HZufig Windeier. Man gab ihr einen Korb zum Brutplatz und legte ihr im Laufe von 17 Jahren 69 Hühnereier unter, von denen 63 ausschlüpften. Die alte Anficht, daß mit der Milck der Amme etwas von ihrem Naturell auf den ihr anvertrauten Säugling übergehe, schien sich in diesem Falle zu bestätigen, denn eine Eigenschaft schien von der Natur der Weihe auf die Jungen, wenigstens auf die männ- lichen, übergegangen zu fein, nämlicd der Hang zu Gewalttätig- leiten. Die Hähne zeigten sich ohne Ausnahme so unverträglich und rauflustig, datz sie auf keinem Geflügelhofe gehalten werden konnten. Ebenso haben von Hühnern ausgebrütete Erpel eine entschiedene Vorliebe für Hühner und umgekehrt stellen von Enten großgezogene Hähne der Tugend der Entcnwcibchen nach. Eine ähnliche Gleichgültigkeit gegen fremde Eier bekunden auch die in Kolonie» brütenden Seevögel, z. B. verschiedene Möwenarten, die sogar im Kompagniegeschäft mit einer Nachbarin ein Doppel- gelege anlegen und den gemeinsamen Eiervorrat zusaiumen oder ab- »vechselnd bebrüten. Häufig sind eS sogar Eier verschiedener Vogel- arten, wie z. B. der Seeschwalbe und Lachmöwe, die in einem Neste gefunden und in der eben erwähnten Weise versorgt werden. An den Haubenlerchen, Singdrosseln, Fasanen hat man dasselbe be- obachtet, und in den Nestern von Wachteln wird zuweilen eine so beträchtliche Anzahl von Eiern gefunden, daß deren Herkunft von einer Mutter kaum angenommen werden kann. Ohrenlen, Wald- käuzchen, Habichte, Meisen und viele andere Vögel nehmen sich der ihnen von Menschenhand ins Nest gelegten Eier ebenfalls wie der eigenen an. Freilich führt das nicht selten zu einer Tragödie. Einem Habichtshorst hatte man zwei Hühnereier anvertraut. Ob nichts ahnend oder aus Ergebung in das Schicksal jedenfalls brütete das Weibchen die Eier aus, als es aber die ausgefallenen Küken er- blickte, die in dem goldgelben Flaumkleidchen von ihren eigenen Nachkommen, die bekanntlich als Nestjunge die reinsten Scheusäler find, sich so vorteilhaft unterschieden, verschlang eS beide. Während bei den in Kolonien nistenden Singvögeln Doppel- gelege nichts Seltenes sind, kommen sie bei den ebenfalls in Gesell- schoflen horstenden Rabenvögeln, wie bei den Dohlen, Saatkrähen uiw. nie vor. Wo Fischreiher und schwarze Störche, die bekanntlich auch gesellschaftlich nisten, häufiger sind, wird das eine oder andere Weibchen wohl einmal gezwungen, ihr Ei in einem fremden Neste unterzubringen. Die Eigentümerin merkt das aber sofort und ent- fenrt das Ei durch Herauswerfen. Das sind dann die unter Reiher - ständen und Storchkolonien liegendenBodeneier", die man natürlich zumeist zerschlagen findet. Schließlich gibt es nicht wenig Vogel- arten, die Nest und Gelege einfacb verlassen, sobald sie merken, daß ein Ruhestörer sich daran zu schaffen machte. Wir können das Kapitel nicht schließen, ohne jenes Vogels zu gedenken, deffen Brutgescdäft jedenfalls das interessanteste ist. Der Kuckuck ist als Brutparasit aber zu bekannt, als daß wir hier näher auf sein Schmatzerlum eingehen könnten. Es sei nur an jenen Sturm der Entrüstung erinnert, den vor mehreren Jahren der treff- liche Oberförster Adolf Müller unter den Kuckucksforschern dadurch erregte, daß er berichtete, ein brütende? Kuckucksweibchen beobachtet zu haben. So ganz unglaublich scheint diese Tatsache aber doch nicht zu sein, Ivenn man sich vergegenwärtigt, wie es die Ver- wandten unseres Kuckucks in anderen Ländern treiben. Der in Amerika beheimatete Regenkuckuck, bei dem das Selbstbrüten bisher noch Regel ist, legt nämlich zuweilen einige Eier in fremde Nester. Der Bronzekuckuck in Australien vertraut seine Eier mehrfach fremden Nestern an. sucht aber dann die Jungen auf, füttert sie und