nnt Anregung ist. Man denkt an Porzellanpüppchen, wenn man diese Damen im bunten Reifrock, diese Herren in den enganliegenden, farbigen Sckofcrücken, den hohen Aylindern mit gerader Krampe sieht, und wenn dann noch ein so zierliches, lentzückendeS Per'önchen wie die Lopuchowa in ihrem Weißen Reifrock hereinichwebt, mit einem so jugendlich frischen GesichtSausdruck, so wird das Märchenreich Andersens   lebendig. In dieser Note tiegr wieder das Eigcnkünstlerische. daS alle Imitation eines vergangenen Stils über­windet. Dieser farbig gewählte Eindruck, der die Erscheinung des Einzelnen charatt-risiert, steigert sich in größeren Druppen zu um so wuchtigeren Wirkungen. Da sehen wir wieder stuft sich das je nach dem Charakter der Darstellung ab in den Volkstänze» Gruppen, in denen ein markantes Grün vorherrscht, so daß der Einzelne kaum noch für sich wirkt; die gesammelte Erscheinung wird auf der entsprechenden Seite variiert, indem daS Grün, das auch hier vorherrscht, durch ein Gelbbraun abg-'önt wird Ueberall ergeben sich solche Wirkungen der gehäuften. oriS  - drucksvollen Harmonien und der schrillen Kontraste. Der Bacchanlentaumel ist ein rauschendes Wogen von Weiß und Dunkelviolett, in dem die Beine und Arme mit ihrem Fleischton aufgeregt wühlen. Wenn die Tariaren mit den Mädchen in ihren farbenprächtigen, aufregend roten und dumpfen grünen Kostümen tanzen, zucken die Farben zu einem breiten, hohen Teppich mit wogenden Ornamenten zusammen, und wenn sie alle nach vorn stürzen, scheinen sich Fluten von unerhörte'- Farbigkeit über die Bühne ergießen zu wollen. auS denen von Zeit zu Zeit Flammen aufzüngeln. Wie zart dagegen das Weiß in dem Mondscheintranme der Sylphiden', das immer füll und träumerisch bleibt und schon mit seiner Erscheinung, die von keiner anderen Farbe unterbrochen ist. im ganzen wie in den einzelnen Gruppen wie ffurendeS Mondlicht. daS auf schlafenden Bäumen und Wiesen und Sträuchern liegt, wirkt. Bei der ägyptischen Pantomime dagegen ein Hin- und Herfluren von allen Farben, ein betäubender, aufreizender Rausch von Nuancen, die nicht ruhen, nicht sich fügen.... während in der.Karnevalszen?" bizarre, freischaffende Laune sich auslobt. Dekoratives, modernes Empfinden schafft auS den Masken der Harlekinskomödie und anS den Menschen der Biedermeierzeit eine Stimmung, die an die zärtlich- wehmutsvolle, laumg-übermütige Welt erinnert, die Künstler wie Somosf,»»ie Th. Th. Heine   schusen. Wie Puppen tanzten die Menschen vor dem großen, grünen Vorbang, der als Hintergrund diente, vorbei und die Realität dieser Menschen schien last aufgehoben. Die Russen haben uns gezeigt, daß die Tanzkunst, dies« ur- sprünglichstc und erste Kunst der Menschheit, noch lebendig ikt und »ms   neue Werte einer mimischen und rhythmischen Darstellung geben kann._ E. E. W. Kleinee f cinlletori. Aus dem Gebiete der Chemie. Der Steinkohle nteer, der früher als werlkoses Neben. Produkt der Leuchtgasfadrikation unbeachtet blieb, ist heute eineS der wichtigsten Rohmaterialien der chemisch-pharmazeutischen In» dustrie. Gewisie Industriezweige sind durch die Ausnutzung deS StrinkohlenteerS, der eine unerschöpfliche Fundgrube der� verschie- deiisten aromatischen Kohlenstoffverbindungen darstellt, überhaupt erst ins Leben gerufen worden, so die Industrie der Anilinfarben. die nach ihrem Ausgangsmaterial auch als Teersarbstoffe bezeichnet werden. Viele andere Substanzen, die namentlich in der Pharma- zeutik und Heilkunde die größte Wichtigkeit erhalten haben, wie bei- spielsweise die Karbolsäure, das Kresol(Lysol), das Benzol, werden direkt aus dem Steinkohlenteer bei dessen Destillation gewonnen, während andere nicht minder wichtige Stoffe wie die