genug Kraft zu, um die Taten früherer Zeiten zu erneuern.Freilich, im Arm und im Bein fühlte er noch eine gewisseSchwäche, aber das werde schon vergehen.Sein Verwalter erzählte ihm von einem sehr vorteilhaftenKontrakte für verschiedene Arenen Amerikas. Nein, er wolltejetzt nicht übers Meer. Er mutzte vor allen Dingen in Spa-nien beweisen, datz er der Alte geblieben war. Später wollteer sich dann die Reise nach Amerika überlegen.Mit dem beklomnienen Gefühl eines populär gewordenenMannes, der seinen Nimbus verblassen sieht, lietz sich Gallardofortwährend in den Lokalen sehen, wo die Aficionados zu-sammentamen. Er ging ins Cafs Jnglds, wo sich die An-bänger der Andalusischen Stierfechter vereinigten, und durchfeine Anwesenheit verhütete er, datz sein Name allzu sehrheruntergemacht würde. Er selbst, lächelnd und bescheiden,begann die Unterhaltung mit einer Demut, die selbst die Un-duldsamsten entwaffnete.„Es ist richtig, datz meine Leistungen nicht sonderlich gutwaren! ich kann es nicht leugnen. Aber Sie werden schon beimeinem nächsten Auftreten sehen, sobald das Wetter klar wird.Ich werde zeigen, was ich kann."In gewisse Cafss der Puerta del Sol, wo sich die Aficio-nados aus den unteren Volksklassen aufhielten, getraute ersich nicht hinein. Das waren die Gegner der andalusischenSchule, die urechten Madrider, die erbittert waren überdie Ungerechtigkeit, datz alle Matadore aus Sevilla und Cor-dova stammten und die Hauptstadt nicht einen glorreichenVertreter der Stiecfechterkunst besatz. Die Erinnerung anFrascuelo, den sie als Madrider Kind betrachteten, lebte inihren Kreisen fort, wie die Verehrung eines wundertätigenHeiligen. Es gab viele unter ihnen, die schon feit Jahrenden Zirkus nicht mehr betreten hatten, seitdem„der Schivarze"sich zurückgezogen hatte. Wozu auch? Sie begnügten sich da-mit. die Berichte über die Corridas in den Zeitungen zu lesen,überzeugt davon, datz es keine Stiere mehr gab. ja nicht ein-mal mehr Toreros seit dem Tode Frascuelos. AndalusischeJungen, nichts weiter, die mit affenartiger BehendigkeitSprünge machten und Mäntel schwenkten, aber keine Ahnunghatten von dem, was es hietz, einein Stier festen Futzes stand-zuhalten.Ab und zu strich ein Hauch der Hoffnung durch ihreReihen. Madrid werde bald einen grotzen Matador haben.Man hatte einen Novillero entdeckt, einen Stierfechter, deram Anfang seiner Laufbahn stand und bisher nur Stierkälbererlegt hatte. Es war ein Vorstadtkind, das, nachdem es sichin den Arenen von Sallecas und Tetuan mit Ruhm bedeckthatte, Sonntags schon in der Arena der Hauptstadt an billigenStiergefechten teilnahm.fFortsetzung folgt.IiVtaQiraS DctJol«.)j4jDie Geschichte einer Liebe.Von Johan Skjoldborg.— Berechtigte Uebersetzung aus demDänischen von Laura Heidt.„Du solltest nur'mal zu uns'raustommcn, Väterchen," sagtBoel,„wir würden Dir schon ordentlich die Seiten kitzeln, ha,ha, Hai"„Hä, hä,— ich wag es nicht, Boel; ich wag eS bei Gott nicht!"„Wenn ich Dich recht kenne, Wiesenhofbauer, dann wirst Duwohl sckon früher'mal auf einem Heuboden gespielt haben."„Hä, hä, hä!"Dann ruft Mads, der Häusler, von oben her aus seinemMauseloch:„Wenn das so weiter geht, dann mutzt Du, hol michder Satan, zum nächsten Jahre anbauen!"Ueberall herrscht die vortrefflichste Stimmung.Die Knechte sind in Hemdsärmeln; der Schweiß perlt nur so'runter. Das Blut hämmert in den Schläfen stärker, immer stärkernach jedem Fuder. Sie sind vergnügt, ausgelassen, halb wild;denn das Heu ist so prächtig geraten; und wie es duftet! Siefeuern die Pferde an, die mit erhobenen Mähnen und weit auf-gerissenen Nasenlöchern dahinjagen und den Heuduft einsaugen.Der leere Wagen rattert über das Steinpflaster, und von der ent-grgengcsetzten Seite preßt das volle Fuder sich mit Mühe und Notdurch das Tor.So oft sie kann, heugt Sara sich vor, um Anders' Locken zusehen, wenn er davonfährt. Im übrigen ist sie froh, so unbe-merkt im Halbdunkel des Heubodens bleiben zu können, wo nie-wand sie sehen kann und niemand sie anredet, weil alle so be-schäftigt find.Es kommt eine Auhepause. Mit den Händen im Schoß sitztsie in dem süßen, würzigen Heu und denkt an daS, was sie erlebthat— und doch geht alles so wie sonst seinen gewohnten Gang.Sie denkt an die Nacht, die vergangen, und an Anders' warmeLippen...Aber Boel, die sich ausgestreckt hat, so lang sie ist, muß natür-lich ihr Mundwerk laufen lassen, und sie ruft mit einem Seufzer:«Wer jetzt seinen Schatz hier hätte, was, Sara!"