entführt sie den Pflegeeltern, sobald sie flügge sind. Von dieser Art tun sich auch gelegentlich Männchen und Weibchen in gleicher Anzahl zusammen, bauen Nester, belegen jedes mit drei Eiern und brüten sie selbst aus. Der schwarzeGnckel" in Indien legt seine Eier in die Nester der Glanzkrähe und beobachtet sie sorgfältig. Sobald nämlich die Jungen ihr geflecktes Jugendkleid anlegen, werden sie von den Pflegeeltern als Fremdlinge erkannt und aus dem Neste geworfen. Dann bleibt der rechten Mutter nichts anderes übrig, als sich der Jungen anzunehmen. Interessante Brutschmarotzer sind ferner die in Afrika lebenden Spähvögel, die ihre Eier ans den Erdboden legen, um sie dann mit dem Schnabel in die geeigneten Pflegernester zu tragen. Ein Naturforscher be- richtet über diesen Vorgang folgendes: Das Weibchen brachte seine drei Eier in der geschilderten Weise bei drei Pflegern unter, worauf es mit dem es begleitenden Männchen verschwand, um erst nach einigen Wochen wieder zu erscheinen. In dem einen der Nester, das ich mir genau gemerkt hatte, befand sich jetzt ein junger Spähvogel. So- bald er fliegen konnte, wurde er von seiner rechten Mutter gerufen und folgte ihr sofort zum großen Leidwesen seiner Stiefeltern. Sie führte ihn seinem Vater zu, der sich des Jungen so lange annahm, bis die Mutter die anderen aus den beiden Nestern, in denen sie die Eier untergebracht hatte, ebenfalls entführt halte. Die Entstehung der Brutpflege erklärt Haake in seiner.Schöpfung der Tierwelt" folgendermaßen: Eine eigentliche Brutpflege ist erst dadurch entstanden, daß die Eier längere Zeit in der Mutter ver- weilten. Die älteste Art der Brutpflege ist die innere, zu der erst später die äußere gekommen ist. Letztere ist entweder dadurch zu- stände gekommen, daß die Eltern sich der neugeborenen Jungen oder der von den Weibchen abgelegten Eier annahmen. Oft scheint eS indessen nicht die Mutter, sondern der Vater oder ein anderes Männchen gewesen zu sein, das die Sorge für die Eier oder die Brut übernahm. Das erscheint sehr merkwürdig, ist aber verständ- licher als die Entstehung der nicht vorhandenen Liebe der Weibchen zu Eier und Brut. Es scheint, daß der von den Eiern ausgehende und dem de» Weibchens ähnliche Duft bei den Männchen ein angenehmes Gefühl hervorruft und sie veranlaßt hat, die Eier an sich zu nehmen, so daß also die Ursache der männlichen Brutpflege durch den Geschlechtstrieb zu erklären ist. Das Männchen gewöhnte sich daran, die Eier mit sich herumzutragen oder zu be- wachen. Die Gewöhnung wurde zum erblichen Instinkt und wurde so auch auf die Weibchen vererbt, wodurch sie allmählich die voll- kommnere Art der Brutpflege entwickelte, wie sie bei den höher entwickelten Tieren zu finden ist. Daß es vielfach das Männchen war, das ursprünglich die Brutpflege übernahm, wird durch die Tatsache erwiesen, daß bei vielen auf niederer Entwickelungsstufe stehenden Tieren das Männchen noch heute die Brutpflege ausübt; es sei nur an die Geburtshelferkröte, den Stichling und die als Aquariumfische allgemein bekannten Makropoden erinnert. Ebenso sind es bei den erwähnten Wallnistern(Großfußhühnern) die Männchen, die die Bruthaufen anlegen, sie bewachen und den Jungen beim Ausschlüpfen behilflich find, wie auch bei anderen Bogelarten die Männchen das Brutgeschäft besorgen. kleines Feuilleton. Astronomisches. Wo kommen die Kometen her? Die Landsleute von Halley , der, abgesehen von seiner Stellung als königlicher Astronom, Professor der Geometrie in Oxford war, haben das Andenken des Gelehrien durch Begründung einerHalleh-Vorlesung" an derselben Hochschule geehrt. Den ersten Vortrag dieser Art hat der Stifter selbst, Dr. Henry Wilde, gehalten, und zwar überHimmlische Aus- würflinge". So