der Schwann in die Lüfte stieg, klang es hernieder über das der- wüstete Land: .Wir Heuschrecken ... hopp, hopp, hopp... kommen-gesaust im Galopp, lopp, lopp... GraS und Strauch fressen wir, Meere durchmessen wir, verdunkeln das Sonnenlicht, morden und ruhen nicht, bis wir ins Menschennest trogen die Pestl Millionen... Billionen... Trillionen... Quadrillionen... fliegen... bopp. hopp, hopp... durch alle grünen Zonen im Galopp, lopp, lopp." Und sie stiegen und stiegen in die Lust; noch nie hatte man eine so gewaltige flatternd« Schar gesehen. Sie verdeckten die Sonne gleich einer Wolke, so daß eS ganz dunkel wurde. Die Neger warfen sich aufs Gesicht und dachten, die Sonne sei erloschen und der Welt- Untergang nahe herangekommen. Aber einmal nimmt ja alle»«in Eiche. Als der Schwärm endlich nach Norden hin verschwunden war, da kam die Sonne wieder hervor, und neues Gras wuchs auf den verödeten Landen. Ganz im Norden von Aftika, an der Küste des Mittelländischen Meeres, liegt«in Land, daS eines der schönsten in der ganzen Welt ist. Regen und Sonne wechseln miteinander ab, so dah das Getreide aufs beste gedeiht. Das Gra» steht mannshoch auf den Wiesen, und die Weinreben auf den Bergen biegen sich unter den schweren Trauben. Dort gibt eS keinen Winter, der das Leben trübe und traurig macht, sondern blotz eine stille Zeit, wo alleS Wachsende ruht, ehe es wieder blüht. Und eS gibt keinen dürren Sommer, wo die Sonne das Gras absengt und das Wasier austrocknet, so daß Menschen und Tiere verdursten.— Die Quellen springen und geben UarrS, kühles Wasser, und die Sonne ist schön anzusehen, wenn sie über die Berge steigt, und wenn sie ins Meer sinkt. Die großen, wilden Tiere find längst erlegt. Der Wald ist voll springender Hirsche und munterer Vögel. Bienen und bunte Schmetterlinge schwärmen zwischen dustenden Blumen umher. Und mitten in all dem leben die Menschen, von der Sonne gebräunt, zufrieden mit ihrem Lose und Frieden miteinander be- wahrend. In einem Dorfe dieses Lande» waren eines Sonntags die Leute vor einem Gehöft versammelt, in dem eine Hochzeit gefeiert wurde. Alle waren seelenvergnügt, und die Munterkeit sollte gegen Abend noch größer werden, da auf dem Rasen getanzt werden sollte. Die Mütter halten ihre kleinen Kinder auf dem Arm,— alle wollten an der allgemeinen Freude teilnehmen. Die Musikanten stimmten ihre Instrumente; sie mußten aber noch ein wenig warten, denn ein alter Mann, der Aellrste des Dorfs, hielt eine Ansprache an das Brautpaar..Hier habt ihr'S bester als irgendwo anders in der Welt," schloß er..Wenn ihr nur gut und fromm seid, so sorgt der liebe Gott für das übrige. Die Erde gibt euch eure Aussaat hundert- fällig wieder; und nichts Böses bedroht die Menschen in unserem glücklichen Lande." Dann drückte er ihnen die Hände, und sie riefen alle Hurra. Auf einmal aber zeigte ein junger Mann nach dem südlichen Himmel und sagte: „Seht... seht... die schwarze Wolke dort. Wir bekommen zur Rächt ein Gewitter." .Zu dieser Jahreszeit bekommen wir kein Gewitter." entgegnete der Alte..Und seit hundert Jahren, so lange ich lebe, hat uns der Wind, der heute wehr, keinen Regen gebracht." »Was hat denn die Wolke zu bedeuten?" fragte der Jüngere. Da sahen alle nach der