„Du bist wohl nicht recht gescheit!" antwortet Sara und kautan einem Strohhalm.„Was sagtest Du eben, Boel?" fragt der Häusler von obenherunter.„Ach, ich vergaß ganz, daß Du auch noch da bist, ich sagteübrigens, daß— ja. Du bist zu alt, Mads, ha, ha, ha!"„Die alten Ochsen sind's, die die steifen Hörner haben, Boel,und ich bin, hol's der Satan, noch springlebendig!" Mads Feuer-äugen funkeln dort oben im Nest.Dann steht wieder das volle Fuder in der Scheune; die Pferdeprusten; ihnen ist wohl zu Mut, und der Großknecht Sören fragt,ob sie da oben wach sind, und schwingt dabei seine blanke Stahl-forke.Es wird Heu eingefahren bis zur Bettzeit.Sara sinkt müde in die Kissen. Sie horckst auf Fußtritte, achtetauf den kleinsten Laut. Aber trotzdem wünscht sie, er möchte heuteabend nicht kommen.Bald hebt und senkt sich ihre Brust in gesunden ruhigenAtemzügen.0.Es war an einem Septembermorgen. als Anders' Verwandte,das hübsche, dunkle Mädcken, nach dem Wiesenhof auf Besuch kam.Darin lag ja nichts Besonderes, aber Anders brauchte sich dochnicht die ganze Zell mit ihr abzugeben. Gewiß, sie war hübsch, abergut war sie nicht, das konnte man bald erkennen.Es war ja auch begreiflich, daß er mit seiner Verwandtensprach und sie herumführte— und die Wiesenhofbäuerin sah eswohl am liebsten, wenn die beiden allein gingen—, aber es wardoch nicht gerade notwendig, daß er ihr so tief w die Augen sah,wenn sie ihn auch mit ihren schwarzen Augen anglotzte.Sara war den beiden überallhin gefolgt, wo es nur immer an.ging. Waren sie im Hofe, dann konnte sie sie vom Fenster desBrauhauses aus beobachten, waren sie hinten im Garten, konntesie sie von ihrer Kammer aus sehen mtii von einem kleinen Raumaus, der einstmals zur Aufbewahrung von Käse gedrnt hatte. ImZimmer drinnen störte sie sie, so oft sie konnte, indem sie wieder-holt ein und aus lief.Es war merkwürdig, wie wenig Blicke Anders heute für sieübrig hatte...Sie fand es ganz auch in der Ordnung, daß er jene eine Streckebegleitete, aber nun war es fast Abend, und er war noch nichtzurückgekehrt.Wo blieb er nur?Und selbst wenn sie, Sara und Anders, jetzt sehr vorsichtigsein mußten, damit Maren, die Wiesenhofbäuerin, nicht zu vielentdeckte, so mußte doch alles seine Grenzen haben.Selbst wenn er das Mädchen durch das ganze Wäldchen begleitete und mit ihr bis jenseits der Höhen ging, solch eine Ewig-keit konnte eS trotzdem nicht dauern.Als Sara fertig ist. fragt sie um Erlaubnis, die Schneiderinbesuchen zu dürfen. Sara hat sich mit der armex, überarbeitetenSchneiderin befreundet, denn ihr schien, sie war so gut zu ihr ge-Wesen, damals im Winter mit dem Band, als Sara zu Ball wollte;und es war schon vorgekommen, daß sie wohl eine ganze Stundemiteinander verplaudert hatten, wenn Sara Zeit gehabt und ihreinen kleinen Besuch gemacht hatte.Sara geht auf die Meierei zu, wo die Schneiderin wohnt, vorsich im Hintergrunde das Hallumer Hochland. Die Sonne istuntergegangen. Der letzte Schimmer des schwindenden Tages ver-blaßt i» einigen gelblichen Streifen� gen Norden zu. Und vondiesem hellen, goldig-gelden Himmel heben sich die dunklen HallumerBerge fast schwarz ab mit ihren klaren, festen und doch biegsamenKonturen, eine Linie, die gezogen ward vor Beginn der Zeiten.Sara muß mit ihren Augen dieser wunderbaren Linie folgen.die so tiefe Sehnsucht erweckt und die so stehen wird bis zumjüngsten Tag.Vom Fenster der Schneiderin aus kann Sara den Fußsteigüberblicken, den Anders für den Rückweg benutzen muß. Sieplaudert mit der Schneiderin, redet und redet, damit nur lein Lichtangezündet werde. Es ist unglaublich, wieviel sie zu sagen hat.Aber sie hält die Schneiderin in Atem. Selber sitzt sie da undweiß kaum, worüber sie spricht, lugt aber dabei scharf hinaus aufden Fußsteig.Schließlich holt die Schneiderin aber doch ihre kleine Lampe,und Sara geht.Das Licht des Vollmondes liegt über der weiten Landschaft.Es bangt Nebel über den Strandwiesen, über den Teichen undBuchten, die ins Land hineinzüngeln, ein flacher, weißer Nebelwie schneebedecktes Eis zu beiden Seiten des Fjords, der wie einmondbeschienenes Eisloch funkelt. Die Häuser und Anwesen untenam Fjord, wo die Lichter in den Zimmern angesteckt werden, tauchenin unklaren Umrissen auf wie schwarze Kobolde mit Fcueraugen»und die jen>eitigen Höhen steigen hoch aus dem Nebel empor, wiefremde, seltsame Berge. Es ist ganz märchenhaft.