Salizhljäure, die Benzoesäure usw. zwar nicht direkt auS dem Rohstoff gewonnen. aber doch wie die Anilinfarben auS anderen dem Stein kohleuteer entstammenden Materialien hergestellt werden. Der Steinkohlenteer, der selbst bei der Destillation der rohen Steinkohlen zum Zweck der Leuchtgasfabrikation entsteht, wird weiter zur Trennung seiner verschiedenen Bestandteil« einer frak- tionierten Destillation unterzogen, d. h. unter Maßgabe deS Siede- Punktes durch Erhitzen und Verdampfen in mehrere Fraktionen (Teile) zerlegt. Man unterscheidet im allgemeinen vier Haupt- gruppen deS DestillationsprozesieS: daS L e i ch t ö l, das die bis 170 Grad Celsius vergasenden Teile, daS K a r b o l ö l, daS die zwischen>70 und 230 Grad Celsius vergasenden Bestandteil«. daS Sckweröl oder K r« o s o t ö l. das die zwischen 230 und 270 Arad Celsius vergasenden Bestandteile enthält, und schließlich das An- thrazenöl mit den über 270 Grad Celsius siedenden Teer» vestandteilen. Diese verschiedenen Fraktionen bestehen aber nun wiederum auS sehr verschiedenartigen Stoffen, sind durchaus noch nicht einheitliche chemische Verbindungen, sondern können, wieder «auf dem Wege feinerer Destillationen oder anderer Hilfsprozesse getrennt werden. Das Lt'chtvl enthält als wichtigste Substanz das Benzol, da» heut« im Nutomobilfahrlvtrieb eine wichtige Rolle spielt und dem Benzin, das bekanntlich bei der Petroleumdestilla- tion g.wonnen wird, große Konkurrenz macht. Außerdem enthält es andere niedrigsiedende Kohlentvasierstoffe wie Toluol, Tylol, die zum Benzol in naher chemischer Beziehung stehen, aber nicht dessen Verantw. Redakteur: Richard Barth  , Berlin. Druck u. Verlag: große technische und wirtschaftliche Bedeutung haben. Die zweite Fraktion der Teerdestillation, das sogenannte Karbolöl, enthält als wichtigste Bestandteile das Phenol und die Kresole. ErstereS wird gemeinhin als Karbolsäure bezeichnet und hat dieser ganzen Gruvpe seinen Namen gegeben; die Kresole bilden den Hauptbestandteil des unter dem Namen Lysol in weitestem Maße gebrauchten Desinfektionsmittels. Das Lysol hat die Karbol- säure heute aus der Desmfektionstechnik in hohem Grade der» drängt. Trotzdem wird sie für gröbere Zwecke auch heute noch viel verwendet, zur Zimmer-, Kloakendesinsektion, überall dort, wo sie nicht mit lebendem Gewebe in zu nahe Berührung kommt; denn sie ist ein ziemlich starkes Gift und hat deshalb dem Lysol weicben müssen, das immerhin auch nicht harmlos ist und wegen der zahl« reichen damit verübten Selbstmordversuche neuerdings auS dem Handverkauf ebenfalls entfernt wurde. Der Karbolsäure gebührt aber vor allem das große historische Verdienst, das erste Mittel ge- wescn zu sein, das zur Durchführung einer wirksamen Antisepsis (Keimtölnng) in die Medizin, vor allem in die Chirurgie eingeführt wurde. Der große englische   Chirurg L i st e r hat wegen ihrer anti- septischen Eigenschaften die Karbolsäure zuerst für den antisepti- scheu Wundverband benutz: und mit ihrer Hrlfe. basierend auf den grandiosen bakteriologischen Arbeiten P a st e u r s, die Vernichtung der krankheitserregenden Keim« ermöglicht. Heute sind an Stelle der Karbolsäure andere Mittel und andere Desinfektionsmethoden getreten. Eines der wichtigste!! Ersatzmittel ist das schon erwähnte Lysol geworden, das eine Mischung von Kaliseifen und Krcsolen darstellt. Die Kreiole, ebenfalls durch ihre hohe antiseptische Kraft ausgezeichnet bei einer im Verhältnis zur Karbolsäure geringeren Giftigkeit, sinden sich ebenfalls in der zweiten Fraktion der Teer- destillation, in dem sogenannten Karbolöl. Aus dieser Fraktion stammt auch dos Naphthalin, daS in der Farbstofstechnik, im Motorenbetrieb, zur Insektenvernichtung