Wolke hin. Aber niemand konnte sagen, was sie bringen werde. Sie war groß und dicker und schwerer, als Wolken gewöhnlich sind. Sie schwebte ttef über der Erde und eS sah aus. als ob sie bis an den Rand des Himmels hinabreichle. Und sie kam näher und wuchs und wuchs. Die fle bettachteten, meinten bereu?, daß es um fle her finsterer werde. l Schluß folgt.) (Nachdruck Mc&oten.) Der ausgebliebene(Weltuntergang und feine folgen. Das Erscheinen de« Halleyschen Kometen hat wiederum die alte Mär vom bevorstehenden Weltuntergang zu neuem Leben erweckt, in manchem Kopf auch schon allerlei Unheil angerichtet. Daß der prophezeite Weltuntergang einst zu einem interessanten k o m m u- n i st i s ch e n Experiment mit beigetragen hat. dürste wenigen bekannt sein. Im Jahre 183S sollte nämlich die Welt auch untergehen. De« berühmte württembergische Theologe Bengel hatte diesen Zeitpunkt aus der Offenbarung Johanni hcrausgecechnet. 1833—34 sollte .da? Tier aus dem Abgrund", der„iintichrist" erscheinen, um» Jahr 1836 würde dann der Herr selbst kommen und der Herrschaft de? Anticdrist ein Ende bereiten. Viele Fromme in Württemberg glaubten steif und fest an diese Rechnung. Bei den Pietisten, denen der Rationalismus in der offiziellen Kirche ein Greuel war, hatte der WeltuntergangSglaube besonders fest Fuß gefaßt. Den religiösen Bewegungen in Württemberg ist stets ein stark konmiunistischer Zug eigen gewesen.?ler angeblich nahe bevor- stehende Weltuntergang ließ diese Seite der religiösen Schwärmerei naturgemäß besonders stark hervortreten. Und so kam es zur Gründung eines dörflichen Gemeinwesens auf fast rein komniunisti- scher Grundlage. Im Jahre 18!9 war bereits das Rittergut Kornthal bei Stuttgart von den Pietisten aufgekauft, parzelliert und zur An- fiedelung für die.Brüder" bestimnit worden. Um der AuSwande- rung der.Landeskinder" nach Rußland und Amerika entgegen- zuwirken, hatte König Wilhelm I. von Württemberg der Gemeinde Kornthal kirchliche Vorrechte gewährt. So galt fiir Konithal das AugSburgische Glaubensbekenntnis, der Kultus wurde nach dem der altwümembergischen evangelischen Kirche ausgeübt, anstatt des förmlichen Eides galt das einfache Ja oder Rein, Nichtgeistliche durften predigen usw. Die Gemeinde Kornthal erwieS sich bald als zu klein, die Menge der Gläubigen zu fassen. Man mußte an die Gründung einer zweittn Gemeinde denken. Mittlerweile hatte der Wind in den oberen Regionen aber mngeschlage». Die„Freigesinnten", im Besitz der Macht ebenso unduldsam wie stüher die Strenggläubigen, hatten des Königs Ohr gewonnen. Den Pietisten wurde die Gründung einer zweiten Gemeinde untersagt. Der Vorsteher der Gemeinde Kornthal . Hoffmann, ließ aber mit Bitten und Drängen nicht nach. Der König, ein praktisch veranlagter Mann, sann darauß wie er sich die unbequemen Bittsteller vom Halse schaffen könne, ohne es mit den kirchlichen Gewalthabern zu verderben, wie er aber auch die religiöse Schwärmerei dem Staate nutzbar machen könne. Erbot schließlich der Gemeinde Kornthal das Sengenweiler M o o S r i e d im Oberamt Ravensburg an der badischen Grenze. sumpfiges Moorland, etwa 160 Hektar umfaffend, zur Urbarmachung an. Einen Teil der Entwästerungslosten werde der Staat über- nehmen, die