werke mohammedanischer Kunst' eröffnet. Es ist eine Prachtausstellung in achtzig Räumen. Stunden braucht man, um nur die Hauptsachen zu sehen, was sage ich. zu bewundern, entzückt zu bestaunen. Wahrlich, hier find Meisterwerke der Kunst deS Islam vereinigt. Orientalische Märchenpracht schaut mau hier. Der Kunst- fteund, der Gelehrte wird hier Tage und Wochen studieren können. Hier in diesen Sälen ist, was nur immer an Schätzen deS Orients aufzubringen war, zusammengebracht. Die Schatzkammern der Kaiser und Könige, die Truhen von Fürsten  , Schlössern, die Sammlungen von Kunstsammlern und Professoren haben ihre Schätze hergegeben und ihr Wert ist auf vierzig Millionen geschätzt und entsprechend versichert worden. Unter den 210 Ausstellern sind der Kaiser bon Oesterreich, der Sultan Mehmed  , der Prinzregent von Bayern  , diele Gelehrte. Granden von Castilien  , Ravarra und Leon haben nach München   ge« sendet, was auf ihren Schlössern von arabischer Kunst noch vor» Händen ist. Aus Petersburg   kamen die Orientschätze der Eremitage. au« Konstantinopel   eine Fülle der seltensten Dinge, viele alte, Herr» lich geschriebene Korane, perfische Miniaturen, Kostbarkeiten aller Art. Was dort nur sellen einmal einem Fremden zugänglich wird, da? kann hier ein jeder sehen. Alle europäischen   Museen haben in löblichem Wetteifer das Beste von Oricntkunst hergelieben, und so gewinnt man hier«inen Ueber- blick über die Kunst deS Islam wie nirgendwo. Ein Glanzpunkt der Ausstellung ist die türkische Ausstellung. Den Saal schmücken türkische Teppiche, die in großer Zahl an den Wänden angebracht find, zugleich mit Waffen, Helmen, Rüstungs- teilen. Aus der Wiener Hofburg   ist ein Teppich da, der als da? kostbarste Gewebe der Welt gilt. Eine geradezu wunderbare AuS- stellung veranstaltet Herr von Tucher. seine persischen und türkischen Teppiche find mit das schönste, was man hier sehen kann. Im nächsten Saale   hat da? Münchener   Museum ein türkisches Zelt errichtet. Schlachtenbilder zieren die Wände und ebenfalls wieder Waffen. Da ist mancher krumme Jatagan, der wohl einem Gjaur das Leben genommen hat. Zum Frieden aber mahnt der Anblick der vielen heiligen Bücher, der aufgeschlagenen Korane mit ihren köstlichen, farbigen Zierschriften, oft in den eigentümlichen eckigen Zügen der kufischen Schrift. In einem besonderen. Tag und Nacht sehr stark bewachten Saale sind die Kleinodien aufbewahrt. In dem Dutzend Schreine hier liegen viele Millionen. Da ist ein Säbel, mit Gold und Silber eingelegt, aufs reichste besetzt mit Edelsteinen. Die Inschrift lautet: .Eigentum deS Prinzen Johann Georg von Sachsen  . Wert 30 000 M." Unter anderen Sachen steht: 130000 M., 80 000 M., SO 000 M. und mehr. Auf federgeschmückten, spitzen Mützen eine Menge von Edelsteinen, auch auf Helmen, Rüstungen, Waffen. Auch das Sattel- zeug, die Zügel, die Schabracken der Pferde, die einst türkische Paschas, perfische Könige und Fürsten   ritten, glänzen von Edelsteinen. Es ist wie ein.Tausend und eine Nacht". Polnische Magnatenschlösscr gaben her, was während der langen Zeit der Türkenkriege erbeutet wurde, die Klöster des griechischen AthoS, der Kreml   von Moskau  haben reichgestickte Priesterge'.oänder gesandt, einst der Schmuck von Archimandriten. Hier ist auch der rot und goldene Mantel deS Kaisers Heinrich IL aus Bamberg  . Arabien   hat reizende Elfenbeinschnitzereien und die aus Holz zierlich geschlungenen und geschnitzten Gitter gesandt, die vor den Fenstern orientalischen Häuser angebracht find. AusPe rsien sind Gewebe von unschätzbarem Werte gekommen. Kleine Stücke sind von fabelhaftem Werte, denn sie entstammen dem 7. Jahrhundert, der Sassanidenzeit. Man sieht die Fürsten   auf den überschlanken Rossen die ebenfalls sehr langen Löwen jagen, sieht ihre bunten Festumzüge. Dann aber heißt es:.Schon war gesunken in den Staub der Sassaniden alter Thron." Die Araber haben die Reste des Alexander-RcicheS zerstört und nun setzt hier ihre Kunst ein mit prachtvoller Töpferei. Hier sind auch viele maurische Lasen, Schalen, Krüge. Die Töpferei ist überhaupt ganz bewundernswert. Da ist namentlich die Stadt Kutahin in Kleinasien  , Damaskus   in Sirien  , die Insel Rhodos   zu nennen. Teller von da werden mit Tausenden bezahlt. Es ist erfreulich, daß einige Kunstfreunde an der Hand von alten Funden und etlichen Erbstücken die schöne Kunst jetzt neu aufleben lassen. Schon hat sich auf Rhodos   eine kleine Schule für diese bunten Sachen gebildet. Ein Zimmer zeigt alte persische Glasmalerei. Das ist herrlich. Diese üppig farbigen Fenster sind Teppiche, die au« roten, blauen. grünen Lichtstrahlen von Zauberern gemalt find verschwenderische sarbenftohe Pracht des Orients auch hier. Wenn man stundenlang durch diese eigenartige Ausstellung ge» wandert ist, ist man geblendet. Völker, die so herrliches geschaffen, eine so entzückende Kunst inS Leben gerufen haben, können, wie tief fie auch durch eine jahrtausendlang« Willkürherrschaft gesunken sind, sich wieder emporhelsen, sich auftaffeit. Der Anfang ist in Persieu, wie in der Türkei   gemacht. Der 24. Juli 1908 hat ihnen die Verfassung gebracht, der 28. April 1908 hat die TyranniS dauernd vernichtet. Daß die alte, schöne Kunst noch nicht erloschen ist, das zeigen die herrlichen Stücke aus Kutahin, Damaskus  . Rhodos  . Diese Kunst wird in der Freiheit nur noch köstlicher aufleben und gedeihen. Dr.«. Druck u. Verlag: Vorwärt«Buch»ruckrre> u.Vcrl»g»u»MtPaui<smgei: Sc(to..BcrlmSW.