und vielen anderen Zwecken ausgedehnte Verwendung findet. Eine große Menge anderer Stoffe findet sich noch in den Teerdestillaten. Im Schwer- oder Krcosotöl, im Anthrozenöl außer den Stoffen Kreosot und An» thrazen, von denen dies« Fraktionen ihre Namen erhalten haben, noch viele andere aromat-fche Substanzen. Das Kreosot hat eine Zeitlang in der Medizin eine große Rolle bei der Tuberkulose- bchandlung gespielt und wird auck noch jetzt in der Form der be- kannten Kreosotpillen verordnet, wenn sich die Tuberkulosetherapie inzwischen auch vielfach geändert hat. Das An thrazen, daS aus der letzten Fraktion der Teerdestillation gewonnen wird, ist insofern von grundlegender Bedeutung geworden, als eS das Aus- gangSmaterial zur künstlichen Darstellung des wichtigen Pflanzen- farbstoffcS Alizarin bildet, der früher ausschließlich auS der Krappwurzel gewonnen wurde. Nachdem es im Jahre Grabe und Liebermann gelungen war. die nahen Beziehungen deS AlizarinS zum Anthrazen aufzudecken und den prachtigen roten Farbstoff zu synthetisieren(künstlich darzustellen), ist man immer mehr von der alten Methode abgegangen. Gegenwärtig wird eS fast nur noch künstlich dargestellt zusammen mit vielen anderen Farbstoffen, deren Synthese und rationelle Fabrikation die vervoll- kommnete Technik inzwischen ermöglicht hat. Ein äußerst wichtiger Stoff ist schließlich noch zu nennen, die Salizylsäure, die zwar nicht direkt aus den Destillations- Produkten gewonnen wird, aber doch mit Hllse gewisser Teerdcstil. late künstlich dargestellt wird. Es gibt«ine ganze Reihe von Syn- thesen zur künstlichen Darstellung der Salizylsäure, die ja zu den wichtigsten Arzneimitteln der modernen Medizin gehört. Ihren Namen hat sie daher, daß sie sich in der Rinde und den Blättern verschiedener Weidenarten(Salix Weide) findet. Tie Weiden. rinde ist ein sehr altes Heilmittel, das schon im grauen Altertum Verwendung fand als fieberherabsetzendes Mittel. Das wirkende Prinzip darin, die Salizylsäure, wurde freilich erst in unserer Zeit entdeckt. Die Salizylsäure ist das souveräne Mittel zur Bekänchfung des akuten Gelenkrheumatismus und wird in reiner Form oder in Verbindung mit anderen Stoffen in großen Mengen verbraucht. Besonders bekannt ist das vielverwendete Aspirin, daS eine Ver- binduna der Essigsäure und Salizylsäure darstellt, und nicht nur in der Bekämpfung der störenden Gelenkschmerzen, sondern auch gegen Kopsschmerzen wirksame Dienste leistet. ES gibt eme Unmenge von Salizylsäureverbindungen, da fast all« größeren chemischen Fa» briken ein besonderes Präparat erfunden und auf den Markt ge» bracht haben. Als fieberherabsetzendes Mittel wird die Salizyl» säure noch heute wie in alter Zeit die Weidenrinde benutzt; zudem hat sie wie die meisten aromatischen Verbindungen antiscptische Eigenschaften, wenn auch hier ihre Bedeutung nicht an die anderer Desinfektionsmittel heranreicht. Der Steintohlenteer stellt das sollte dies« kurze Ueberficht lediglich zeigen jedenfalls eine ungemein wichtige Fundgrube hochbedeutender chemischer Verbindungen dar. Zum Teil sind eS die DeftillationSproduktc selbst, die in Technik und Heilkunde große Bedeutung erlangt haben, zum Teil sind es Stoffe, die zu de» Destillationspradukten in naher Beziehung stehen und mit ihrer Hilf« künstlich dargestellt werden. ES gibt vielleicht kaum noch ei'» anderes Rohmaterial, das für so zahlreiche Stoffe den Ursprung bildet, ein Rohmaterial, da? früher völlig unbeachtet war und als wertlos beiseite geworfen wurde. So gewaltig« Umwälzungen kann die wissenschaftliche Durchforschung eines einstmals unbeachteten Nebenproduktes hervorrufen. W._ 9on««xt< Buchdruckerei u.LcrlsgsnnftaU Paul Singer chEo.. Bertin SVL