Hauptlast müßten aber die Kolonisten tragen. Das Land solle auf zehn Jahre völlig abgabenfrei überlassen, das aus dem Platze stehende Holz geschenkt werden. Die Kolonisten sollten sich aber weiter verpflichten, nur dieses Sumpfland zu kultivieren, das in der Nähe liegende gute Ackerland jedoch unberührt zu lasten. Die Gemeinde Kornthal ging auf diesen Borschlag ein. Im Jahre 1824 wurde mit der Anlage der neuen Ansiedelung begonnen. Ein ganz eigenartiges Gemeinwesen entstand in der trostlosen sumpfige» Wildnis. Die Anlage war folgende: In der Mitte des viereckigen Platzes die Kirche, ein quadratsörmiger Bau mit vier gleichen Eingängen, der Platz mit 16 ganz gleichen ein» stockigen, ebenfalls quadratfärmigeu Häusern umsäumt. Vier schnür- gerade Straßen in der Richtung der vier Himmelsgegenden recht- winklig und miteinander ein Kreuz bildend, laufen auf die Kirche zu. Jedes Haus an den Strafen einstöckig, kein Dachfirst durfte über de» anderen emporragen. Jedes HauS muß die gleiche Höhe und auch im Innern die gleiche E nrichrung haben. Auf Anordnung Hoffmanns, des Vorstehers von Kornthal. durften zum Bau eiserne Nägel fast gar nicht verwendet werden..Was mit einem hölzernen Nagel und mit hölzernem Riegel ausgeführt werden kann, dazu .nimmt man keinen eisernen; denn im Jahre 1836 kommt, wie Bengel ausgerechnet, der Herr. Alsdann wird alles uingestaltet, und unsere Häuser daben keinen Wert mehr." Diese Anlage des Dorfes, das nach dem König Wilhelm .Wilhelmsdorf" genannt wurde, halte zur Folge, daß, wenn Fremde hineinkamen und auf dem Platze einigcmale hin- und her- gegangen wareu, sie nicht mehr wußten, auf welcher Straße sie ins Dorf hereingekommen waren und aus welcher sie wieder hinaus» gehen inußte», denn alle Straßen und Häuser sahen einander ähn- lich wie ein Ei dem andern. Sehr viel unangeuehmcr wurde für die WilhelmSdorser selbst die leichte Bauart der Häuser. Das Jahr 1836 kam, der Weltuntergang blieb aber aus, und so blieb den Einwohnern nur übrig, ihre baufällig gewordenen Häuschen zu flicken und zu stützen, so gut es eben ging. An der Vorschrift, daß kein First über den anderen emporragen dürfe, wurde aber 25 Jahre lang festgehatten. Dann erst wurde dem Apotheker erlaubt, aus der Hinteren Hälfte seines HauseS aufzubauen. Mit der vorderen Hälfte mußte er unten bleiben. Nachdem so aber daS Prinzip einmal durchbrochen war, baute bald jeder nach Lust und Behagen. Die Verfassung dieses eigenartigen Gemeinwesens war eine roh kommunistische. Grund und Boden samt den Häusern darauf ge- hörten allen miteinander. Wollte der eine oder andere irgend ein Grundstück nicht mehr behalten, so fiel es an die Gemeinde zurück. Selbst mit den Mobilien war e» ähnlich so. Mußten infolge Slerbefall oder Wegzug oder aus anderer Ursache Mobilien der» äußert werde», so schätzte ein Ausschuß den Wert. Unter den neuen Liebhabern entschied dann das Los. Bis 1840 war der Grundbesitz von Steuern und Abgaben frei; von da an wurden die Steuern aus der Gcmeindelasie gezahlt. Gemeindesteuern, Schulgeld, Kirchen» steuern gab es selbstverständlich auch nicht. ES gab nur eine Kaste»
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27 (20.5.1910) 96
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