viel in den letzten Wochen auch über die Kometen geschrieben worden ist, so ist von der Herkunft der Kometen doch wenig die Rede gewesen, was eben daraus zu verstehen ist, daß sich wenig Sicheres darüber sagen läßt. Zunächst bleibt»och die grundlegende Frage zu lösen, ob die Kometen ihrem Ursprung nach zum Sonnensystem gehöre» oder nicht. Die periodischen Kometen, die in bestimmten Zeitabständen wiederkehren, vollführen eine geschlossene Bahn um die Sonne, sind also zu deren Trabanten zu rechnen. Dagegen werden auch fast in jedem Jahre neue Kometen entdeckt, die nie zuvor wahrgenommen waren und nach der Berechnung ihrer Bahn auch niemals wiederkehren werden. Man muß sich also vorstellen, daß diese Gestirne in ihrem Lauf durch den Weltenraum sozusagen zufällig dem Sonnen- system nahe gekommen und vorübergehend von ihm eingefangen sind, ohne daß die Sonne die Macht hätte, sie dauernd an sich zu fesseln. Jnfolgedeffen äußerte der berühmte Laplace die Meinung, die Kometen seien kleine Nebel, die sich irgendwo im Weltenraum ver- dichtet haben und nun von einem Fixstern zum anderen umherirren. Da die Wissenschast über die Beschaffenheit der Kometen noch immer auf Vermutungen angewiesen ist, ist auch über den Ursprung der Kometen seit Laplace kaum eine neue Theorie vorgebracht worden. Mit einer solchen hat nun Dr. Wilde die Halley - Vorlesungen in Oxford eingeleitet. Seine Ansicht über die Art, wie ein Komet geboren wird, ist fteilich so sonderbar, daß eS fraglich erscheinen muß, ob sie viel Anhänger gewinnen wird. Er geht von der durch Laplace und Kant begründeten Weltnebel- Hypothese für die Entstehung des Sonnensystems auS, die er durch die neueren Forschungen bestätigt findet. Die Planeten hält er aber nicht wie manche Geologen für durchaus feste Körper, sondern glaubt, daß sie in ihrem Innern unter der festen Kruste und einer darunter liegenden Flüssigkeitszone aus ursprünglichen Gasen im Zustande hohen Drucks bestehen. Diese Anschauung bringt ihn auf den Gedanken, daß die Kometen, die doch wahrscheinlich zum großen Teil auch aus gasigen Stoffen zusammen- gesetzt sind, gewissermaßen Auswürflinge namentlich der größeren Planeten seien. Da die Sonne so überaus gewaltige Eruptionen von Gasen hervorbringt, die sich auf viele Millionen Kilometer in den umgebenden Raum hinaus erstrecken, so sollten der- gleichen Vorgänge bei den größeren Planeten nicht undenkbar sein. Dr. Wilde kennzeichnet die Entstehung einer Kometenmaffe auS einem Planeten dahin,. daß sie aus diesem gewissermaßen herausgesogen wird, wenn andere Planeten gemeinsam auf eine be- stimmte Stelle der Oberfläche eine starke Anziehungskraft ausüben. Auffallend ist es, daß der Astronom nicht an die GasauSbrüche der Sonne selbst als Ursprung der Kometen gedacht hat. Sie könnten vielleicht einen Teil der periodischen Kometen erklären. und die von außen in das Sonnensystem kommenden würden dann eben als entsprechende GaSausbrüche anderer Fixsterne auf- zufassen sein. Duch eine solche Annahme würde auch die überaus große Leichtigkeit der Kometenmasse verständlich sein, da bis auf die feinsten Gase die Ausbnichsmassen der Sonne auf diese wieder zurückfallen müssen. Diese Hypothese findet übrigens noch einen weiteren Halt durch die Forschungen von Strutt, der nach- gewiesen hat, daß die Atmosphäre der verschiedenen Himmelskörper nur aus solchen Gasen zusammengesetzt sein kann, die von dem be- treffenden Körper durch seine Massenanziehung festgehalten werden. Die Erde z. B. vermag das Helium nicht festzuhalten, obgleich es als Ausscheidung von Vulkanen entdeckt worden ist._ Verantw. Redakteur: Richard Barth , Berlin. Druck u. Verlag: Borwärre Buwdruckerei u.Verl «g«anstalr Paut«mgcr scEo..Berlin LAi.